Dolomiten (1997)


Publiziert von hgaudig , 25. April 2018 um 06:01.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 4 Tage 12:00
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 900 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit Bahn: Brenner - Franzensfeste / Fortezza - Bruneck
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Mit Bus: Pedratschen / Pedraces - Bruneck
Unterkunftmöglichkeiten:Fanes Hütte, Camping Sass Dlacia, Rifugio Passo Valparola Fanes Hütte: eventuell auch ohne Anmeldung

Dolomiten (1997)
 
 
Ich fuhr von Garmisch-Partenkirchen über Mittenwald, Seefeld nach Innsbruck, von dort mit dem Regionalzug zum Brenner und dann über Franzensfeste mitten durch den Festungshof und einen Munitionszugtunnel, die Festung wurde 1917/18 teilweise zerschossen, in Richtung Bruneck. Es ging durch eine Mittelgebirgslandschaft. Als die Zeit ran war, fragte ich eine alte Frau, wann ich aussteigen müsse. Sie sagte eine Station nach ihr. Die Frau ging vor, der Zug hielt kurz auf freier Strecke und fuhr wieder an, dann hielt er am Bahnhof. Eine junge Frau sagte: „Sie müssen jetzt raus.“ Ich nahm Rucksack und Provianttasche und eilte zur Tür, Italiener stiegen ein, sie schimpften, ich auch, mit den romanischen Worten, die mir einfielen und so gelangte ich gegen die Massen in letzter Minute auf den Bahnsteig in Bruneck. Ich hatte auch alles, der Halt davor war der Haltepunkt St. Lorenzen. Vom Bahnsteig sah ich in die Rieserfernergruppe (Zentralalpen). Es ging aus der Stadt heraus, durch das Vorgelände, über eine Zufahrt zur Fernstraße, Gewerbegebiet (Molkerei) bis zur Straße nach St. Martin, einem Dorf oberhalb der Einmündung des Gadertales in das Pustertal, in dem Bruneck liegt. Von St. Martin ging es den Berg hinauf zu einem Einzelhof, es gibt hier viele, der über eine Rampe angefahren werden konnte. Gegenüber war ein Schloss und während ich vorüber ging, winkte mir das blonde Burgfräulein vom Fenster. Da an der Straße ein Brunnen war, fragte ich einen Mann im Garten  ob das Trinkwasser ist. Er sagte ja und ich trank und füllte den Wasservorrat auf. Auch das Burgfräulein kam und holte Wasser und ich erfuhr, dass das Schloss eine Jugendherberge ist. Ein wenig weiter, am Waldrand, traf ich einen Radwanderer. Der sagte mir, ich könne ruhig über S. Vigil mit Rucksack aufsteigen, starke Steigungen gäbe es nur kurzzeitig, er wäre die Strecke selbst schon abgefahren und er äußerte Bedenken, dass ich den Rückweg auf der Staatsstraße 244 nehmen wollte. So kam ich mit gutem Rat eine Hangstraße durch den Wald und dann am Wiesenhang bis zu einem Stadel, unter dessen Giebel ich nächtigte. Wenn ich munter wurde, sah ich die Sterne.
 
Am nächsten Morgen ging es die Hangstraße weiter bergauf. Unten gabelte sich das Tal in das Tal von Tamores, welches ich durchwandern wollte und das Gadertal. Rechter Hand schaute über die Wiesenhänge der Peitlerkofel. Schließlich lag vor mir das Dorf Enneberg (1281 m). Von hier ging es in Serpentinen hinunter nach S. Vigil. Ich schreckte zwei Hirschkühe auf, wieder im Wald, rasierte ich mich an einer alten Sägemühle, nur das Mühlrad stand noch. In S. Vigil angekommen, setzte ich mich in den Kurpark und aß Müsli. Nach dem Frühstück ging es durch den Ort zum am Ortsende beginnenden Naturpark Fanes-Senes-Prags. Es ging durch ein Erholungsgebiet, Kreidesee, vorbei an einem Schotterwerk. Im Wald gab es mit zunehmender Höhe Wacholder und Orchideen. Das Valle di Tamores ist eingefasst von Felswänden. Am Nachmittag bildeten sich Wolken und es gab ein paar Spritzer. Es ging einen Bogen in die Berge und noch etwas bergauf. Da lag vor mir die Pederuhütte, dahinter eine Schotterpiste und ein eiszeitlicher Blockwall und das leere Gletscherbett zwischen Groda d. grand Vallon und Eisengabelspitze. In der Hütte erkundigte ich mich nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Die Wirtin sagte mir, „da müssen Sie zur Fanes-Hütte, geradeaus.“ So ging ich wohl oder übel nach 12 Kilometern Marsch die 28-prozentige Steigung an. Der Fahrweg führte in Serpentinen den Talschluss hinauf. Hinter dem Blockwall war ein leerer Trichter, wohl ein alter Bergsee. Oben angekommen fragte ich einen Kleinbusfahrer, wie weit es noch wäre. Er sagte: „Um 20 Uhr sind Sie dort.“ Als ich am Piciodelsee vorbei kam, fing es an, mal zu donnern. Ich fragte einen Motorradfahrer, wie weit es wäre. Er sagte: „Das hält sich noch.“ Es rumpelte immer öfter und ging noch mal steil am Bach bergauf, dann kamen die ersten baumkuchenartigen Schichten der Fanes-Alm. Ich fragte an der alten Fanes-Hütte, da hatte sich das Wetter wieder beruhigt. In der neuen Fanes-Hütte bekam ich ein Lager (ca. 35 DM). Die Mitinsassen waren Südtiroler Ehepaare. Vom Gewitter über teils steile Aufstiege gehetzt, hatte ich eine Gastritis bekommen. In der Nacht kam dann doch ein Gewitter mit Stromausfall, was hatte Trenker gesagt: ‚Taschenlampe mitnehmen.’
 
Beim Frühstück wurde deutsch und italienisch bedient. Dann wurden die Schuhe angezogen und es ging mit Blick zur Kleinen Fanes-Alm mit Grünsee und La Varella-Hütte, im Hintergrund liegt der Fanes (Kreuzkofelgruppe) mit seinem baumkuchenartigen Schichtpaket, hinauf zum Limopass (2172 m). Dann senkte sich der Weg zu einem Tal ab und so gingen vor mir Jugendliche und ich einen Seitenweg oberhalb. Der erste Geher sagte, ’hier geht es in die Felsen.’ Als ich hinunter schaute, sah ich förmlich die Karte vor mir liegen und so ging es zurück und unterhalb des Hanges weiter auf dem Höhenweg Nr. 1 über die Große Fanes-Alm. Hier oben soll einst ein mächtiges Königreich des Fanesvolkes gewesen sein, das ist aber nur Sage. Vorbei an einem Teich mit sprudelnden Quellen im Kalk wandernden Schmelzwassers, auch Bäche verschwinden  und kommen in den Tälern wieder ans Tageslicht, geht es über den flachen Tádegapass (2153 m), wo Murmeltiere pfeifen, vorbei an der Cunturinesspitze zur Kante. Der Höhenweg Nr. 1 geht nach Süden, von wo die mit Schneeflecken bedeckte Tofana herüberschaut. Im Westen das Panorama: Von der Marmolada (3342 m) mit ihrem kaum ausgeaperten Gletscher, am Gipfelgrat etwa 100 m Firn, im Südwesten über Sella mit ihren senkrechten Felswänden und der kleinen Pyramide Piz Boè bis zu den Geislerspitzen im Nordwesten. Nach unten senkt sich ein Tal, welches zunehmend steiler in Richtung S. Cassianotal abfällt. Es geht über Schotterfelder, dann unterhalb der Felsen einen steilen Fußweg in den Wald hinunter. Am Wiesenhang sind Edelweiß und andere Blumen. Mit ein paar lateinischen Namen kann ich einem Italiener, der mich auf das Edelweiß aufmerksam machte, antworten, mehr ist nicht mehr da. Unten wird der Weg flach und ich erreiche kurz vor einem aufziehenden Gewitter die Cap. Alpinahütte. Hier trinke ich Kamillentee und esse Apfelstrudel. Nach dem Gewitter geht es an einem Zeltplatz vorbei zur Straße, die zum Falzáregopass führt. Die Straße führt durch den Wald aufwärts, als das Gelände unterhalb der Straße flacher wird, bereite ich mir ein Nachtlager in der Nähe einer Futterkrippe. In der Dämmerung trabt ein Wildschwein bellend zum Bach und früh wieder hoch.
 
Am nächsten Morgen geht es die Straße weiter bergan, über die  Provinzgrenze und nach kurzer Rast in die Serpentinen zum Valparolapass. „Parola“ das heißt „Übereinkunft“ zur gemeinsamen Nutzung der hiesigen Weidegründe der Gemeinden Venetiens und Südtirols. Schließlich geht es durch Almwiesen zur Valparolahütte. Von der Terrasse sieht man über das Valparola zur schneebedeckten Marmolada. Ich rasiere mich, trinke Kamillentee und mache mich auf den Weg zum Falzáregopass.
 
 Auch hier geht es auf 2 km durch Frontgebiet zwischen Italien und Österreich. Auf dem Kleinen Lagazuoi waren die Österreicher und an der Straße in einem Haus aus mächtigen Steinquadern die Italiener. Es wurde geschossen, bis die Granaten im Inneren des Hauses explodierten. Vorbei an diesen makaberen Zeugen des I. Weltkrieges, ging es hinunter zum Falzáregopass: Viele Autos, Blick auf die Serpentinen der Großen Dolomitenstraße und Museum, aber doch kein Stilfser Joch. In den Almwiesen wurden Kräuter gesammelt. Der Kessel von Cortina d. Ampezzo wurde durch die umliegenden Hänge verdeckt. Nach Osten sah man die Sorapis und in der Ferne den Cristallo. In einer Kapelle umarmten sich die Südtiroler und die Italienische Mutter. Am Nachmittag ging es über den Valparolapass zurück. Hier waren die Eltern der Bedienung eingetroffen, der Vater ein kleiner Louis de Funès. Weiter ging es nach Hinweis eines Lehrers einen Wanderweg vorbei an Kriegsgräbern zum Bach und dann ins Dorf S. Cassiano (Pensionen und Hotels). Kurz vor dem Dorf lief ein Reh langsam auf die Straße zu, hielt inne und beobachtete die Fahrzeuge, lief wieder weiter, erst am Straßenrand begann es zu rennen und lief auf der anderen Seite langsam in den Wald. Ich erhob mich von der Bank und ging ins Dorf und weiter bis zu einer Wollgraswiese. Auf dem erhöhten, trockenen Weg bereitete ich mein Nachtlager. Da ich Pfefferminztee getrunken hatte, musste ich nun Karlsbader Salz nehmen. An den gegenüberliegenden Felsen war herrliches Alpenglühen.
 
Am nächsten Morgen ging es vorbei an wassertechnischen Anlagen zur Einmündung des von der Sella kommenden Gadertales und nun weiter am Gaderbach, einem Flüsschen, nach Abtei / Badia,Pedratsches/ Pedraces, einem Doppelort, das sagte mir aber die alte Wirtin in der Gaststätte erst beim zweiten Mal. Das erste Mal sagte sie mir nur, wie der Radfahrer, dass hier der Weg zu Ende sei und so ging ich zur Bushaltestelle, fand aber den Namen des Ortes nicht im Fahrplan. Ich ging dann zur Abfahrtzeit zum Bus und tatsächlich gab es ab hier nur die Straße  und das Flüsschen, der Bus musste in den Kurven zurücksetzen. Über St. Lorenzen ging es zum Bahnhof Bruneck, am Brennerpass Gesichtskontrolle. In München wollte dann noch der Beamte am Nachlöseschalter (Abfertigung jeweils 15 Minuten mit dickem Regelwerk) 2 DM kassieren, die anderen Beamten meinten aber, es sei alles in Ordnung.
 
 
Botanisches:                     
 
-         Die Zirbelkiefer wächst an der Waldgrenze und als Eiszeitrelikt im hohen Mittelgebirge.
 
-         Der Bergwacholder wächst in Süd- und Südost-Europa an der Waldgrenze. Er wurde von der  
          Zwergkiefer während der Eiszeit von den Almen verdrängt.

Tourengänger: hgaudig


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