MONT RAIMEUX (1302m) - Arête du Raimeux


Publiziert von danueggel , 8. April 2009 um 13:53.

Region: Welt » Schweiz » Jura
Tour Datum: 4 April 2009
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: V+ (UIAA-Skala)
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT1 - Leichte Schneeschuhwanderung
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-JU 
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 800 m
Strecke:Moutier-Arête du Raimeux-Mont Raimeux-Les Maisonnettes-Moutier
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit ÖV von Fribourg nach Moutier
Unterkunftmöglichkeiten:SAC Hütte der Sektion Delémont, jedes Wochenende von Freiwilligen gewartet. Sehr empfehlenswerte Hütte.
Kartennummer:LK 1:25000, Bl 1106 "Moutier"

+++Flucht vor den Schneemassen- Herrliche Gratkletterei im Jura ! +++

Rien n'est mieux que l'Arête du Raimeux

Frau Holle verhielt sich diesen Winter völlig antizyklisch zur gegenwärtigen Wirtschaftskrise. Sie steigerte Ihren Umsatz in den letzen Wochen um mehrere hundert Prozent gegenüber dem "Vorjahresergebnis". Böse Zungen würden behaupten, dass Frau Holle die Federn auf unsere Köpfe niederprasseln liess, welche Schweizer Grossbanken im Verlaufe der Krise lassen mussten. Doch da gab es jemanden, der mürrisch und missmutig vor sich hingrummelte und Frau Holle den Erfolg abgrundtief missgönnte: danueggel !!!

Der vielen Schneemassen leid, suchte ich vor dem sonnigen Wochenende nach valablen Alternativen um Ski- und Schneeschuhtouren zu umgehen, denn hierfür fehlt mir nach wie vor die Ausrüstung. Aber wo um Himmels willen befindet sich alpines Klettergelände, das gut begehbar ist und vom Schnee verschont geblieben ist? Wenn man wie ich nicht gerade im Besitze des SAC-Archives sämtlicher Führer ist, gibt es nur eine Lösung: HIKR !!! Nach kurzer Suche war das Ziel klar: Mont Raimeux, T6-Gelände und Kraxeleien bis III. Dass sich dann nadirazur noch spontan dazu bereit erklärte mitzukommen und vorschlug, doch gleich die Kletterausrüstung mitzunehmen um die ganze Arête du Raimeux (5b) klettern zu können, war das Tüpfelchen auf dem i.

EIN TOPOS DAS NICHT GERADE TOP IST...
Vom Treffpunkt am Bahnhof Fribourg liessen wir uns mit dem Zug nach Moutier kutschieren. In 25minuten geht es von dort zum Ausgangspunkt der Tour, einem kleinen Parkplatz. Ein kleiner Weg führt zu den auffälligen Platten (3a-4a). Ohne Kletterausrüstung und mit Bergschuhen traversiert man relativ schnell nach links auf den Grat, da die Platten gegen oben hin doch Schwierigkeiten bis 4a auweisen.
Das Topos lässt an Genauigkeit zu wünschen übrig und taugt eher als WC-Papier denn als zuverlässige Orientierung. Umso unverständlicher ist mir im Nachhinein, dass wir uns einmal wieder abseilten, um das Topos, das mir aus der Tasche gerutscht war wieder einzusacken. Aber man soll sich ja auch nicht vom Topos abhängig machen und es muss zugegeben werden, dass in den Felsen scheinbar immer wieder neue Routen gebohrt werden, jedenfalls finden sich auch immer wieder Bohrhaken ausserhalb der Route.

Nach den Platten folgt man schnurgerade dem Grat. Es ist empfehlenswert, möglichst direkt auf den Grat zu klettern, auch wenn kleine rote Pfeile nach rechts weisen, doch auf dem Grat zu kraxeln ist der Traversierung der Südflanke allemal vorzuziehen. Nach wenigen Minuten erreichten wir das erste Hindernis, den Dièdre (5a). Diesen 3-4m Block umgingen wir problemlos rechterhand, er war es nicht wert, das liebevoll aufgenommene Seil wieder zu entpacken. Der Dièdre liesse sich aufgrund der geringen Höhe wohl auch gut frei klettern, ist aber doch relativ ausgesetzt. Aber keine Sorge, es gibt noch genug andere schöne Kletterstellen...

VON DEN EISENTRITTEN ZUM SAUSCHWÄNZCHEN
Der weitere Routenverlauf folgt dem Grat, mehr Details sind den bereits vorhandenen Tourenberichten zu entnehmen. Das Gelände ist zwar ausgesetzt (T5-6), der Fels aber mehrheitlich bombenfest, wer sich seiner Sache nicht sicher ist, kann auch an einem der zahreichen Bäumchen Zwischensicherungen und Standplätze anbringen, ein bisschen Improvisation vorausgesetzt (empfohlenens Klettermaterial siehe unten). Die nächste Schwierigkeit (5a) wartet vor dem Canapé. Ist dieses bezwungen läuft man wieder dem Grat entlang bis zumDonjon (5b) der neben der später folgenden "Himmelsleiter" der höschte Felsaufschwung ist. Die einzige technische Schwierigkeit ist ein Spreizschritt im oberen Drittel des 10-12m hohen Donjons. Zwei Bohrhaken sowie ein Muniring für den Stand sind vorhanden. nadirazur findet immer mehr den Gefallen an der Kletterei und steigt nun vor. Der Grat macht einen Heidenspass und ist ein hervorragendes Training für die sicherungstechnische Fingerfertigkeit, überall laden Bäume und Felsspitzen zum Anbringen von Zwischensicherungen und Ständen ein. Zwischendurch muss über kleine Felsstufen abgeseilt werden, die Abseilstellen sind bereits eingerichtet.

Die nächsten Schwierigkeiten lauern an der "Himmelsleiter", einem über 10m hohen Felsturm mit Eisenstiften, der technisch zwar keine Schwierigkeiten bietet, jedoch ungesichert doch Konzentration erfordert. Das letzte grosse Hindernis ist die Via Mala (5b), jedoch sind sowohl
nadirazur als auch ich der Meinung, dass die Wertung zu hoch angesetzt ist. Die Via Mala bietet lediglich ein Sauschwänzchen zum sichern, hier wäre vielleicht ein Friend oder Klemmkeile sinnvoll. Bis zum Sauschwänzchen kann man aber problemlos ungesichert klettern, so dass auch diese Stelle keine wesentlichen Probleme bereitet. Nach dem Sauschwänzchen nach links durch den Riss klettern und schon ist der ganze Spass bereits wieder vorbei. Wer sich nun aber am Ende des Grates wähnt, wird arg enttäuscht...

NIMMT DENN DER GRAT KEIN ENDE ???
Mittlerweile ist die Zeit bereits weit fortgeschritten und der Grat will und will nicht aufhören, es ist zum verzweifeln !!! Auch nach dem Pic Andre (4c, keine Bohrhaken, kann umgangen werden) zieht sich der Grat unendlich lange hin. Wir (oder um ehrlich zu sein ich ;) habe(n) den Fehler gemacht und sind den Felsen bis zum Punkt P.1067 stur gefolgt, offenbar hätten wir nordseitig absteigen müssen. Je weiter oben wir sind, desto mühsamer wird die Angelegenheit. Rutschiger Waldboden, feuchte, instabile Felsen lassen uns nur langsam vorwärts kommen. Doch irgendwann nimmt auch dies ein Ende und der Grat legt sich zurück und die ersten Schneefelder tauchen auf. Der Schnee ist von der Wärme ziemlich aufgeweicht und wir stapfen mühsam Richtung Gipfel, bis-es ist zu schön um wahr zu sein- plötzlich ein Licht die angebrochenen Nacht erhellt und die Luft von Rauchschwaden geschwängert wird. Es sind nur noch wenige Schritte bist zur Cabane CAS Delémont (1240m).

Scheu klopfen wir an die Türe und bereits einige Sekunden später beginnt es auf der Treppe zu knarzen. Wir sind überglücklich als wir vom Wirteehepaar empfangen werden und uns gleich ein Nachtessen angeboten wird. Wir sind die einzigen Gäste und werden vom Ehepaar Will-Oppliger sehr freundlich bedient. Noch lange
rästeln nadirazur und ich, wo wir den Abgang vom Grat verpasst haben und wo wir so viel Zeit verloren haben, denn das letzte mal so lange geklettert bin ich am Salbitschijen-Südgrat. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sich der felsige Teil des Grates über eine Länge von fast 2km hinzieht...

Ohne Zeitdruck wir bis am nächsten Morgen ausgeschlafen. Ich denke an die bevorstehenden Hochtouren und schätze das Privileg endlich einmal nicht vom Wecker aus dem Schlaf gerissen zu werden. Einen kurzen Moment denke ich darüber nach, ob ich diesen Sommer nicht ausschliesslich in Höhenlagen unterhalb von 3000m verbringen sollte, nur um die frühen Morgenstunden schlafend in der Hütte zu verbringen...

ÜBERALL GIBT'S STUDENTENRABATT
Gegen 10:30 stapfen wir das letzte Flachstück Richtung Gipfel des Mont Raimeux (1302m). Netterweise durften wir die Schneeschuhe von den Hüttenwirten ausleihen, so kamen wir gut vorwärts. Zuletzt zwängten wir uns auf den Aussichtsturm, doch der Nebel schränkte die Weitsicht drastisch ein. In knapp 2h stiegen wir via Les Maisonnettes (970m) auf einem schönen Wanderpfad nach Moutier Bahnhof hinab. Dank Studentenausweis gibt es für uns Pizza für nur CHF 10.-, zusammen mit einem kühlen Bier, der ideale Abschluss dieser gelungenen Tour.

Empfohlenes Klettermaterial für zwei Personen:

  • 50m Seil (für den Rückzug über die Nord- oder Südseite bei prekären Verhältnissen)
  • 4-5 Expresse (2, wenn nur an den Schlüsselstellen zwischengesichert wird)
  • 5-6 Bandschlingen (Für Stände und Zwischensicherungen an Bäumen)
  • 1-2 Friends / Klemmkeile (nicht zwingend nötig)
  • 5-6 Karabiner (gewährt die Handlungsfreiheit beim Bauen der Stände)

Fazit: Landschaftlich herrliche und lange Gratkletterei in festem Fels, mit leider viel zu kurzen Schlüsselstellen

Lessons learned:
  • Jurassischer Fels eignet sich offenbar nicht nur gut zum klettern, sondern auch zum Anbringen von politischen Statements (Stw. UNIR)
  • Die Stirnlampe gehört zum Standardgepäck (offenbar habe ich nach dem Mönch nichts gelernt ;)
  • Der Spass am Bauen von Ständen und Zwischensicherung steigt exponentiell zur Abnahme von Muniringen und Bohrhaken

Wiederholungsfaktor
: 4-5

------> 100% der Fotos von nadirazur, siehe auch ihren Tourenbericht

Danke Noemi für deine spontane Teilnahme und deine Ausdauer, als der Grat nicht zu enden schien...

Tourengänger: danueggel, nadirazur


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Kommentare (2)


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Fenek hat gesagt: he, he.....
Gesendet am 8. April 2009 um 18:46
.....Ausflüge mit nadirazur am Raimeux enden anders als man(n) sich denkt........
So schöner Bericht, habe mich amüsiert!

Grüsse
Fenek

danueggel hat gesagt: RE:he, he.....
Gesendet am 8. April 2009 um 20:13
Wo du recht hast, hast du recht, aber dieses "anders" macht meistens am meisten Spass, zumindest wenn eine Hütte in der Nähe ist...

Mir kommt gerade in den Sinn, dass wir uns in der Mitte darüber beklagt hatten, dass der Grat (vermeintlich) bereits zu früh zu Ende sei. Unser Wunsch nach mehr wurde mehr als nur erhört...

Gruss
danueggel


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