Umrundung der Geislergruppe als Familienvariante


Publiziert von t2star , 16. August 2014 um 20:47.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 6 August 2014
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettersteig Schwierigkeit: K1 (L)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 4 Tage

Nach einer doch recht nassen ersten Campingwoche in den Dolos trafen wir uns am Nachmittag des 5.8. im Almhotel Col Raiser mit Freunden, Ralf nebst Frau und zwei Kindern (5 und 11, unsere sind 4 und 5). Pünktlich mit Eintreffen am Col Raiser hörte es auf zu regnen, was für die nächsten 5 Tage bis zum Ende des Urlaubes so bleiben sollte. Für eine Nacht quartierten wir uns in dem phantastisch gelegenen urgemütlichen Berghotel ein und nutzten als erstes den Wellnessbereich, bestehend aus kleinem Schwimmbad, zwei Saunen und einem Outdoor-Whirlpool mit Langkofel-Ausblick - Fun auch für die 4 Kids.

Wir hatten geplant mit den Kindern in 4 Tagen rund um die Geislergruppe zu wandern. Für uns war es das erste Mal dass wir mehr als zwei Wandertage hintereinander unterwegs waren, so sind wir gespannt waren wie die Tour klappt bzw. die Kinder das mitmachen und vor allem ja auch Spass haben.

Im Folgenden jeweils eine kurze Beschreibung der einzelnen Etappen (die Zeitangaben sind natürlich Bruttozeiten, welche lange Pausen mit einschliessen):

Tag 1: Col Raiser - Brogleshütte (5h, T3)

Zu acht ging es am nächsten Morgen los in Richtung Panascharte, wobei bei der wunderschön gelegenen Troier Alm ein erste längere Pause anstand, primär gefüllt mit Füttern von Hasen und Ziegen.
Kurz später auf der Panascharte (bzw. ein paar Meter oberhalb, da ist es doch mal gleich viel ruhiger) folgte gleich die nächste Pause. Für den Abstieg auf der anderen Seite - eine typisch schuttige Dolimitenscharte, aber unglaublich gut befestigt, an wenigen Stellen mit Drahtseil - kam die Kleine dann zum ersten Mal in die Kraxe, die zwei 5-jährigen haben wir an die Hand genommen wo es nötig war. Weiter unten wurde es wieder leicht, vor der Broglesalm, welche man lange Zeit im Abstieg vor sich hat, gibt's nochmal einen ganz kurzen Gegenanstieg. Bis zur Panascharte T2, der erste Teil des Abstieges von der Scharte T3, weiter unten wieder T2.

Da es laut dem Hüttenteam heute der erste Tag seit über 3 Wochen ohne Regen in dieser Region war, konnte das Wochen zuvor gemähte Heu noch nicht zusammengerecht werden und der Heuschober war bereits komplett leer und die Kühe hungrig; außerdem sagte die Vorhersage evtl. Regenschauer für den nächsten Tag. Demzufolge musste - nachdem die Tagesgäste der Hütte weg waren - noch eine ganze Wiese vollständig gerecht werden. Da das ganze Hüttenteam mit arbeitete und das Abendessen nicht so spät wird haben wir alle acht kurzerhand mitgeholfen und in 3 Stunden war die Wiese sauber und das Heu im Schober.
Logisch dass die Kinder dabei ihren Spass hatten, wer saß als Kind nicht gerne in einem Heuwagen oder ist mit Volldampf in einen Heuhaufen gesprungen?

Nach dem Abendessen durften die Kinder noch mit in den Kuhstall und jeder durfte mal mit Martin - der Senner, der für die Kühe zuständig war - melken bzw. dann die Melkmaschine anschliessen - für die Kids schon wieder was neues. Zum Abschluss gab's noch für die Kinder ein ganz frisches warmes Glas Milch, für die Papas ein fast so frisches kühles Bier;-) 
Was für ein erster erlebnisreicher Tag für die Kinder...

Tag 2: Brogleshütte - Schlüterhütte (7h, T2)

Nachdem unser Sohnemann am Morgen nochmal in den Stall musste um sich von Martin und den Kühen zu verabschieden, stand die leichteste Tagesetappe an - auf dem Adolf-Munkel-Weg zur Schlüterhütte. Abgesehen von dem Schlussanstieg von der Gampenalm zur Schlüterhütte hoch sind auf diesen Abschnitt verhältnismässig wenig Höhenmeter zu absolvieren. Dafür wandert man stets im Banne der beeindruckenden Nordwände von Sass Rigais und Furchetta, der beiden 3000er des Massivs. Unterwegs bieten sich mehrere Möglichkeiten (Geisleralm, Tschantschenon, Gampenalm), wovon allerdings nur die Gampenalm direkt am Weg liegt, für die anderen braucht`s einen kleinen Abstecher von ein paar Minuten. Bei der schön gelegenen Gampenalm gab es dann eine lange Einkehr für uns. Schaukel vorhanden; der Kaiserschmarren und die Speckknödel waren ein Gedicht! (ich vermute alles andere auch auf dieser netten Hütte, aber das war das was wir probiert hatten). Von der Gampenalm sind dann nochmal 30-40 min zur Schlüterhütte, wo die Kinder direkt ohne Umwege auf dem kleinen Spielplatz hängen geblieben sind;-)

Bei der Schlüterhütte sollte man es sich nicht nehmen lassen, einen kurzen Abstecher zu machen, den grossen Weg weiter hoch zu folgen auf die Graskuppe welche man von der Hütte nicht direkt sieht (5 min) - hier hat man eine grossartige Rundsicht auf Kreuzkofelgruppe und viel mehr.
Ach ja, für die Hütte am Abend - Uno-Spiel nicht vergessen!;-)

Tag 3: Schlüterhütte - Puezhütte (7,5h, T4)

Heute stand die Königsetappe an. Zum Warmwerden hatte ich mir den Wecker auf 5 Uhr gestellt um den Sonnenaufgang auf dem Peitlerkofel zu erleben. In einer knappen Stunde hatte ich den Gipfel erreicht und konnte in vollen Zügen das traumhafte Morgenlicht genießen. Um 7:20 schlug ich wieder bei der Hütte auf, die Kinder lagen noch im Bett und hatten noch gar nichts mitbekommen.

Nach gemeinsamen Frühstück ging es los mit der Umrundung des Sobutsch (2486m) wobei erstmal rund 100 Hm sanft aufgestiegen werden müssen. Am höchsten Punkt eröffnet sich dann ein herrlicher Blick auf die Puez-Gruppe sowie den Weiterweg bis zur Roascharte. Bis zum Kreuzjoch und der Medalges Alm (gleich eine sehr nette Einkehroption) verliert man wieder rund 100 Hm, danach folgt eine lange aber äusserst aussichtsreiche Querung unterhalb des Wasserkofels, der westlichste Gipfel um die Furchetta. Je näher man der meist sichtbaren Roascharte kommt desto mehr steigt der Weg an. Noch vor der Scharte kam die Kleine dann wieder in die Kraxe - bis dahin ist sie ja schon gute 2h prima gelaufen. Auf der Roascharte gab es dann bereits das dritte Päuschen, die Kinder mussten eh alle etwas wärmer angezogen werden.

Der Blick von der Roascharte auf die Steilstufe hinauf auf die Furcola Nives ist im ersten Moment furchteinflössend und man fragt sich wie man da denn ein Kind hinaufkommen soll. Doch wenige Minuten später standen wir am "Einstieg" und spätestens wenn man teils drahtseilgesichert aufwärts kraxelt löst sich das alles total in Wohlgefallen auf. Der 11-jährige ist dort hochgeflizt wie nix und war enttäuscht dass das Stück nur so kurz war. Ralfs Kleiner (5) hat mit Unterstützung von Papa nicht viel weniger Spass gehabt, eine Hand hat Ralf allerdings meistens beim Kind gehabt und an manchen Stellen nachgeholfen. Da mein Großer (5) mich fragte ob ich ihn auch in der Kraxe hochbringen kann, da er etwas müde ist und gerne eine kleine Pause hätte, habe ich die Kleine kurzerhand in der Kraxe hochgebracht, bin mit leerer Kraxe wieder heruntergeturnt (während Ralfs Ältester auf die Kleine aufgepasst hat) und habe unseren Sohnemann auch in der Kraxe (zusammen mit Mama, die musste aber selbst gehen;-) hochgetragen. So waren wir alle acht in weniger als einer Stunde vergnügt auf der Furcola Nives, nochmal eine kleine Pause einschiebend. Von dem Pass könnte man noch leicht den nahen Piz Duledes besteigen, kam für uns aber nicht in Betracht.
Bis zur Roascharte max. T3, der drahtseilgesicherte Abschnitt zur Furcola Nives T4, danach überwiegend T2.

Im Abstieg zur Puezhütte wurde die Wanderung nochmal gespickt von zahlreichen Murmeltieren - im Aufstieg am nächsten Tag in der gleichen Ecke zur Forces de Sieles genau das gleiche - Murmeltiere aus nächster Nähe ohne Ende...

Nach bisher zwei sehr netten Übenachtungen hat die Puezhütte nicht gerade Sterne gesammelt. Erst kein, dann schlechter Kakao für die Kinder, Meckern wegen normaler Kinder aber der Hüttenhund bellt in der Hütte wie ein Profi, Kratzdecken, ein Sprungfeder welche mitten aus meinem Kopfkissen stand (!), und am Morgen grün verschimmeltes Brot, wofür man nach Hinweis nur böse Blike geerntet hat statt vielleicht einem Sorry.
Naja, unsere gute Laune hat's nicht beeinträchtigt...

Tag 4: Puezhütte - Col Raiser (5,5h, T3)

Auch hier bin ich gegen 6 Uhr aus den Federn gekrochen bzw. aus den Kratzdecken, um eine wunderschöne Morgenstimmung auf der unweit der Hütte gelegenen Puezspitze zu erleben, auf welche ein einfacher Weg führt (450 Hm, T3). Nach einigen Eindrücken und Fotos war ich um 7:30 wieder auf der Hütte - pünktlich zum Frühstück mit den anderen.

Ein kleines Stück ging es dann auf gleichem Wege des gestrigen Tages zurück um alsbald am tiefsten Punkt mehr links haltend nun nicht die Furcola Nives anzusteuern, sondern nur leicht ansteigend in Richtung der Forces de Sieles etwas südlich der Furcola Nives.Der höchste Punkt befindet sich vor der Scharte Forces de Sieles, der Weg bis dahin ist wunderbar zu gehen mit sehr moderater Steigung und einer ordentlich blökenden Schafherde, wo die Kinder gleich mit um die Wette blökten;-)

Der Wegpunkt der Forces de Sieles ist hier mit 2600 m angegeben, die Scharte ist aber nur 2505 m hoch. Der höchste Punkt welcher noch deutlich vor der Scharte erreicht wird ist allerdings in der Tat rund 2600 m hoch. Von diesem Punkt steigt man auf oder nahe des Grates zum tiefsten Punkt ab, eben der Forces de Sieles, von wo es dann geröllhaltig hinunter geht ins Tal. Dieser kleine Abschnitt bis zur Scharte war wieder schön spannend für die Kinder da hier ein paar Drahtseile zu finden sind - gelegentlich muss man die kleinen dann auch an die Hand nehmen bzw. unsere Kleinste auch mal auf den Arm. Bis zum höchsten Punkt überwiegend T2, bis zur Scharte T3, danach eher wieder T2 (der erste Teil von der Scharte hinunter unteres T3).

Nach Abflachen des Weges von der Scharte ins Tal hinunter musste dann erstmal noch ein schickes Schneefeld herhalten für eine zünftige Schneeballschlacht und für erste Übungen "Abfahren auf Wanderschuhen". Auf leichtem Wege ist man dann doch schneller bei der Regensburger Hütte als man denkt - hier war dann eine äusserst ausgedehnte Rast angesagt - für die Kinder gibt`s nen Spielplatz;-)

Nochmal 20 min T1-Gelände und die Runde hat sich geschlossen - pünktlich mit Ankunft am Col Raiser setzte Regen ein und ein Gewitter zog vorüber, was uns aber nicht im geringsten störte - saßen wir doch kurz später wieder im Whirlpool;-)  Sprich, wir verbrachten noch eine Nacht im Berghotel um nochmal die Annehmlichkeiten des Wellnessbereiches zu nutzen und ein tolles Abendessen und Frühstück zu genießen. Und das hatten sich vor allem die Kinder redlich verdient!!

+++
Insgesamt war das ein grossartiger Trip und es hat uns alle schwer beeindruckt was die Kinder in den Tagen absolviert haben und aber auch sichtlich Spass dabei hatten. Die beiden 5-jährigen sind alles komplett gelaufen (außer unserem Sohn welchen ich kurz für die Steilstufe vor der Furcola Nives in der Kraxe hatte). Die Kleinste, unserer 4-jährige Tochter, hatte ich pro Tag etwa eine Stunde in der Kraxe - nach rund 2 Stunden hat sie stets gesagt sie sei müde und möchte in die Kraxe, hat da etwas geschlafen und meinte dann etwas später dass sie nun wieder raus möchte und laufen. Wichtig war das immer irgendein Kind vorne laufen durfte um den Weg "vorzugeben". In den schwierigeren Passagen, wo wir im Vorfeld etwas unsicher waren, hatten die Kinder sogar richtig Freude daran - ist einfach spannender als ein grosser und unspektakulärer Wanderweg. Selbstverständlich mussten wir die drei jüngeren Kinder (und insbesondere die Kleine) häufiger an die Hand nehmen, gerade wenn der Weg abschüssig oder steiler war, oder auch bei viel Geröll auf leichter Steigung.

Der Hauptfaktor dass das so toll geklappt hat ist die Tatsache dass die Kinder zu viert waren mit jeweils zwei Geschwisterpaaren. So haben die Kinder sich gegenseitig mitgezogen, hatten viel Spass miteinander. Und der grösste und vielfältigste Spielplatz ist sicherlich die Natur: Murmeltiere beobachten, Schafe ärgern, Kühe melken, Ziegen oder Hasen füttern, Kristalle suchen, Heu rechen, Brunnenspiele, Steinmännle bauen, Schneeballschlachten, und vieles mehr.
Und das Wetterglück hat natürlich auch das Seinige beigetragen.... 

Fazit: wir würden so eine Tour sofort wieder machen!

Tourengänger: t2star


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