Langkofel Normalweg


Publiziert von Michael26 , 19. Oktober 2014 um 20:39.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 1 August 2014
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 2200 m
Strecke:Langkofelscharte-Langkofelgipfelgrat
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Vom Sellajoch in die Langkofelscharte

Auf dem Dach des Grödnertals – Langkofel Normalweg

Grödnertal, 31. Juli 2014

Den Langkofel mit dem Eiger zu vergleichen wäre zweifellos übertrieben, doch auch beim Langkofel begegnet man durchaus einem Bergmythos.
Kommt man ins Grödnertal, zieht einen das mächtige Bergmassiv der Langkofelgruppe sofort in seinen Bann. Mehr als 1.000 m überragt es die Hochfläche der Seiser Alm und von St. Ulrich, dem Hauptort in Gröden, aus sind es fast 2.000 m.
Dann sticht der Zieleinlauf der berühmt-berüchtigten Grödner Weltcup-Skiabfahrt vom ´Sasslong´ (Kamelbuckel, Ciaslat-Wiese, etc.) in Wolkenstein ins Auge, wo man sich durch Touristenströme kämpfen muß, die ganz gebannt vom Panorama von Langkofel und Sella kaum die Autos wahrnehmen.
Auch der Aufstieg vom Sellajoch zur Langkofelscharte ist außergewöhnlich. Früher konnte man im Winter wie im Sommer mit einer nostalgischen 1-Mann-Kabinenbahn vom Sellajoch hinauf fahren, doch gab es auf der Skiabfahrt von der Langkofelscharte herunter immer wieder schwere und auch tödliche Unfälle. Skifahrer stürzten bei Vereisung oben im steilen Bereich mit > 30° Hangneigung und schlitterten den gesamten Hang hinunter bis zur unsanften Landung in den Felsblöcken, die sich am Sellajoch nach vielen Bergstürzen angesammelt hatten. Daher ist die Kabinenbahn schon seit vielen Jahren nur noch im Sommer in Betrieb, solange keine Berggewitter drohen.

Endgültig wird man beim Betreten des Rifugio Toni Demetz, der Schutzhütte im Langkofelkar auf 2.685 m Seehöhe, vom Mythos des Berges in seinen Bann gezogen, denn dort erwartet einen die Erinnerung und das Gedenken an eines der großen Bergsteigerdramen der Dolomiten.
Am 17. August 1952 führt der gerade einmal 20 Jahre junge Bergführer Toni Demetz aus St. Christina zwei Gäste aus Mailand über die Nordkante auf den Langkofel. Am Gipfelgrat geraten sie in ein Gewitter und werden vom Blitz getroffen. Schwer verletzt bleiben sie liegen, gerade einmal 100 m Gratstrecke und eine Abseillänge von der rettenden Biwakschachtel unterhalb des Grates entfernt. Als die Partie nicht vom Berg zurück kommt will Tonis Vater Giovanni noch am Abend eine Rettungsaktion starten, aber das Unwetter mit Temperatursturz, Schnee und Eis macht dies unmöglich. Man hofft, daß die drei Bergsteiger die schützende Biwakschachtel erreicht haben und dort das Unwetter überstehen. Am nächsten Morgen steigt Giovanni als Erster auf, erreicht die Biwakschachtel und erkennt auf den ersten Blick, daß diese von AUSSEN und nicht von INNEN verschlossen worden ist, die vermissten Bergsteiger also nicht in der Biwakschachtel sein können. Am Grat findet er schließlich die verunglückten Bergsteiger, die letztlich nicht vom Blitz getötet sondern in der Nacht erfroren sind. Doch wie durch ein Wunder lebt einer der Gäste noch, der sich in eine Felsspalte geflüchtet hat. Giovanni gelingt es durch Aufbietung aller Kräfte den Bergsteiger ins Tal zu transportieren, wobei dieser sich erholt und zuletzt seinerseits den völlig erschöpften Giovanni ins Tal rettet. Als Erinnerung an dieses Drama steht seitdem ein Gedenkkreuz am Gipfelgrat am Ort des Unglücks. Dieses ist vor einigen Jahren, in Mitleidenschaft gezogen durch Regen, Schnee, Sturm und Blitze, durch ein neues kleineres Kreuz und eine Gedenktafel knapp unterhalb des Grates ersetzt worden. Auch wird jedes Jahr am 17. August in der Langkofelscharte eine Gedenkmesse gelesen. Doch als wesentlichste Folgerung aus dem Unglück erwirbt Giovanni die Erlaubnis zum Bau einer Schutzhütte für in Not geraten Bergsteiger in der Langkofelscharte und widmet diese seinem Sohn Toni. So wird 1954 das Rifugio Toni Demetz eröffnet.

Erzählt hat uns diese Geschichte Enrico Demetz, der jüngere Bruder von Toni, der noch heute mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern die Hütte führt. Denn am 31.07. treffen wir auf der Hütte ein, mit dem Plan (oder besser gesagt dem Wunschtraum), den Langkofel zu besteigen. Wir sind uns bewusst, dass dies kein einfaches Unterfangen ist, denn neben dem Mythos müssen auch auf dem Normalweg ganz reale Hindernisse überwunden werden, die da sind: Kletterschwierigkeiten bis III+ einschl. der sehr ausgesetzten Schlüsselstelle ziemlich am Ende der Route beim Ausstieg auf den Gipfelgrat, ein Höhenunterschied von 500 Hm + 2 x 100 Hm (da man beim Hinweg zunächst ca. 100 Hm von der Hütte ins Langkofelkar absteigt), eine Kletterstrecke von ca. 1500 m + 700 m Gehstrecke, eine labyrinthische Wegfindung, legendäre Wegabschnitte wie ´Fassaner Band´, 1. und 2. Scharte, Langkofelgletscher, ´Eisrinne´, ´Amphietheater´, ´Führerrinne´, ´Biwak´ und der Gipfelgrat (klingt ja schon fast wie eine Routenbeschreibung der Eiger Nordwand :-), alles in allem eine Tour von 8-10 h im besten Fall.

Enrico schärft uns ein 12 h als Umkehrzeit hart einzuhalten, den der Abstieg würde mindestens so lange wie der Aufstieg dauern. Wir erwägen allen Ernstes die Tour auf zwei Tage anzulegen und eine Übernachtung in der Biwakschachtel einzuplanen. Aber die Logistik scheint uns zu mühsam (wie viel Wasser und Lebensmittel müßten wir mitschleppen, Decken/Schlafsack ?) und wir beschließen einer ´Etappentaktik´ zu folgen, d.h. zunächst den Langkofelgletscher als erstes Ziel ins Auge zu fassen, sollte dies rasch gelingen das ´Amphietheater´ anzustreben, usw., und dabei die Umkehrzeit von 12 h hart einzuhalten. Sollten die Kräfte nicht ausreichen hätten wir ggf. sogar noch genug Zeit für einen zweiten Anlauf in den folgenden Tagen.

Zur Vorbereitung erkunden wir am Vorabend den Einstieg und begehen das ´Fassaner Band´ bis zur ersten ernsthaften Kletterstelle. Laut Enrico müssen wir so schnell gehen, dass wir nach ca. einer Stunde die Hütte nicht mehr sehen können, was uns ungefähr gelingt. Wir erwägen noch ein Materialdepot anzulegen, verwerfen die Idee aber wieder, da wir insb. unser Seil nicht einem möglichen Regen in der Nacht aussetzen möchten und nur für einen kurzen Teil des Weges einen Gewichtsvorteil hätten.

Freitag 1. August. Wecken um 5.30 h, Frühstück 6 h, Tourenstart 6.30 h.

1. Etappe: Wir profitieren von der Erkundung am Vorabend und kommen sehr zügig über das ´Fassaner Band´ bis unter die 1. Scharte.
Jetzt laufen wir aber zum ersten Mal in das Problem der Wegfindung, sind verunsichert (welche ist die ´richtige´ 1. Scharte, es gibt mehrere Möglichkeiten und eine falsche zu wählen könnte fatal werden) und beschließen zu warten. Eine nachkommende Seilschaft mit Bergführer zeigt uns den richtigen Weg (wir waren tatsächlich zu hoch), wir finden das Fixseil zur Querung in die Westflanke und klettern zügig weiter zur 2. Scharte, bis hier her alles seilfrei (SG II und III).
Weiter geht es über eine Rinne und ein Wandl (5 m SG III) zum Langkofelgletscher, den wir als erstes Etappenziel erreichen. Es ist kurz vor 8.30 h.

2. Etappe: Da wir schnell sind und es gut läuft gehen wir gleich die nächste Etappe an, den Aufstieg durch die 150-200 m lange ´Eisrinne´ ins ´Amphietheater´ hinauf, sicherlich gut 40° steil, allerdings im Jahr 2014 weniger mit Eis als mit Firn gefüllt. Mit Pickel und Steigeisen steigen wir ein, aber schon nach wenigen Metern stoßen wir auf ein heikles Hindernis. Eine Felsrippe läuft quer durch die Rinne, es hat sich eine breite Randkluft zwischen Firn und Felsrippe gebildet und wir müssen rechts durch den Fels eine Umgehungsmöglichkeit finden. Es geht hinauf auf eine schmale Felsbrücke (SG III), von der wir das Hindernis umgehen können und zurück in den Firn gelangen. Der weitere Weg durch die ´Eisrinne´ ist zwar anstrengend, aber ohne weitere Hindernisse und wir kommen zügig nach oben. Es gibt eine kurze Trinkpause, Pickel und Steigeisen werden für den Abstieg deponiert. Damit haben wir den ´Amphietheater´ genannten Felsenkessel erreicht.

3. Etappe: Da alles bis hierher so gut läuft wollen wir natürlich weiter. Als nächste Etappe wartet die so genannte ´Führerrinne´ auf uns, die hinauf zur Biwakschachtel unter dem Gipfelgrat zieht. Das ´Amphietheater´, in dem wir uns gerade befinden, bietet eine äußerst eindrucksvolle Szenerie. Es ist ein Kessel, von hohen Felstürmen umgeben, die von zahllosen Schluchten und Rinnen durchzogen werden. Wieder wäre die Wegfindung kritisch, doch Dank einiger weiterer Hinweise des nachkommenden Bergführers finden wir den richtigen Weg. Da wir weiterhin seilfrei gehen (SG II-III) kommen wir wieder rasch voran, die Rinne zieht sich aber endlos in die Höhe, bis wir endlich die Biwakschachtel erreichen.

4. Etappe: Viel Zeit zum Rasten bleibt uns nicht, denn nun wartet die Schlüsselstelle der Tour an, eine kurze Rechtsquerung gefolgt von einem direkt auf den Gipfelgrat hinauf führenden Riss, als Umgehung des ´Gelben Turms´, der direkt über der Biwakschachtel steht. Sehr ausgesetzt und steil im SG III-IV. Wir packen unser Seil aus, denn in dieser Seillänge wollen auch wir uns sichern, obwohl sich die Sicherungsmöglichkeiten mit einem Friend und einem geschlagenen Zwischenhaken letztendlich als überschaubar heraus stellen.
Dafür gibt es oben am ´Gelben Turm´ einen soliden Abseilring zum Standbau. Damit haben wir den Gipfelgrat erreicht und sind schon viel weiter gekommen, als wir jemals zu hoffen gewagt haben. Hier öffnet sich der Blick nach allen Seiten, keine 100 m weiter sehen wir das Gedenkkreuz für Toni Demetz und seinen Gast, vielleicht noch einmal 100-200 m weiter den Hauptgipfel, praktisch alles auf gleicher Höhe.

Wir beschließen, bis zum Gedenkkreuz zu gehen und dort ´unseren Gipfel´ zu machen. Bis zum Hauptgipfel weiter zu gehen würde uns ohne weitere alpinistische Höhepunkte hin und zurück noch einmal mindestens 1 Stunde kosten und wir wollen lieber etwas Reserve für den Abstieg behalten. Wie sich später zeigen wird eine kluge Entscheidung. Wir erreichen das Gedenkkreuz gegen 11 h.

Die Atmosphäre auf ´unserem Gipfel´ ist wunderbar. Wir stehen auf dem Grat wie auf einer schmalen Himmelsleiter, herrliche Tiefblicke öffnen sich hinunter zum Gletscher und zum fast 1000 Hm unter uns liegenden Langkofelkar. Allerdings ziehen bereits die ersten Wolken auf und das Wissen um den langen und heiklen Abstieg sitzt uns im Nacken.
Vom ursprünglichen Gedenkkreuz für Toni Demetz und seinen Gast sind nach über 60 Jahren nur noch Spreißel übrig, aber das neue direkt unter dem Grat angebrachte Kreuz ist sehr einfühlsam und schön.
Wir machen einige Gipfelphotos und beginnen ohne längeren Aufenthalt den Abstieg.

Schnell geht es über den Grat zurück zum ´Gelben Turm´, von dem wir direkt hinunter zur Biwakschachtel abseilen. Dass Toni Demetz und seine Gäste das 1952 nicht mehr geschafft haben ist wirklich tragisch, denn es ist ja nicht weit. An diesem geschützten Ort machen wir eine längere Pause, Essen etwas und inspizieren das Innere der Biwakschachtel. Diese kann man sich wie eine in der Mitte der Länge nach durchgeschnittene Konservenbüchse vorstellen, die mit Drahtseilen im Fels verankert ist. Innen finden wir Schaumstoffmatratzen und Decken sauber geordnet vor, man könnte hier ein Unwetter schon gut überstehen.

Der Abstieg durch die ´Führerrinne´ gelingt uns sehr zügig, wir finden auf Anhieb die Abseilpiste und gelangen nach 3-4 mal Abseilen rasch hinunter ins Amphietheater. 

Oberhalb der ´Eisrinne´ legen wir Pickel und Steigeisen wieder an und beraten die Taktik für den Abstieg durch die Rinne. Ich habe Sorge mit meinen Grödeln keinen Halt im mittlerweile aufgeweichten Firn zu finden und möchte durch die Rinne abseilen. Alternativ könnten wir auch (in Abstiegsrichtung) rechts durch die Felsen abklettern und abseilen (oben ist dazu auch ein kurzes Fixseil angebracht), aber wahrscheinlich würde das zu lange dauern. Da bei unserer Begehung viel Firn in der Rinne liegt, können wir die Abseilpunkte gut erreichen, da wir hoch auf dem Firn stehen. Bei wenig Firn in der Rinne steht man 1-2 Meter niedriger und kann die Abseilpunkte nicht mehr erreichen, weil diese dafür zu hoch angebracht sind, ein Abseilen ist dann nicht mehr möglich. Man sollte diesen Sachverhalt also schon im Aufstieg prüfen und sich eine entsprechende Taktik zurecht legen. Aber auch so ist es nicht einfach, denn zwischen Firn und Fels hat sich eine Meter-tiefe Randkluft gebildet und wir müssen an den Sicherungspunkten zwischen Firn und Fels balanzieren.

Als wir endlich am unteren Ende der Rinne ankommen ist es schon 14.30 h, trotzdem leisten wir uns noch eine Trinkpause bevor auch wir die Querung zum ´Fassaner Band´ beginnen.

Für mich ist die Passage vom Langkofelgletscher zum ´Fassaner Band´ über die 2. Scharte zurück zur 1. Scharte, neben dem Abstieg durch die ´Eisrinne´, der heikelste Teil der Tour. Mittlerweile ist es 15 h vorbei und die ersten Anzeichen von Müdigkeit werden spürbar, die Wegfindung ist trotzt alter Markierungen nicht einfach (verblasste rote Punkte, die aber unterhalb des Hinwegs entlang führen, verwirren uns fast mehr als sie helfen), ab der 2. Scharte ist die Route sehr ausgesetzt, man sieht gut 800 Hm hinunter ins Langkofelkar mit der Langkofelhütte und direkt unter der Route brechen Rinnen und Schluchten steil ins Kar hinunter ab. Daher sind wir froh nach kurzem Suchen zwei Abseilpunkte zu finden, über die wir uns bis zu dem Fixseil hinunter abseilen können, über das wir wieder die 1. Scharte erreichen.

Schon beim Aufstieg hatten wir hier Probleme mit der Wegfindung und auch jetzt ergeht es uns nicht besser. Noch dazu zieht es jetzt gegen 16 h zu und ein erstes Donnern kündigt das unvermeidliche Langkofelgewitter an. Letzteres beschleunigt unsere Entscheidungsfindung und wir entschließen uns einem neu eingerichtet scheinenden Abseilstand zu vertrauen, der (abweichend von der Aufstiegsroute) in eine abenteuerliche schmale Schlucht quasi ´zwischen´ Bergflanke und ´Fassaner Band´ hinunter führt. Diese Entscheidung erweist sich als richtig, denn nach zweimal Abseilen durch die wilde Schlucht kommen wir wieder am Aufstiegsweg heraus, und zwar schon ziemlich weit unten in dem vertrauten Gelände, das wir bereits am Vortag erkundet haben.

Da das Langkofelgewitter jetzt mit Regen, Blitz und Donner richtig los geht, legen wir unsere Pickel als potenzielle ´Blitzfänger´ ab und stellen uns unter schützenden Felsüberhängen unter. Hier stehen wir durchaus sicher und geborgen und sind heilfroh, dass uns das Gewitter nicht weiter oben in der ausgesetzten Querung vom Gletscher zum ´Fassaner Band´ erwischt hat. Wie gut, dass wir beim Toni-Demetz-Gedenkkreuz umgedreht haben und nicht bis zum Hauptgipfel weiter gegangen sind !

Wir meinen gegenüber auf der Fünffingerspitze Bergsteiger zwischen den Gewitterwolken zu erkennen und wie wir später auf der Hütte erfahren, hätte es dort tatsächlich zu einem weiteren Drama kommen können. Am Morgen sind fünf Bergsteiger kurz nach uns von der Hütte aufgebrochen, um die Fünffingerspitze über die sehr schwierige Kieneführe (SG V) zu besteigen. Durch die Schwierigkeit der Route und die schwierige Wegfindung ist die Partie langsam und erst kurz unter dem Gipfel, als sie vom Gewitter erfasst wird. Wie mir einer der Bergsteiger später erzählt, geraten sie mitten in die Gewitterwolke, überall beginnt es zu ´knistern´ und sie werfen sich flach auf den Fels. Sie haben Glück und werden nicht vom Blitz getroffen, müssen aber bei Regen, Hagel und Kälte mehr als 10 Seillängen über 300 Hm abseilen. Eines ihrer beiden Seile verklemmt sich, sie können es nicht mehr abziehen und müssen es hängen lassen, sie haben große Schwierigkeiten die Abseilpunkte zu finden, der Abstieg wird zum Rennen gegen die Zeit. Spätestens ab 20 h wird man auf der Hütte unruhig, denn nun beginnt es dunkel zu werden, Stirnlampen haben die Bergsteiger auch keine dabei. Letztendlich gelingt es der Partie gegen 22 h die Hütte zu erreichen, dass sie in der Dunkelheit die letzten Abseilpunkte gefunden haben grenzt dabei an ein Wunder.
Aber offenbar sind solche Beinahe-Dramen der Alltag in den Dolomiten. Am gleichen Tag zur gleichen Zeit (genau genommen im gleichen Gewitter) werden zwei Bergsteiger auf den Vajoletttürmen vom Blitz getroffen, einer stürzt ins Seil, beide werden jedoch von der Bergrettung mit dem Helicopter unverletzt geborgen. Und nur einen Tag später rettet wiederum die Bergrettung mit dem Heli zwei italienische Bergsteigger zwischen zwei Gewittern von der Daumenkante der Fünffingerspitze, nachdem die beiden ein Notsignal abgesetzt hatten. Offensichtlich sind hier aufmerksame Schutzengel und äußerst mutige und tüchtige Bergretter unterwegs.

In einer Gewitterpause setzen wir unseren Abstieg fort. Den verbleibenden Weg kennen wir schon von unserer Erkundung am Vorabend und das ist gut, denn nun ist alles nass und dadurch wird auch das verbleibende, einfache Einsergelände heikel. Einmal müssen wir sogar noch über eine Firnrippe abklettern. Zuletzt erreichen wir heil das Ende des ´Fassaner Bandes´ und sind wieder auf dem Wanderweg, der durch das Langkofelkar zur Hütte führt. Hier holt uns das nächste Gewitter ein und wir deponieren unsere Pickel unter einem Felsen, um kein unnötiges Risiko beim restlichen Rückweg einzugehen. Beim letzten Gegenanstieg drehen wir noch einmal auf und erreichen gegen 17.30 h wieder die Toni-Demetz-Hütte. Das Gewitter flaut ab, plötzlich machen die Wolken auf, durch das sanfte Abendlicht entsteht eine wunderbare Stimmung. Die Dolomiten zeigen sich von ihrer schönsten Seite, hinter uns das Langkofelkar und die Seiser Alm, vor uns ausgebreitet Sella, Civetta, Marmolata und die Gipfel der Pala Gruppe. Es scheint uns, als ob wir aus einer ´anderen Welt´ zurück kommen, kaum zu glauben, dass es nur 11 Stunden her ist, seit wir von hier aufgebrochen sind.

Den Rest des Abends genießen wir unser Glück, aber ehrlich gesagt auch Radler, Bier und Rotwein. Als letztendlich auch die ´vermissten´ Bergsteiger von der Fünffingerspitze heil in der Hütte eintreffen, ist alles gut und ich lasse mich von der süßen Schwere meiner Beine und des Südtiroler Rotweins ins Land der Träume entführen, von eben bestandenen und vielleicht zukünftigen Bergabenteuern …

Tourengänger: Michael26


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Kommentare (4)


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georgb hat gesagt: Wow
Gesendet am 20. Oktober 2014 um 11:24
Kompliment Michael, ein gewaltiges Unternehmen und super dokumentiert! Wohl einer der anspruchsvollsten Normalwege in den Dolomiten und darüber hinaus, noch dazu mit Gewitter.
Ihr könnt stolz sein, genauso wars richtig!
Gruß Georg

Michael26 hat gesagt: RE:Wow
Gesendet am 20. Oktober 2014 um 17:39
Hallo Georg, Danke für das Kompliment, gerade von einem Südtiroler weiß ich das zu schätzen.
Die Herausforderung bei der Tour ist die Länge, die damit verbundene Anstrengung und der Zeitdruck, vor allem natürlich bei Gewitterneigung. Die Kletterschwierigkeiten halten sich in Grenzen und sind immer min. 1 SG unter Vajoletttürmen oder Fünffingerspitze. Aber man muss das Meiste seilfrei im SG II und III gehen und darf sich in den 10 h am Berg keinen Fehler leisten, um sich nicht den Hals zu brechen. Dafür ist das Gesamterlebnis überragend und unglaublich eindrucksvoll, eindeutig meine bisherige Top Tour.
Beste Grüße Michael.

Evelyn hat gesagt: Langkofel
Gesendet am 17. April 2015 um 22:33
Hi Michael.
Mit Begeisterung habe ich deinen Bericht gelesen. Ich bin nämlich auf der Suche nach dem Bild von dem gedenkkreuz von Toni Demetz. Er ist bzw. war mein Onkel. Die langkofelscharte wurde u.a. von meiner Mutter und ihrem Vater Giovanni aufgebaut. Jetzt wird sie von meinem Onkel und seiner Familie bewirtschaftet. Ich wohne in München. Verzweifelt suche ich nach einem Bild von dem "neuen gedenkkreuz". Kannst du mir weiterhelfen?
Gruß Evelyn

Michael26 hat gesagt: RE:Langkofel
Gesendet am 20. April 2015 um 21:02
Hallo Evelyn,
tatsächlich habe ich ein Bild von dem neuen Gedenkkreuz für Deinen Onkel, kann es Dir auf diesem Weg aber nicht schicken. Hast Du eine reguläre Mailadresse ?
Du kannst mir auch schreiben auf Michael_a_Hanke@hotmail.de

Herzliche Grüße
Michael


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