Gipfelsafari am Flumserberg


Publiziert von Bergbursche , 19. August 2014 um 18:02.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:18 August 2014
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SG   Spitzmeilengruppe   CH-GL 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 2200 m
Strecke:24km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Postbus bis Tannenbodenalp ab Flums oder PW
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Postbus ab Tannenbodenalp nach Flums oder PW
Unterkunftmöglichkeiten:Tannenbodenalp unzählige Angebote / Spitzmeilenhütte SAC

Auf auf, in die Berge!

Lange ist es her, beinahe ein Jahr, dass ich hier meine ersten Touren publiziert habe. Einigen hikrn habe meine Berichte gefallen, es gab guten Zuspruch...und ein jähes Ende. Es folgten keine Berichte mehr.
Viel ist seitdem passiert, vieles hat sich geändert und so ist 2014 doch anders als alle Jahre zuvor. Belassen wir es dabei...kommen wir zur Tour :)

Tourfacts 
Länge: ca. 24km
Höhenmeter: 1600hm hoch, 2200hm runter
Schwierigkeit: Aufstieg Spitzmeilen T4, Rest T3
Wetter: Sonnig-mild, massive Restfeuchte (Sumpfig)

(Die Hartgesottenen lesen weiter, der Rest bricht hier ab)

Prolog
Ich hatte mir für den Montag und Dienstag Ferien genommen, denn es stand das Hike & Fly Highlight des Jahres an (Ja, ich bin seit Anfang 2014 unter die Gleitschirmflieger gegangen): Piz Palü - hoch laufen, runter fliegen!
Leider ist aufgrund einiger Faktoren die Tour abgesagt worden und so stand ich da in meinem Elend. Nichts mit Hochtour, Hochgenuss und himmlischem Flug!

Idee
Also entschied ich mich für einen Gipfeljägertag. Ich sammle mittlerweile gerne Gipfel und plane gerne lange Touren mit möglichst vielen davon. Das wird zwar einigen nicht gerecht, verdienten sie einen Tour ganz für sich alleine, aber das ist das Schicksal der Berge!
Meine Idee: Spitzmeilen und Wissmilen könnte ich langsam mal ernten, die Zeit ist reif. Also flugs die Tour am Vorabend geplant und den Wecker gestellt.

Tour
Der Wecker, ich bin mir sicher, hat geklingelt. Ich, da bin ich mir sicher, bin nicht aufgestanden. Beste Voraussetzungen für eine gelungene Tour. Statt um 8 Uhr starte ich also um 10 Uhr, dank der Bergbahn zum Maschgenkamm, die so nicht eingeplant war. Ich wollte eigentlich hochlaufen, so blieb mir nur der Abstieg später und ich kaufte mir nur die Bergfahrt (Eine Entscheidung, die ich zwischenzeitlich auf der Tour bereut habe, um sie gegen Ende der Tour als gesamtplanerisch brilliant zu erklären!).

Beschwingt gehe ich ans Werk, springe federnd und Blümchen werfend hoch zum Ziger(1) und kugel mich vor Freude weiter zum Leist(2), wo ich sehr zu meinem Entsetzen feststellen muss, dass es sich auf halber Strecke ausgekugelt hat und ich stattdessen steigen muss. Die Stöcke lasse ich noch am Rucksack, ich bin ein Faulpelz und weiss, das ich sie am Spitzmantel eh wegpacken müsste. Daher werde ich sie erst danach zum Einsatz bringen!

Exkurs
Mit meinen neuen Bergschuhen eine interessante Erfahrung, denn die sind erst eine Tour alt und die endete mit einer bösen knapp 2 CHF Münz grossen Blase am rechten Innenfuss. Jetzt mit Keil, Sohle und Socken-Duett ein neuer Versuch. Warum müssen Schuhe im Laden trotz aller Tests so perfekt sitzen und dann am Berg rumzicken wie Diven? Vor allem, warum ist dies, je teurer der Schuh, umso ausgeprägter?

Kaum auf dem Leist(2) angekommen, bewundere ich die Baustelle für den nächsten Skilift am Flumserberg. Bald hat es mehr Liftmasten als Bäume heroben. Mir drückt die Blase vom Morgenkaffee. Kaum das ich kurz davor bin an einem Erdaushubhäufchen zu erleichtern, stromern die Bauarbeiter um die Ecke und verhindern meine Tat. Also dichthalten und geschwind weiter zu einem besseren Platz....puh, das tut gut.

Weiter geht die derbe Bergfahrt Richtung Spitzmantel(3), welcher genüsslich erklommen wird. Oben hat es ein wenig ausgesetzt, aber das ist nicht schwierig. Lange Verweilzeit gibt es keine, denn die Strecke ist noch lang. Als nächstes kann man den wohl nahezu nie begangenen Breitmantel(4) mitnehmen, der dem Spitzmantel gegenüberliegt. Wirkt er von dem Zustieg her als einfacher Grashang, hat er gegen Süden und Osten doch eine beachtliche Felskante. Dies zeigt sich auf dem Rückweg sehr schön und man denkt, oh haue ha, von hier wollt ich da aber nicht hoch...gut habe ich ihn nicht auf dem Hinweg vergessen.
Hier wäre ich nun bereits mit meinen Stöcken unterwegs, denn ich mag es wie sie in Auf- und Abstieg meine Beine entlasten. Wäre wohlgemerkt, denn ich bin nicht.

Exkurs
Denn meine grad erst einmal 3jährigen Stöcke versagen mir den Dienst. Es sind jene welche, mit Faltmechanismus, der auch heute einwandfrei funktioniert. Jedoch das obere Stocksegment, welches mittels Metallnase eingerastet wird, nachdem man es herausgezogen hat, lässt sich nicht herausziehen. Nicht mit aller Kraft die ich aufzubieten vermag. Ohne dieses Segment aber halten die unteren Teile die Spannung nicht und bleibt der Stock auch nur leicht im Boden stecken, klappt er auseinander. Abgesehen davon, dass er sich nicht auf meine benötigte Länge einstellen lässt.
Somit habe ich einen Stock, der funktioniert und einen, der nicht mehr will. Na super...jetzt die Tour abbrechen, denn die meisten Höhenmeter und Kilometer liegen ja noch vor mir...oder ohne weiter? 
Ich beisse auf die Zähne und gehe ohne weiter, mich nicht erinnern könnend, wann ich die letzte lange Tour ohne Stöcke gemacht habe.


Es geht zurück auf den Wanderweg, der auf der heutigen Tour durchgehend das Niveau Schlammcatchen verdient. Gut bedient, wer passendes Schuhwerk hat, das nicht nach dem ersten feuchten Erdloch die Imprägnierung raushustet.
Dem Wanderweg folgend gelangt man schnell zum Rainissalts Südostgipfel(5) und dem Rainissalts(6) selbst. Prädikat unspektakulär, aber Gipfelsammler sind genügsam.
Immer noch dem Wanderweg folgend erreicht man kurze Zeit später schon den Gulmen(7), Zeit für eine erste Pause. Die Brennkammer lechzt nach Energie in Form von Obst und Riegeln. Hinein damit, bevor der Körper anfängt zu meckern, es müsse nun an die eigenen Speckpolster ran!

Weiter geht die Reise zum Erdisgulmen(8), wo ich noch geschwind Hoch Camatsch mitnehme, da es nur ein kleiner Abstecher zur linken ist. Auf dem Erdisgulmen  trennt sich die Spreu vom Weizen. Ich bin nur Spreu, daher gehe ich ein Stück zurück und steige ab Richtung P.2168 um dort der Wegspur Richtung Mietböden zu folgen.
Der Weizen hingegen, welch kraftstrotzendes Gewächs, geht anderer Wege. Soll heissen, hier ist eine Erweiterung meiner Tour möglich.

Variante
Man folgt ab Erdisgulmen nicht dem Wanderweg, sondern zieht weiter in Richtung Süden und zu P.2273 und folgt dort bis zum Türli. Hier quetsche man sich durch eine enge Spalte, daher nicht zu viel auf dem Gulmen essen und auch keine allzu grossen Rucksäcke dabei haben. Sonst wird das eine 1a Verstopfung. Von hier folge man dem Flankenfuss grob und weglos in Richtung P.2280. Wahlweise steige man nun nach eigenem Gusto auf den Magerrain. Es bietet sich ebenso an zu P.2235 zu laufen und von dort den Anstieg durchzuführen. Abstieg auf gleichem Wege nach P. 2235 und dann runter zu den Hängeten Böden bis man wieder auf den Wanderweg trifft, der zum Wissmilenpass führt.
Diese Variante bringt noch mal einiges an hm in die Runde.


Von den Mietböden steigt man Wegspuren folgend, teils auch weglos gemütlich Richtung P.2318 wo man wieder auf den Weg trifft, der von P.2069 hinaufschlängelt. Ich folge dem Weg bis zum Wissmilenpass und von dort in beschwingter, sehr leichter Kraxelei bei luftigem Windzug (aaaaah, angenehm, ich liebe es wenn mir der Wind durchs Gewand fegt) auf den Wissmilen(9).

Kein Grund zu rasten wandere ich gleich weiter und zielstrebig zu meinem eigentlichen Tagesziel, welches man schon so prominent ab Startpunkt sieht, dem Spitzmeilen(10). Am Wegweiser angekommen deucht es mir, es ginge gleich hier nach oben. Die trügerischen Wegspuren verleiten mich nicht um die Ecke zu schauen, sondern gleich hier auf den Gipfel zu klettern.
Der Einstieg beginnt in leichter Kraxelei, bald wird eine solide II daraus und ich frage mich...Alpinführer Ostschweiz T4, really? Was hast du denn geraucht, Du lustiges Büchlein....aber egal, ich steige weiter, der Minikamin scheint machbar...irgendwie sind wir jetzt im IIIer Bereich angekommen, würde ich meinen. Doch oben bin ich noch nicht. Hier verlässt mich der Mut und der Glaube, auf dem richtigen Weg zu sein. Ich steige die 25 oder 30hm wieder herab und akzeptiere, den Gipfel nicht erreichen zu können. Tagesziel verfehlt, seufz. Man mag mir nun vorwerfen den Alpinführer nicht genügend studiert zu haben, sonst wäre mir wohl aufgefallen, dass die beschriebenen Ketten fehlten. Aber in meinem eifrigen Tatendrang ist mir dieses banale Detail schlichtweg entgangen oder ich dachte mir, vielleicht hat die Ketten ja wer von den Bergbahnbauarbeitern gebraucht und sich ausgerechnet heute geborgt. Man weiss ja nie!

Zurück auf dem Wanderweg biege ich um die Ecke und entdecke den tatsächlichen Einstieg, bestens versichert mit Seil und Ketten...aha...daher weht der Wind...ich könnt kotzen vor Glück!
Dank der Versicherung ist es definitiv keine wilde Angelegenheit, doch verzichtet man auf Ketten und Co. hat man Kletterei im II.ten Grad. Meine Laune ist wieder hergestellt und fix ist der Gipfel erklommen. Zeit für eine Rast und die wirklich geniale Aussicht.
Beim Abstieg entdecke ich doch tatsächlich eine Abseilstelle zu oberst der versicherten Route. Ach hätte ich doch nur Seil & Co. dabei, es würde mehr Spass machen als an den Ketten abzuklettern.

Ich begebe mich wieder auf den Wanderweg und folge diesem bis P.2203. Hier gehe ich nicht direkt zur SAC Hütte, sondern ziehe weiter zu P. 2153 und von dort zu P.2053, dem Fetschenchöpf(10). Besonders imposant ist das nicht, aber man kann über schöne, grosse Blöcke kraxeln und springen und hat nette Ausblicke  ins Tal.
Weglos weiter Richtung SAC Hütte, wo man mich ein wenig besorgt ansieht, dass ich mitten aus der Pampa komme (und zu diesem Zeitpunkt wohl auch nicht mehr allzu frisch dreinschaue). Immer diese Verrückten, da hats ja bald die ganzen Berge voll davon!

Damit hat die Gipfelhatz ein Ende, jetzt heisst es Strecke machen. Was je nach Schuhwerk nicht so viel Spass bedeutet. Meine neuen Schuhe sind dafür eher nicht ausgelegt, helfen aber wenn es mal wieder 10cm in den Schlamm einsinkt. Dem Weg einfach Richtung Maschgenkamm folgen und folgen und folgen und folgen...aber achtung: Variante!

Variante
Diese Variante beschert dem Gipfelsammler noch 2 weitere Erfolge. Gross Sächser und Chli Sächser können relativ leicht auf dem Rückweg mitgenommen werden. Der Anstieg zum Gross Sächser ist leicht zu bewältigen und es sind keine 200hm mehr, was bei der Route auch nicht mehr ins Gewicht fällt. Von dort gleich und leicht rüber zum Chli Sächser und dann wahlweise wieder runter zum Wanderweg oder besser nach links zum höhergelegenen Wanderweg ausweichen. Beide führen zum Maschgenkamm zurück. 

Kommen wir zurück zur eingangs erwähnten gesamtplanerischen Brillianz. Ich habe bis hierher ca. ein halbes Dutzend mal geflucht nicht gleich Retour zu kaufen für die Bahn und mir fix vorgenommen dennoch abzufahren. Doch als ich endlich an der Bergstation ankomme, sehe ich das a) um 17 Uhr die letzte Bahn abwärts fährt und b) den Mitarbeiter mit der Flumserbergjacke in der letzten Kabine sitzen, die bereits die Station verlassen hat. Das wird sie wohl gewesen sein, die letzte Kabine raus aus der alpinen Hölle Flumserberg. Ich resigniere, aber nur für 5 Sekunden, bemerke ich doch nun meine vielbeschworene gesamtplanerische Brillianz. Ich habe das schon am Morgen gewusst, dass ich es um 5 Minuten nicht schaffen werde. Junge, bin ich gut!

Also die Beine in die Hand und runter geht es, keine Experimente, keine Gipfel mehr. Ich folge dem Wanderweg bis zur Talstation. So viel mehr ist das gar nicht, merke ich, als ich unten bin. Aber wahrscheinlich habe ich meine Knie eh nicht mehr gespürt, da mir die Stöcke doch sehr gefehlt haben. Es war deutlich anstrengender als so manche Tour mit mehr Bumms, dafür aber mit Stöcken. 

Dennoch, ich bin glücklich und die Abendsonne lächelt mir ins Angesicht. So wunderbar kann das Leben sein, so schön die Natur! 10 Gipfel (mit Varianten sogar 13) sind auf der Tour gewesen, 10mal ein kleiner Erfolg, ein Grinsen, ein Weg- und Wendepunkt für den Wanderer.

Danke Schweiz für alles, was Du mir gibst :)

P.S.: Leider hat meine Kamera gestreikt (so gesehen eine recht fatale Materialtour) und ich habe nur einige Bilder vom Natel zu bieten :(

Tourengänger: Bergbursche


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