Das Krokodil am Göscheneralpsee (Bergsee-Klettersteig)
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In den Urner Alpen mangelt es nicht an exotischen Tieren. In der Steinwüste zwischen dem Chli und Gross Bielenhorn hat es zwei Kamele, unmittelbar daneben einen Grat voller Schildkröten und in der gleichen Gegend steht ein mächtiger Elefant namens Hannibal, dessen Besteigung nicht unerhebliche Kletterfähigkeiten erfordert. Allesamt sind diese Tiere natürlich aus Granit geformt.
Am Göscheneralpsee soll sogar ein Krokodil leben. Oder lebte vielmehr dort, bis die vielen Menschen, die sich im Sommer rund um den See aufhielten, dem scheuen Tier zu viel wurden. Es hat sich darum an den höher gelegenen Bergsee in die Nähe der gleichnamigen Hütte zurückgezogen. Damit sich seine Gäste nicht vor dem Krokodil zu fürchten brauchen, hat es der Hüttenwart mit starken Stahlseilen gezähmt. Nun ist es erst recht zur Attraktion geworden und zieht Neugierige wie mich an. Als ich davon las, nahm ich mir vor, es bald einmal zu besuchen, bevor es vom Schnee bedeckt in den Winterschlaf fällt.
Der Wanderweg vom Göscheneralpsee zur Bergseehütte steigt gleich nach der Postautohaltestelle recht steil an. Nach 20 Minuten und gut 100 Meter weiter oben befindet man sich auf der Brätschenflue. Ein Weg, der links abzweigt, führt zu einem lohnenden Aussichtspunkt. Wieder zurück auf dem Wanderweg, kommt man durch ein sumpfiges Hochmoor. Hier würde es bestimmt auch dem Krokodil gut gefallen, denke ich mir. Wer weiss, vielleicht hat es sich ja eine Zeit lang hier aufgehalten, bevor es hoch über dem Bergsee seine neue Heimat gefunden hat.
Die heutige Tour ist eher kurz, so dass ich nicht darauf achten muss, meine Kräfte gut einzuteilen. Den Hüttenaufstieg benütze ich als Konditionstraining und gehe etwas schneller als üblich. Nur ein wenig und zum Bergläufer werde ich deswegen noch lange nicht. Nach anderthalb Stunden bin ich bei der Hütte. Auf einem Felsblock mit Blick auf den Bergsee mache ich Rast und trockne in der Sonne mein verschwitztes T-Shirt. Der Armeehelikopter, der Brennholz zur Hütte gebracht hat, fliegt weg. Der Lärm, den er verursacht, zerreisst die idyllische Stille und wirkt störend. Doch wer möchte heutzutage das Holz von Hand hinauftragen?
Die Gegend um die Bergseehütte bietet vielfältige Klettermöglichkeiten: mehrere Klettergärten in Hüttennähe, unzählige Kletterouten auf die umliegenden Gipfel sowie für jene, die ohne Kletterpartner unterwegs sind, den Klettersteig. Der Zustieg ist weiss-blau-weiss markiert. Ein Stück vor mir gehen zwei mit Seil auf dem Rucksack. Anscheinend glauben sie, ich würde ihnen folgen. „Zum Klettersteig?“, ruft mir einer der beiden zu. „Dorthin geht es unten durch!“ Tatsächlich gabelt sich gleich darauf der markierte Weg: links ist der Abstieg vom Klettersteig, bzw. der Zustieg zu den Südwandrouten des Bergseeschijen, wo die beiden vermutlich hin wollen, während es rechts unter den Felsen und an einem markanten Zacken vorbei zum Klettersteig geht. Dessen Einstieg befindet sich auf der Ostseite des ersten Turms, den es zu erklimmen gilt.
Eisenklammern helfen über die ersten, ziemlich glatten Felsplatten hinauf. Nachher sind Aufstiegshilfen aus Eisen nur noch dort vorhanden, wo es kaum natürliche Tritte und Griffe hat. Das macht diesen Klettersteig, der mit K2-K3 bewertet wird, anspruchsvoller, aber auch interessanter. Wer nicht weiss, wo die Füsse hinstellen und sich mit den Händen festhalten, kann sich notfalls auch am Stahlseil hoch ziehen. Kurzum, mehr Granit als Eisen und es soll statt nur gestiegen auch geklettert werden. Der Klettersteig ist zweigeteilt: Nach dem ersten Turm geht es hinab zu einer Senke, wo das Stahlseil endet. Wer bereits genug hat, kann hier aussteigen. Es führt ein Pfad hinunter, ein anderer hinüber zum zweiten Turm mit dem Krokodil. Dieser ist kürzer als der erste. Bald hat man die beiden Felszacken erreicht, welche die Schnauze des Krokodils bilden. Dazwischen verläuft der Klettersteig. Man hat also das Vergnügen, gewissermassen durch den geöffneten Rachen des Fabeltiers zu klettern, bevor man vor einer weiteren Herausforderung steht: der Drahtseilbrücke.
In der Fürenwand hatte ich bei der Strickleiter das Bild vom Zirkus und dem Aufstieg zum hohen Seil vor Augen. Und nun habe ich das Zirkusseil unmittelbar vor mir. Allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass es noch zusätzlich zwei Seile als Handlauf hat, an denen ich mich festhalten kann. So ein Seiltanz ist eine gewisse Herausforderung, vor allem mentaler Art – wobei es das Seil ist, das tanzt, und zwar bei jedem Schritt, den ich mache. Um die Schwingungen zu bremsen, stehe ich immer wieder still und warte, bis sich das Seil beruhigt hat. Allzu gerne würde ich jetzt ein Selfie schiessen, doch dafür fehlt mir mindestens eine Hand…
Im Unterschied zur Fürenwand – an jenem Tag herrschte ein ständiges Kommen und Gehen – scheint das Krokodil nicht allzu oft Besuch zu haben. Einzig ein einsamer Berggänger wie ich ist heute hier. Vor der Seilbrücke, wo ich anhalte um ihn vorbeizulassen, hat er mich eingeholt. Er winkt ab. Er sei müde und müsse zuerst ausruhen. Unten in der Senke, am Ende des Klettersteigs, treffen wir uns wieder und beobachten zusammen das unheimliche Schauspiel auf der gegenüberliegenden Talseite. Dort poltern mit lautem Getöse in drei Wellen so viele und so grosse Steine bis auf den Wanderweg hinab und ziehen eine riesige Staubfahne hinter sich her, dass es aussieht wie ein kleiner Bergsturz. Hier, hoch oben in den Felsen, ist es heute offensichtlich weniger gefährlich als auf dem Seerundgang, in der Falllinie des schmelzenden Permafrostes.
Mein Tagesziel habe ich erreicht. Der andere hat sich bereits verabschiedet und ist auf dem Abstieg, ich verweile noch ein wenig. Wenn ich schon einmal einen ganzen Klettersteig für mich allein habe, sollte ich mir eine solche Gelegenheit nicht entgehen lassen. Ich klettere nochmals bis zur Seilbrücke hinauf, und zwar vor allem, um den sog. „Prohaska-Knoten“ auszuprobieren. In einem Buch habe ich gelesen, dass als Selbstsicherung auf dem Klettersteig eine 5-mm-Reepschnur mit einem Prohaska-Knoten verwendet werden könne. Diesen Klemmknoten will ich nun testen und ein wenig damit üben. Nebst der verknoteten Reepschnur braucht es dazu nur zwei kleine Schraubkarabiner. In den ersten hängt man die Reepschnur, umschlingt damit zweimal das Drahtsteil und führt sie durch den Karabiner hindurch, wobei das Ende mit dem zweiten Karabiner – wie hier abgebildet – am Sicherungsring des Klettergurts befestigt wird.
Der Prohaska-Knoten klemmt sogleich bei der geringsten Belastung. Um ihn am Drahtseil verschieben zu können, muss ich ihn jeweils zuerst wieder entlasten. Das behindert schon mal den Bewegungsablauf. Theoretisch könnte man diese Selbstsicherung beliebig oft anwenden, was selbstverständlich zu einem enormen Zeitaufwand führen würde. Denn nach jedem Abschnitt müssen nicht nur die Seilenden des Klettersteigsets umgehängt werden, auch der Klemmknoten müsste jedes Mal gelöst und wieder neu geknüpft werden. Praktisch wird diese Art von Selbstsicherung daher lediglich bei besonders schwierigen Stellen oder bei Ermüdung zur Anwendung kommen. Dennoch halte ich es für sinnvoll, diese kleine Zusatzausrüstung mitzuführen und ihren Gebrauch immer mal wieder zu üben. Allein das Wissen um die Möglichkeit einer solchen Selbstsicherung ist hilfreich. Und im Extremfall könnte sie vielleicht einen verhängnisvollen Sturz verhindern.
Nach diesem nochmaligen, genussvollen Herumklettern mache ich mich um 15 Uhr auf den Rückweg. Im Blockgelände bis zur Hütte komme ich nur langsam voran. Dafür nehme ich anschliessend den Wanderweg zur Göscheneralp grösstenteils im Galopp. Hervorragend ausgebaut, breit und gut gestuft, mit seinen unzähligen Holzschwellen, bietet sich das geradezu an. So bin ich kurz vor halb fünf – genau zeitgleich mit dem Postauto – auf dem Parkplatz beim Berggasthaus Dammagletscher. Wenige Minuten, dann schliessen sich die Türen und das Postauto fährt hinunter nach Göschenen. Gewiss, ein ungewöhnlich rasches Ende der Tour, ein allzu abrupter Abschied von der schönen Gegend. Doch ich kann ja wieder kommen. Und ich werde wiederkommen! Es gibt noch viel zu entdecken!
P.S. Als ich diesen Bericht zu schreiben begann, war noch Sommer. Und was für ein Sommer! Nie zuvor war ich so oft in den Bergen wie in diesem Sommer. Unablässig verfolgte ich die Wetterprognosen, wählte jeweils den schönsten Tag der Woche und zog los. So blieb oft kaum Zeit für die Tourenberichte. Es war fast wie eine Sucht: Kaum zurück zu Hause und ein bisschen ausgeruht, plante ich bereits die nächste Tour – oder hatte mich zuvor schon dafür angemeldet. Wie der grossartige, viertägige Kurs "Mit Bergschuhen und am kurzen Seil" anfangs Juli im Bächlital, der mich auf den kleinen und den grossen Diamantstock geführt hat. Das wäre gewiss einen Bericht wert gewesen! Doch zu dem Zeitpunkt waren noch nicht einmal die vier Tage in Zermatt fertig verarbeitet. Und dann kam schon das nächste Abenteuer...
Inzwischen ist es ruhig geworden. Als Wintermuffel, der noch nie Ski gefahren ist, zieht es mich um diese Jahreszeit nicht in die Berge. Es liegt zwar noch kaum Schnee. Die möglichen Tourenziele sind dennoch stark eingeschränkt. Und vor allem sind die Tage sehr kurz. So wird der vorliegende Bericht für dieses Jahr ziemlich sicher der letzte sein. Allen Leserinnen und Lesern meiner Berichte wünsche ich schöne Festtage und ein glückliches 2016 voller Lebensfreude. Übrigens, die Tage werden bereits wieder ganz leicht länger. Der nächste Bergsommer rückt näher! :-)
Am Göscheneralpsee soll sogar ein Krokodil leben. Oder lebte vielmehr dort, bis die vielen Menschen, die sich im Sommer rund um den See aufhielten, dem scheuen Tier zu viel wurden. Es hat sich darum an den höher gelegenen Bergsee in die Nähe der gleichnamigen Hütte zurückgezogen. Damit sich seine Gäste nicht vor dem Krokodil zu fürchten brauchen, hat es der Hüttenwart mit starken Stahlseilen gezähmt. Nun ist es erst recht zur Attraktion geworden und zieht Neugierige wie mich an. Als ich davon las, nahm ich mir vor, es bald einmal zu besuchen, bevor es vom Schnee bedeckt in den Winterschlaf fällt.
Der Wanderweg vom Göscheneralpsee zur Bergseehütte steigt gleich nach der Postautohaltestelle recht steil an. Nach 20 Minuten und gut 100 Meter weiter oben befindet man sich auf der Brätschenflue. Ein Weg, der links abzweigt, führt zu einem lohnenden Aussichtspunkt. Wieder zurück auf dem Wanderweg, kommt man durch ein sumpfiges Hochmoor. Hier würde es bestimmt auch dem Krokodil gut gefallen, denke ich mir. Wer weiss, vielleicht hat es sich ja eine Zeit lang hier aufgehalten, bevor es hoch über dem Bergsee seine neue Heimat gefunden hat.
Die heutige Tour ist eher kurz, so dass ich nicht darauf achten muss, meine Kräfte gut einzuteilen. Den Hüttenaufstieg benütze ich als Konditionstraining und gehe etwas schneller als üblich. Nur ein wenig und zum Bergläufer werde ich deswegen noch lange nicht. Nach anderthalb Stunden bin ich bei der Hütte. Auf einem Felsblock mit Blick auf den Bergsee mache ich Rast und trockne in der Sonne mein verschwitztes T-Shirt. Der Armeehelikopter, der Brennholz zur Hütte gebracht hat, fliegt weg. Der Lärm, den er verursacht, zerreisst die idyllische Stille und wirkt störend. Doch wer möchte heutzutage das Holz von Hand hinauftragen?
Die Gegend um die Bergseehütte bietet vielfältige Klettermöglichkeiten: mehrere Klettergärten in Hüttennähe, unzählige Kletterouten auf die umliegenden Gipfel sowie für jene, die ohne Kletterpartner unterwegs sind, den Klettersteig. Der Zustieg ist weiss-blau-weiss markiert. Ein Stück vor mir gehen zwei mit Seil auf dem Rucksack. Anscheinend glauben sie, ich würde ihnen folgen. „Zum Klettersteig?“, ruft mir einer der beiden zu. „Dorthin geht es unten durch!“ Tatsächlich gabelt sich gleich darauf der markierte Weg: links ist der Abstieg vom Klettersteig, bzw. der Zustieg zu den Südwandrouten des Bergseeschijen, wo die beiden vermutlich hin wollen, während es rechts unter den Felsen und an einem markanten Zacken vorbei zum Klettersteig geht. Dessen Einstieg befindet sich auf der Ostseite des ersten Turms, den es zu erklimmen gilt.
Eisenklammern helfen über die ersten, ziemlich glatten Felsplatten hinauf. Nachher sind Aufstiegshilfen aus Eisen nur noch dort vorhanden, wo es kaum natürliche Tritte und Griffe hat. Das macht diesen Klettersteig, der mit K2-K3 bewertet wird, anspruchsvoller, aber auch interessanter. Wer nicht weiss, wo die Füsse hinstellen und sich mit den Händen festhalten, kann sich notfalls auch am Stahlseil hoch ziehen. Kurzum, mehr Granit als Eisen und es soll statt nur gestiegen auch geklettert werden. Der Klettersteig ist zweigeteilt: Nach dem ersten Turm geht es hinab zu einer Senke, wo das Stahlseil endet. Wer bereits genug hat, kann hier aussteigen. Es führt ein Pfad hinunter, ein anderer hinüber zum zweiten Turm mit dem Krokodil. Dieser ist kürzer als der erste. Bald hat man die beiden Felszacken erreicht, welche die Schnauze des Krokodils bilden. Dazwischen verläuft der Klettersteig. Man hat also das Vergnügen, gewissermassen durch den geöffneten Rachen des Fabeltiers zu klettern, bevor man vor einer weiteren Herausforderung steht: der Drahtseilbrücke.
In der Fürenwand hatte ich bei der Strickleiter das Bild vom Zirkus und dem Aufstieg zum hohen Seil vor Augen. Und nun habe ich das Zirkusseil unmittelbar vor mir. Allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass es noch zusätzlich zwei Seile als Handlauf hat, an denen ich mich festhalten kann. So ein Seiltanz ist eine gewisse Herausforderung, vor allem mentaler Art – wobei es das Seil ist, das tanzt, und zwar bei jedem Schritt, den ich mache. Um die Schwingungen zu bremsen, stehe ich immer wieder still und warte, bis sich das Seil beruhigt hat. Allzu gerne würde ich jetzt ein Selfie schiessen, doch dafür fehlt mir mindestens eine Hand…
Im Unterschied zur Fürenwand – an jenem Tag herrschte ein ständiges Kommen und Gehen – scheint das Krokodil nicht allzu oft Besuch zu haben. Einzig ein einsamer Berggänger wie ich ist heute hier. Vor der Seilbrücke, wo ich anhalte um ihn vorbeizulassen, hat er mich eingeholt. Er winkt ab. Er sei müde und müsse zuerst ausruhen. Unten in der Senke, am Ende des Klettersteigs, treffen wir uns wieder und beobachten zusammen das unheimliche Schauspiel auf der gegenüberliegenden Talseite. Dort poltern mit lautem Getöse in drei Wellen so viele und so grosse Steine bis auf den Wanderweg hinab und ziehen eine riesige Staubfahne hinter sich her, dass es aussieht wie ein kleiner Bergsturz. Hier, hoch oben in den Felsen, ist es heute offensichtlich weniger gefährlich als auf dem Seerundgang, in der Falllinie des schmelzenden Permafrostes.
Mein Tagesziel habe ich erreicht. Der andere hat sich bereits verabschiedet und ist auf dem Abstieg, ich verweile noch ein wenig. Wenn ich schon einmal einen ganzen Klettersteig für mich allein habe, sollte ich mir eine solche Gelegenheit nicht entgehen lassen. Ich klettere nochmals bis zur Seilbrücke hinauf, und zwar vor allem, um den sog. „Prohaska-Knoten“ auszuprobieren. In einem Buch habe ich gelesen, dass als Selbstsicherung auf dem Klettersteig eine 5-mm-Reepschnur mit einem Prohaska-Knoten verwendet werden könne. Diesen Klemmknoten will ich nun testen und ein wenig damit üben. Nebst der verknoteten Reepschnur braucht es dazu nur zwei kleine Schraubkarabiner. In den ersten hängt man die Reepschnur, umschlingt damit zweimal das Drahtsteil und führt sie durch den Karabiner hindurch, wobei das Ende mit dem zweiten Karabiner – wie hier abgebildet – am Sicherungsring des Klettergurts befestigt wird.
Der Prohaska-Knoten klemmt sogleich bei der geringsten Belastung. Um ihn am Drahtseil verschieben zu können, muss ich ihn jeweils zuerst wieder entlasten. Das behindert schon mal den Bewegungsablauf. Theoretisch könnte man diese Selbstsicherung beliebig oft anwenden, was selbstverständlich zu einem enormen Zeitaufwand führen würde. Denn nach jedem Abschnitt müssen nicht nur die Seilenden des Klettersteigsets umgehängt werden, auch der Klemmknoten müsste jedes Mal gelöst und wieder neu geknüpft werden. Praktisch wird diese Art von Selbstsicherung daher lediglich bei besonders schwierigen Stellen oder bei Ermüdung zur Anwendung kommen. Dennoch halte ich es für sinnvoll, diese kleine Zusatzausrüstung mitzuführen und ihren Gebrauch immer mal wieder zu üben. Allein das Wissen um die Möglichkeit einer solchen Selbstsicherung ist hilfreich. Und im Extremfall könnte sie vielleicht einen verhängnisvollen Sturz verhindern.
Nach diesem nochmaligen, genussvollen Herumklettern mache ich mich um 15 Uhr auf den Rückweg. Im Blockgelände bis zur Hütte komme ich nur langsam voran. Dafür nehme ich anschliessend den Wanderweg zur Göscheneralp grösstenteils im Galopp. Hervorragend ausgebaut, breit und gut gestuft, mit seinen unzähligen Holzschwellen, bietet sich das geradezu an. So bin ich kurz vor halb fünf – genau zeitgleich mit dem Postauto – auf dem Parkplatz beim Berggasthaus Dammagletscher. Wenige Minuten, dann schliessen sich die Türen und das Postauto fährt hinunter nach Göschenen. Gewiss, ein ungewöhnlich rasches Ende der Tour, ein allzu abrupter Abschied von der schönen Gegend. Doch ich kann ja wieder kommen. Und ich werde wiederkommen! Es gibt noch viel zu entdecken!
P.S. Als ich diesen Bericht zu schreiben begann, war noch Sommer. Und was für ein Sommer! Nie zuvor war ich so oft in den Bergen wie in diesem Sommer. Unablässig verfolgte ich die Wetterprognosen, wählte jeweils den schönsten Tag der Woche und zog los. So blieb oft kaum Zeit für die Tourenberichte. Es war fast wie eine Sucht: Kaum zurück zu Hause und ein bisschen ausgeruht, plante ich bereits die nächste Tour – oder hatte mich zuvor schon dafür angemeldet. Wie der grossartige, viertägige Kurs "Mit Bergschuhen und am kurzen Seil" anfangs Juli im Bächlital, der mich auf den kleinen und den grossen Diamantstock geführt hat. Das wäre gewiss einen Bericht wert gewesen! Doch zu dem Zeitpunkt waren noch nicht einmal die vier Tage in Zermatt fertig verarbeitet. Und dann kam schon das nächste Abenteuer...
Inzwischen ist es ruhig geworden. Als Wintermuffel, der noch nie Ski gefahren ist, zieht es mich um diese Jahreszeit nicht in die Berge. Es liegt zwar noch kaum Schnee. Die möglichen Tourenziele sind dennoch stark eingeschränkt. Und vor allem sind die Tage sehr kurz. So wird der vorliegende Bericht für dieses Jahr ziemlich sicher der letzte sein. Allen Leserinnen und Lesern meiner Berichte wünsche ich schöne Festtage und ein glückliches 2016 voller Lebensfreude. Übrigens, die Tage werden bereits wieder ganz leicht länger. Der nächste Bergsommer rückt näher! :-)
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