Gehrenspitze N-Wand - die stark vernachlässigte Seite des beliebten Gipfels


Publiziert von algi , 2. Juli 2018 um 12:01.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum: 1 Juli 2018
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkmöglichkeiten in Leutasch Lehner

Bei der Suche nach einer Tour die den 3.-ten Schwierigkeitsgrad nicht überschreiten sollte, bin ich schließlich bei der Gehrenspitze N-Wand fündig geworden. Die Route, im Jahre 1904 erstbegangen, nutzt die mächtige Rampe welche die N-Wand von West nach Ost ansteigend durchzieht und knapp unterhalb des Gipfels den Ostgrat erreicht. Von aktuelleren  Begehungen der N-Wand-Routen ist mir noch nie was zu Ohren gekommen, das liegt wahrscheinlich an den gegenüberliegenden prominenten Nachbarn mit deutlich besserer Felsqualität. Eine 500 m hohe Wand aufgrund von Vorurteilen immer unbeachtet links liegen lassen, dem wollte ich heute mal entgegentreten, und mir ein eigenes Bild verschaffen.
 

Direkt nach dem „Stich“ hinauf ins Puitental gleich eine freudige Überraschung, eine weidende Pferdeherde blickt mich teilweise mit neugierigen Augen an. Die Tiere sehen sehr gepflegt aus, eine Augenweide, nur als eines der Prachtexemplare auf mich zukommt und vmtl. was fressbares will, mache ich dann doch lieber einen kleinen Bogen.

Ein Stückchen oberhalb, vor der Latschenzone, gesellen sich dann noch viele Kühe dazu, ehe, nach der Latschenzone, die Schafe das Regiment übernehmen.

Um zum Einstieg zu gelangen, verlässt man den Wanderweg unmittelbar hinter dem Latschendickicht und steigt über eine schöne Almwiese hinab zum Puitbach. Nun, anfangs einen kurzen Geländestreifen mit Almrosen hinaufsteigen, zuletzt über Geröll etwas mühsam zu der Rampe, die dem Hauptband vorgelagert ist, nach links hinüberqueren.

Die Route verläuft zunächst auf dieser westlich vorgelagerten Nebenrampe bis sie sich aufsteilt und in senkrechter Wand verliert.

Die Kletterei selbst ist nicht direkt brüchig, vom Felscharakter her so eine Mischung auf Wasser- und Steinschlagrinne. Wenn man alleine unterwegs ist, oder in einer kleinen Gruppe nahe zusammenbleibt droht bei trockenen Bedingungen m.E. auch kein Steinschlag. Problematisch wird das Geröll, dass auf allen Absätzen und Bändern massenhaft rumliegt, nur für Kletterer / Gruppen die größere Abstände voneinander trennen, da sich das Lostreten von Steinen nie ganz verhindern lässt. Ein Gewitterregen sollte auf jeden Fall vermieden werden, denn dann droht mit Sicherheit ein Inferno.

An günstiger Stelle verlässt man die Nebenrampe nach links und steigt / quert zum darunterliegenden Hauptband ab. Dies empfand ich als die unangenehmste Stelle, da einige Meter schon etwas bröselig sind. Nun immer dem einfachsten Weg, auf der bis zu 40 m breiten Rampe, folgen. Man muss auch nicht verzweifelt nach dem Weg suchen, die Linie aus Rinnen, Bändern und kleinen Spornen drängt sich förmlich auf, und klettern lässt sich wohl auch fast alles, wenn man sich doch mal ein paar Meter verhaut hat. Die letzten 60 m hinauf zum Ostgrat wird es nochmal brüchig, aber aufgrund der geringen Schwierigkeit sollte dies kein Problem darstellen.

Zum Schwierigkeitsgrad: einen richtigen III-er würde ich nicht vergeben, eher II+ oder bestenfalls Stellen III-.

Fazit: als Sterne-Tour kann die N-Wand-Rampe nun nicht unbedingt eingestuft werden, aber für weniger versierte Kletterer die sich von alpinem Gelände nicht abschrecken lassen, bietet die Route trotzdem ein kleines Abenteuer. Und wo bekommt man mit max. 90 Minuten bis zum Einstieg schon eine 500 m-Wand kredenzt.

 

Viele Grüße

Albert


Tourengänger: algi


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Kommentare (12)


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ADI hat gesagt:
Gesendet am 2. Juli 2018 um 12:51
mir vollkommen unbekannte Abenteuertour....
Klasse!!

VLG!

ADI

algi hat gesagt: RE:
Gesendet am 2. Juli 2018 um 19:15
Servus ADI,

eine beeindruckende Führe, aber tatsächlich nur halb so wild.
Schwerer als der Normalweg zum Öfelekopf, aber deutlich leichter als z.B. Wettersteingrat oder die Überschreitung der Scharnitzspitze.
Würde mich interessieren, wie du die Route einstufst.

Beste Grüße Albert

Gelöschter Kommentar

algi hat gesagt: RE:Alzheimer-Erstbegehungen
Gesendet am 2. Juli 2018 um 19:26
Hallo Chris,

danke für deinen Zuspruch. Mich begeistert auch der Gedanke alte Routen wieder in Erinnerung zu rufen. Vielleicht gibt es irgendwann mal wieder eine Neuauflage der DAV-Gebietsführer, sonst findet man die notwendigen Infos bald nur noch in Archiven.

Viele Grüße, Albert

83_Stefan hat gesagt:
Gesendet am 2. Juli 2018 um 16:13
Lieber Albert, da hast du wieder einen richtigen Kracher rausgelassen! Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass man da mit II-III durchkommt. Viele Grüße!

algi hat gesagt: RE:
Gesendet am 2. Juli 2018 um 19:35
Servus Stefan,

Kracher ? Naja, aber auf jeden Fall eine tolle Linie, vielleicht verirrt sich demnächst ja wieder der Eine oder Andere in diese bestimmt sehr selten begangene Wand.

Beste Grüße, Albert

Nic hat gesagt:
Gesendet am 2. Juli 2018 um 21:04
Sehr schöne und interessante Tour! Was es alles gibt. Mit etwas mehr Übung lässt sich diese Rampe eventuell mal begehen.

VG Nico

pete85 hat gesagt: Glückwunsch zur Tour!
Gesendet am 12. Juli 2018 um 22:23
Sehr schöne Linie, muss ich mir merken. Macht in der Frontalansicht echt was her.

Gruß,
pete.

kneewoman hat gesagt:
Gesendet am 16. August 2018 um 15:28
Vielen Dank für diesen Tourentipp!
Ich wollte da schon immer mal auf die Gehrenspitze, aber die üblichen Anstiegswege haben mich irgendwie nicht überzeugen können. Dank deines Berichts bin ich heute kurz entschlossen losgezogen und hatte einen sehr schönen und abwechslungsreichen Tourentag.
Vielleicht füge ich beizeiten meine Eindrücke auf hikr hinzu...

algi hat gesagt: RE:
Gesendet am 17. August 2018 um 05:49
Danke für deine positive Rückmeldung.
Finde es toll, wenn man mitbekommt, dass die Tourenberichte nicht nur gelesen, sondern auch die eine oder andere Begehung einer Route durchgeführt wird.

VG Albert

Landler hat gesagt: Servus Albert,
Gesendet am 16. August 2020 um 19:28
als i heut in die Nordwand gschaut hab, war i scho unsicher ob i des dapack.
Aber dank deines Berichts hab i gwusst was mi erwart und wann ma so dahinkraxelt, vergisst alles um sich und schaut nur auf den Weg nach oben.

Danke für die Anregung und Gruß aus Kufstein - Robert

algi hat gesagt: RE:Servus Albert,
Gesendet am 17. August 2020 um 06:24
Servus Robert,

freut mich, wenn dir die Tour gefallen hat. Hab sie letztes Jahr auch nochmal wiederholt und dabei deutliche Begehungsspuren entdeckt. Dann hat der Bericht seinen Zweck ja nicht verfehlt.

Beste Grüße, Albert


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