Einsame Dolomiten Mehrtages-Tour


Publiziert von kneewoman , 14. Oktober 2015 um 20:16.

Region: Welt » Italien » Friaul-Julisch Venetien
Tour Datum:25 Juni 2015
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 6 Tage
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Ins Piave-Tal und von dort nach Erto.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Von Erto weiter bis Cimoliana und über ein schmales Sträßchen und Schotterpisten (Flussbetten) ins Val Cimoliana bis zum Parkplatz des Rifugio Pordenone.
Unterkunftmöglichkeiten:Am Ortsausgang von Erto habe ich in einem einfachen aber freundlichen Agritourismo übernachtet. Kann ich nur empfehlen: http://www.aziendaagricolasanmartinoerto.it/index.html

Kaum ein Gebirge entspricht so sehr unserer europäischen Idealvorstellung von einer Berglandschaft wie die Dolomiten mit ihren steilen Kalkwänden und den blumen-bunten Wiesen zu ihren Füßen. Kein Wunder also, dass sie mit zu den überlaufensten Regionen der Alpen zählen. Hier aber nun eine Tour für alle denen Einsamkeit und Urigkeit wichtiger ist, als große Namen….
 
Meine erste Mehrtagestour im Jahr 2015 ging also in die Friaulaner Dolomiten. Für dieses Gebiet gibt es keinen Alpenvereinsführer. Meine Informationen habe ich von dieser Website:
Sie bietet zutreffende und ausführliche, aber anscheinend nicht immer 100% aktuelle,  Informationen. Aber dazu später mehr…
Wenn man unterwegs überhaupt auf jemanden trifft, so handelt es sich um ein völlig gemischtes Publikum aus den verschiedensten Ländern, Altersgruppen und sportlichen Genres.
Es gibt im Gebiet hauptsächlich Biwakschachteln und Casereas (offengelassene Almhütten), aber auch 4-5 bewirtschaftete Hütten, auf denen ich jedoch nicht genächtigt habe.
 
Da der Eintrag ellenlang werden würde, wenn ich jeden Tag ausführlich beschriebe, gibt’s von der Tour nur eine stichpunktartige Beschreibung – mit ein wenig zusätzlicher Info. Meine Gehzeiten beziehen sich auf die Zeitdifferenz zwischen Abmarsch und Ankunft, beinhalten also kurze Essenspausen von 15—30 Minuten. Sollte sich jemand weiter für die Route interessieren, stehe ich gerne für zusätzliche Auskünfte zur Verfügung.
 
Tag 1: Von Erto zur Casera Lodina (5h)
Info: Beim östlichen Ortsende zweigt ein Wanderweg von der Hauptstraße, die in Richtung des Passes San Oswaldo führt,  ab und leitet zu den Höfen, die auf den Hängen oberhalb von Erto liegen. Von hier sollte ein Weg parallel zur Straße zum Pso. San Oswaldo laufen. Es hat sicher eine Stunde Grashang-krabbeln und Gestrüpp-wühlen gebraucht, bis ich ihn endlich gefunden hatte. Er verläuft auf jeden Fall recht weit oben am Hang… Von da an ist der Weg zur Forcella/ Casera Lodina ausgeschildert.
Weg: Zunächst Wald, dann Wiesengelände
Unterkunft: mäßg gemütliche offene Almhütte, Matratzen und Decken in fragwürdigem Zustand (Schlafsack empfehlenswert), Handyempfang, sichere Wasserquelle
Higlight: Die zwei 50-60jährigen Französinnen, die abends um 21:00Uhr noch – mit Rotwein und Rauchwaren im Gepäck – hineinschneiten.
 
Tag 2: Von der Casera Lodina zum Bivacco Greselin (7,5h)
Weg: Zweigeteilt, bis zur Forcella Duranno unschwierig über wunderschöne Wiesenflächen, der Weiterweg zum Bivacco zunächst mit sehr heikeler Querungen in Sand und Feinsplitt, dann leichte Kletterei (I+) in teilweise äußerst brüchigen Rinnen
Info: Ich habe erst im Nachhinein festgestellt, dass der zweite Teil dieser Etappe gesperrt und nicht mehr gewartet ist. Das entsprechende Schild habe ich beim Abstieg vom Bivacco Greselin entdeckt. Problematisch war vor allem die Querung südseitig des Monte Duranno, bei der man sich immer entscheiden musste, ob man nur ganz leicht und vorsichtig auftritt um dann eventuell mit dem oberflächlichen Feinsplitt abzurutschen oder ob man lieber ordentlich das Profil in den halbwegs verbackenen Sand rammt – auf die Gefahr hin, dass man damit ein ganzes Sandbrett auslöst. Letztlich bin ich mit Pickel und Steigeisen gelaufen, bis ich wieder Fels unter den Füßen hatte. Anschließend fand ich die Markierungen, die als spärlich ausgewiesen waren, allerdings gut sichtbar und ausreichend.
Unterkunft: ältere, aber solide Biwakschachtel, Wasser und Decken vorhanden, kein Handyempfang
Highlight: die fünfköpfige Steinbockfamilie, die mich einen ganzen Tag lang begleitet hat. Die Tiere kamen sicher auf 2m an mich heran und waren zudem so freundlich in die brüchigen Rinnen erst einzusteigen, als ich sie wieder verlassen hatte.
 
Tag 3: Abstieg vom Bivacco Greselin (3h) und Aufstieg zur Casera Valbinon (2,5h)
Info: Eigentlich wollte ich an diesem Tag vom Bivacco Greselin zur Casera Laghet de sora gehen. Diese Etappe war meiner Beschreibung zufolge noch etwas anspruchsvoller als die des vorherigen Tages, sodass ich angesichts meiner Probleme am Vortag und des unsicheren Wetters beschloss abzusteigen – um dann festzustellen, dass der gestrige Weg aufgegeben und deswegen in so schlechtem Zustand war. Mist! Eventuell lohnt es sich also beim Bivacco Greselin zu starten und den Übergang zur Casera Laghet de sora zu versuchen.
Weg: Abstieg vom Bivacco Greselin sehr steil aber auf ordentlichem Pfad. Fußmarsch (oder trampen) bis zum Parkplatz des Rifugio Pordenone. Schöner, einsamer Wanderweg zur Casera Valbinon
Unterkunft: Gemütliche, bewartete Hütte auf wunderschöner Wiesenfläche, Hüttenwart koch auf Anfrage auch große Portionen leckere Pasta
Highlight: High life auf der Casera Valbinon: Eine große Wandergruppe junger Leute hatte fast alle Betten belegt. Ein älteres, italienisches Pärchen bot mir allerdings eines ihrer Betten an und schlief gemeinsam im Anderen. Es wurde viel gesungen und ich wurde reichlich mit Wein und Grillgut versorgt.
 
Tag 4: Von der Casera Valbinon zum Bivacco Vacceri (8,5h)
Info: Bisher war mir meine Tour – gemessen an meinen Erwartungen – ein bisschen zu wenig dolomitig und ein bisschen zu gesellig gewesen. Also hatte ich mir für diesen Tag vorgenommen nicht den kürzesten Weg zum Biv. Vacceri zu nehmen, sondern mehrere Scharten und Kämme mitzunehmen indem ich beim Bivacco Granzotti-Marchi vorbeilaufe, damit ich mal etwas mehr zu sehen bekomme. Diesen Anspruch hat der heutige Weg voll und ganz erfüllt: Eindrucksvolle Dolomitenwände, schrofig-grüne Hochtäler und aussichtreiche Scharten, aber auch steile Schuttreisen bis zum Abwinken.
Weg: Ordentlich angelegte Wanderwege, geröllige Schluchten von grobblockig bis feingrieselig und einsame, selten begangene Pfade. Keine größeren Schwierigkeiten, aber konditionell anspruchsvoll.
Unterkunft: Einer der schönsten Plätze für eine Biwakschachtel überhaupt und dazu völlig einsam. Die Biwakschachtel ist neu und gut ausgestattet, die nahe Quelle könnte aber im Spätsommer versiegen (es gibt eine Alternative), Handyempfang.
Higlight: Siehe Unterkunft und Foto.
 
Tag 5: Vom Bivacco Vacceri auf den Monte Cridola (4h) und weiter zum Bivacco Perughini (4,5h)
Info: In den Dolomiten ist es leider gar nicht so einfach einen Berg ausfindig zu machen, bei dem man zwar ein wenig Klettern kann, aber kein Seil/ Seilpartner braucht. Der Monte Cridola eignet sich dazu aber hervorragend und kann als Abstecher auf dem heutigen Weg mitgenommen werden. Dabei ist der Gipfelaufstieg ausreichend mit Punkten und Steinmännern markiert und die schwierigeren Passagen könnten sogar mittels Bohrhaken durchgesichert werden.
Weg: Wanderwege und Schuttreisen, Monte Cridola Klettern im II Grad
Unterkunft: ältere, aber gut ausgerüstete Biwakschachtel direkt bei der außergewöhnlichen Felsformation des Campanile di Monfalcon (Kletterei im V Grad). Die nahe Quelle ist nicht sehr verlässlich, die nächste sichere ein ganzes Stück entfernt. Kein Handyempfang.
Highlight: Feinster Fels des Monte Cridola, meine definitiv letzte Schuttreise dieser Tour, Kletterer am Campanile beim Abseilen beobachten
 
Tag 6: Abstieg vom Bivacco Perughini (2h)
Weg: Auf Pfaden bzw. Pfadspuren und in grobblockigen Bachbetten zum Rifugio Pordenone
Highlight: Gumpenbaden
 
Fazit:
Eindrucksvolle, einsame und anstrengende Tour, die von allem ein bisschen was zu bieten hat. Bessere Informationen über den Zustand der Wege wären schön gewesen und hätten eine etwas abgewandelte Routenführung nahegelegt, um den Zwischenabstieg ins Val Cimoliana zu vermeiden. Dafür ist es aber auch spannender, abseits der ausgelatschten Pfade unterwegs zu sein und auf die aktuellen Gegebenheiten vor Ort reagieren zu müssen.

Tourengänger: kneewoman


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Kommentare (1)


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lampbarone hat gesagt:
Gesendet am 23. April 2016 um 16:34
Tolle Tour in weniger bekannter und dafür einsamer Gegend bei grandioser Landschaft. Hier scheinen die Stenböcke nur gute Erfahrungen mit den wenigen Menschen gemacht zu haben...
Solche Touren mag ich.


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