Kurzbericht 

Ortler via Nordwand


Publiziert von Dolmar , 22. Dezember 2015 um 12:10.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:20 Dezember 2015
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 13:00
Aufstieg: 2050 m
Abstieg: 2050 m

Der Start in die Winter- / Skitourensaison gestaltet sich heuer schwierig. 
Was tun ! Eine alternative ist Eisklettern, wenn`s eine kalte Ecke mit Eis gibt.
Der Ortler hat genau das zu bieten. Ende letzten Winter 14/15 (das war noch ein Winter mit Schnee),
hatte ich dort meinen Skitourenabschluß von Trafoi aus, nun denn gibt es den Start in die Wintersaison halt ohne Ski wieder am König Ortler.

Eine Begehung der Ortler Nordwand im Winter scheint mir eine der sichersten Varianten in Bezug auf die
Objektiven Gefahren zu sein, Die Sonne kommt spät und nur für kurze Zeit an die Serac-Zone.
Auf der Webcam sieht die Wand gesamthaft ziemlich weiß aus, also vermutlich wenig Blankeis.

Anreise nach Sulden am Vortag, die Nacht ist um 1:20 Uhr in der Früh für mich beendet.
Nach dem üblichen Prozedere starte ich um 1:45 Uhr in finsterer Nacht zum Unternehmen Ortler Nordwand,
Ja es ist möglich, auf den gut beschilderten Wegen im Waldgürtel einen Verhauer einzubauen.
Weil ich es recht bald bemerkt habe hielt sich der Zeitverlust mit einer 1/4 Std. in Grenzen.

Bevor es den finalen Moränenrücken zur Tabarettahütte hochgeht, kommt der auch im Licht der Stirnlampen gut sichtbare Gedenkstein, hier ist der Abzweig nach links zur Nordwand.
In wenig Schnee über Schutt immer aufwärts. Zu sehen ist in dieser Nacht nicht`s, außer die Lichter einer
3-er Seilschaft gut eine 1/2 Std. voraus. und die Licher von zwei weiteren Nordwandaspiranten welche von der Tabarettahütte her den Hang queren. Von Einsamkeit kann also keine Rede sein.
Als Schlusslicht steige ich in die sich immer mehr aufsteilende Wand ein. es wird Zeit die geschliffenen Steigeisen anzulegen und die Eisgeräte zur Hand zu nehmen.
In gutem Trittschnee geht`s unendlich aufwärts ohne auch nur ansatzweise zu sehen wie hoch ich bereits bin, nur die Lichtkegel der Vorgänger zeigen an das es mit jedem Meter steiler wird und die Richtung
vorgegeben ist. Bei der ersten Verengung kommt Eisschlag auf, wir gehen alle ganz nach links,
und ein kleiner Rutsch aus Eis und Steinen entschwindet an der rechten Begrenzungswand den Lichtkegeln unserer Stirnlampen in die Nacht nach unten. Das war dann Gott sei Dank das einzige was die Wand runterkam. 
Kurz unterhalb der Gurgel, stellt sich die Wand kräftig auf, die letzten 50 Meter dürften die 45° Grad schon überschreiten. Es ist immer noch stockdunkel als ich die Gurgel erreiche.
An der Gurgel muss ich kurz warten, nach einem freundlichen Gespräch mit dem Seilzweiten kann ich nach Absprache überholen, da sein Partner nicht weiter steigt. Hier ist Schluß mit Trittschnee, In blankem Alteis und weißem jungen Eis geht`s  8-10 m gerade aufwärts, dann flacher werdend nach rechts, in heikler steiler Querung unter glasierten Felsen nach rechts, bis ein geneigter Schnee/Eisschlauch nach oben führt. Oberhalb öffnet sich dann die Eiswand. Später erfahre ich, das wohl vorwiegend über links ausgestiegen wird, aber so ging`s ja auch. Lästig ist der permanente Eisschag von der 3-er Seilschaft über mir. Hier kommen nicht Selten über faustgroße Eisschollen die Wand herab. Treffer auf Helm und Hände sind unvermeidbar.
Langsam wird es Tag, die Wand erweist sich nicht als reine Trittschneeangelegenheit, sondern es geht
in Eis und oder Styroporschnee griffig aufwärts. Die Waden sind hier voll gefordert.
Unter dem ersten Eiswulst quere ich wenig nach links, und dann diagonal hinauf zum zweiten Eiswulst
welcher leicht rechts überschritten wird.
Nein es ist noch nicht zu Ende diese Wand will nicht enden, allerdings ist es nach dem zweiten Eiswulst
nicht mehr so steil und eisig. Am Gratausstieg habe ich auf die 3-er Seilschaft aufgeschlossen, die 2-er Seilschaft bleibt weit zurück. Nun noch über den Grat und hinauf zum Gipfel.
Nach 7 Std. 10 Min. trete ich am Gipfel in die Sonne.

Herrliche Aussicht bei fast Windstille, die Blicke reichen ewig weit, und auch in ewig weit herrscht Schneemangel.

Oben ist in dem Fall aber erst 1/2 Zeit der Bergfahrt. Hier gibt`s nicht den easy going Abstieg. Ich muss noch über den Normalweg hinab, und das ist nicht einfach.
D.h. es gibt ihn doch, aber leider nicht für mich, Die 3-er Seilschaft packt am Gipfel Ihre ultraleichten 
Gleitschirme aus (3kg) und entschweben in die Lüfte.
Ich und neidisch, aber so was von.

Ich warte 1 Std. am Gipfel auf die andere Seilschaft, aber die kommt einfach nicht, also entschließe ich mich alleine abzusteigen.
Mit großer Vorsicht kann ich einer Spur über den Gletscher folgen, diese leitet mich sicher hinab zum
Ortler Biwak. Es hat schon gewaltig Spalten, Davon war im Mai dieses Jahres nichts zu sehen.
Kurz vor dem Biwack sehe ich, das die nachfolgende Seilschaft den Gratausstieg der Nordwand erreicht hat. Warum diese so langsam wurden kann ich nicht sagen, bin nur froh das auch sie herraussen sind.

Ich folge weiter den Spuren durch das Bärenloch zum Grat, über Kombigelände mit Steigeisen darf abgeklettert werden.Am Tschierfeckwandl an den Ketten hinab. Das letzte Drittel ist die Kette aber so tief eingeschneit das nochmal volle Konzentration aufgebaut werden muß.
Danach leicht zur Payerhütte.

Wenig unterhalb der Payerhütte lege ich die Eisen ab, und wandere mit ehrfurchtsvollen Blicken den Weg hinab zur Tabarettahütte. Eine späte Seilschaft kann ich kurz oberhalb der Gurgel erkennen, es ist ca. 13:30 Uhr. Das wird mit Abstieg knapp vor dem Einnachten, aber vieleicht schweben die ja auch hinab. 
Ohne weiter Pause erreiche ich ziemlich kaputt nach genau 13 Std. wieder den Parkplatz am Langensteinlift.

Die Angaben über die Steilheit variiert doch sehr.
Mit 55 ° Grad meine ich deutlich zu flach.
Ab der Gurgl meine ich sind es doch mehrheitlich um 60 ° Grad teilweise auch leicht mehr, je nach Routenwahl.
An der Gurgel und bei den Eiswulsten sind die steilsten Passagen zu bewältigen.
Insgesamt sind die Verhältnisse derzeit ganz gut. Bei mehreren Seilschaften kann der Eisschlag problematisch werden. 

Leider sind die Bilder aus der Nordwand nicht scharf geworden, die meisten waren zum wegwerfen.

 


 

Tourengänger: Dolmar


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