Oberalp - Vorderrheinquelle - via Pizzo Centrale zum Passo San Gottardo


Publiziert von amphibol , 16. Oktober 2018 um 06:42.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Surselva
Tour Datum:28 September 2018
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   CH-UR   Gruppo Pizzo Centrale   CH-GR   Gruppo Piz Blas   Gruppo Pizzo Lucendro 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 2750 m
Abstieg: 2750 m
Strecke:Oberalppass - Pazolastock - Martschalücke - Alp Tuma - Lai da Tuma - Piz Tuma - Piz Badus - Pkt 2838 - Piz Tagliola
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Oberalppass
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Passo San Gottardo
Unterkunftmöglichkeiten:Badushütte SAC, Maighelshütte SAC, Vermigelhütte SAC, Cadalimohütte SAC Wildenmattenhütte
Kartennummer:1232 1:25'000 Bl Oberalpass / 1251 1:25'000 Bl Val Bedretto / 1231 1:25'000 Bl Urseren (bei Bedarf: 1252 1:25'000 Bl Amrì-Piotta)

Herbstidylle im Herzen der Schweiz

Die Quelle des Rheins hatten wir bisher noch nicht besucht - beste Jahreszeit erschien uns dafür der Herbst. Insbesondere wollten wir dem - jedenfalls mittelfristig - kommenden Wintereinbruch ein Schnippchen schlagen, nicht dass er uns wie letztes Jahr die letzten Touren vorenthält. Das letzte Wochenende im September war hierzu prädestiniert zumal kein Regen und an und für sich schönes nicht zu kaltes Wetter vorhergesagt war. Dass am Samstag ein unerbärm licher Südwind über die Kämme von Badus und Piz Tagliola peitschen würde, hatten wir bei der Prognose allerdings übersehen. Wenn man gerne einsam, ungestört und etwas abseits unterwegs sein will, eignet sich aber das Gebiet um die Rheinquelle bis zum Gotthard, dies allerdings wohl eher im späteren Herbst, wenn die Hütten bereits geschlossen haben.

Rheinquelle
Der geographischen Gegebenheit ist zu entnehmen, dass der Rhein ein grosses alpines Einflussgebiet besitzt und die Bestimmung der heute als Quelle angesehenen Ortpunkte eher auf human-historische Bedingungen zurückzuführen ist, denn auf reine Messgrössen. In Betrachtung des Bündnerlands erscheint zuerst einmal eine Zweiteilung der Flusssysteme sinnvoll. Das Engadin, hierdurch die Talschaften angefangen südöstlich des Piz Lunghin, beziehungsweise südlich davon auf dem Malojapass bis und mit zum Val Müstair und dem Unterengadin entwässern in den Inn. Nordlich davon, ab den Alpenpässen Julier-, Albula-, und Flüelapass entwässern in den Rhein. Der Inn mündet bei Passau in die Donau, welche in Rumänien in das Schwarze Meer entwässert. Der Inn führt dabei im Mittel rund 10% des Wassers des Mündungsbereichs der Donau bei Passau in die Donau.

Der Rhein hingegen trägt sein Wasser "von der Wiege bis zu Bahre", dass heisst vom Bündnenland bis in die Nordsee wo er über das Rheindelta um die Städte Utrecht, Amsterdam und Rotterdam nach rund 1233 Km in das Meer mündet. Die klassische Unterscheidung seines Quellgebiets und wohl auch die sinnvollste ist jene, dass man ebenfalls eine Zweiteilung vornimmt und ihn damit in Vorder- und Hinterrhein einteilt. Vorder- und Hinterrhein treffen sich nördlich von Bonaduz in Reichenau und strömen von da an vereinigt. Dies würde aber auch eine zweite Rheinquelle in der Form eines geographischen Punktes verlangen, was auch so ist. Die Quelle des Hinterrheins ist das Rheinwaldhorn/Adula und seine Nachbarberge, die teils noch vergletschert sind. So heisst einer dieser gar Rheinquellhorn mit den gegen Nordern ausgerichteten Paradiesgletscher. Die grösste Distanz der Quelle bis zur Mündung ist allerdings eher im Bereich Lukmanierpass, gar auf der Tessinerseite zu finden, woraus der Rein da Medel entsteht (ebenfalls ein Teil des Vordrrheins). Allerdings kommt in dieser Rangliste (Distanz der Quelle bis zur Mündung ins Meer) das von uns besuchte Rheinquellgebiet des Vorderrheins mit dem Rhein von Maighels und dem Tomasee (Lai da Tuma).

Herbsttour mit Biwaks

Eher zufällig aber nicht unbedingt unbewusst haben wir uns am letzten Freitag im Septemeber 2018 auf den langen Anfahrtsweg zum Oberalppass gemacht. Nicht all zu früh aber in der Zeit um noch den Lai da Tuma (Tomasee) bei Tageslicht oder gar noch bei Sonnenbescheinung zu erreichen, machten wir uns auf dem Oberalppass etwa um 14.00 Uhr auf den Weg zum Pazolastock, den wir auf dem Wanderweg bald mal erreichten (ca. 1h 30 Minuten). An das viele Gepäck für drei Tage Outdoor mussten wir uns zuerst mal wieder gewöhnen. Bei wunderbarer Weitsicht ins obere Rheintal gegen Osten, ins Urnerland gegen Westen, herbstgefärbten Berghängen und bei angenehmen windstillen Verhältnissen hielten wir auf dem Pazolastock inne und genossen die Bergruhe. 

Den Abstieg über die Martschalücke unter die Füsse nehmend, erreichten wir ca. 50 Minuten später den Lai da Tuma. Dort nisteten wir uns etwas versteckt ein. 

Am kommenden Morgen nach einer angenehmen Nacht war erstmal alles in Nebel gehüllt. Nach Frühstück und dem Zusammenpacken erreichten wir nach gut einer Stunde die Nebelobergrenze kurz vor dem Pass zwischen Badus und Piz Tuma. Dort war es wegen dem Südwind ziemlich kalt. Trotzdem stiegen wir über den kurzen relativ einfach Nordgrat auf den Piz Tuma, der mit einem grossen Steinmann versehen ist (T4). 
 
Danach zurück und auf in Richtung Badus (bzw. Six Madun). Den Badus erreichten wir ca. eine Stunde nach dem Piz Tuma (T4). Auch hier war es überaus frisch auch wenn wir durch die schöne Aussicht belohnt wurden.

Nach nur kurzer Rast, stiegen wir alles auf dem Grat bleibend gegen Süden, danach gegen Osten querend weiter. Der Übergang zwischen Vorgipfel im Süden des Badus und dem Pkt 2839 war dann irgendwie noch tricky und doch auch stellenweise ausgesetzt, jedenfalls mit so schweren Rucksäcken. Zwei-drei Mal war hier Abklettern sowie ebenfalls etwas aufwärts auf einem schönen Grat angesagt, allerdings in wunderbarem festen Granit mit immer guten Griffen (T5 II). 

Danach erreichten wir wieder über einfaches Gelände den Piz Tagliola und stiegen direkt ab über den See und von diesem via einen Schlaufe gegen Westen (Umgehung der steilsten Passage) auf den Lolenpass. Auch hier war es auf Grund des kalten Windes leider nicht sehr angenehm zum Verweilen. So machten wir uns halt weiter ab zum Pass Maighels. Diesen erreichten wir ca. 2 Stunden später. 

Der Abstieg vom Pass ging noch ordentlich in die Beine und wir schlugen unser zweites Camp unten im Unteralpreusstal oberhalb der Vermigelhütte im Bachbett auf. Hier hatten wir glücklicherweise noch Sonne und konnten die meisten Sachen noch etwas trocknen. 

Am kommenden Morgen stiegen wir über den Wanderweg zum Sellapass und von diesem gegen Norden über einen interessanten breiten mit vielen Granitblöcken versehenen Grat auf den Pizzo Prevat (T4), stiegen auf der Schattenseite über die Granitblöcke, die teils ziemlich vereist waren vorsichtig ab und erreichten den finalen Aufstieg zum Pizzo Centrale. Nun, seit dem Sellapass waren wir im Tessin, bzw. auf der Kantonsgrenze zwischen Tessin und Uri.

Über einen eifachen (meist Wegspuren) Grat erreichten wir den Vorgipfel (teilweise leicht ausgesetzt), und einen Übergang im Abstieg mit leichter Kletterei und ebenfalls ausgesetzt (und etwas mühsam weil vereist) erreichten wir den Gipfel des Pizzo Centrale! Welch freudiger Moment! :-)

Die Überschreitung des Pizzo Centrale ist im unteren T5 oder eher oberen T4 Bereich einzuordnen (kurzzeitig ein bisschen ausgsetzt, aber alles in allem nicht schwierig) und sollte nur von gewohnten Berggängern unter die Füsse genommen werden.

Der Abstieg auf den Gotthardpass begingen wir über den Guspissattel, danach südlich unterhalb des Tritthorn und dem markierten Weg folgend zum Lago della Sella. Für den gesamten Marsch des letzten Tages brauchten wir ca. 7 Stunden (also ca. Vermigelhütte - Sellapass - Piz Prevat - Pizzo Centrale - Gotthardpass) inkl. einiger Pausen. 

Auf dem Gotthardpass gönnten wir uns einen Coup und stiegen ins übervolle Postauto nach Andermatt. 

Tourengänger: amphibol, berggiis
Communities: ÖV Touren


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