Wie eine Woche Ferien: ein Tag im Parc Ela


Publiziert von lorenzo , 30. September 2016 um 10:17.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Oberhalbstein
Tour Datum:28 September 2016
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 9:15
Aufstieg: 2240 m
Abstieg: 2100 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Tiniziong Tga Communala
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Bergün
Unterkunftmöglichkeiten:Chamonas d'Ela
Kartennummer:LK 1236 Savognin; M. Kropac, D. Silbernagel, S. Wullschleger, Hochtouren Topoführer Bündner Alpen, topo.verlag 2015

"Mein Ziel - Savognin!"  So lautete über viele Jahre das Motto für unsere Skiwoche im Ferienland Graubünden. Das erwartungsvolle Kribbeln begann jeweils in Ziegelbrücke. Im damals üblichen Stau am Walensee blickte ich staunend zu den Churfirsten hinauf, zu denen ich später sehnsüchtig "Gipfelwärts" von Paul Etter las. Im Domleschg erzählte uns die Mutter vom "Jürg Jenatsch" und wir suchten durch die Autoscheiben aufgeregt nach den Standorten und auf der Karte die Namen der zahlreichen Burgen und Ruinen. In der düsteren Schinschlucht wurde die Stimmung unseres kindlichen Gemüts durch die Fahrt auf der alten Strasse nahe am dunklen Abgrund vorübergehend angstvoll eingetrübt, bis wir kurz vor Tiefencastel rechterhand die schlichte Kirche von Mistail weiss aufscheinen sahen und aufatmen konnten. Wenn sich dann nach der damaligen Umfahrung des Crap Ses das Surses, das Oberhalbstein öffnete, wich die Anspannung der langen Fahrt unserer grossen Freude, wieder hier sein zu dürfen. Und noch heute empfinde ich jedes Mal Dankbarkeit und jenes stille Glück, wenn sich der heutige Tunnel durch den Crap Ses öffnet, und zuerst die inzwischen restaurierte Burg von Riom, die darüber liegenden Dörfer Parsonz und Salouf und später hoch oben unter dem Piz Curvér die Wallfahrtskapelle Ziteil sichtbar werden, und ich in die lichtdurchflutete Landschaft des Oberhalbsteins eintauche.


"Seit sie den Julierpass überquert hatten, wurde Giovanni immer stiller. Wie ein staunendes Kind lief er weiter und weiter, wie im Rausch, und schliesslich fragte er Bice, ob sie schon einmal ein solches Licht gesehen habe. Alles strahle ja förmlich. Die Berge seien wie hineingeschnitten in den tiefblauen Himmel. (...) Aber seit wir hier angekommen sind, seit ich das glasklare Licht in diesem Tal gesehen habe, die schroffen Berge - ich glaube, ich sollte hier malen. (...) Und die Landschaft hier ist in meinen Augen von einer Schönheit, die ganz selbstverständlich scheint. Dieser gebirgige, grosszügige Horizont - (...) Die Alp Tussagn lag an einem Hang, etwa 600 Meter oberhalb Savognin, (...) Für Giovanni gab es kein Halten mehr. Er sah nur noch das neue Gemälde vor seinem geistigen Auge. Daher musste er hinaufsteigen nach Tigiel. Tigiel mit seinem türkisfarbenen See am Fuss der Felstürme Piz Mitgel und Tinzenhorn war noch eine Urwelt aus Steinen. Am Seeufer jedoch sprossen Gras und Kräuter in sattem Grün und bildeten zusammen mit nie gesehen Bergblumen eine reich gedeckte Tafel für die Schafe."
 

(aus : Asta Scheib, Das Schönste, was ich sah, Hamburg 2009)
 

Dieses Mal zog es mich zum Piz Ela. Da ich den Weg über den Lai Tigiel und den Pass digls Orgels schon kannte und ich unbedingt einmal die sagenhaften Lajets sehen wollte, wählte ich für den Zustieg dieses Mal den etwas längeren über das Val d'Err und den Pass d'Ela. Die ab- und aufsteigende Querung von dort zur Piz Ela W-Flanke war einfacher als erwartet und ist villeicht punkto "Gerölldosis" die bequemste Route dorthin. Der Aufstieg durch die W-Flanke ist trotz (z.T. irreführenden) Steinmännern nicht einfach zu finden, und erst als ich vor lauter Aufregung die Kopie des Topos verloren hatte und der Nase nach kletterte, fand ich den richtigen Weg. Während die W-Flanke weitgehend schneefrei und trocken war, lag auf der Mittelrippe wie befürchtet bis auf ca. 3000m hinunter schon Schnee, der dank Trittkonsistenz den Abstieg aber unerwarteterweise wohl eher erleichtere als erschwerte. Trotzdem atmete ich erst auf, als ich die obersten Geröllfelder von Tranter Ela erreichte. Jetzt blieb nur noch die Schwierigkeit, den aus dessen unterstem Graben hinausführenden Pfad zu finden...

Aufstieg über die Piz Ela W-Flanke

Von Tinizong auf der Alpstrasse und dem Bergweg (weiss-rot markiert) durch das Val Mulegna über Tgant Pensa zur Alp Viglia im Val d'Err. Auf dem unmarkierten Bergweg zum weiss-rot markierten und über Cotschna und Egipta (2206m) zum Wegweiser Lajets (2564m) und weiter zum Lai Mort und hinauf zum Pass d'Ela, 3-4h, T3. Nach NE über Geröll hinunter bis ca. 2600m, nach E am Sporn von P. 2859 vorbei, und durch eine Geröllrinne zur Abflachung S P. 2723. Zuletzt über Geröll und Firnreste nach SE zum Einstieg (Steinmann) kurz vor der Furschella (2871m), 1h, T5. Über Geröllbänder und Stufen (Pfadspuren, Steinmänner, I-II) im Zickzack hinauf, und über gut gestufte Felsen (II-III, Steinmänner, Abseilschlingen) links vom SW-Grat und durch ein Couloir zum SW-Grat. Über diesen in gutem Fels (Genusskletterei II-III, 4 Bh-Stände) auf den Piz Ela NW-Gipfel (3330m), 1h 15min-2h, ZS. Abstieg über den E-Grat zur Scharte, die S auf Bändern ausgesetzt umgangen wird (II) und S entlang dem NE-Grat (I-II) auf den Piz Ela SE- oder Hauptgipfel, 15-30min, WS.

Abstieg über die Piz Ela NE- oder Mittelrippe
Am rechten Rand der Gipfelplatte (Dinosaurierspuren) ausgesetzt zu einem Stand (Bh, Hk, Schlingen) und 15m Abseilen. Über Bänder und Stufen (I-II) zu einem kurzen Couloir auf ca. 3195m mit einem Fixseil. Auf den Gratfelsen oder auf Firn links davon hinunter und zuletzt links um einen Gendarm herum bis vor die Steilstufe bei P. 3069. Wechsel nach rechts in die SE-Flanke und über Bänder und Stufen (I-II) hinunter bis ca. 2880m. Nach links zurück auf den Grat und hinunter zu einem 1. Schlingenstand auf ca. 2860m, wo 15m durch eine Rinne abgeseilt oder abgeklettert (II+) werden kann. Über Bänder und Stufen (I-II) zu einem 2. Schlingenstand auf ca. 2840m und nochmals 15m Abseilen. Zuletzt auf einem Schuttband nach links zum Flankenfuss auf ca. 2780m, 1h 30min-2h, ZS-. Nach NE über Geröll in den Kessel von Tranter Ela und weiter über Schrofen und Gras und durch lichten Wald hinunter zum Geröllgraben unter dem Piz Radond. Durch diesen bis ca. 2040m, wo ein Pfad abzweigt, der nach N u. NW zum weiss-rot markierten Bergweg bei ca. 2000m führt. Auf diesem durch den God sur Zinols und über Pradatsch und Tect nach Bergün, 2h, T5.

Bemerkung: W-Flanke und Mittelrippe sind stellenweise sehr brüchig. Entsprechend besteht v.a. bei mehreren Seilschaften Steinschlaggefahr!

Material: zusätzlich Leichtpickel (für Mittelrippe ev. Steigeisen) und reduzierte Kletterausrüstung mit 30m Reepschnur, 2 Express, 3 Schlingen, Kk-Set und 1 mittleren Friend.

Fahrplan: 9.15 Tiniziong, 12.15 Pass d'Ela, 15 Uhr Piz Ela, 16.30 Fuss Mittelrippe, 18.30 Bergün.

Tourengänger: lorenzo


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Kommentare (2)


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silberhorn hat gesagt:
Gesendet am 26. Oktober 2016 um 13:31
Sali lorenzo

Wenn ich während des Vorbeifahrens aus dem Bahnfenster hinausschaute wanderten meine Augen sehnsuchtsvoll zu den Churfirsten hinauf. Ausser eine dicke Nebelwand verhüllte sie.

2011 las ich das Buch. Das Geschriebene zog mich mühelos in seinen Bann.

Letzten Sommer sendete SRF in der Reihe Sternstunde Kunst diesen Dokumentarfilm hier aus. Egal wie viel man über den begnadeten Maler weiss allemal sehenswert.

Hast Du irgendwann das Museum in St. Moritz besucht? Immer noch einer meiner Träume.

Wieder mal en liebe Gruess
maria


lorenzo hat gesagt: RE:
Gesendet am 28. Oktober 2016 um 22:19
Hallo maria

vielen Dank für den Link zum Film "Magie des Lichts", auf den ich mich schon jetzt freue!

Das Museum in St. Moritz habe ich schon besucht. Letztes Mal vor ein paar Jahren konnten wir die interessanten Ausführungen des Lehrers einer anwesenden Schulklasse mitverfolgen. Ein Besuch ist sehr empfehlenswert!

Herzliche Grüsse

lorenzo


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