Klein Wellhorn SE-Wand
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Böse Zungen auf dem Bödeli sollen einst behauptet haben: "Wa Dölf, chunnd me no lang em uehi", so nach dem Motto eines gestandenen Hasliführers: "Wenn är denn en Griff heigi, sigi är rätsch - und üfi!" Nun war aber Dölf Reist nicht nur ein hervorragender Fotograf, dessen Leicafotos - z.B. "Im Abstieg vom Mount Mc Kinley bei 42 Grad unter Null" - von unerreichter Präzision und Schönheit sind, sondern, wie andere heutige Outdoor-Fotografen ein ausgewiesener Alpinist, der auf damaligen "Grandes Courses" unterwegs und sogar bei einigen Erstbegehungen klassisch gewordener Routen beteiligt war. Wer also dazu neigt, den Mund voll zu nehmen, sollte sich vorher zumindest z.B. an der Fiescherhorn N-Wand oder der Lauperroute bewähren, wo in den abwärtsgeschichteten und oft vereisten Platten solche guten Griffe fehlen und man gezwungen ist, sich anderen Händen anzuvertrauen und zu beten: "Gott gebe, dass es klebe". Oder sich - wie ich, der wie Don Quijote immer mal wieder von solchen grossen Heldentaten träumt - zuerst einmal an der Reiss/Reist durch die 600m hohe SE-Wand des Klein Wellhorns von 1950 versuchen, die Hannes Grossen als "einen Prüfstein für angehende Alpinisten" und "den lohnendsten und grosszügigsten Wandanstieg des IV. Grades im Berner Oberland" bezeichnet hat. Die bisher nur rudimentär eingerichtete Route wurde vor einigen Jahren mit Bohrhaken an Standplätzen und schwierigen Stellen ausgerüstet, wodurch ihre Begehung erleichtert, und damit eine Durchsteigung der SE-Wand auch all jenen ermöglicht wird, denen die deutlich schwierigeren Routen von Kaspar Ochsner wie Kumulus, Adlerauge, Gletschersinfonie, Aura, Miracolo oder Chaos Paradies zu knackig sind.
24.9.2005: An einem schönen Septembertag nehme ich mir vor, "mal zu schauen, wie weit ich komme". Das Seil an der Abseilstelle in der unteren Wandhälfte hängen lassend, gelange ich bis zum Ende der Schlucht. Da schon Nachmittag ist und es bereits früh einnachtet, kehre ich um und seile mich zum Wandfuss ab.
4.7.2008: Anders als prognostiziert, hangen die "Restwolken" noch tief über dem Haslital, in Meiringen regnet es, und die Kalkwände von Engel- und Wellhörnern triefen vor Nässe. Als dann ca. 50m vom Einstieg entfernt kurz nacheinander zwei Steine aus der Wand neben mir aufprallen, begreife ich endlich, dass heute nicht der Tag für einen zweiten Versuch ist.
9.7.2008: Diesmal stimmt die Prognose, nur leichte Wolken und Nebel umspielen die Gipfel im Rosenlaui, und die Felsen sind weitgehend trocken. Am Einstieg bin ich unschlüssig: soll ich wie letztes Mal über 1,5 SL auf einer Rippe und 1 SL über eine Wandstufe links der Anfangsverschneidung (alte und BH) oder - wie in den Führern beschrieben - durch diese zum Stand unter der kaminartigen Verengung gelangen? Da die Anfangsverschneidung noch nass ist, und ich dort weder alte noch BH finde, halte ich mich an die linke Variante. Danach geht es in abwechslungsreicher und schöner Kletterei durch die reich gegliederte Wand mit immer wieder sich ändernder Felsqualität (z.B. brüchig und kleinsplittrig am Anfang, von Gras durchsetzte Schrofen auf Bändern, plattig in der Muschel, ausgewaschen in der Schlucht oder rauh und von Wasserrillen zerfressen beim grauen Wulst), wobei ich mich in den schwierigen und ausgesetzten Seillängen durchgehend sichere. Wolkenschatten und leichter Westwind spenden eine zum Klettern angenehme Kühle, so dass keine Backofentemperaturen wie sonst im Hochsommer aufkommen, und sich der Durst in Grenzen hält. Aber nur langsam weicht die drückende Beklemmung angesichts der hohen Felsfluchten einem Gefühl von Befreiuung. Am Gipfel geht dann ein lange gehegter Traum in Erfüllung! Der ebenfalls eingerichtete (BH) und z.T. markierte (Steinmänner, Farbe) Abstieg über NE-Grat, N-Flanke, Läsisattel und Scheenbielalp zurück nach Rosenlaui stellt dann eine landschaftlich reizvolle Tour für sich dar und erfordert v.a. zu Beginn nochmals volle Konzentration.
Zeiten: Zustieg ca. 1h, Kletterei ca. 5-8h, Abstieg mind. 2-3h, total mind. 10-12h.
Material: klettertaugliche Bergschuhe und übliche Kletterausrüstung mit 6-8 Express, kleinem Kk-Sortiment sowie einigen mittleren und grossen Friends.
24.9.2005: An einem schönen Septembertag nehme ich mir vor, "mal zu schauen, wie weit ich komme". Das Seil an der Abseilstelle in der unteren Wandhälfte hängen lassend, gelange ich bis zum Ende der Schlucht. Da schon Nachmittag ist und es bereits früh einnachtet, kehre ich um und seile mich zum Wandfuss ab.
4.7.2008: Anders als prognostiziert, hangen die "Restwolken" noch tief über dem Haslital, in Meiringen regnet es, und die Kalkwände von Engel- und Wellhörnern triefen vor Nässe. Als dann ca. 50m vom Einstieg entfernt kurz nacheinander zwei Steine aus der Wand neben mir aufprallen, begreife ich endlich, dass heute nicht der Tag für einen zweiten Versuch ist.
9.7.2008: Diesmal stimmt die Prognose, nur leichte Wolken und Nebel umspielen die Gipfel im Rosenlaui, und die Felsen sind weitgehend trocken. Am Einstieg bin ich unschlüssig: soll ich wie letztes Mal über 1,5 SL auf einer Rippe und 1 SL über eine Wandstufe links der Anfangsverschneidung (alte und BH) oder - wie in den Führern beschrieben - durch diese zum Stand unter der kaminartigen Verengung gelangen? Da die Anfangsverschneidung noch nass ist, und ich dort weder alte noch BH finde, halte ich mich an die linke Variante. Danach geht es in abwechslungsreicher und schöner Kletterei durch die reich gegliederte Wand mit immer wieder sich ändernder Felsqualität (z.B. brüchig und kleinsplittrig am Anfang, von Gras durchsetzte Schrofen auf Bändern, plattig in der Muschel, ausgewaschen in der Schlucht oder rauh und von Wasserrillen zerfressen beim grauen Wulst), wobei ich mich in den schwierigen und ausgesetzten Seillängen durchgehend sichere. Wolkenschatten und leichter Westwind spenden eine zum Klettern angenehme Kühle, so dass keine Backofentemperaturen wie sonst im Hochsommer aufkommen, und sich der Durst in Grenzen hält. Aber nur langsam weicht die drückende Beklemmung angesichts der hohen Felsfluchten einem Gefühl von Befreiuung. Am Gipfel geht dann ein lange gehegter Traum in Erfüllung! Der ebenfalls eingerichtete (BH) und z.T. markierte (Steinmänner, Farbe) Abstieg über NE-Grat, N-Flanke, Läsisattel und Scheenbielalp zurück nach Rosenlaui stellt dann eine landschaftlich reizvolle Tour für sich dar und erfordert v.a. zu Beginn nochmals volle Konzentration.
Zeiten: Zustieg ca. 1h, Kletterei ca. 5-8h, Abstieg mind. 2-3h, total mind. 10-12h.
Material: klettertaugliche Bergschuhe und übliche Kletterausrüstung mit 6-8 Express, kleinem Kk-Sortiment sowie einigen mittleren und grossen Friends.
Tourengänger:
lorenzo
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