Bivacchi- statt Spaghettitour


Publiziert von Voralpenschnüffler , 29. Juli 2015 um 14:09.

Region: Welt » Italien » Piemont
Tour Datum:26 Juli 2015
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 2700 m
Abstieg: 2700 m
Strecke:Stabioli (Anzasca) - Cortenero - Cresta di Lareccio - Biv. Lamé - P.San Martino - Antronalago

Als "Spaghettitour" gilt gemeinhin die Überschreitung von 9-15 Viertausender(che)n im Monte Rosa-Massiv. Wir hielten uns ein paar Stufen tiefer (und östlicher), bestaunten die besagten Viertausender "nur" und begegneten dafür während 42 h keiner Menschenseele - was eher unwahrscheinlich wäre auf der "Spaghettitour"...

26. Juli, Aufstieg Bivacco B. Longa (T2, 1100 Hm)

Würde der Wohlklang des Namens entscheiden, hätte das Bivacco Bartolomeo Longa wohl tausend Mal mehr Besucher als die Kröntenhütte.... Indes ist es wohl eine der kleinsten (und am wenigsten frequentierten) offiziellen Alpenclubhütten - und genau darum auch interessant für unsere 3 tägiges Bergzeitfenster, zumal die Gegend für uns gänzlich Neuland war.
Der Anschluss in Domo auf den (sonntags bis am Abend einzigen) Bus nach Macugnaga klappte vorzüglich, sodass wir nach halb 11 an der Haltestelle Stabioli starten konnten. Ein hübscher Aufstieg mit etlichen Höhepunkten, die da wären die Kaskade tiefer Badepools am Riale Mondelli, Mondelli selbst mit seinen Palazzi, die Panoramalage der (rusticomässig gut unterhaltenen) Alpe Colla - und Alpe Cortenero, 30 teilweise restaurierte Steinhüttchen, die sich klitzeklein unter einer Blockhalde ducken (und tarnen) - deren eines beherbergt das Bivacco des CAI, die kleinste Hütte, die ich je gesehen habe: Wenn man/frau allein bzw. zu zweit ist, für eine Nacht ganz niedlich, auch wenn die Klappbetten, Matrazen und (insgesamt 5) Wolldecken schon bessere Zeiten gesehen haben....Übernachtungsgäste sieht sie nicht viele (Hüttenbuch geht bis 1981 zurück), Tagesgäste ein paar mehr, deren letzte uns bei unserer Ankunft verlassen - es sollten für die kommenden 42 h die letzten menschlichen Wesen sein, die uns begegneten!

27. Juli, Cortenero - Pt. 2652 - Passo Lareccio - Cresta die Lareccio - Bivacco Lamé (T4)

In der Nacht hatte es kurz geregnet und genebelt, sodass es trotz strahlendem Wetter nässer nicht hätte sein können... Den weglosen Aufstieg zum Marigal liessen wir daher bleiben und wandten uns (vermeintlich) dem Passo delle Lonze zu, bald mit nassen Füssen... Ob's an einem unzulänglichen Kartenbild oder meiner Unfähigkeit gelegen hat, bleibe dahingestellt; jedenfalls ging's bei Pt. 2652 nicht mehr weiter aufwärts, und wir realisierten, dass die vermeintliche Cresta delle Lonze in Tat und Wahrheit der angestrebte "grosse" P. Lamé war (auf der CH-Karte gibt's in der Nähe noch einen kleinen Pizzo Lamé...). Frau konnte von dort direkt zur wunderbaren Seenplatte absteigen und sich dort zur Ruhe legen, während Mann das Hauptgepäck holen musste, dass wir - wie sich herausstellte - bei Pt. 2390 zurückgelassen hatten...
Die Überschreitung der Cresta di Lareccio ist (anders als es das Kartenbild vermuten liesse) einfach (T4) und mit wunderschönen Ausblicken auf die Viertausender gesegnet, bequem begehbare Passagen wechseln sich ab mit einigen Blockhalden. Nicht begehbar ist hingegen der kurze Grat vom schönen Gipfel Pt. 2713 zum P. San Martino, sodass wir auf den auf der LK eingezeichneten Wegspuren in die Flanke querten und (über eher unbequemes Gelände) zum Lago Sfondato "alto" und weiter zum Bivacco Lamé abstiegen. Welch bezaubernde Lage mit See- und Bächlein, inmitten von Gletscherschliffen. Einziges Manko: Keine Abendsonne (und reichlich durchgehängte Bettgestelle...), sodass wir nach Suppe&Würstli in den letzten Sonnenstrahlen nochmals zum von Pt. 2713 kommenden Grat aufstiegen (auf der LK nicht eingezeichnet, aber markiert; nicht so ausgesetzt wie die untere Variante, zuoberst dafür kurze Kletterstelle T5 / II) und Tee + Schokolade an der Abendsonne und mit Monterosablick genossen.

3. Tag: P. San Martino - Valaverta - Alpi Valaverta sup. und Larticcio - Antronalago (T4)

Wir entschieden uns für den Caffè an der Sonne vor dem Bivacco und gegen die lange (und etwas monotone) Traverse über den (uns schon bekannten) Passo Lareccio weiter bis nach Mattmark und für den Abstieg ins Valle d'Antrona. Zunächst aber zum Auftakt der prächtige Aussichtsberg San Martino (gut ausgebauter Weg) und zurück zur Bocchetta, wo die mit Wegweiser versehene Traverse in den Passo Valaverta ansetzt: V.a. am Anfang äusserst exponiert, bei Nässe unbedingt abzuraten! Die Abzweigung zur (bestossenen!) Alpe Lavazzero setzt nicht (wie wir aufgrund der Karte annahmen) auf dem Pass an (von dort keine Abstiegsmöglichkeit!), sondern bereits kurz nach der Mitte, und ist im Gelände kaum zu sehen; zudem sieht sie im Rückblick oben auch exponiert aus. Wir entschieden uns also, zur Alpe Valaverte sup. abzusteigen und dort den auf der LK eingezeichneten Weg über die Alpe Larticcio zu testen - ein lohnenswertes Unterfangen! Hübsch die Terrassen unter dem imposanten Pizzo del Ton, ebenso die längst aufgegebene Alp Valaverte. Die Verbindung nach Larticcio ist tatsächlich gut markiert, der Pfad ist aber am Verschwinden und führt geschickt (aber mit einigem Auf und Ab) durch äusserst wildes und ruppiges Gelände. Larticcio ist ebenfalls vor langer Zeit aufgegeben worden, ist aber eine der schönsten Alpen, die ich je gesehen habe: Prächtige Terrassen über hohen Abgründen, eindrückliche "sprügh"'s ... In der Erlen-, Farn- und Krautzone wird der extrem steile Pfad bis Crevaloscia dann wirklich mühsam, ist kaum mehr zu erkennen und dürfte wohl bald auch nicht mehr existieren, wenn nicht Gegenmassnahmen getroffen werden...
Auf dem Strässchen ist bereits dem ersten Autostopp-Versuch Erfolg beschieden; wir steigen aber in Antronalago bereits wieder aus, um den 3-Tages-Schweiss bei einem erfrischenden Bad im überraschend warmen See (22 Grad!) abzuwaschen und uns an Gelati, Mirtilli und Birra zu laben, bevor wir weiter nach Villadossola stöppeln und dort mit guten Anschlüssen nach Domo und Brig belohnt werden. Eine prächtige Gegend!

Alcune notizie in italiano:
  • La Cresta di Lareccio tra il passo e la quota 2713 e facile e piacevole (T4)
     
  • il sentiero attraversa il parete sud-est del P. San Martino e a tratti molto esposto e pericoloso in caso di pioggia o neve; il bivio per l'alpe Lavazzero non si trova sul, ma ca. 300 metri prima del passo Valaverta
     
  • il sentiero Alpe Crevaloscia - Alpe Larticcio - Alpe Valaverta sup. e (ancora) ben signalato, ma a tratti quasi disparato. È abbastanza impegnativo per causa del terreno selvaggio e ripido e la densa vegatazione; potrebbe perdersi tra poco... L'Alpe Larticcio è di una bellezza stupenda.

Tourengänger: Voralpenschnüffler


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Kommentare (2)


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Zaza hat gesagt:
Gesendet am 29. Juli 2015 um 18:47
Schön, dass ihr auf den Geschmack gekommen seid für diese schöne Gegend! Autostop ist in der Schweiz wirklich nie so leicht wie in diesen Tälern des Piemont...

Sind die Mirtilli schon reif?

LG, zaza

Voralpenschnüffler hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Juli 2015 um 19:39
Danke noch für die Vorabinfos und ja, die Mirtillisaison beginnt, im Albergo am See servierten sie frisch geernete in diversen Variationen (mit gelato, panna oder auf Mürbeteig..). Wirklich sympathische Täler mit schönen Dörfern und einer ebenso sympathischen Hütten- bzw Biwakpolitik des CAI! Ein Gegenstück zur Hörnlihütte :-)...

Lg, R


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