Kurzbericht 

Danke für die Lilien...


Publiziert von lorenzo , 15. Mai 2019 um 07:55.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum:28 September 2005
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS+
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 7:45
Aufstieg: 1350 m
Abstieg: 1350 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Broch oder mit dem Auto oder Bike
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Unterkunftmöglichkeiten:Brochhütte SAC
Kartennummer:LK 1229 Grindelwald; W. und M. Munter, Berner Alpen, Rother 1984; J. von Känel, Schweiz Extrem, Filidor 1994; U. Mosimann, Clubführer Berner Alpen V, SAC 1996; D. Silbernagel, S. Wullschleger, Berner Alpen, topo.verlag 2016

Der Lilienspitz oder Klein Wellhorn S-Gipfel, der nur 15m höher ist als der N-Gipfel, wird fast nur noch bei einer Begehung der anspruchsvollen SE-Wandroute "Gletschersinfonie" oder bei der abenteuerlichen Überschreitung von Wellhorn und Klein Wellhorn, aber kaum je als eigenständiges Gipfelziel bestiegen. Drei Tage nach meinem ersten Durchsteigungsversuch der SE-Wand im September 2005 nahm ich mir aber genau dies vor, einerseits um Einblicke in die obere SE-Wand zu erhalten, andererseits um mit der Normal- und Abstiegsroute über die N-Flanke und den NE-Grat, die ich erstmals im August 1995 und letztmals im Juli 1999 begangen hatte, wieder vertrauter zu werden.

Trotz Nebelschwaden und Wolken, die dem Aufstieg einen mystischen Anstrich verliehen, konnte ich mich gut orientieren, zudem war der plattige und z.T. brüchige bzw. splittrige Hochgebirgskalk trocken, d.h. weder nass, noch mit Wassereis oder erstem Schnee bedeckt, was für die Jahreszeit keineswegs selbstverständlich war. So gelangte ich zügig zum N-Gipfel, wo ich aber nur einen kurzen Zwischenhalt machte, denn die Crux der Sache stand erst noch bevor, nämlich die Überschreitung zum S-Gipfel. Statt die "übliche" und wohl einfachere (wirklich?), aber nicht ohne Weiteres einsehbare Route durch die SE-Flanke, wählte ich von der Scharte zwischen N- und S-Gipfel eine nicht beschriebene durch die N-Flanke und über den NE-Grat. Nach Stand an einem Block gelangte ich nach einiger "Plattenhuscherei" und  einem "Verschneidungsschleicher", wo ich ein paar zweifelhafte Zwischensicherungen legen konnte, endlich auf den NE-Grat und nach einer kurzen Stufe auf den S-Gipfel. Lilien gab's zwar keine, aber der Blick zum vielfach gewundenen, mit zahlreichen Türmen gespickten und teilweise von Wolken verhüllten Verbindungsgrat vom Wellhorn her war atemberaubend verführerisch und liess mich den Eintrag 
"Es zehd se denn no!" im Gipfelbuch auf dem N-Gipfel von Bruno Schläppi, der die Überschreitung kürzlich mit einem Gast gemacht hatte, ohne Weiteres nachvollziehen. Das wäre auch einmal etwas, das mir gefallen würde!
 
Aber vorerst hiess es, kleinere Brötchen zu backen und sicher zurück zum N-Gipfel zurückzukehren. So stieg ich bald über den NE-Grat hinunter zum Ausstieg der "Gletschersinfonie" und seilte mich statt nach SE auf das Gras- und Felsband zuerst nach NE und N über die Aufstiegsroute ab, und kletterte dann, das Seil ab- durch eine neue Schlinge gezogen, gesichert zurück zur Scharte, von wo der SW-Grat einfach wieder zum N-Gipfel führte. 
Die Aussicht auf die nahen Engelhörner, den Tossen, die Wetterhorngruppe und auf Schwarzhorn und Wildgärst sowie der Tiefblick zum Rosenlouwigletscher und ins Rosenlaui waren zwar wie bisher jedes Mal umwerfend, aber heute wegen den immer noch herumhängenden Nebelschwaden auch etwas unheimlich, weshalb ich auch hier nicht lange verweilte. Am NE-Grat seilte ich einmal ab und nach der Scharte besserte ich in der N-Flanke einige Steinmänner aus. Nach dem Läsisattel tauchte ich immer tiefer in die leuchtenden Herbstfarben im Rosenlaui ein, erfrischt vom beruhigenden Rauschen der Zuflüsse des Rychenbachs. Nun war ich bereit für die SE-Wand!
 
Zustieg zum Läsisattel

Von Broch (1430m) auf dem eingezeichneten Pfad zur Scheenenbielalp (1673m) und weiter bis zur Gabelung auf ca. 1840m. Auf dem linken Ast kurz geradeaus nach S zu einem Bach, und nach dessen Überschreitung Richtung E weiter dem z.T. exponierten Pfad folgend über Gras- und Geröllbänder, dabei einige Runsen und Rippen querend, zum Läsisattel (2160m), 1h 30min, T3.

 Klein Wellhorn N-Gipfel über die N-Flanke und den NE-Grat (Normal- und Abstiegsroute)
Vom Läsisattel (2160m) nach S über Gras und leichte Felsen unter eine erste Stufe im N-Grat, die E umgangen wird, worauf man oberhalb zu einem kleinen Sattel gelangt. Durch einen breiten Graben hinauf und vor der Abschlusswand nach E durch eine Rinne auf eine Rippe (Abseilstand). Über diese zu einer steilen Platte, Querung einer Rinne nach E auf eine Schulter und hinauf auf eine rötlichbraune Terrasse (einst Abbau von Eisenerz). Nun abwechselnd über Rippen aufsteigend und auf Bändern nach E querend (Steinmänner) zu einer Scharte im NE-Grat. Nach S in eine Rinne und durch diese nach SW hinauf, bis  nach SE über Platten ein paralleler Sekundärgrat erreicht werden kann. Auf diesem steil und exponiert hinauf (III-, Bh, Abseilstände), bis er flacher wird und sich mit dem Hauptgrat vereinigt, und auf diesem, an den Ausstiegen von "Adlerauge" und "Miracolo" vorbei, einfach auf den N-Gipfel (2685m), 3-5h, WS+.

Abstecher zum S-Gipfel (Lilienspitz)
Vom N-Gipfel (2685m) über den brüchigen SW-Grat in die Scharte zwischen N- und S-Gipfel (ca. 2660m). Nun entweder nach einem "seltsamen Schritt" (III) über ein Gras- und Felsband in der SE-Flanke auf den S-Gipfel (2700m), 30min, ZS-, oder in der N-Flanke entlang dem NE-Grat (nicht eingerichtet): Stand an einem Block etwas oberhalb der Scharte, nach W leicht absteigend eine glatte Platte queren (5m, IV) und wieder ansteigend auf ein Schuttband. An dessen W Ende in einer Verschneidung (10m, III, brüchig) unter einen Überhang. E haltend über eine glatte Platte, dann gut gestuft auf den NE-Grat, und nach einer  Stufe (2m, III) über den flacher werdenden Grat auf den S-Gipfel (2700m), 45min-1h, ZS+.

Rückweg vom S- zum N-Gipfel
Über den NE-Grat zurück und unterhalb der Stufe zum obersten Stand der "Gletschersinfonie". Abseilen auf das erwähnte Band in der SE-Flanke, auf diesem zurück zur Scharte und über den SW-Grat einfach auf den N-Gipfel, 30min, ZS-.

Abstieg vom N-Gipfel ins Rosenlaui
Über die oben beschriebene Normal- oder Abstiegsroute, wobei am NE-Grat und in der unteren N-Flanke insgesamt ca. 3x abgeseilt werden kann, 2-3h, WS+.

Material: übliche Kletterausrüstung mit 50m Einfachseil, 6 Express, 3 Schlingen, 3 kleinen und mittleren Cams und Kk-Set.

Fahrplan: 6.35 Broch, 7.45 Läsisattel, 9.30 N-Gipfel, 10.25 S-Gipfel, 11.10 retour N-Gipfel, 12.55 Läsisattel, 14.15 retour.  

Tourengänger: lorenzo


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