4-Tages-Rundtour in den Allgäuer Alpen - Von Hinterstein nach Hinterstein


Publiziert von Fabse_94 , 15. Oktober 2012 um 19:51.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 3 Juli 2012
Wandern Schwierigkeit: T4- - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 4 Tage
Aufstieg: 3660 m
Abstieg: 3660 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bahn nach Sonthofen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Bus nach Hinterstein

1. Tag: Hinterstein - Prinz-Luitpold-Haus
(4h; 980 Hm)
Von der Bushaltestelle im hinteren Dorf von Hinterstein geht es über die Straße zum Giebelhaus, welches wir nach 1,75 Stunden erreichten. Die Straße durchs Hintersteiner Tal ist zwar etwas langweilig, allerdings wird das Tal von steilen Bergflanken eingerahmt und somit durchaus ihren landschaftlichen Reiz hat.
Nach einer kurzen Kaffeepause und einem kritischen Blick auf die noch ziemlich tief gelegenen Schneefelder ging es weiter die Straße entlang bergan. Nach einer Weile zweigt man links auf einen kleinen Pfad ab und folgt diesem hoch zur Unteren Bärgündele-Alm. Nun zogen sich der Himmel doch schon ziemlich zu und es sah nach Regen aus. 15 Minuten vor dem Prinz-Luitpold-Haus fing es dann tatsächlich an zu regnen und wir beeilten uns, in die wohlige Wärme der Hütte zu gelangen.

Schwierigkeit: Hinterstein - Giebelhaus: T1
                          Giebelhaus - Prinz-Luitpold-Haus T2



2. Tag: Hochvogel-Versuch und Übergang zur Landsberger Hütte
(8h; Aufstieg: 1100 Hm, Abstieg: 1140 Hm)
Für diesen zweiten Tag war die schon lang ersehnte Besteigung des Hochvogels geplant, des wohl markantesten Berges der Allgäuer Alpen. Allerdings sah die Lage vom Prinz-Luitpold-Haus aus nicht besonders gut aus, denn es lagen noch ziemliche viele Schneefelder, und der Kalte Winkel, über den wir aufsteigen wollten, war berüchtigt für sein Altschneefeld, das meistens bis tief in den Sommer hinein existierte ... die Hüttenwirtin gab uns allerdings die Auskunft, dass schon Leute über den Kalten Winkel auf- bzw. abgestiegen sind, was uns wieder ein wenig Hoffnung schenkte. Also machten wir uns auf den Weg zur Balkenscharte. Bis zur Scharte mussten wir schon zwei mehr oder weniger steile Schneefelder überqueren und wir erkannten, dass der obere Teil des Kessels der Kreuzspitze, über den der Aufstieg zum Klettersteig verläuft, voller Schnee war. Fast ganz oben an den Felsen erkannten wir den einzelnen Bergsteiger, der das Prinz-Luitpold-Haus verließ, während wir noch frühstückten. Dieser hatte sichtlich Probleme mit den steilen, hartgefrorenen Schneefeldern.
Als wir an der Balkenscharte ankamen, machten wir erstmal eine kurze Pause, bevor wir zum felsigen Sättele weiterstiegen. Kurz vor dem Sättele lauerte ein steiles Schneefeld im der Flanke, dessen Überquerung unsere vollste Konzentration erforderte. Das Sättele selbst erfordert leichte Kletterei (I) und ist im oberen Teil durch ein Drahtseil gesichert. Mein Vater, der vor mir auf dem Sättele war, drehte sich um und rief zu mir herunter: "Vergiss es." Als ich selber oben war, sah ich, was er damit meinte: der Kalte Winkel war ein einziges riesiges Schneefeld, das sich bis zu dem Karboden hinab zog. 
Damit wurden alle meine verbliebenen Hoffnungen zunichte gemacht... "Lass es uns mal probieren", meinte ich trotzdem. Nach wenigen Schritten auf dem bockelhart gefrorenen Schneefeld, auf welchen ich auch noch fast einen meiner Stöcke verlor, entschieden wir uns, umzukehren. Ohne Steigeisen war der Aufstieg über den eisigen Kalten Winkel ein Risiko, das wir nicht eingehen wollten - früher oder später wäre einer von uns bestimmt die Flanke hinabgerutscht.
Also gingen wir wieder über das Sättele, das Schneefeld danach und die Balkenscharte zurück zum Prinz-Luitpold-Haus. Nun stellte sich uns die Frage, was wir nun tun sollten, denn es war noch nicht einmal Mittag und den Wolken nach würde das Wetter noch für einige Stunden halten. Ursprünglich wollten wir am dritten Tag zur Kemptner Hütte wandern, aber das brauchten wir bei dieser Schneelage erst gar nicht probieren. Mein Vater wollte zurück nach Hinterstein, aber ich lieber über den Jubiläumsweg zur Landsberger Hütte. Das waren zwar noch einmal 5 Stunden Marsch, aber was wollten wir denn schon wieder in Hinterstein?
Also packten wir unsere beiden Rücksäcke (meinen hatten wir vor dem Aufstieg zum Hochvogel in der Hütte gelassen) und stiegen hinauf zur Bockkarscharte, die wir nach einer guten Dreiviertelstunde erreichten. Nun lag der steile Abstieg über die steile Rinne, in welcher zu unserem Bedauern auch Schneefelder lagen. Nun wollten wir aber nicht wieder zurück und stiegen so immer abwechselnd über steiles Geröll und harten Schnee langsam und konzentriert ab. Bei diesem Abstieg spürte ich erstmals eine Blase am rechten Fuß, die mir später noch reichlich zu schaffen machen sollte (und nicht das einzige Wehwehchen bleiben sollte). Nach 45 Minuten anstrengenden Abstiegs waren wir endlich an der Stelle angekommen, an der Jubiläumsweg relativ horizontal verläuft. Der botanische Reiz des Weges interessierte mich zu diesem Zeitpunkt nicht im Geringsten, ich regte mich nur über meine Blase und den matschigen Weg auf, zu Unrecht, denn der Weg war zwar schmal, aber landschaftlich sehr schön.
Der Jubiläumsweg quert die Flanke der Lärchwand in einem Bogen und wird dann etwas abschüssig, ist aber mit Drahtseilen versichert. Im Auf und Ab geht es dann manchmal versichert unter dem Schänzlekopf und der Schänzlespitze dahin - auch einige Schneefelder mussten traversiert werden, wobei sich nicht alle so leicht taten wie wir. Denn wir überholten eine Gruppe von Leuten, die ein Schneefeld nicht überqueren wollten und dann unten herum gingen - mit großem Höhenverlust.
Kurz vor der Lahnerscharte geht es dann rechts zur Landsberger Hütte, welche den Wegweisern zufolge noch immer 2,5 Stunden entfernt war. Ab hier waren auch wieder weniger Wanderer unterwegs. Unterhalb der Kälbelesspitze führt der Weg nochmals über ein Band, das aber unproblematisch ist. Nachdem man in eine kleine Scharte aufgestiegen ist, kann man erstmals die umliegenden Berge der Landsberger Hütte entdecken, Rote Spitze, Steinkarspitze und Lachenspitze, die noch ernüchternd weit entfernt lagen. Und so gingen wir weiter über ein wenig geneigtes Schneefeld immer auf ca. 1950 m Höhe dahin Richtung Kastenjoch. Plötzlich spürte ich einen stechenden Schmerz im rechten Knie und konnte es nicht mehr richtig belasten. Das hatte ja grade noch gefehlt. Trotzdem schleppte ich mich den letzten Anstieg zum Kastenjoch hoch, es blieb mir ja nichts anderes übrig. Oben angekommen, sahen wir die endlich die Landsberger Hütte. Da es anfing zu regnen, stiegen wir so schnell wie möglich zur Hütte ab, in der ich erst einmal eine kalte Cola brauchte, denn nach 8 Stunden Marsch war ich ziemlich durstig.

Schwierigkeit: Prinz-Luitpold-Haus - Kalter Winkel und retour: T4-
                          Prinz-Luitpold-Haus - Landsberger Hütte: T3+



3.Tag: Schochenspitze und Abstieg nach Tannheim
(4,25h; Aufstieg: 450 Hm, Abstieg: 1100 Hm)
Am dritten Tag wollten wir eigentlich zur Willersalpe laufen, aber da sich mein Knie nicht gerade gut anfühlte, entschieden wir uns, über die Schochenspitze und die Usseralpe nach Tannheim abzusteigen und uns dort ein Zimmer zu suchen. Beim Aufstieg zum kleinen Sattel an der Schochenspitze taten meine Blasen an beiden Füßen höllisch weh, es fühlte sich so an, als würde man glühende Nadeln in beiden Achillesfersen bohren. Mit schmerzverzerrtem Gesicht schleppte ich mich zu dem Sattel noch, die 50 Höhenmeter bis zum Gipfelkreuz der Schochenspitze schienen für mich unerreichbar zu sein - aber ganz ohne Gipfel wollten wir (ich) dann auch nicht heimfahren und so quälte ich mich zum Kreuz hinauf.
Beim Abstieg waren die Schmerzen dann erträglich, und daher ging es fast bis zu Usseralpe wieder relativ entspannt dahin. Die Massen, die uns vom Neunerköpfle entgegenkamen, machten mir eigentlich nicht arg viel aus, denn ich war nur froh darüber, dass es meinen Blasen und meinem Knie wieder einigermaßen gut ging. Der Abstieg zur Usseralpe war dann wieder steil und matschig und wir waren denn recht glücklich, dass wir die Straße und die Alpe erreichten. Nach einer Pause ging es weiter über die Straße hinab nach Tannheim. Hier meldete sich mein Knie wieder, die Belastungsgrenze für diesen Tag war wohl wieder überschritten. In Tannheim angekommen, suchten wir uns ein relativ günstiges Doppelzimmer und wurden bei der Pension Wassermann fündig. Allerdings folgte kurz darauf ein Schock: mein Vater hatte seine EC-Karte verloren. Auch das Durchsuchen aller Rucksäcke und Hosen- und Jackentaschen brachte keine Lösung. Doch mir kam dann ein Geistesblitz: mein Vater hatte doch vor zwei Tagen am Giebelhaus Zigaretten gekauft - womöglich hatte er die Karte im Automat stecken lassen? Und tatsächlich: nach einem kurzen Anruf am Giebelhaus hatten wir die Gewissheit, dass die Karte nicht verschwunden war, sondern von den Wirten am Giebelhaus verwahrt wurde.
Glücklich und erschöpft ließen wir uns dann in die weichen Betten der Pension fallen.

Schwierigkeit: Landsberger Hütte - Tannheim: T2


4. Tag: Über Ponten und Bschießer zurück nach Hinterstein
(6h; Aufstieg: 1130 Hm, Abstieg: 1360 Hm)
Nach einem Ruhetag, den wir dazu nutzten, die EC-Karte vom Giebelhaus zu holen und zu entspannen, ging es am letzten Tag über Ponten und Bschießer zurück zu unserem Ausgangspunkt.
Von Tannheim wanderten wir über die Älpele-Alpe hinauf zum Zirleseck, von wo aus wir einen Besteigungsversuch der Rohnenspitze starteten. Doch da es aufgrund des gestrigen Regens sehr nass war und der starke Seitenwind auch nicht wirklich angenehm war, drehten wir am Grat wieder um (übrigens das zweite Mal, das wir an der Rohnenspitze scheiterten... der Berg mag uns wohl nicht).
Vom Zirleseck verlief der matschige Weg wieder etwas bergab, bevor er dann zum Sattel vor dem Pontengipfel (ca. 1945m) anstieg. Von dort aus waren es dann nur noch knappe 15 Minuten zum Gipfel. Der Kreuzgipfel steht übrigens nicht auf dem höchsten Punkt, sondern auf einem etwas niedrigeren Punkt weiter nördlich. Der Übergang vom Vor- zum Hauptgipfel erfordert leichte Kraxelei, ist aber unschwierig.
Vom Ponten steigt man zurück zu P.1945 und dann von dort über den Kamm in die Südflanke des Bschießers. Hier wird es ein letztes Mal steil und steinig, daher ist Trittsicherheit notwendig. Vom Gipfel gingen wir dann über den steilen Steig zur übervollen (kein Wunder bei dem schönen Wetter) Zipfelsalpe. Nach einer kurzen Rast stiegen wir weiter über den schönen, aber steilen Weg nach Hinterstein ab. Der Weg wollte einfach kein Ende nehmen, und die Dächer von Hinterstein schienen einfach nicht näherzukommen, und mein schmerzendes Knie machte nicht mehr allzu lange mit. Doch nach einer schier unendlichen Zeit hatten wir auch die Bushaltestelle in Hinterstein erreicht, was den Endpunkt unserer 4-tägigen Tour darstellte. Geschafft! Und das waren wir wirklich... :)

Schwierigkeit: Tannheim - Zirleseck - Rohnenspitzgrat - Zirleseck: T3+
Zirleseck - Ponten - Bschießer - Hinterstein: T3



Fazit:
Trotz allen Negativ-Erlebnissen (Umkehr am Hochvogel, (zu) viel Schnee, lädiertes Knie, Blasen) waren es 4 schöne und ereignisreiche Bergtage, auch wenn ich nach der Tour für die nächste Zeit erstmal genug von den Bergen hatte. Für die vielen teils steilen Altschneefelder waren Trittsicherheit und Konzentration erforderlich, für den Hochvogel-Versuch und den Jubiläumsweg auch Schwindelfreiheit. Schade, dass es für den Hochvogel nicht gereicht hatte, aber der Berg steht ja nächstes Jahr auch noch - und dann ist er fällig ;).


Tourengänger: Fabse_94


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