Grohmannspitze 3114 m: Normalweg mit Bergführer


Publiziert von Cubemaster , 20. Januar 2017 um 14:01.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:29 August 2014
Hochtouren Schwierigkeit: ZS+
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 500 m
Abstieg: 500 m

Im insgesamt recht durchwachsenen Bergsommer 2014 ergab sich Ende August nochmal ein zweitägiges Schönwetterfenster. Dieses wollte natürlich möglichst gut genutzt sein und so reservierte ich schnell den mir schon gut bekannten Berführer Reinhard. Am 28.8. fuhren wir morgens in die Dolomiten und stiegen über den Normalweg auf den Langkofel. Da diese sehr schöne Tour auf hikr bereits gut dokumentiert ist, beschränke ich mich hier auf  die Beschreibung des zweiten Tages, an dem wir die Grohmannspitze bestiegen.

Wie am Vortag nahmen wir morgens die Seilbahn zur Demetz-Hütte. Von dort aus muss zuerst etwas abgestiegen werden um südlich am Fuß der Fünffingerspitze entlang zu queren. Dann sind es etwa 100 m Anstieg durch eine Geröllrinne bis zur Scharte zwischen Grohmannspitze und Fünffingerspitze.

Hier beginnt dann die eigentliche Kletterei. Zuerst recht unübersichtlich steigt man immer etwas nach links haltend über die steile Flanke an. Sobald man die Scharte verlassen hat, befindet man sich im Absturzgelände. Die Schwierigkeiten gehen hier bis zum oberen IIer-Bereich, sofern man denn den richtigen Weg findet... Diesen Teil legten wir noch komplett am kurzen Seil zurück.

Am Ende geht es um eine Ecke herum in die Südostflanke. Hier ist nochmal ein bisschen Platz, wo man sich für die kommenden Schwierigkeiten vorbereiten kann und etwas Gepäck zurücklassen kann (z.B. die Bergschuhe, wenn man von hier aus mit Kletterschuhen weitergehen möchte).

Dann geht es erst richtig zur Sache. Der folgende Kamin (III+) ist zwar nicht ganz senkrecht, aber extrem glatt und kleingriffig. Bergführer Reinhard zog teilweise am Seil, um mir zu helfen, was mein Ego dann doch etwas ankratzte. Schließlich wollte ich (auch wenn ich sicherlich nicht in der Lage wäre, die Tour vorzusteigen) gerne "clean" klettern.

Am Ende des ersten Kamins befindet man sich in einer Scharte zwischen dem Berg und einem abgetrennten Turm. Es gibt hier nun zwei Kamine, die weiter nach oben führen: Einen vor der Scharte und einen dahinter. Möchte man die einfachste Route klettern, geht man nun durch die (sehr enge) Scharte hindurch und nimmt den hinteren Kamin.

Dieser etwa 20 m hohe Kamin (IV) ist die Schlüsselstelle der Tour. Reinhard kletterte nun (erstmal komplett ungesichert) vor, während ich unten wartete. Bis auf einen alten rostigen Schlaghaken gab es keine Zwischensicherungen. (Der Haken befand sich auf etwa halber Höhe direkt unterhalb der wohl schwierigsten Stelle: Eine Verengung des Kamins, die einen zwingt, sich etwas nach hinten zu lehnen.) So zumindest psychologisch etwas gesichert, kletterte Reinhard bis zum Schlingenstand oberhalb des Kamins, während ich unten vor Anspannung den Atem anhielt.

Beim Nachstieg durch diese Schlüsselstelle wurde mir erst richtig klar, welche Leistung mein Bergführer da gerade vollbracht hatte. Ich kam nur langsam voran, musste immer wieder nach Griffen und Tritten suchen. Besonders an der Verengung fühlte ich mich unsicher und wenn ich nicht quasi "Toprope" gesichert gewesen wäre hätte ich mir den notwendigen Kletterzug nicht zugetraut. (Ein ganz kleines bisschen verfluchte ich mich, Reinhard gesagt zu haben, er solle nicht ziehen. Aber hinterher war ich natürlich stolz es "clean" geschafft zu haben.)

Sofort nach dieser schwierigen Stelle geht es (deutlich entspannter ) eine Seillänge über eine Rippe hinauf (etwa II bis III). Der nächste Stand ist dann unterhalb einer Verschneidung (III+), welche die letzte größere Schwierigkeit darstellt. Das ging einigermaßen gut, obwohl ich von der Schlüsselstelle noch etwas mitgenommen war.

Nun wurde das Gelände deutlich leichter. Eine Scharte muss noch überwunden werden (II bis III), danach nehmen die Schwierigkeiten immer weiter ab, bis man am Ende noch 5 Minuten im T3-Gelände über ein großes Plateau zum Gipfel spaziert.

Lange blieben wir nicht oben. Das Schönwetterfenster ging seinem Ende entgegen und wir machten uns an den Abstieg. Die schwierigen Stellen können alle an Schlingenständen abgeseilt werden. An der Schlüsselstelle wird durch den (breiteren) vorderen Kamin abgeseilt! Das letzte unübersichtliche Stück gingen wir wieder am kurzen Seil, wobei wir den Weg ganz gut fanden. (Ich glaube man muss darauf achten, nicht zu früh rechts herunter zu steigen.)

Da es noch früh genug war, mit der Seilbahn zu fahren, nahmen wir den kurzen Gegenanstieg in Kauf. Im immer schlechter werdenden Wetter fuhren wir nach Tirol zurück, wo ich schließlich wie tot ins Bett fiel. Ich hatte eine Erkältung ignoriert, um dieses eine Schönwetterfenster nutzen zu können, was sich jetzt bitter rächte: Die nächsten Tage ging es mir so schlecht, dass ich nur im Bett herumlag und kaum wandern gehen konnte. Aber natürlich war auch das irgendwann ausgestanden...

Fazit:
Langkofel und Grohmannspitze sind zwei wirklich fantastische Berge, die man als kletterbegeisterter Bergsteiger unbedingt gemacht haben sollte. Der Fels ist super zu klettern, absolut fest und bietet bis auf einige wenige Ausnahmen immer viel Struktur, die man nutzen kann. Die Landschaft ist, wie fast überall in den Dolomiten, sehr eindrücklich. Zusätzlich ist es natürlich sehr bequem, dass man durch die Seilbahn kaum Zustieg hat. Um diese Touren jedoch ohne Bergführer zu machen, müsste man noch ein gutes Stück mehr können als ich.

Die Schlüsselstelle an der Grohmannspitze ist ein Dolomiten-IVer, also eine richtig knackige IV (durchgängig den ganzen Kamin, keine einfachere Stelle, die eine Pause erlauben würde). Meiner persönlichen Meinung nach kratzt man bei der Verengung schon an der V. Im Vorstieg muss man also entweder absolut sicher im IVten Schwierigkeitsgrad klettern oder selbst Zwischensicherungen legen können.

Der Normalweg auf den Langkofel ist zwar nur III+, aber auch hier wäre ich ohne Bergführer nicht hinaufgelangt. Wir sind insgesamt 10 Stunden geklettert (5 Stunden rauf und 5 wieder runter.), wenn man also nicht biwakieren möchte, muss man völlig routiniert klettern und darf sich weder bei der Routenfindung, noch beim Klettern selbst lange aufhalten.

Der Langkofel und die Grohmannspitze waren Gipfel Nr. 75 / 163 und Nr. 76 / 163 meines großen Projekts "Alle 3000er der Ostalpen mit mindestens 400m Schartenhöhe". Mehr Infos auf meiner Homepage.

Tourengänger: Cubemaster


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Kommentare (2)


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ma90in94 hat gesagt:
Gesendet am 21. Januar 2017 um 18:06
Der Normalweg auf die Grohmannspitze ist ein toller Klassiker.
Die hast Du gut gewählt. Glückwunsch.
Im alten Langes Führer von Rother von 1979 ist der Normalweg über den Enzensberger Kamin mit II-III bewertet. Das fand ich bei meiner Besteigung in den 80er Jahren auch etwas unterbewertet. Der Langkofel ist mit läppischen II abgefertigt.
Auch eine fantastische Tour. Da reicht es einem am Abend.
Mancher Dolomiten IIer war in den Nörlichen Kalkalpen und Westalpen eher schon eine III-. Ob in neuerer Literatur die Grade etwas angepasster sind, oder die Dolomitenkletterer einfach strengere Maßstäbe haben.
Gruß Günter

Cubemaster hat gesagt: RE:
Gesendet am 22. Januar 2017 um 22:50
Danke! Die beiden Touren sind bis heute die schönsten Klettertouren, die ich gemacht habe.
Auf den Topos, die ich kenne, ist der Langkofel-Normalweg mit III+ bewertet und der Enzensberger Kamin mit IV. Die Variante durch den hinteren Kamin ist nur mit IV- angegeben.
Ich bin trotzdem der Meinung, dass diese Bewertung der strengen Dolomiten-Konvention geschuldet ist und in anderen Gebieten der Alpen auch noch höher ausfallen würde. (Das deckt sich auch mit der Meinung meines Bergführers, der in Nordtirol zu Hause ist.)


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