Seine Besteigung ist für T6-Enthusiasten ein Muss. Seine Form erinnerst stark an das weltberühmte Matterhorn. Duch seine Südwand schlängelt sich die ikonische Kletterroute Toblerone (6a). Die Rede ist vom unvergleichlichen Girenspitz. Mit einer entsprechend hohen Erwartungshaltung und auch mit einer gehörigen Portion Ehrfurcht fahren Jungens und ich nach Wildhaus um uns wiedereinmal einem Nervenkitzel auszusetzen.
Parkiert wird beim grossen Kiesparkplatz Chuchitobel. Von dort startet dann auch direkt der Weiss-Rot-Weisse Wanderweg hoch zur Alp Tesel. Von steigt man einen äusserst gut ausgebauten Pfad hoch zur Chreialp, wo wir den ersten Blick auf unser Objekt der Begierde erhaschen. Wir machen eine ausgedehnte Pause und beobachten die Südwand und den Ostgrat des Girenspitzes. Dabei fühlen wir uns etwas wie die Eigeraspiranten Sedlmayr / Mehringer, die in Alpiglen tagelang die Eigernordwand studierten. Doch wird sind nicht im Berneroberland und der tobleroneförmige Gipfel mit steiler Südwand vor uns ist nicht im entferntesten Sinne mit der mächtigen Nordwand des Eigers zu vergleichen. Wir brechen deshalb bald auf und steigen weglos (T5+) bis an den Wandfuss auf. Gras und Felsbänder wechseln sich hier regelmässig ab. Unter der Wand stehend schlucken wir in Anbetracht der glatten Felswand erst einmal leer. Zum Glück geht es heute erstmal über den Grat hoch. Dazu queren wir nach Osten in die saftige Grasflanke. Mit einem Pickel ausgerüstet steigen wir zügig durch die steile Flanke, die gegen oben immer felsiger wird. Sobald der Fels Überhand nimmt, steigen wird auf den Grat und klettern dort sehr ausgesetzt und in brüchigem, abwärtsgeschichtetem Fels weiter. Den Pickel steckt man hier besser weg, um beide Hände freizuhaben. Wer sich Exposition und seilfreies Klettern bis zum II Grat gewöhnt ist, braucht sich an dieser Stelle keine Sorgen zu machen. Die Steilheit nimmt auf dem Grat dann im Vergleich zur Grasflanke auch etwas ab. Auf dem Vorgipfel finden wir das Gipfelbuch, schreiben uns kurz ein und klettern dann über einen schmalen Felsgrat noch rüber zum Hauptgipfel. Der Alpstein zeigt sich nun von seiner besten Seite. Die Sonne scheint und wir geniessen eine ausgiebige Gipfelrast mit Blick von Säntis, über den Moor bis ins Rheintal.
Vom Abstieg hatte ich zuerst etwas Respekt. Der Fels ist schliesslich brüchig und ungünstig geschichtet. Es stellt sich allerdings als weniger hart heraus als gedacht. Der Grat ist schnell hinter uns gebracht und die Grasflanke dank Pickel problemlos abzusteigen. Der Abstieg vom Wandfuss zurück zur Chreialp braucht dann nochmals etwas Konzentration und Intuition in der Wegfindung, ist insgesamt aber auch problemlos machbar. Als wir wieder auf der Chreialp ankommen wird das ausgesprochen, was wir beide während der Tour oft gedacht haben: "Ist alles halb so wild!". Tatsächlich wird die Schwierigkeit der Besteigung des Girenspitzes meiner Meinung nach etwas übertrieben auf Hikr. Die Grasflanke macht dessen Besteigung nämlich zu einem durchaus machbaren Unterfangen. Für mich ist die Altenalpturmüberschreitung oder gewisse Alpinwanderungen in den Kreuzbergen mindestens genauso ernsthaft. Unsere hohen Erwartungen wurden vorest also nicht erfüllt. Es gibt aber ja noch weitaus anspruchsvollere Routen am Girenspitz, die zu einer Rückkehr einladen.
FAZIT: Beim Anblick des Girenspitzes bleibt einem geübten Alpinisten nichts anderes übrig, als einen Besteigungsversuch zu wagen. Zu symmetrisch, zu perfekt ist dieser Berg, um einfach daran vorbeizugehen. Die Besteigung via Ostgrat ist ein vertretbares Unterfangen für den geübten T6-Gänger. Die äusserst steile Grasflanke wird optimalerweise mit 1 oder 2 Pickel durchstiegen, Steigeisen könnten hilfreich sein, waren meiner Meinung nach aber nicht notwendig. Auf dem Grat würde man sich eine Seilsicherung wünschen, jegliches Legen von Sicherungen scheint aber nicht möglich zu sein. Zu brüchig und zu fein ist der Fels.
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