"Silberschlösser", weiße Grate, felsige Schultern, wandeln "im Festsaal" - Piz Palü und Piz Bernina


Publiziert von simba , 20. September 2018 um 15:25.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Berninagebiet
Tour Datum:13 September 2018
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Piz Bernina   Bernina-Gruppe   Palü-Gruppe   I 
Zeitbedarf: 4 Tage
Aufstieg: 2800 m
Abstieg: 3000 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkplatz Diavolezza
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Bahnhof Morteratsch
Unterkunftmöglichkeiten:Berghaus Diavolezza, Rif. Marco e Rosa

Selten noch habe ich mich über eine gescheiterte Tour so aufgeregt, wie erst vor wenigen Wochen - als ich mir am frühen Morgen mit dem Kipphebel des Steigeisens dieses nicht auf den Schuh, sondern die Sohle von selbigem hebelte - Ende aller Ambitionen. Doch der Sommer 2018 hat nochmals ein Einsehen und so ging es mit neuem Schuhwerk in den "Festsaal der Alpen".

Piz Palü:
Nachdem es am Vortag auf dem Weg zur Diavolezza und die Nacht hindurch quasi durchgehend geregnet hatte, verlassen wir gegen 5 die Diavolezza in die feuchtigkeitstriefende und wolkenverhangene, aber zumindest nicht mehr regnerische Nacht. Vom "Silberschloss" des Piz Palü ist erstmal nicht viel zu sehen, eine "weiße Hölle" aber auch nicht ;) Der Regen hat auf dem Persgletscher seine Spuren hinterlassen: Sobald Schnee liegt, ist dieser tiiiiief und kraftraubend, auch einige schmale Schneebrücken werden durch die unkalkulierbare weiße "Creme-Masse" etwas erschwert; dafür ist die serak-geschmückte Umgebung beeindruckend anzuschauen. Die Wetterprognose behält gottseidank recht und die blauen Wolkenlücken werden mehr, während wir vom "Schnapsboden" im Neuschnee zum Palü-Sattel erst spuren und dann "spuren lassen". Der frisch verschneite, traumhaft "weiße Grat" zu Ost- und Palü-Hauptgipfel präsentiert sich mit gutem Trittschnee und nur wenigen Stellen mit Blankeis darunter - ein Genuss trotz der beachtlichen Ausgesetztheit. Am Spinasgrat angekommen hat die Sonne dann schon volle Arbeit geleistet: Südseitig ists fast schneefrei, nordseitig tief winterlich - gut, dass wir meist auf der Südseite des Grats bleiben können, nur einige dünn verschneite Platten machen etwas mehr Mühe als sonst. Für die anschließende Querung der Bellavista-Terrasse gilt dies leider nicht: Der Schnee ist durchweg über knöcheltief, die Stollen an den Steigeisen tragen ein Übriges zum Herumrutschen im tiefen Nassschnee bei, was uns für die Aufstiege, Querungen, Abstiege und Wiederaufstiege bis zur Marco e Rosa Hütte einiges an Zeit kostet.

Piz Bernina:
Am Samstag brechen mit uns bei Traumwetter nur zwei weitere Seilschaften zum Piz Bernina auf - wir haben Zeit, bleiben wir doch noch eine weitere Nacht und starten daher spät. Nach klarer Nacht ist der Weg über das immer weiter aufsteilende Firnfeld zum Beginn des Felsgrats rechts desselben angenehm zu machen. Am Einstieg des Spallagrats hat man dann zwei Möglichkeiten - kurz zu einer Sicherungsstange und nach dieser durch einige Verschneidungen gerade hoch auf den ersten Gratturm und ab hier dem Grat folgen (Stellen III, schöne Kletterei) oder von der Stange auf einem Band nach Westen unterhalb der ersten Türme queren und durch eine Rinne dann nach rechts (weitere Sicherungsstange) in eine Scharte im Turmsystem. Wir wählen Variante 1: dank zahlreichen Stangen und Bohrhaken kommt fast Sportkletterfeeling auf. Gleiches gilt für den großen Aufschwung (einige Stellen III, ebenfalls schöne Kletterei), der nach einem kurzen Schneegrat erreicht wird. Aufgrund der fortgeschrittenen Ausaperung gibt es danach nurmehr einen recht kurzen Schneegrat bis zur "felsigen Schulter" des Vorgipfels La Spalla und nur noch im Abstieg von diesem felsdurchsetzten Schneekontakt. Von dem geschwungenen, fotogenen Schneegrat ist nichts zu sehen. Dafür erreichen wir über einfaches (I-II), aber ausgesetztes Felsgelände unschwierig den höchsten Gipfel der Ostalpen, wo wir sogar einige Minuten allein verbringen können. Im Abstieg auf dem gleichen Weg erreichten wir mit dreimal Abseilen (1x25m und 1x10m am großen Aufschwung und 30m vom ersten Turmsystem nach Westen in die oben beschriebene "Aufstiegsrinne") und zügigem Abrutschen über das Schneefeld wieder die Marco e Rosa Hütte. Dort herrscht Volksfeststimmung: Ein Helikopter bringt im Halbstundenrhythmus Touristen aus Italien auf die Hütte, sogar ein Junggesellen-Abschied mit noch unverheiratetem "Krokodil" ist dabei. Ob es eine so gute Idee ist, sich aus der Tiefe der Täler der Lombardei auf 3.600m fliegen zu lassen, um sich dort zu betrinken...;)

Abstieg über den Fortezza-Grat:
Für den Abschlusstag ist das Wetter nicht mehr ganz so gut angesagt: Ein leichter Umsturz soll kommen, weshalb wir uns weitere Gipfelanstiege sparen und den "Festsaal" nach einem berauschenden Festwochenende via Bellavista-Terrasse, Fortezza-Grat, Isla Persa und Morteratschgletscher hinab nach Morteratsch verlassen.

Anm: Die Fotos von der Diavolezza sind beim ersten gescheiterten Versuch ca. zwei Wochen zuvor aufgenommen.

Tourengänger: simba


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Kommentare (2)


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irgi99 hat gesagt:
Gesendet am 21. September 2018 um 08:47
AMAZING!

simba hat gesagt: RE:
Gesendet am 21. September 2018 um 08:55
Truely!


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