Mulhacén (3479 m) - Der höchste Iberer, eine kinderleichte Tour?


Publiziert von Max , 26. September 2017 um 18:42.

Region: Welt » Spanien » Andalusien
Tour Datum:15 September 2017
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: E 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1450 m
Abstieg: 1450 m
Strecke:23,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Hoya del Portillo, Zufahrt über Bubion, Capileira, dann Schotterstraße bis zum Parkplatz am Eingang des Nationalparks.
Kartennummer:Editorial Alpina Sierra Nevada

Bereits am Parkplatz zeigt sich die Herausforderung für die heutige Tour. Es wird windig, um nicht zu sagen stürmisch. Mountain-forecast verspricht 30 km/h, wetteronline bis zu 75 km/h, mal sehen, wer Recht hat. Viel falsch machen kann man auf dem langen Weg zum Gipfel nicht, zumindest denken wir das jetzt noch.

Der Wanderweg führt durch einen hübschen Kiefernwald zu einer Abzweigung, links geht es zum Refugio del Poqueira, rechts steigen wir zum Aussichtspunkt Mirador de la Molina hoch. Der Pfad kürzt die langweilige Straße ab, am Prado Llano begrüßen uns Iberische Steinböcke und schließlich kommen wir zum Mirador de Trevelez mit Blick auf das gleichnamige Dorf. Beim Überschreiten der vorgelagerten Hügelchen summieren wir ein paar zusätzliche Höhenmeter auf.

Zum etwas nördlich gelegenen Alto del Chorillo fährt auch ein Minibus des Nationalparks, dies wurde hier im hikr bereits mehrfach angesprochen. Von dort geht's auf gut erkennbarem Pfad nach oben und über den Mulhacen II zum Hauptgipfel Mulhacen. Auf der Loma del Mulhacén wird es nun tatsächlich ungemütlich, was den Wind, oder sagen wir jetzt vielleicht besser Sturm, angeht. Wetteronline hat die Wette jedenfalls gewonnen.

Glücklicherweise kann man sich am Gipfel schön im Windschatten platzieren, der warme Fels bietet sich als Heizkörper an, den wir dankbar nutzen. Sonst wär's bei sechs Grad doch etwas frisch. Obwohl die Fernsicht durch den Dunst etwas getrübt ist, bietet sich ein tolles Panorama vom höchsten Punkt der Iberischen Halbinsel und so verweilen wir länger, bis uns dann schließlich doch kalt wird. Außerdem scheint der Sturm jetzt richtig Fahrt aufzunehmen.

Wie bereits mehrfach in diesem Portal angesprochen, weist der Anstieg über die Loma del Mulhacén keinerlei Schwierigkeiten auf, der Hatscher ist halt recht lang. Dennoch sollte man nicht leichtsinnig sein. Es geht in große Höhen mit allem dazu gehörigen Unbill. Ich habe lange überlegt, ob ich das nun folgende Erlebnis berichten soll, ich will niemanden blos stellen oder seine Handlungen werten.

Wir befinden uns auf dem Rückweg, vielleicht fünf oder zehn Minuten vom Gipfel entfernt. Das Rufen höre ich erst beim zweiten Mal, die Windgeräusche sind ziemlich laut. Vor uns steht eine total verstörte Person, in kurzen Shorts, Sweatshirt und Turnschuhen. Nach einigen Wortwechseln stellt sich heraus, sie weiss nicht wo sie ist, wo sie herkommt und wo sie hin will. Der Akku ihres Mobiltelefons ist leer, die Wasserflasche bis auf zwei Schluck ebenso. Der Partner ist irgendwie abhanden gekommen inklusive Rucksack, Geld und Proviant.

Anscheinend hat man sich im Aufstieg getrennt und findet sich in dem weitläufigen Areal nicht wieder. Ich versuche den Partner zu erreichen, trotz des Krachs. Entweder reisst die Verbindung ab oder es meldet sich die Mailbox. Wir nehmen unsere neue Begleitung in die Mitte, steigen weiter ab. In der Zwischenzeit hat sie sich etwas gefangen, wir werfen einen Blick auf unsere Karte, "Alto del Chorillo", das sagt ihr was, der war mal als Treffpunkt ausgemacht. Ok, kein Problem, wir wissen, wo's lang geht. Bald kommt selbiger in Sicht, vielleicht noch ein guter Kilometer Luftlinie, ich bemerke dort einen weißen Minibus, Personen stehen drum herum und schauen zu uns hoch, das Problem scheint gelöst. Passt!

Als wir ankommen, ist der Minibus weg, kein Mensch zu sehen, schon gar nicht der Partner. Und jetzt? Wohin? Trevelez, Hoya del Portillo, Refugio del Poqueira? Wieder versuchen wir zu telefonieren. Die Verbindung klappt zumindest ansatzweise, wir setzen eine SMS ab, neuer Treffpunkt ist die Bushaltestelle in Bubion. Es steht uns noch ein langer Weg bevor. Die Erschöpfung macht sich bemerkbar, es folgen ein paar Stürze, wir reduzieren das Tempo. Eine Verletzung fehlt uns jetzt gerade noch.

Die Situation scheint sich zu entspannen, wir erreichen den Parkplatz am Nationalparkeingang, wenn auch etwas verspätet, bringen unseren Gast zur Bushaltestelle. Leider wartet dort wieder niemand auf uns. Hat der Partner doch einen anderen Weg genommen und ist ganz woanders gelandet? Womöglich doch im Poqueira Tal bei La Cebadilla? Wieder hektisches Telefonieren, wieder nur Mailbox. Unser Schützling ist mittlerweile total entnervt, will uns verlassen. Wir geben ihm Geld, wer weiss wie lange die Aktion noch dauert und er hier ausharren muss. Wir verabschieden uns und fahren. Kurz bevor wir unser Hotel erreichen, klingelt mein Telefon. Der Partner ist in Capileira gelandet. Wir sollen doch bitte nach Capileira kommen. Vielleicht bemerkt er meinen resoluten Unterton, er möge sich schleunigst auf die Socken nach Bubion machen, so wie vereinbart, es sind ja nur zwei Kilometer.

Dennoch nagen Zweifel an uns. Sollen wir nochmal nach Bubion fahren, das Dorf absuchen, damit die beiden sich wieder finden? Bald wird es dunkel, Mann, Mann, Mann... Zum Beginn unseres Dinners erreicht uns eine lange SMS mit dem Titel Gracias - Gracias - Gracias. Man hat sich wieder gefunden. Wir bestellen sofort eine Flasche des besten Tempranillos, den das Restaurant zu bieten hat.


Fazit: Auch wenn das Gelände total trivial erscheint, man sollte die Tour nicht unterschätzen, der Marsch zieht sich. Das GPS im Smartphone nutzt auch nur bedingt und vor allem saugt der Chip viel Leistung. Es geht in große Höhen, dort kann es kalt und stürmisch sein. Und trocken. 


Tourengänger: Max


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Kommentare (2)


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Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 27. September 2017 um 12:50
Hallo Max,

Immerhin habt ihr richtig reagiert und sie mitgenommen, hätte ich auch so gemacht. Ich habe übrigens auch schon an etlichen Landeshöhepunkten Leute gesehen die schlecht ausgerüstet waren. Es wundert mich nicht wenn so Unfälle passieren! Ganz extrem habe ich es am Triglav in Slowenien gesehen, auf der Normalroute sieht man leider zahlreiche Gedenktafeln von verunglückten Berggänger.

Gruss, Andi

Max hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. September 2017 um 16:02
Hallo Andi,

ich denke, einige Gipfelaspiranten schauen bei 30 °C vom Strand zu dem Sierra Nevada Massiv hoch und denken: Das wär doch mal ein netter Tagesausflug. Falls es kühl wird..., ein langes Hemd haben wir ja im Gepäck.

Viele Grüße,
Max


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