Hoch Sewen Südgrat: Fünffach turmiger Hochgenuss


Publiziert von Alpin_Rise , 13. September 2016 um 09:59.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:11 Juli 2016
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: V- (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 1400 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Gorezmettlen
Unterkunftmöglichkeiten:Sewenhütte SAC - sehr nette und feine Bewirtung, kinderfreundliche Umgebung

Der fünfturmige Südgrat am Hoch Sewen rangiert unter den Klassikern am Sustenpass. In ungefähr zwanzig abwechslungsreichen Seillängen schlängelt sich die Route bis auf den knappen nicht-Dreitausender. Schöne Passagen in reich strukturiertem Fels wechseln sich ab mit grasigen Gehpassagen und etwas brüchigeren Abschnitten. Zwischen den Türmen warten immer wieder Abkletterpassagen oder unübersichtliche Abseilstellen. Grundsätzlich ist die Absicherung mit Borhaken gut, ab und zu kann der eine oder andere Sicherungspunkt ergänzt und die Route muss doch etwas gesucht werden. Dieses Gesamtpaket gibt der Tour einen eher ernsthaften Touch, weshalb man sie auch im Plaisir Ost vergeblich sucht. Ein Topo der Tour gibts hier, eine noch präzisere Version findet sich im schön gemachten, neuen Gebietsführer "Wandern, Klettern und Hochtouren im Sewengebiet", erhältlich auf der Hütte.

Nach dem ich gute Erfahrungen mit den Klettereien in der Gegend gemacht habe (hier, da und dort), wollten auch diese fünf Türme einmal überklettert werden. Ein Versuch vor drei Jahren verlief sich im Nebel bzw. in den Klettergärten oberhalb Sewensee. Und auch dieses Mal war das Wetter nicht über alle Zweifel erhaben, was uns mehrmals an die Option Notabstieg führte... vor kurzem hat der Hüttenwart der Sewenhütte den Grat vor der Schlüsselstelle mit einer neuen Not-Abstiegsstelle ausgerüstet, was zusammen mit den anderen Ausstiegsmöglichkeiten vorher auch eher gemütlichen Seilschaften erlaubt, mal in den Grat hineinzuschnuppern.


Klassische Gratkletterei bei zweifelhaft-wolkigem Wetter

Nach einigen Längen im super griffigen, steilen Fels des Hüttenklettergartens übernachten wir in der sympathisch geführten Sewenhütte. Eine Familienhütte par excellence, wer Bergruhe sucht, muss anderswo hin.
Am nächsten Morgen geniessen wir die Vorteile und den Luxus  dieser Art Hütte: Wir brechen als einzige Seilschaft früh auf, der Hüttenwart bereitet uns eigens ein reiches Privat-Frühstück zu.

Derart gut gestärkt gehts um etwa 5 Uhr los, der Zustieg führt über die Ruine der alten Hütte und ein steiles Couloir weiss markiert an den ersten Turm. Ist das Couloir noch wie bei uns schneegefüllt, ist ein Pickel angenehm - wir umgehen das Schneefeld links in nicht ganz trivialem Gelände mit losem Geröll, hier ist Vorsicht geboten. Einstieg um etwa 6:45.

Die Kletterei gibt gleich mit einer steilen Seillänge den Tarif durch - für den vierten Grad muss ganz schön zugepackt werden. Auf eine detaillierte Beschreibung verzichte ich; man halte sich ans Topo oder an die Schilderung von Lulubusi. Ab dem fünften Turm ist die Tour noch nicht ganz vorbei und die Orientierung recht anspruchsvoll. Hier lässt das zunehmend brüchige Gelände verschiedene Varianten zu, fixe Sicherungspunkte sind rarer. Am Gipfelturm wurden etwas links (südlich) des zentralen Couloirs einige Haken gebohrt. Die recht steile Kletterei sieht schwieriger aus, als sie ist (um III+), geht dann aber gut.
Wir treffen nach 12 auf dem Hoch Sewen ein, wo ein neckisches Gipfelbuch mit erstaunlich wenigen Einträgen wartet. Auch das Wetter spielt mit, die Quellwolken wachsen erstaunlicherweise kaum noch in die Höhe (Inversion?). 

Der Abstieg über den Nordgrat ist dann erstaunlich einfach: Kurz unter dem Gipfel eine steile Passage durch einen Kamin (II), dann ein freundlicher Blockgrat mit ein, zwei ausgesetzten Stellen (T5 I), Steinmänner markieren die besten Passagen. Normalerweise wird der Grat etwa am tiefsten Punkt einfach auf den Seewenzwächten (oder freigelegte Schliffplatten) verlassen. Wir erblicken etwas vorher eine Abseilschlinge, die wir nutzen um 25m  auf den Firn abzuseilen (Achtung: Bergschrund!) Dabei finden wir ein rötliches, ausgeblichenes Halbseil, das wohl für eine Fluchtaktion geopfert wurde - allfällige Besitzer mögen sich melden!
Danach effizient schneerutschend bis ca. 2500m, alsbald zu einem Kurzbad ins schöne Seewli und weiter zur Postautohaltestelle Gorezmettlen. Beim Rückweg über den Stusten erleben wir in den bequemen Postautositzen doch noch ein heftiges Gewitter, während in Meiringen bereits wieder die Sonne begrüsst.

Material: Helm, Schlingen, 8 Express, kleine Friends, evtl. Keile, 50m Einfachseil (40m geht auch). Kletterfinken oder Bergschuhe? In den 4er Längen sind Kletterschuhe durchaus angenehm, in schrofigen Gehpassagen und ab Turm 5 eher hinderlich - schlussendlich Geschmackssache.

Zeitbedarf: Zustieg ab Sewenhütte 1h - 1:30, Kletterei 4h - 6h, Abstieg bis zur Hütte/zum Seewli 1:30 - 2:30, Total 6:30 - 10 h - eine ausgefüllte Tagestour also, beim direkten Zustieg ab Sustenstrasse kommen nochmals zwei Stunden dazu.


Tourengänger: Alpin_Rise


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