Über sieben Gipfel musst Du gehen: Hörnle-Gruppe im Winter

Bei so mancher raschen Tour zwischen Vorderem Hörnle und Aufacker entstand die Idee all diese Ziele in der Hörnle-Gruppe in einer einzigen Linie zu verbinden, gerade weil ja das Ganze oft mehr sein soll als die Summe seiner Teile. Um das Ganze noch ganzer zu machen, sollte die Aktion im Winter und mit Schneeschuhen stattfinden. Nachdem die vergangenen Winter die Hörnle und uns eher mit wenig Schnee enttäuscht haben, stehen die Zeichen Anfang 2018 und Ende Januar deutlich günstiger.

Noch vor wenigen Wochen sah es an den Hörnles deulich ungünstiger aus, wie z.B. Luidgers schneearmer Tourenbericht vom zurückliegenden Dreikönigstag zeigt. Zwei Wochen später hat sich die Schneelage wieder verbessert und ich tappe im leichten Gestöber auf einer brauchbaren Spur gen Osten. Es kommt zwischen den Windböen so etwas wie Euphorie auf und ich glaube schon, dass das Ganze recht schnell erledigt sein könnte. Nach einer Stunde ist es dann, als die Skispur zum Laber abzweigt, auch schon vorbei mit der anfänglichen Euphorie und ich finde mich in tiefem, schwerem Schnee auf der Forststraße zum Himmelreich wieder.

Der Wind hat sich wohl gedacht, dass die breite Schneise der beste Ort sei, um allen mitgebrachten Schnee dort abzuladen. Hin und wieder versperren auch noch Friederikes umgestürzte Bäume den Weg. Es ist nicht leicht.

Es ähnelt einem Entengang auf Schneeschuhen und immer dann, wenn eine der Tatzen auf Kniehöhe gewuchtet ist, sackt sie auch schon wieder bis auf den Boden durch. Gewaltphantasien beherrschen meine Gedanken, besonders wenn die Phrasen von ‚t-r-a-u-m-haftem' Pulverschnee vor meinem inneren Ohr auftauchen. Wenn ich noch einmal dieses bescheuerte ‚t-r-a-u-m-haft' zu hören bekomme, dann laufe ich mit der Schneekanone Amok …

Langsam, sehr langsam sind Kleiner Aufacker und Großer Aufacker endlich erreicht. Als ich schon an Abbruch denke, wird eine Spur erkennbar. Der Rückstand könnte sich wieder aufholen lassen. Und wenn Du denkst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ne Spur daher …
Die Freude dauert nicht lang an und die Spur zweigt ab. Nicht meine Richtung. Stattdessen macht sich der Schnee auf dem Weg zum Rehbreinkopf extra tief und schwer. Tja, der Rehbreinkopf ist auch nur auf der Landkarte ein Gipfel. Nach dem Übergang geht es weiter zu den Drei Marken. Die Feinorientierung beginnt etwas zu leiden. Zwei tiefverschneite Hütten sind nicht in der Karte eingezeichnet oder bin ich doch schon so weit von der Ideallinie abgewichen?

Mit tief heruntergezogener Kapuze breche ich durch eine Wand aus dichten Bäumen und stehe endlich an den Drei Marken. Könnte es jetzt schneller gehen, jetzt da es sich um gespurtes Zivilisationsgelände handelt? Vielleicht, denn nach wenigen Metern zweigt die blöde Schneeschuhspur einfach nach links ab und lässt mich im aufkommenden Schneeregen stehen. Erst nach weiteren einhundert Metern kommt sie, die Spur, wieder von links daher. Onkel und Diletanten …

Am Stierkopf weht ein sehr scharfer Wind. Die eine Hälfte ist abgeblasen und vereist, die andere ist wechtenschwer verschneit und eingeweht. Die Sicht verschlechtert sich. Für die drei Hörnle muss man vor Sonnenuntergang nochmals auf die Tube drücken. Sonnenuntergang ist in dieser Situation auch nur noch ein Wort für den Wechsel von Hellgrau zu Dunkelgrau…

Viertel nach Vier am Mittleren Hörnle, dem letzten von insgesamt sieben Gipfeln dieses Tages. Eigentlich geht es jetzt nurmehr bergab zum Kappel und dann zurück nach Oberammergau. Dieses Eigentlich nimmt dann doch nochmals zweieinhalb Stunden in Anspruch. Eine rutschige Nachtwanderung. Ja, man hätte die Sache per Anhalter oder auch mit der Bahn abkürzen können. Das hätte jedoch auch das Gesamterlebnis geschmälert.

Um neunzehn Uhr befreie ich das Auto endlich von seinem Eispanzer und lerne dazu, dass Fußschweiß auch auf der Innenfläche von Sicherheitsglas resublimieren kann. Das Ganze ist eben doch mühsamer als die Summe seiner Teile …

Wie immer gibts auch in den Halbleiterschichten eines CMOS-Sensors gesammelte Photonen zum anschauen, nur nicht so viele.

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