Rund ums Traufbachtal


Publiziert von frmat , 11. Juli 2016 um 16:50.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:28 Juni 2016
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m

Schaut man sich auf hikr um, gewinnt man in letzter Zeit immer öfter den Eindruck, das Allgäu eigne sich nur für "kleine Nachmittagsrunden". Schade, denn damit wird man der landschaftlichen Vielfalt und Schönheit dieses alpinen Teilraums kaum gerecht. Gerne durchbreche ich diesen Trend und stelle heute mal was ganz verwegenes vor: eine Ganztageswanderung ;) und das obwohl nach dem phänomenalen Sieg der Isländer gegen England noch ein wenig der Schädel drückt.

Die Umrundung des Traufbachtals ist eine gleichsam einsame wie reizvolle Wanderung, die allen ans Herz gelegt werden darf, die die üppige Allgäu-Vegetation nicht nur optisch, sondern v.a. haptisch erleben möchten. An einigen Stellen braucht's schon eine Grundausbildung im Gärtnern, womit ich zur Schwierigkeit komme: Der überwiegende Teil der Runde ist nicht schwerer als T3. Geht man (wie ich) die Tour gegen den Uhrzeigersinn, wird man bei guten Verhältnissen (und nur dann) den T4-Bereich nicht verlassen, wobei sich dies auf die Querung vom Waldrand zur Hirenalp sowie eine ganz kurze Kraxelstelle (3-4m) unterhalb des Krummensteins bezieht. Da es bei mir nicht ganz optimal war, und ich zudem das Märzle heikel spuren musste bewerte ich die Runde mit T5-.

Los geht's am Oberstdorfer Bahnhof, von wo aus mich der Shuttlebus für kleines Geld auf die Spielmannsau bringt. Über den Tobelweg erreiche ich schnell den Talgrund des Traufbachtals und verfolge den Weg bis kurz vor die Hintere Traufbergalpe. Wo es steiler wird leitet nach rechts ein Weg in die Wiese und mittels zwei Baumstämmen ist das Überqueren des Bachs kein Problem, ebenso wie die Orientierung bis hierher (T2).

Dies sollte sich nun ändern. Über die rechte Wiese steige ich höher und nutze einen Wirtschaftsweg um die nächste Weide weiter links oben zu gewinnen. In dieser geht's nun schon recht steil gerade nach oben bis zum Waldrand und zu einem Stacheldrahtzaun. Dahinter stoße ich bald auf Wegspuren, die mich durch den nun sehr steilen Wald überraschend problemlos nach oben leiten. Zuletzt verliert sich der Pfad ein wenig im üppigen Grün, aber der kleine Jägerstand ist dennoch als nächster Orientierungspunkt ohne weiteres zu finden (T3).

Für den Weiterweg bieten sich zwei Optionen an: Entweder wenige Meter absteigen und an geeigneter Stelle den Tobel queren (was ich leider erst später gesehen habe), oder (wie ich) dem Hang noch 20m bergauf folgen und zwischen den Büschen auf deutlichen Pfadspuren queren. Jenseits des Tobels vereinigen sich die Trittspuren bzw. verschwinden im Frühsommer unter üppigster Vegetation. Die auf den ersten Blick trivial wirkende Querung zur schon lange sichtbaren Hirenalp erweist sich als echte Knacknuss. Wer nicht zufällig seine Motorsense im Gepäck hat, lässt sicher den einen oder anderen Fluch im Unterholz verhallen. Besonders die Brennnesseln haben Ausmaße, dass man meint, sie seien nahe eines Atomkraftwerks gediehen. Pieken sogar durch die Hose, wie nervig. Als größter Feind entpuppt sich jedoch das Gebüsch, welches man oft intensiv durchkämmen darf. Ich sehe schon die Zecken auf den Wirt lauern. Dementsprechend langsam kommt man voran. An der Hirenalp lässt sich jedoch herrlich pausieren, mit einem genialen Blick zu Höfats und Kegelköpfen (T4).

Nach der Alpe sind nochmal knapp 100Hm bis zur Kammhöhe des Traufberges zu bewältigen. Dieser ist kein Gipfel sondern nur eine bewaldete Schulter, der ich einen kurzen Besuch abstatte, ohne zu wissen wo nun der "Gipfel" ist, bzw. ob ich auf dem "höchsten" Punkt war. Lohnt nicht. Stattdessen mache ich mich nun endlich an den schönsten Teil der Tour: Die Überschreitung des Grates vom Traufberg über den Krummenstein zum Fürschießer. Die Sache beginnt gemächlich. Deutliche Trittspuren leiten den unten breiten Grasrücken bergan. Wenig unterhalb des ersten Gipfels steilt das Gelände ein wenig auf, wird schmaler und leitet zur Schlüsselstelle. Ein kleiner Felskopf erdreistet sich, den schönen Grasgrat auf wenigen Metern zu unterbrechen (3m, I+ und steiles Gras, T4+). Im Aufstieg ist das ganze für geübte Wanderer allerdings halb so schlimm. Ehe das Adrenalin in den Körper schießt steht man auch schon oben und balanciert noch ein paar Meter über die Schneide. Von hier ist die Besteigung des Krummenstein dann reine Formsache (meist T3).

Vom Krummenstein geht's flink hinab auf eine große Ebene. Geradeaus würde es direkt zum Vorgipfel des Fürschießer weitergehen (Wegspuren). Ich nehme stattdessen die linke Variante und steige über den oberen Teil des Schwärzerrückens direkt zum bekreuzten Hauptgipfel des Fürschießer. Mittlerweile sehe ich auch, dass das Kar unterhalb der Krottenspitze ("Märzle") noch völlig eingeschneit ist. Eine frische Spur ist kaum auszumachen. Erstmal geht's jedoch einfach über den Nebengipfel in den Fürschießersattel (T3). Kurz überlege ich zur Kemptner Hütte abzusteigen, aber angucken kann man sich's ja mal. Die Querung des Kars ist nicht ganz ohne, im weichen Schnee recht heikel und wenn man abrutscht garantiert mindestens schmerzhaft. So wurde mir heute die Ehre zuteil, eine Spur durchs Märzle zu legen, was dank des mitgeführten Pickels aber doch recht einfach ging. Dennoch war dieser Part heute die Schlüsselstelle. Natürlich kam mir erst am Ende der Querung jemand entgegen, dessen Tritte ich dann nutzen konnte (T5-).

Die restliche Wanderung bestand schließlich aus zumeist gemütlichem Auslaufen in aussichtsreicher Umgebung über den einfachen Grat hinüber zum Kreuzeck. Über den Bettlerrücken verliert man rasch an Höhe, auf den teils steilen und ausgewaschenen Wegen ist nochmals etwas Konzentration gefragt (T3). Spätestens ab dem Sattel vor den Kegelköpfen ist jedoch wieder einfaches Gelände erreicht und über die schöne Krautersalpe geht es hinab ins Traufbachtal. Nahe der Hinteren Traufbergalpe ist die Runde komplett ehe die Terrasse der Spielmannsau zur gemütlichen Jause einlädt.


Tourengänger: frmat


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