Elwertätsch (3208m), Birghorn (3243m) und Petersgrat (3202m), Abfahrt durch's Uisters Tal


Publiziert von Chrichen , 4. März 2018 um 18:38. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:25 Februar 2018
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Ski Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 950 m
Abstieg: 2500 m
Strecke:ca. 21.5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem ÖV: Zug bis Goppenstein / Postauto bis Wiler, Talstation / LSB bis Lauchernalp / Zwei Sektionen Sessellift und eine Sektion Gondelbahn bis zum Hockengrat
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Mit dem ÖV: Postauto ab Blatten, Post bis Goppenstein / Weiter mit dem Zug

Der Hockengrat bietet phantastische Möglichkeiten, von einem hochgelegenen Ausgangspunkt aus einige aussichtsreiche 3000er zu besuchen. Die Kombinationsmöglichkeiten sind vielfältig, und es bieten sich mehrere Abfahrtsvarianten an. Da das angesagte Schönwetter Startschwierigkeiten hatte, mussten wir unseren ursprünglichen Plan reduzieren und besuchten schlussendlich die drei Gipfel Elwertätsch, Birghorn und Petersgrat. Abgefahren sind wir durch das Uisters Tal nach Blatten.

Bei der Planung einer gemeinsamen Tour schlug Stijn neulich den Hockengrat vor. Nach einigen Recherchen auf Hikr war ich hellauf begeistert von der Idee. Am Sonntag schien das Wetter bestens zu passen, und so nahmen wir das Projekt in Angriff. Maximalziel waren die fünf Gipfel Hockenhorn, Sackhorn, Elwertätsch, Birghorn und Petersgrat.

Prolog
Mit Wind und Kälte haben wir heute gerechnet, mit Wolken und Nebel aber nicht. Dennoch zeigt die Webcam morgens im Zug nach Goppenstein genau das für den Hockengrat an - eine Nebelsuppe. Auf dem Weg zur Lauchernalp durchstossen wir die Hochnebeldecke und schauen nun hinauf in die Wolkensuppendecke, die liebevoll alle unsere geplanten Gipfelziele umhüllt. Die Motivation sinkt, die Hoffnung auf Wetterbesserung bleibt. Insgeheim sehen wir uns dennoch beide schon am frühen Nachmittag im Zug zurückreisen, auch wenn wir nicht darüber reden. Die Perspektiven sind ungewiss...

Wir prüfen die Optionen. Das Hockenhorn im Blindflug zu besteigen scheint wenig sinnvoll. Unterhalb von uns herrscht wenigstens Sicht. Also verzichten wir und machen uns stattdessen auf den Weg zum Sackhorn. Aus fünf mach vier...

Hockenhorngrat - Elwertätsch (WS)
Die Tour beginnt nun gleich mit einer Abfahrt über die Pisten des Skigebiets. Eine schwarze Piste und eine nach Osten querende rote Piste bringen uns zum Wiederaufstiegspunkt auf ca. 2740m Höhe. Hier fellen wir an und beginnen gemächlich den Aufstieg auf guter Spur in Richtung Tennbachgletscher. Erste Schlüsselstelle ist ein auf ca. 60 Höhenmetern gut 30° steiler Hang, der sich dank der schönen Spur problemlos ersteigen lässt. Hie und da zeigt sich die Sonnenscheibe durch Wolken hindurch oder sogar ein Fetzen blauer Himmel. Gegen Norden aber ist immer noch alles unverändert grau, und einmal beginnt es sogar leicht zu schneien. Es ist windstill, Sonne wäre uns aber lieber.

Weiter geht es bis unter das Sackhorn, dessen Gipfel im Nebel steckt. Wenigstens können wir das breite steile Couloir studieren, ein Versuch an diesem eher anspruchsvolleren Gipfel scheint aber so keinen Sinn zu machen. Aus vier mach drei...

Es geht nun weiter auf den Tennbachgletscher, wo uns eine etwas mühsame Querung auf harter rutschiger Spur bis unter die Tennbachlücke bringt. Zeit für eine Pause, denn Zeit haben wir genug. Es kann fast nur besser werden. Und während wir essen und trinken, scheint es plötzlich tatsächlich besser zu werden! Es zeigen sich einige Wolkenlücken im Norden, und für ein Weilchen trifft uns zugleich auch der Sonnenschein. Die Motivation steigt, und wir nehmen den kurzen Weg bis zur Tennbachlücke unter die Felle.

Bei der Lücke angelangt, hat sich der Himmel schon weit geöffnet, und in Richtung Norden kommen wir in den Genuss einer schönen Aussicht. Noch sind die meisten Gipfel wolkenverhangen, das sollte sich jedoch bald schon ändern. In der wärmenden Sonne steigen wir der Spur folgend über den stellenweise abgeblasenen Gipfelhang an einigen Steinen vorbei zum einfach zu erreichenden Elwertätsch. Auf dem Gipfel hat sich nun schon ein prächtiges Panorama eröffnet, und die Wolken beleben eindrucksvoll den Himmel. Hiermit ist die Tour gerettet! Wir lassen uns viel Zeit auf dem Gipfel, denn ab jetzt würde es gewiss nur noch schöner werden.

[Stijn:] Aus dem Skigebiet sind etliche weitere Skitourengruppen gestartet. Irgendwie sind alle vor uns direkt weiter zum Petersgrat gegangen. Damit haben wir den Gipfel vom Elwertätsch nur für uns. Noch vor wenigen Minuten hatten wir wenig Hoffnung noch weiter zu kommen als bis hier. Im Blindflug über das breite Gletscherplateau vom Petersgrat? Lieber nicht. Aber jetzt herrscht Sonne pur und die nächsten Gipfelziele lächeln uns verlockend an.

Elwertätsch - Birghorn (WS, II)
Bevor wir losfellen und ein Stück abfahren schauen wir noch, ob ein Abstieg in Richtung Osten möglich wäre. Dies scheint nicht der Fall zu sein. Somit fahren wir zurück zur Tennbachlücke und dann nach Osten querend weiter in eine Mulde, wo wir wieder anfellen. Ich bin noch nicht so schnell bei diesen Umrüstaktionen, und Stijn muss auf mich warten, bis es weiter geht.

[Stijn:] Es gibt Skispuren auf dem Nordwestgrat vom Elwertätsch bis zu einem Vorgipfelchen. Dort hören die Spuren aber auf. Der Abstieg bis P. 3168 wäre kurz, aber die Schwierigkeiten sind schlecht einsehbar und das Gelände ist exponiert auf beiden Seiten vom Grat. Darum fahren wir lieber zurück über die Normalroute ab. Der Schnee am Gipfelhang ist hart, aber beim P. 3121 gibt es noch eine sehr kurze aber immerhin hübsche Pulverschneeabfahrt.

Schon nach einem kurzen Stück rückt das Birghorn in die Nähe, und wir peilen den P.3183 an. Stijn spurt den steilen Aufstieg bis zur Lücke an. Der Gipfelhang ist wiederum stark abgeblasen. Wir suchen uns einen Weg an den vielen Steinen vorbei bis unter den Gipfel. Auf dem Grat deponieren wir die Ski uns setzen unseren Weg zu Fuss fort. Einen kurzen Gratabschnitt überwinden wir zuerst auf der Schneide und anschliessend in der Nordflanke, bis zu einer kleinen Scharte. Bis hier könnte man bei sicheren Verhältnissen auch durch die sehr steile Nordflanke im Schnee gehen.

Bei der Scharte beginnt nun die kurze Kletterei bis zum Gipfel. Wir ziehen dafür die Steigeisen an. Der Beginn ist eher plattig mit nur kleinen Tritten, aber noch nicht ausgesetzt. Weiter oben gibt es eine hochtrittige Stelle, die bereits exponiert ist und ein kleines Stück, das etwas Engagement verlangt. Danach geht es einfach dem schönen Grat folgend weiter zum Gipfel. In den meisten Berichten wird die Kletterei am Birghorn als leicht beschrieben. Dennoch fanden wir das kurze Teilstück (I-II) fordernd.

[Stijn:] Die Felsen sind etwas eingeschneit und die Griffe müssen teilweise ausgegraben werden. Zuerst glaube ich noch, dass ich ohne Steigeisen besser hochkraxeln kann, aber es ist schnell klar das dies eine naive Fehleinschätzung ist. Es gibt einige vereiste Stellen und die Tritte sind teilweise zu klein für klotzige Skischuhe. Mit den Frontalzacken von den Steigeisen geht es wesentlich besser. Zum Glück wird die Kletterei einfacher am exponierten Gipfelgrat. Beim Abstieg braucht das Abklettern von der (zwar weniger ausgesetzten) Schlüsselstelle dann noch mal etwas Überwindung. Ich brauche offenbar noch etwas Übung um mehr Vertrauen zu bekommen bei der Frontalzackentechnik...

Herrlich ist der Ausblick auf dem Birghorn! Blüemlisalp, Doldenhorn, Balmhorn, Bietschhorn, Aletschhorn, Eiger und andere Grössen lassen sich aus ungewohnter Perspektive bestaunen. Wir gratulieren uns, und Stijn macht ein 360° Panorama, während ich anderweitig herumknipse.

Birghorn - Petersgrat (WS)
Nachdem die umliegende Bergwelt ausreichend genossen wurde, machen wir uns an den Abstieg vom Birghorn auf gleicher Route, der an zwei Stellen wiederum nicht ganz einfach ist (vgl. oben). Mittlerweile ist ein rauer Wind aufgekommen, dessen Böen nun rasch an Stärke gewinnen. Die Ski tragen wir noch ein Stück hinab, an den freiliegenden Steinen vorbei. Dann fahren wir auf Fellen ein kurzes Stück ab, nach Osten querend, um wieder auf die Route zum Petersgrat zu stossen.

Entgegen unserer Vermutung bleibt der Wind auch unter dem Gratkamm recht heftig, und ich bin froh, dass ich nun spuren kann. So bleibt der Körper warm. Dennoch muss ich nach einem Weilchen ca. unter dem Rote Tätsch Halt einlegen, eine Isolationsjacke überziehen und die Handschuhe wechseln. Ich war etwas nachlässig und hatte nach den Kraxeleien am Birghorn die vereisten Fleece-Handschuhe anbelassen. Bald schon begannen die Finger zu schmerzen, und ein Wechsel zu den wärmeren Handschuhe wurde nun zwingend. Tatsächlich habe ich mir in diesem wenigen Minuten bereits leichteste Anzeichen von Erfrierungen an den Fingerspitzen geholt, wie sich am Folgetag zeigen wird.

Beim Rote Tätsch muss noch ein kurzes Steilstück überwunden werden. Wir folgen einer zugewehten Spur, dann liegt die immer flacher werdende Kuppe vom Petersgrat vor uns. Der nun konstant wehende Wind zaubert einen stets vorbeiziehenden Trockeneisnebel auf den Boden. Eindrücklich sind auch hier die Ausblicke. Wie eine Wüste mutet die vom Wind zerfurchte Schneedecke an. Wir suchen den höchsten Punkt und kontrollieren auf dem GPS. Damit haben wir unseren dritten und letzten Gipfel heute erreicht.

[Stijn:] Der Wind ist zwar nicht wesentlich stärker als vorhergesagt, aber aus Nordosten kommend weht die eisige Luft uns jetzt direkt entgegen. Auf der breite Hochebene vom Petersgrat gibt es keinerlei Schutz. Im Gegensatz zum Birghorn gibt es hier keine Tiefblicke, aber das Plateau hat seinen eigenen Charme und ist auch sehr fotogen.

Petersgrat - Uisters Tal - Fafleralp - Blatten (WS)
Nach einer kurzen Pause rüsten wir für die Abfahrt um. Zuerst fast flach, dann allmählich steiler fahren wir über den Tellingletscher in Richtung Uisters Tal ab. Der Schnee ist stark windgeprägt und nicht unbedingt traumhaft, dennoch lassen sich einige schöne Schwünge machen. Da die auf der Karte wie üblich nur ungefähr eingezeichnete Skiroute beim Einstieg ins Tal über steiles Gelände führt, halten wir uns etwas weiter links davon in Abstiegsrichtung. Einige Abfahrtsspuren sind vorhanden. Wir folgen ihnen, wobei wir uns noch etwas weiter links halten. Der Taleinschnitt vor uns ist mit einer Nebelwand gefüllt, und dahinter werden die steilen Nordflanken vom Bietschhorn und Breithorn von der nachmittäglichen Sonne angestrahlt - was für ein Bild!

Irgendwann sind wir zu weit vom Kurs abgekommen und müssen einige steile Hänge querend nach rechts korrigieren. Damit erreichen wir den mit recht vielen Spuren verzierten Talboden. Hie und da ist ein Lawinenkegel bis ins Tal vorgedrungen, meist kann man aber gut ausweichen. Der Schnee ist nicht sonderlich gut fahrbar, mit wenig ästhetischem Stil können wir dennoch mehr und mehr Höhenmeter abbauen. Bald schon tauchen wir in den dichten Nebel ein, der sich glücklicherweise schnell wieder lichtet. Nach einigen abschliessenden Metern im unangenehmen Schmelzharsch erreichen wir einen gepisteten Weg, der landschaftlich schön zur tief eingeschneiten Faffleralp führt.

[Stijn:] Die Höhenlinien zwischen 2900m und 2400m sind auf der Karte nicht so klar gezeichnet. Darum dauert es etwas länger bis wir erkennen, dass wir zu weit links sind. Zum Glück können wir noch korrigieren bevor wir im steilen Gelände südlich vom Blauseeli landen. Im oberen Bereich gibt es kleine Triebschneeansammlungen. Sonst hat der Schnee hat einen harten, meist tragenden Deckel. Es gibt schönere Bedingungen, aber insgesamt ist die Abfahrt gut machbar.

Da sich das Wetter stets allmählich verbessert hat, waren wir während der ganzen Tour recht gemütlich unterwegs. Nun ist die Zeit doch unerwartet vorangeschritten, und der Tag neigt sich bald dem Ende. Im kalten Nebel fahren wir auf der Langlaufloipe an der Kühmad vorbei nach Blatten. Wieder einmal ein winterliches Road Movie. An einigen Stellen muss man kurz stöckeln oder im Skating-Schritt gehen, sonst kann man sich fast durchgehend gemütlich treiben lassen.

In Blatten verpassen wir das Postauto, und so kommen wir verdient zu einer Röschti und einer Käseschnitte während wir auf eine tolle recht einsame Tour zurückblicken. Retrospektiv betrachtet hätten wir im Hinblick auf Kondition und Zeitmanagement vermutlich nicht alle fünf Gipfel geschafft.

[Stijn:] Vielen Dank an der effiziente Bedienung vom Hotel Edelweis. So konnten wir essen und immerhin noch das nächste Postauto schaffen. Die lange Rückreise in vollen Zügen nach Zürich nehmen wir gerne in Kauf. Unglaublich wie sich die triste Wetterlage am Anfang so schnell in einen zauberhaft schönen Tag umgewandelt hat. Dank dem Weglassen von Hockenhorn und Sackhorn konnten wir ein gemütlicheres Tempo anlegen und viele Fotos machen - im Nachhinein gesehen war es sogar besser so. Immerhin hatten wir auch mit nur drei Gipfeln etwa 1000 Hm im Aufstieg (etwas mehr als wir bei der Planung geschätzt hatten) und 2500 Hm Abfahrt.

136 Bilder... liebevoll ausgewählt und getaggt. Wer nachweislich alle durchklickt, kriegt als Preis ein rostiges Steigeisen. Tipp: Mit Ctrl + Pfeiltaste geht es schneller!

Tourengänger: Stijn, Chrichen


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Kommentare (4)


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Alpin_Rise hat gesagt: Mit Ctrl + Pfeiltaste...
Gesendet am 5. März 2018 um 13:14
alle Fotos durchgeklickt. Schöne Aufnahmen!

Preis nicht nötig: Ich habe ein älteres, aber gutes Paar Steigeisen abzugeben, falls jemand interessiert ist.

G, Rise


Stevo47 hat gesagt:
Gesendet am 5. März 2018 um 14:42
Auch ich verzichte auf die rostigen Steigeisen - die grandiosen Aufnahmen machten das Durchklicken schon zur Belohnung ;o). Grossartige Tour! Viele Grüsse, Steve

Linard03 hat gesagt:
Gesendet am 5. März 2018 um 19:20
coole Tour; tolle Fotos!
(ebenfalls alles durchgeklickt ...)

Felix hat gesagt:
Gesendet am 9. März 2018 um 10:37
Bravo!

(und besten Dank für den hilfreichen Tipp)

lg Felix


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