Inmitten der "Bomba d'acqua"


Publiziert von ABoehlen , 23. August 2013 um 10:32.

Region: Welt » Italien » Piemont
Tour Datum:29 Juli 2013
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Vigezzo   I 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 650 m
Abstieg: 650 m
Strecke:Druogno - Alpe Braghi - Alpe Gora - Alpe Braghi - Sagrogno - Druogno
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Druogno
Unterkunftmöglichkeiten:Hotel Stella Alpina in Druogno.
Kartennummer:LK1311 Comologno oder LK275(T) Valle Antigorio und LK285(T) Domodossola

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Grau beginnt dieser Montag. Die Wolken hängen weit hinunter und verhüllen die umliegenden Berge, aber es nieselt nur leicht. Um 08:00 Uhr begeben wir uns ins Untergeschoss (von der Hauptstrasse her betrachtet; vom Park her ist es das Erdgeschoss), wo sich der Frühstücksraum befindet. Das umfangreiches Frühstücksbuffet lässt keine Wünsche offen und wir beginnen vergnügt  zu futtern. Andere Hotelgäste kommen, nehmen einen Kaffee und ein Brioche, gehen wieder, während andere erscheinen, und wir sitzen immer noch dort und mampfen, aber schliesslich soll es ja bis am Abend reichen!

Währenddem wir die Köstlichkeiten geniessen, bricht draussen eine erste heftige Schauerzelle über das Dorf herein und gleich einem Bach rauscht das Wasser vom Himmel. Bald aber lässt der Regen wieder etwas nach, und wir machen uns auf den Weg durch die Hauptstrasse. Wenige Häuser weiter gibt es einen "Tabbaccaio". Mein Italienisch-Lehrbuch von 1979 vermerkt dazu: "Il tabacco, in Italia, è monopolio dello Stato. Come i francobolli, la carta bollata, il sale. Soltanto le persone autorizzate possono vendere questi generi." Nun, dieses Salz- und Tabakmonopol gibt es heute nicht mehr, aber das Schild über dem Ladeneingang zeigt noch immer den Aufdruck "Sali e tabacchi". Wir brauchen aber weder das eine noch das andere, dafür kaufen wir 2 Tageszeitungen und einige schöne Ansichtskarten. "Francobolli" gibt es leider nicht dazu, aber man sagt uns, wo die Post zu finden sei, welche wir als nächstes ansteuern.

85 "Centesimi" kostet gegenwärtig eine Postkarte ins Ausland, daher decken wir uns mit entsprechenden Briefmarken ein - so viele, wie noch am Lager sind! Während dies vonstatten geht, blitzt und kracht es draussen immer heftiger und mehrmals geht das Licht im Postbüro für einige Sekunden aus. Als wir wieder draussen sind, hat das Unwetter sozusagen seinen Höhepunkt erreicht, denn zwischen Blitz und Donnerschlag liegen nur noch ganz kleine Augenblicke. Zum Glück hat aber das Postgebäude von Druogno einen schönen, überdachten Vorplatz mit einer Bank, wo wir uns häuslich niederlassen. Wohl bläst der Wind gelegentlich Regenschwaden unters Dach, aber sonst ist es recht gemütlich und Lesestoff haben wir ja genug.

Gegen 11:00 Uhr bessert sich das Wetter deutlich. Der Regen hört auf und die Wolken kriegen Lücken, durch die gelegentlich sogar der Himmel zu sehen ist. Wir entscheiden uns nach der Rückkehr zum Hotel, zu einer Wandertour aufzubrechen, wohl wissend, dass alles triefend nass ist und vielleicht noch mehr Regen kommen könnte.

Gleich wie gestern geht es gegen Buttogno hin, aber beim Wegweiser am Rio Cui schlagen wir den Fussweg ein, der dort dem Bach entlang bergwärts führt. Vorbei am Haus P. 926 erreichen wir auf gutem Weg das Haus Pt. 1004, wo Farbmarkierungen nach links weisen. Wir wollen jedoch direkt zur Alpe Braghi aufsteigen, wobei dieser Weg sehr undeutlich ist, weshalb wir ihn bald einmal verlieren und weglos weiter gehen. Der Wald weist in dieser Zone aber nur geringen Unterbewuchs auf, daher ist das ohne nennenswerte Probleme möglich. Vom Waldrand kraxeln wir dann direkt durchs offene, von Gras und Farn bestandene Gelände zu den oberen Häusern der Alpe Braghi auf. Es ist zwar weiterhin bedeckt, aber wir geniessen von dort dennoch einen schönen Überblick über das Valle Vigezzo.

Überraschend stossen wir an der Hangkante gegen den Rio Cui hin auf einen Wegweiser, der bergwärts gegen die Alpe Gora weist. Unsere Karte zeigt hier keine Verbindung, aber wir gehen davon aus, dass wir im Bereich von Pt. 1241 auf den Weg stossen werden, der von der anderen Ecke der Alpe Braghi herkommt. So ist es auch und ohne grössere Probleme gewinnen wir rasch an Höhe. Obwohl wir die ganze Zeit in dichtem Wald unterwegs sind, entgeht es uns aber nicht, dass es wieder zu tropfen beginnt. Noch sind wir vom Blätterdach geschützt, aber die Regenhülle wird dennoch schon mal über den Rucksack montiert, man weiss ja nicht recht, wie schlimm es diesmal kommt. Da wir bald mitten in den Wolken sind, können wir eh nicht mehr viel sehen, selbst dort nicht, wo der Wald etwas zurückweicht. Beim Erreichen der Alpe Gora verstärkt sich der Regen aber deutlich, weshalb wir beschliessen, den Aufstieg (der ohnehin kein definiertes Ziel hatte) abzubrechen. Laut Wegweiser könnte man von hier aus weiter bis zum Monte Mater aufsteigen, auch wenn unsere Karte dort weit und breit keinen Weg zeigt. Bestimmt werden wir aber diese Woche bei besserem Wetter nochmals hierhin zurückkehren.

Nun aber muss erstmal der Abstieg gemeistert werden und der hat es in sich: Das Gelände ist steil und jetzt auch nass und glitschig, daher ist volle Konzentration gefordert. Dass der Regen nicht nachlässt, sondern kontinuierlich stärker wird, macht es nicht einfacher. Zu allem Übel beginnt es auch noch zu donnern. Es scheint wirklich nochmals ein Unwetter aufzuziehen! Dabei sind die Spuren desjenigen von heute morgen noch gut zu sehen: Zahlreiche Äste und Zweige liegen am Boden, alle noch sehr frisch aussehend.

Wir erwischen nun den Weg, der auch auf der Karte verzeichnet ist, und der zum Haus (welches eine Ruine ist) Pt. 1113 der Alpe Braghi hinunterführt. Dort verlieren wir aber die Fortsetzung wieder und gelangen stattdessen auf den Weg hinüber zur Alpe Pezza Cadone. Es giesst nun wie aus Kübeln und ich hoffe, dass die Regenhülle den Rucksack und seinen Inhalt halbwegs trocken hält. Kleider und Schuhe sind aber natürlich längst klatschnass, ebenso wie auch die Landeskarte in der Aussentasche. Aber gerade diese wird jetzt intensiv gebraucht und mit ihrer Hilfe schaffen wir es, die Verbindung über Sagrogno hinüber zum Haus Pt. 1004 zu finden, wo wir wieder in die Aufstiegsroute münden. Dieser Weg ist längst zum Wildbach mutiert, aber wenn man mal so nass ist wie wir jetzt, spielt das auch keine Rolle mehr, Hauptsache, wir sind bald unten.

Nach ca. 3 Stunden findet dieses feuchte Abenteuer ein Ende. Die heute morgen gekauften Zeitungen wandern nun direkt in die Schuhe, aber es ist bald klar, dass sie nicht reichen werden, so mit Wasser getränkt ist das Leder. Daher beschafft Oskar Nachschub in Form von 4 weiteren Tageszeitungen, wie dem sehr umfangreichen "Corriere della Sera". Erfreulich dagegen ist, dass das Innere des Rucksacks weit gehend trocken geblieben ist, der Regenhülle sei Dank. Die Karten sehen allerdings ziemlich lädiert aus, wobei dass swisstopo-Papier dennoch einmal mehr seine Qualitäten gezeigt hat. Karten anderer Hersteller wären unter diesen Bedingungen wohl zu einem undefinierbaren Papierbrei zerfallen!

Obwohl der Regen am Abend aufhört, ziehen wir es vor, heute im Hotel zu speisen. Zum köstlichen, mehrgängigen Menü geniessen wir einen "Munaloss", einen Wein aus dieser Gegend.

Nachtrag: Die Regionalzeitung "eco risveglio" wird in ihrer Ausgabe vom Do. 1. August unter dem Titel "Bomba d'acqua e vento" ausführlich von diesem Unwetter berichten. Demnach war insbesondere unsere Gegend, das Valle Vigezzo betroffen, wo hunderte umgestürzter Bäume grosse Schäden anrichteten. Ursache sei ein Phänomen namens "down burst", d.h. ein durch kalte Luftmassen entstehender, sehr starker Fallwind.

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Tourengänger: ABoehlen


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