Die aufgegebene Nato-Basis auf dem Monte Scinauz


Publiziert von orome , 9. Oktober 2016 um 10:01.

Region: Welt » Italien » Friaul-Julisch Venetien
Tour Datum: 9 Oktober 2016
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Aufstieg: 1350 m
Abstieg: 1350 m

Zeitreise in den Kalten Krieg

Von der Autobahn aus dem Kanaltal, von den ganzen umliegenden Gipfeln aus, immer wieder fällen die großen Gebäude auf dem Monte Scinauz auf. Auf den Karten sucht man sie vergeblich, google earth ist da schon aufschlussreicher und die ein oder andere Beschreibung ist mittlerweile zu finden. Und zwar war da oben eine Nato Basis zur Überwachung des Luftraums im Osten. Während des Kalten Kriegs dürfte der Scinauz einer der östlichsten Punkte für die Nato gewesen sein, Österreich neutral, Deutschland geteilt, da hatte man im Friaul den Ostblock schön vor der Nase. 
Die Basis war bis 10.10.2003 besetzt, bequem mit einer Seilbahn aus dem Tal erreichbar. Diese ist mittlerweile abgebaut, nur die Gebäude sind dem Verfall preisgegeben ... 

Mit einer sehr durchwachsenen Wettervorhersage war genau der richtige Tag für eine Erkundungstour auf den "geheimen" Berg. Mit Santa Caterina als Startpunkt ergibt sich eine Tour des Verfalls. Zuerst gehts zum gleichnamigen Bahnhof (in Santa Caterina dürften 10 Leute wohnen). Der ist genau auf eine Brücke zwischen zwei Tunnel gebaut, die Gleise kommen für ca. 200m aus dem Berg hinaus. Der Bahnsteig ist so kurz, dass die Hälfte im Tunnel ist. Natürlich ist der Bahnhof nicht mehr in Betrieb, wahrscheinlich waren zum Bauzeitpunkt ein paar EU Fördergelder übrig, anders kann man sich so ein Unsinn nicht erklären. 

Die eigentliche Tour beginnt aber weiter südlich, es wird das breite Bachbett gequert und man gelangt auf eine flache Wiese. Hier zweigt recht schnell rechts ein Weg ab, dieser ist auch auf der Karte gestrichelt eingezeichnet. Es geht zuerst in Serpentinen dann steil durch den Wald hinauf in Richtung Monte Pin. Es hat Markierungen aller Art und der Weg ist auch meistens gut zu sehen. Vor dem Monte Pin verengt sich der Rücken und es kommt eine kleine Felsstufe die in leichter Kraxelei und mit "Drahtsicherung" überwunden wird. Direkt vor der Stufe findet sich rechts unten eine Kaverne, der Erste Weltkrieg hat auch hier nicht Halt gemacht. 
Weiter gehts durch den Wald immer steiler bergauf, Weg gibt es kaum noch, aber ausreichend Markierungen. Nach Wiederum einer kleinen Felsstufe ist ein schmaler freier Rücken erreicht dem man weiter in Richtung Monte Ghisniz folgt. Bei ca. 1750m muss dieser Rücken aber verlassen werden und der Weg führt in die Südflanke. Ist eigentlich mit Steinmännchen und etwas Gespür gut zu finden. Der weitere Weg quert jetzt die zum Teil extrem brüchige Flanke, teilweise ausgesetzt aber nie schwer muss auch die ein oder andere Rinne überwunden werden. Nachdem man eine Rinne nach links durch ein Seitenast verlassen hat, muss man immer noch weiter Queren um irgendwann den auf der Karte tiefsten Punkt zwischen Ghisniz und Scinauz zu erreichen. Hier wechselt man auf die andere Gratseite welche zu einem Rinnensystem leitet, durch dass der Gipfel erreicht wird. Hier leiten morsche "Seile" den Weg. 

Der Gipfel ist gespenstisch, das halbe Dach der Seilbahnstation liegt herunten und alles was nicht betoniert wurde, ist abgebaut. Bei der Mannschaftsunterkunft finden wir die Möglichkeit einzubrechen, drinnen ist alles ausgeräumt nur ein Kalender von 2003 mit "fine" am 10.10. hängt an der Wand. Im Tunnel sind dann sogar Gleise verlegt, so konnte die Versorgung auch im tiefsten Winter problemlos erfolgen. Der Gipfel ist dann eingeebnet, der abgesägte Ständer der Radaranlage zeugt noch von der eigentlichen Aufgabe der Station. 

Fazit: Als reine Bergtour gibt es sicher schönere Sachen. Obwohl die Querung in der wilden Flanke und der Ausstieg auf den Gipfel sehr schön sind, hat man doch erstmal 1100m im steilen Wald zu überwinden. Dafür bietet der Scinauz ein Gipfelerlebnis der anderen Art und das lohnt sich auf jeden Fall mal anzuschauen. Ausserdem ist bei gutem Wetter die Aussicht sicher super. Die ganze Hässlichkeit von Pontebba lässt sich gut betrachten. 
Die Schwierigkeiten in der Flanke halten sich in Grenzen, man muss halt in extrem brüchigen Fels und Schotter queren. Dann folgen ein paar Meter zum Kraxeln am Übergang zum Hauptgipfel, auch hier etwas ausgesetzt aber nicht schwer. 

Tourengänger: orome


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Kommentare (2)


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Vielhygler hat gesagt:
Gesendet am 9. Oktober 2016 um 23:03
Interessant...danke!

orome hat gesagt: RE:
Gesendet am 12. Oktober 2016 um 05:44
Interessant ist genau das richtige Wort ;)


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