Erzgebirgsvorland zwischen Seidewitztal und Müglitztal II


Publiziert von lainari , 24. September 2017 um 16:58.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Erzgebirge
Tour Datum:12 Februar 2017
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 340 m
Abstieg: 340 m
Strecke:18 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Nentmannsdorfer Mühle (parken am Abzweig Dürrleitengrund) oder Zug der Städtebahn RB 72 bis Weesenstein, Köttewitz oder Dohna
Kartennummer:1:20.000, SK Nr.37 Gemeinde Müglitztal und Umgebung

Am Rande des Winters
 
Wegen einer sich im Bergland hartnäckig haltenden Schneedecke verlagerte ich meine geplante Bewegungstour an den Rand des Winters, das Erzgebirgsvorland. Meine Anreise wurde unterwegs durch eine Unfallstelle mit Straßenvollsperrung ausgebremst. Nach einem zeitverzögernden Umweg kam ich zum beabsichtigten Startpunkt Nentmannsdorfer Mühle. Mein satellitengestützt voraufgeklärter Parkplatz stellte sich als nicht zugängliche Privatfläche dar, andere Möglichkeiten waren rar. An der Einmündung Dürrleitengrund fand sich dann doch noch eine Parkmöglichkeit. Ab hier beging ich den Dürrleitengrund auf dem schneebedeckten Talweg. Der anschließende Kanitzgrund zeigte sich am Südwesthang schneefrei aber von Wildschweinen zerfurcht. Bei noch trübem Wetter passierte ich den Aussichtspunkt auf dem Kanitzberg.
 
Im Verlauf bog ich nach links auf die Fahrstraße auf und verließ sie nach kurzer Zeit über einen Flurweg nach rechts über die Felder. Der noch reichlich vorhandene Schnee war durch Eisregenepisoden sowie mehrfachen Frost-Tau-Wechsel pickelhart gefroren und schwierig zu begehen. Eine Gehölzinsel verbarg den Rest eines Kalkschnellers. Bei der Erkundung diverser Kelleröffnungen schnippte mir an einer Stelle eine Brombeerranke einmal schräg über das Gesicht. Das sorgte für wenig Begeisterung, besonders als ich versuchte einige zurückgebliebene Dornen im Blindflug zu entfernen. Da heute aber ohnehin nicht mit viel Publikumsverkehr zu rechnen war, konnte ich auch mit diesen Selbstgeißelungsspuren den Weitermarsch wagen. Unaufmerksam geworden, bog ich dann gleich falsch herum ab und wandte mich nach links. Nachdem ich eine Weile erfolglos das nächste Etappenziel einen alten Kalksteinbruch gesucht hatte, bemerkte ich den Irrtum und ging zurück. Kurz darauf kam ich zu einem alten steinernen Wegweiser mit der richtigen Abzweigung nach links. Am bewaldeten Talhang fand ich den gesuchten Kalkabbau mit Steinbruch und Halde sowie einem Kalkofenrest. Stärkere Wasseraustritte am Hang unterhalb deuteten möglicherweise auf eine Rösche oder einen verbrochenen Erbstolln eines eventuellen untertägigen Abbaus hin. Zurück am alten Wegweiser folgte ich einem Feldweg nach Burkhardswalde. Der Ort erlangte über den Margonbrunnen und das hier von 1903-2005 abgefüllte Mineralwasser einige Bekanntheit. G. M. Gössel hatte einst diese Heilquelle entdeckt und nutzbar gemacht. Dies ist Geschichte, seit ein Wettbewerber die Firma im Rahmen einer Gruppenübernahme aufkaufte und den Brunnen versiegelte. Der Standort bekam ein Nutzungsverbot für die Getränkeindustrie und eine interessierte Kelterei blieb beim Verkauf der Immobilie außen vor. Mit Fördergeld wurde eine Großbäckerei mit dem irreführenden Namen „Kuchenmanufaktur“ installiert, die sich nach kurzer Zeit als unrentabel erwies und Konkursit wurde - so geht Aufschwung Ost! Produkte mit dem weiterverwendeten Namen „Margon“, jedoch gefüllt mit angeblich gleichwertigem Lichtenauer Brunnenwasser, bleiben jedenfalls von mir seither konsequent unberücksichtigt. Heute wird das Gelände in Burkhardswalde als Außenlager eines Chemiebetriebes genutzt.
 
Geleitet von der Markierung „Blauer Punkt“ ging ich durch eine Taleinkerbung steil hinunter ins Müglitztal zum Schloss Weesenstein. Der Ort wurde unter dem Namen Weysinberg erstmals 1318 als Besitz der Burggrafen von Dohna erwähnt und 1436 mit dem Begriff castrum erweitert, was das Vorhandensein einer Burg bestätigt. Nach der Dohnaischen Fehde war diese von 1406-1772 im Besitz der Familie von Bünau und wurde im Verlauf als Schloss umgebaut. Da ich das sehenswerte Schloss erst vor einiger Zeit besucht hatte, lief ich heute daran vorbei und nahm den Müglitzuferweg nach Köttewitz, der auf einem Stück vom Trassenverlauf der einstigen schmalspurigen Müglitztalbahn begleitet wurde.

Die Bahn im Tal erlebte eine wechselvolle Geschichte. Als Schmalspurbahn 1890 eröffnet, stieß sie bald an Kapazitätsgrenzen und wurde mit optimiertem Trassenverlauf bis 1938 als Normalspurbahn neugebaut. Die Deutsche Reichsbahn entwickelte wegen der enormen Wichtigkeit für sie eine eigene Lokomotiv- und Personenwagenbaureihe (Dampflokbaureihe 84 und Wagengattung C4-35a). Mehrfach wurde die Bahn von Hochwassern betroffen und musste jeweils mühsam wiederaufgebaut werden. Nach der Wende brach ein Großteil des Verkehrs weg. Spät entschloss man sich dennoch zur Sanierung der Strecke. Heute ist die Nachfrage zumindest in der Berufsverkehrszeit bis Glashütte so hoch, dass wieder eine Kapazitätsausweitung erforderlich ist. Leider verhindert dies die zurückgebaute Infrastruktur, mehr als eine Doppeltraktion Triebwagen passt nicht mehr an die Bahnsteige und alle Unterwegsbahnhöfe mit Kreuzungsmöglichkeiten wurden zu Haltepunkten herabgestuft. Nun wird zur Ergänzung des Angebotes ein parallel verkehrender Eilbus eingesetzt - so geht Aufschwung Ost!
 
Ich war mittlerweile im Sonnenschein unterwegs und in einer Flussschleife war es am Südhang des Tales angenehm warm und schneefrei. Später wechselte ich auf einer Brücke hinüber zum Güterbahnhof Köttewitz. Dieser ist am Talboden liegend über eine Spitzkehre an die höher am Hang verlaufende Bahnstrecke angeschlossen und dient als Übergabebahnhof der Fluorchemie Dohna, dem einzigen verbliebenen Güterkunden. Ich wanderte am Straßenrand weiter in Richtung Dohna. „Wahrzeichen“ des Ortes sind die Reste der riesigen Anhydrit-Halden der seit 1903 währenden Flußsäureproduktion. Eine Fußgängerbrücke über die Müglitz ermöglichte einen Abstecher zur Burg, die heute der Eckstein-Gemeinde (Freikirche) gehört. Die Burg Dohna wurde um 950 von Otto I. an der Stelle eines sorbischen Walls errichtet. 1040 folgte die erste urkundliche Erwähnung, dann war die Burg rund 250 Jahre im Besitz derer von Donin. Im Jahr 1402 wurde die Anlage im Rahmen der Dohnaischen Fehde zerstört. Der verbliebene Rest diente noch eine Zeit als Verwaltungssitz, bevor ein Abtrag zur Baumaterialgewinnung erfolgte. Die heutigen Gebäude sind allesamt Neubauten aus dem Zeitalter der Romantik um 1830. Nun ging ich weiter über den Markt zum Stadtrand, fand jedoch keine Wandermarkierung mehr vor und so etwas nennt sich Fernwanderweg. Über den Schilfteichweg kam ich nach Großsedlitz, unterwegs machte ich Mittagspause auf einer sonnig gelegenen Bank. Im Verlauf lief ich am Straßenrand und über einen Flurweg nach Krebs, Markierung war hier ein „Gelber Punkt“. Erneut am Straßenrand und einen Flurweg gelangte ich nach Meusegast. Hier streifte ich zunächst nur den Rand der Ortschaft und bog dann in Ortsmitte nach links ab. Über einen durch gefrorenen Schnee schwierig zu begehenden Flurweg wanderte ich zur Wilden Kirche. Von der Felsspitze hat man einen guten Blick in das Seidewitztal und zum dortigen Steinbruch. Nach einer kurzen Pause folgte der Abstieg ins Seidewitztal. Nachdem ich unvermittelt an einer Furt an der Seidewitz ankam, mühte ich mich in der Folge über einen mit Totholz gespickten Uferpfad bis zur nächsten Brücke und lief über die Nentmannsdorfer Mühle zum Ausgangspunkt der Mündung Dürrleitengrund zurück. Wegen der Bedingungen doch recht erschöpft, trat ich schließlich die Rückfahrt an.

Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 5 h 30 min.
Die absolvierte Wegstrecke ist nur teilweise als Wanderweg markiert und größtenteils mit T1 zu bewerten. Die Erkundung des Kalksteinbruches, der Abstieg ins Müglitztal, der Besuch der Wilden Kirche und der Abstieg ins Seidewitztal sind abweichend als T2 einzuschätzen

Tourengänger: lainari


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Kommentare (2)


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mong hat gesagt:
Gesendet am 25. September 2017 um 02:26
Lainari ist der Mann, der uns über die Schönheit seiner Umgebung berichtet. Danke.

lainari hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. September 2017 um 17:27
Merci vielmals, mong!

Da mir der sportliche Ehrgeiz des Gipfelsammelns fernliegt, muss ich ja meine Touren mit irgendwas ausfüllen ;-)


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