Pizzo Pesciora 3120m


Publiziert von Bombo , 18. Januar 2009 um 03:31.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:17 Januar 2009
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Ski Schwierigkeit: ZS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   CH-VS   Gruppo Pizzo Rotondo 
Aufstieg: 1630 m
Abstieg: 1630 m
Strecke:Ronco - Alpe di Pesciora - Südwestgrat - Pizzo Pesciora - Ronco
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Airolo - Bedrettotal - Ronco
Unterkunftmöglichkeiten:Unterkünfte in Ronco
Kartennummer:LK 1:50'000, Bl 265 S "Nufenenpass"

"Pizzo Pesciora - das All-inclusive-Paket"


Zusammen mit ironknee konnte ich mir heute eine weitere Wunschtour erfüllen - den Pizzo Pesciora 3120m im Bedrettotal. Dieser verspricht eine unvergessliche Abfahrtsarena sowie einen spannende Gipfelkletterei. Ein Traumpanorama in alle Ecken der Schweiz, Uebungsgelände für Steil-Abfahrten sowie ein tricky Waldstück sind weitere Attribute, warum es sich lohnt, dem Urner- und Walliser Grenzgipfel einen Besuch abzustatten.

Start kurz vor 08.00 Uhr in Ronco. Die Aufstiegsspur beginnt gleich beim grossen Hotel-Parkplatz und zieht sich anfänglich auf einem Fussweg mitten durch die paar Häuser von Ronco durch, bevor diese sich dann auf einen Rücken unterhalb des Waldes zieht. Hier beginnt auch gleich die erste Ueberraschung, von welcher im Vorfeld bzw. in der Führerliteratur nicht viel geschrieben wurde. Die Aufstiegsspur (entlang dem Wanderweg) in der Waldpartie ist nicht nur steil, nein, sie ist nach ettlichen schneefallfreien Tagen auch völlig verharscht und teilweise sogar vereist. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, die Harscheisen schon von Anfang an zu montieren - diese werden eigentlich sowieso während der ganzen Tour benötigt (ausser man hat das Glück und es liegt frischer Schnee, wobei die Tour bei einer "erheblichen" Lawinengefahr meiner Meinung nach keineswegs gemacht werden sollte.

Im Waldstück folgt man wie erwähnt immer dem Wanderweg, welcher sich über hunderte von engen Kurven steil, teilweise bis 40 Grad, zur Alpe di Pesciora hochwindet. Erster grösserer Energie- und wahrsch. auch Zeitverlust ist vorprogrammiert, wer schon lange mal wieder über seine Aufstiegstechnik oder über ein loses Steighilfen-Gelenk fluchen wollte, der ist hier sicherlich am richtigen Ort.

Nach einer knappen Stunde erreicht man eine lang gezogene Mauer, welche exakt in der Nord-Südachse liegt (ist auch auf der LK eingezeichnet). Hier hat man die Wahl links oder rechts davon zu gehen - wir wählten den linken Weg, ein bisschen schneller und einfacher wäre jedoch der rechte Weg gewesen. Am besten bleibt man einfach in der plattformierten Aufstiegsspur, denn diese führt auf alle Fälle auf den Gipfel.

Weiter geht es in nördlicher Richtung in übersichtlichem und weitläufigem Gelände nach Löite dei Piani, wo man schon schön die Aufstiegsspur Richtung Gerenhorn und Pizzo Pesciora sieht. Bei den markanten Felsen (südlich P2538) steigt man nordwestwärts weiter hoch zum Pesciora-Gletscher - eine Spaltengefahr herrscht hier keine.

In der Führerliteratur werden nun 2 Varianten beschrieben - die eine zieht praktisch gerade hinauf Richtung Gerenhorn (leicht nordwestlich), während die andere westlich ausholt und so den lawinengefährdeten Steilhängen (bis 35 Grad) ausweicht. Bei so sicheren Verhältnissen wie heute gab's klar nur die direkte Variante, zumal ich die Aushol-Variante auch gar nicht gesehen habe.

Vor einem baut sich nun prächtig das Gerenhorn 3076m auf, welches man bei überschüssiger Enerige durchwegs noch mitnehmen kann. Unterhalb des Gerenhorns biegt die Pesciora-Spur in nordöstliche Richtung ab, wo man wenige Minuten später unterhalb des Passo di Superiore di Pesciora das Skidepot errichtet.

Wer sich wie ich mit diversen Pesciora-Berichten sowie der Führerliteratur vorbereit, wird schnell einmal feststellen, dass viele verschiedene Beschreibungen für den Fussaufstieg bzw. die Kletterei auf den Gipfel existieren. Soll man jetzt die Steigeisen mitnehmen bzw. anziehen, braucht es eine Seil oder kann man gleich ganz auf das Hochtouren-Sortiment verzichten und nur mit Skischuhen hochkraxeln - diese Frage werden sich schon einige gestellt haben. Nun, es bleibt immer Intepretationssache und jeder hat seine eigenen Grenzen. Ich habe mich auf jeden Fall für die Steigeisen und Pickel sowie auf meinen Wunsch hin auch noch für ein 30m-Seil entschieden. Was man auf alle Fälle zu Hausen lassen kann, ist das gesamt Klimbim, sprich Express, Karabinder, Bandschlingen, Achter, etc. Es hat diverse gute Zacken, wo man ein 20m oder 30m Seil verwenden kann. Das Seil ist wirklich Luxus und dient meiner Meinung nach vorallem im Abstieg, wenn die Sonne den Schnee schon ziemlich aufgeweicht hat, als Hilfe. Doch eben, die meisten steigen wahrsch. nur mit Skischuhen oder Steigeisen hoch. Die Kletterei bei solchen Bedingungen ist einfach und man ist (leider) schneller oben, als man denkt - ich hätte mir durchaus noch ein wenig mehr Klettereispass gewünscht. Wir haben übrigens vom Passo herkommend 2 Aufstiegskraxelspuren entdeckt - eine auf der linken (sprich da, wo man gerade steht) und eine auf der rechten Seite. Wir denken, dass die linke Spur die bessere Wahl ist, denn diese führt auch gleich direkt unter eine Aufstiegsrinne, in welcher man einfach das Gipfelplateau erreicht.

Nach rund 5 Stunden standen wir bei strahlendem Sonnenschein auf dem Gipfel des Pizzo Pesciora 3120m und genossen einmal mehr die Fernsicht in alle Himmelsrichtungen. Imposant wie immer das Finsteraarhorn mit seinen Nachbarn Lauteraarhorn und Schreckhorn sowie natürlich auch die unmittelbaren Gipfelnachbarn Pizzo Rotondo 3192m, Gross Leckihorn 3068m, Wittenwasserenstock 3082m, Pizzo Lucendro 2963m und weiter nördlich unser Spielplatz von letzter Woche mit Galenstock 3586m und Tiefenstock 3515m.

Für den Abstieg benötigten wir mehr Zeit als für den Aufstieg - wie oben schon beschrieben war das Seil gar keine schlechte Idee. Ironknee hätte dies zwar locker ohne gemacht, mir war es aber ein wenig wohler "mit". Da die Sonne schon ziemlich reinbrannte, verzichteten wir auf eine fette Znünipause beim Skidepot und verschoben diese talabwärts, sodass wir möglichst noch vom "Traumschnee" profitieren können. Und hier machten wir meiner Meinung nach einen groben Fehler. 

Da wir dachten, dass die Sonne den Schnee schon zu fest aufgeheizt hat und bekanntlich in den Schattengebieten noch Pulver liegen sollte, verzichteten wir auf die direkte Südabfahrt, welche zuerst links vom Felsband und dann dort steil rechts hinunter auf den Pesciora-Gletscher zieht. Dafür aber traversierten wir hart unterhalb des Gerenhorns vorbei bis zum Nordost-Sporn des Pizzo Rotondo. Dort erhofften wir uns Traumbedingungen und sahen eigentlich erst jetzt, dass wir alleine schon für diese Traverse 2 Traumhänge (den oben beschriebenen sowie beim Gletscher) verschenkt haben. Und statt dass wir nun mit Pulver belohnt wurden, gabs einen mühsamen Deckel, gopfverdeckel! Dabei habe ich mich so auf diese Abfahrt gefreut - glücklichweise sind wir dann weiter unten auf ca. 2500m immer mal wieder auf Pulver gestossen, dieser war aber wirklich sehr rar - dazu kommt, dass die Tour schon sehr verfahren ist. Meine Erkenntnis für ein anderes Mal, und ich werde garantiert wieder kommen: den ersten Tag nach einem Schneefall, wo die Lawinengefahr auf "mässig" zurückgeht, dann ist es die richtige Zeit für diese Pulverarena.

Wer bei der Alpe di Pesciora nun ein starkes Brennen in den Oberschenken spürt, dem sei gesagt, dass das "Schlimmste" erst noch folgt... Den steilen, hartgepressen und teilweise vereisten Waldweg darf man nun nämlich auch wieder runterfahren bzw. -rutschen - glücklich ist, wer kurze Skis hat... 182cm sind für die schmalen Waldwege definitiv sehr lang und fordern nochmals die volle Konzentration, sodass man nicht unfreiwillig im steilen Bachbett des Ri di Ronca landet. Pünktlich mit dem letzten Sonnenstrahl erreichten wir Ronco, wo man im Hotel-Restaurant, welchem die Parkplätze gehören, gemütlich noch ein Bier trinken kann.

Betreffend Schwierigkeiten bzw. Bewertungsskala:

Alpine Skitouren Zentralschweiz-Tessin: SS
Die schönsten Skitouren der Schweiz: WS+ (Fussaufstieg WS-).
Wir haben uns geeinigt, dass wir diese Tour mit ZS bewerten. Eine SS-Tour ist dies ganz bestimmt nicht, dies würde effektive SS-Touren absolut abwerten. Ein WS+ ist sehr mutig gewählt, müsste man nicht durch das steile Waldstück hoch (und vorallem auch wieder runter), so könnte man die Bewertung gerade noch stehen lassen, wobei einige Hänge im Mittelteil doch die ZS-Grenze erreichen.
Bei vereisten oder hartgepressten Verhältnissen im Waldstück benötigt es auf jeden Fall eine sichere Skitechnik und darf nicht unterschätzt werden.

Lässige Tour mit ironknee - besten Dank für die Begleitung!

SLF: mässig

Bericht von ironknee



Route Nr. 444b - Alpine Skitouren Zentralschweiz-Tessin - Willy Auf der Maur



Tourengänger: ironknee, Bombo


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WS- II ZS
17 Jan 09
Pizzo Pesciora (3120m) · ironknee

Kommentare (1)


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Fenek hat gesagt: Kribbeln.....
Gesendet am 18. Januar 2009 um 12:49
ich gratuliere euch beiden ganz herzlich zu dieser absoluten Traumtour. Nur schon zum Mitlesen und Mitschauen kommt das Bergfieber über mich. Ich hoffe, dass ich bald wieder mitziehen kann......

Liebi Grüess
Fenek


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