Palü hinüber und zurück


Publiziert von orome , 28. August 2013 um 12:55.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Berninagebiet
Tour Datum:14 Juli 2013
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Palü-Gruppe   Bernina-Gruppe   I 

Camping am Palü

Eine Tour auf einen nahezu unbekannten und wenig beliebten Berg, in dessen Nähe auch noch eine ursprüngliche,  kleine und rustikale Berghütte steht; auf den Palü trifft diese Beschreibung wahrscheinlich nicht ganz zu. Der Anruf in der erwähnten kleinen Hütte mitte der Woche war dann auch nur der Vollständigkeit halber, die Antwort stand ja schon davor fest. Wie das aber so ist mit fixen Ideen, die möchten nicht mehr aus dem Kopf. Zufälligerweise gibt es in diesem ursprünglichen Gebiet sogar eine Seilbahn, sodass sogar mir als etwas fussfaulem keine sinnvolle Ausrede zum Zelten mehr einfiel. Ganz im Gegenteil, die Idee gefiel mir immer besser.
Zuerst dachten wir an eine Uebernachtung auf dem Gletscher, nach einer raschen Auskunft bei Nicole (danke!) verschoben wir den Platz aber auf etwas holprigere Gefilde.

Samstag mittags war der Parkplatz an der Diavolezza schon gut gefüllt. Die Seilbahnbetreiber waren sehr um unsere Gesundheit bemüht und wollten uns den Aufstieg zu Fuss nahezu aufzwingen. Trotz den leicht überhöhten Preisen konnten wir nicht geschockt werden. Mit Bier und Zelt unter der Seilbahn aufsteigen; dafür bin ich dann wirklich zu faul.
Oben empfing uns ein lustiges Treiben auf der kleinen Sonnenterrasse. Für diese ernste Umgebung waren uns die ganzen Flachlandtiroler viel zu entspannt und schnell ging es weiter, ganz im Expeditionsstil! Die letzte Traverse unter dem Trovat hindurch war jetzt aber wirklich etwas unangenehm, es lag noch recht viel Schnee und das ganze war doch nicht ganz flach. Witzig finde ich unterschiedliche Wahrnehmung: Hätte man Ski an den Füssen gehabt, die alpine Elite hätte geschrien, wie leichtsinnig es sei, solches Gelände zu so einer Zeit zu queren. Ohne Ski ist man dann aber auf der sicheren Seite!

Auf dem Rücken zur Fuorcla Trovat hat es einige sehr gemütliche Biwackplätze. Wir lagen ganz unten, direkt am Uebergang auf den Gletscher. Zelt aufbauen, Schnee schmelzen, Bier trinken, Kochen, der Nachmittag ist schnell vergangen. Leider zog es gegen Abend zu und es wurde recht windig, sodass der erhoffte romatische Sonnenuntergang etwas dürftig ausfiel und wir schnell im Zelt lagen.

Der Vorteil wäre gewesen, dass wir eine Stunde Vorsprung haben. Dass die Leute aber so früh aufstehen, bzw. wir so lange schlafen, damit hätte man ja nicht rechnen können. Letztendlich waren wir wieder mal die letzten, die Loslaufen (das geht mir eigentlich immer so). Machte aber nix, der Gletscher ist ja breit und überholen kann man auch. Ausserdem ist schauen eh viel schöner als rennen. Bei diesem Ansturm ist die Spur natürlich nicht schlecht und auch der Uebergang auf den Hauptgipfel war sehr gutmütig. Will man den Vergleich zum Mönch bemühen, dann ists im Berner Oberland wesentlich schmaler. Am Gipfel diskutierten wir etwas und ich konnte für den Weiterweg über den Spinas begeistern. Was dann folgte war wirklich begeisternd, ein bombenfester Felsgrat, lustige Kraxelei ohne Steigeisen, mal ausgesetzter, mal breiter, aber nie schwierig. Wenn man sicher auf seinen zwei Beinen steht, brauchts da auch nix zum sichern, wobei es genügend Möglichkeiten (natürliche) gäbe. Der Absteig über die Fortezza ging dann leider nicht mehr so flott, wir kamen etwas in überhöhtes Verkehrsaufkommen. Ob man einen Stand 30min zu zweit blockieren sollte um abzuseilen bzw. erst man anzufangen, da könnte man diskutieren. Aber wer will schon diskutieren an so einem Tag ...

Bei Punkt 3122 verliessen wir dann den Diavolezza Highway, unser Zelt wollte nicht vergessen werden. Die Querung durchs Gletscherbecken unter dem Palü hätte gerne etwas kürzer sein dürfen. Irgendwann war das Zelt dann auch im Rucksack und wir am Lift. Und auch oben schlugen die Gesundheitsnazis zu, 2 Cola und 2 Eis sind schlecht für Herz und Gefässe, deshalb wird man direkt beim Kauf an den Behandlungskosten mitbeteiligt. 

Und damit das Ernsthafte nicht vollständig zu kurz kommt: Alles in allem eine ganz feine Tour. Nach dem Hauptgipfel hat man die meisten Leute hinter sich gelassen. Voll wirds dann erst wieder bei der Fortezza. Der Felsgrat ist sehr schön, fest und wenn man sich etwas unsicher ist, bieten sich viele Möglichkeiten zur Absicherung. Haken findet man jedoch keine. 
Die Tour eignet sich wirklich zum Biwakieren ohne grossen Zusatzschweiss. Es hat einige geräumige und ebene Plätze und auch direkt auf dem Gletscher könnte eine ganze Zeltstadt errichtet werden. Wer also das Gefühl hat diesen modernen Wegelagerern schon genug Geld in den Rachen geschmissen zu haben,  der denke über eine Besteigung im holländischen Stil nach ;)

Tourengänger: orome


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