Piz Cambrena, 3606m (& Arlasgrat zum Dessert ...)


Publiziert von Linard03 , 4. August 2016 um 06:51.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Oberengadin
Tour Datum:30 Juli 2016
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Bernina-Gruppe   Palü-Gruppe 
Zeitbedarf: 7:15
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 900 m
Strecke:Diavolezza - P.3011 - Eisnase - Piz Cambrena - Piz d'Arlas - Fcla d'Arlas - Diavolezza

Es war der Wunsch des Juniors, mal eine Hochtour im „Festsaal der Alpen“ zu machen. Es muss ja nicht gleich der „Modeberg“ Piz Palü sein ... Bereits vorletztes Jahr haben wir mal den Piz Cambrena ins Auge gefasst; erstaunlicherweise hiess es jedoch, der Berg sei aktuell nicht gefragt und werde eher selten begangen. War für uns zwar überhaupt nicht verständlich, denn der Piz Cambrena ist ein sehr schöner Berg. Andererseits bestärkte es unser Vorhaben, denn wir bevorzugen eigentlich nicht so stark frequentierte Berge …
 
Dieses Jahr starteten wir einen erneuten Versuch – und dieses Mal sollte es klappen. Wir fuhren am späteren Nachmittag mit der Seilbahn auf die Diavolezza und wurden in einem Mehrbettzimmer untergebracht (leider im grössten Zimmer, welches aber glücklicherweise nicht voll belegt war …). Um 18 Uhr trafen wir unseren Bergführer Gino beim Apéro; der Einheimische BF war uns auf Anhieb sehr sympathisch.
 
Sieht man mal von der Unterkunft ab, wähnt man sich auf der Diavolezza jeweils schon eher in einem Hotel denn in einer Hütte. Das feine 4-Gang-Menü liessen wir uns ebenfalls schmecken, während der Blick immer wieder durch das Fenster auf dem wunderschönen Bernina-Panorama haften bleibt. Bereits um 21 Uhr legten wir uns aufs Bett, an Schlafen war jedoch noch lange nicht zu denken. Leider gibt es immer wieder rücksichtslose Leute, welche bis weit nach 22 Uhr lärmen …
 
03.30 Uhr war Tagwache, 4 Uhr Frühstück. Wir hatten keine Eile, während die Palü- / Bernina-Aspiranten im Stress zu sein schienen, möglichst bald loszuziehen. Wir waren dennoch bald parat und um 04.25 Uhr zogen wir ebenfalls los.
Der mir bereits bekannte Weg rund um den Piz Trovat bis zum Gletscher hinunter zieht sich halt doch immer wieder in die Länge … Steigeisen anziehen und los ging’s direkt Richtung Cambrena. Eigentlich dachten wir, dass wir heutige die einzigen wären. Doch ein Kollege unseres BF’s (bzw. dessen Gäste?) hatten sich noch kurzfristig umentschieden und als neues Ziel ebenfalls den Cambrena gewählt.
 
Der Aufstieg sollte ein ständiges An- und Ausziehen der Steigeisen zur Folge haben – was jedoch auch Sinn machte: die Firnpassagen waren zu heikel ohne Steigeisen, die Felskletterei viel angenehmer ohne. Während wir uns dem eigentlichen Einstieg näherten, lief auch noch eine dritte 3er-Seilschaft (aus NL) auf, sodass wir beim Start also drei 3er-Seilschaften waren. Nicht ganz optimal in Anbetracht des Schutthaufens und der daraus möglichen Steinschlag-Gefahr.
 
Demzufolge gaben wir uns als erste Seilschaft grösstmögliche Mühe, keine Steine loszutreten, was nicht immer einfach war. Nach der ersten Kraxelei folgte eine kurze Firnpassage, für welche wir die Steigeisen wieder anzogen. Sicher eine gute Wahl, denn die Unterlage war pickelhart; rutschig und dementsprechend kaum ohne „machbar“ (die Holländer gingen allerdings ohne Steigeisen; mutig oder fahrlässig?).
 
Während einer kurzen Pause geniessen wir den herrlichen Sonnenaufgang und beobachten den Tatzelwurm, welcher sich Richtung Piz Palü bewegt. Nach der Firnpassage ein heikler Übergang auf die Felsen. Gemäss BF muss man hier jedes Mal neu beurteilen, welches die beste Route in diesem extrem brüchigen Gelände ist. Wir werden hier durch den BF gesichert, welcher einige Meter vorstieg. Wir gewannen Meter um Meter an Höhe, bis wir zum Einstieg der „Eisnase“ gelangten (wird offensichtlich neu nur noch „Eiskuppe“ genannt …).
 
Die erste Passage war sehr steil, zunehmend lehnt sich der Hang jedoch zurück und die letzten Meter bis zum Gipfel sind fast flach. Wir erreichten den Gipfel des Piz Cambrena (3606m) nach ca. 3 ¾ Std. ab Diavolezza. Wir genossen den herrlichen Gipfelblick, derweil auch die 2. Seilschaft eintraf. Ein so geräumiger Gipfel gibt es eher selten, es war zudem windstill und wir blieben deshalb ca. 50 Min. auf dem Gipfel.
 
Irgendwann hiess es jedoch Abschied nehmen, denn wir hatten noch ein reichhaltiges Programm vor uns. Wir stiegen also ab, nun Richtung NE haltend. Bald war der Einstieg zum Arlasgrat erreicht. Steigeisen wieder weg – wir sollten sie von nun an nicht mehr benötigen. Ein kurzer Aufstieg in gutem Fels, danach wieder einige Meter absteigen – so ging das nun fort auf dem Arlasgrat.
 
Eine erste, ausgesetzte Stelle (Vorgeschmack auf den Reitergrat) und schon bald gelangten wir zur Abseilstelle. Es lohnt sich, die „richtige“ Seillänge (50m) dabei zu haben, um bis ganz nach unten abseilen zu können. Danach bleiben wir weiterhin möglichst auf dem Grat, wobei einige Felsen links oder rechts umgangen werden müssen.
Schon bald gelangen wir zum Reitergrat, eine sehr schmale bzw. ausgesetzte Passage über wenige Meter. Es ist sicher möglich, aufrecht zu gehen, jedoch auch keine Schande zu sitzen …
 
Nach dieser Passage wird der Grat wieder freundlicher und stellenweise auch breiter. Ein grosser Steinmann markiert das Ende des Arlasgrates. Nun geht’s wieder in äusserst brüchigem Gelände („Geschirrladen“ gemäss BF …) den NW-Grat hinunter. Einen Teil dürfen wir dabei auf dem Schnee surfend hinter uns bringen. Die letzte Passage bzw. der Ausstieg ist von der Orientierung her nicht ganz einfach. Tendenziell natürlich eher links vom Grat haltend, um den Gletscher zu erreichen. Ein letztes Abseilen an den klettersteig-ähnlichen Eisen, dann standen wir auch bereits wieder auf dem Gletscher.
 
Zum Dessert folgte noch der ungeliebte Rückweg um den Piz Trovat, beinhaltet er doch zum Schluss nochmals einen giftigen Gegenanstieg. War heute jedoch überhaupt kein Thema, locker ging’s zurück zur Diavolezza, wo wir um 12.25 Uhr eintrafen, also genau 8 Std. nach unserem Aufbrechen.
 
Schön war’s!
Tour mit Andri
 
Fazit:
Eine herrliche Genusstour, welche viel Abwechslung bietet! Weshalb „alle“ nur den Piz Palü oder Piz Bernina besteigen wollen und der Piz Cambrena nur selten besucht wird, erschliesst sich uns nicht – aber schön, durften wir diesen Berg letztlich mit lediglich einer 2. Seilschaft besuchen!
 
Bemerkungen:
sorry, der GPS-track gibt nicht viel her; die Batterien sind mal wieder viel zu früh ausgestiegen …
 
Zeiten (inkl. Pausen):
  • Diavolezza – Piz Cambrena: ca. 3 ¾ Std.
  • Piz Cambrena – Arlasgrat – Diavolezza: ca. 3 ½ Std.

Tourengänger: Linard03


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Geodaten
 31103.gpx Cambrena

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