Auf der düsteren Seite des Alpsteins, Fliswand NE-Couloir


Publiziert von danski , 16. Februar 2015 um 21:19.

Region: Welt » Schweiz » Appenzell
Tour Datum:15 Februar 2015
Ski Schwierigkeit: SS
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alpstein   CH-AI   CH-SG 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1800 m
Strecke:Wildhaus - Flürentobel - Chreialp - Oberscheren - P.2386; Abfahrt via Fliswand NE-Couloir und via Rotsteinpass zurück nach Unterwasser

Und plötzlich verhiessen die Wetteraussichten für Sonntag doch noch Gutes... Also, warum nicht einmal auf Dolmars Spuren wandeln, bzw. fahren? Die Berichterstattung von seiner Top-Tour am letzten Donnerstag hat uns geradezu hochmotiviert, in eine uns bis ahnhin recht unbekannte Gegend vorzustossen und ein kleines Ski-Abenteuer zu erleben.

Gemütlich und schon weit nach 0900 starten wir in Wildhaus Richtung Altmann. Sonnenschein und warme Temperaturen übertreffen unsere Erwartungen. Das Flürentobel bietet sich als willkommene Abkürzung an und es ist noch verhältnismässig gut zu begehen. Nur am oberen Ende macht Lawinenschnee eine kurze Portage nötig. Danach gehts zügig weiter zum Einstieg des steilen Weges hoch zur Chreialp. Allgemein liegt wenig Schnee auf der Südseite des Obertoggenburgs und es hätte uns alles andere als erstaunt, hätten wir Kletterer in der Schafbergwand entdeckt. Hart gefroren und ausgerutscht präsentiert sich der untere Abschnitt des Bergweges. Erneut kommen wir um eine kurze Portage nicht herum. Bald wird der Weg weniger steil und der Aufstieg mit Skis wieder möglich. Auf der Chreialp haben wir das erste Mal Sichtkontakt mit Dolmars Spuren, nämlich jenen in der Moor SE-Flanke. Atemberaubende Linie, die uns lockt, doch uns sollte das Fliswand-Couloir genug sein. Durch die Karstlandschaft von Oberscheren skiwandern wir am Altmann vorbei, dessen Grate und Flanken ebenfalls trocken und gut kletterbar wären. Der SW-Hang unter dem P.2386, der den Einstieg zum Fliswand-Couloir markiert, firnt unter der verschleierten Sonne nicht auf. Harscheisen hätten wir dabei, doch als wir sie brauchen könnten, stehen wir schon zu weit im hart gefrorenen Hang. Etwas unangenehm und jede Spitzkehre ausbalancierend, erreichen wir den markanten Wegweiser "Altmannsattel". Mit aufgebundenen Skis folgen wir den weiss-blau-weissen Markierung und darüber hinaus bis in die unscheinbare Einsattelung unterhalb des P.2386. Ein einsame Skispur führt hoch und auf der anderen Seite hinunter. Es muss Dolmars sein. Ganz schön steil rollt das Couloir die bei den herrschen Lichtverhältnissen recht düster erscheinenden Felswände hinunter.

Fliswand NE-Couloir

Wir haben keine Eile doch eine gewisse Nervosität erfasst uns unweigerlich. Was wir sehen, sieht zwar ziemlich perfekt und einladend aus, aber gemäss Dolmars Ausführungen wartet die exponierte Querung mit einer vereisten Platte auf uns. Wir werden sehen... Das warm-up entfällt und jeder turn muss gleich sauber gelingen. Das tun sie auch auf dem perfekten, weichen Presspulver der im Verlauf von lockerem Pulverschnee abgelöst wird. Einfach perfekt! Spuren sind keine mehr zu erkennen als wir uns der Traverse nähern. An dieser Stelle wird es noch einmal richtig steil und man  befindet sich direkt über einem Felsabbruch. Die Sicht ist mittlerweile diffus, was vor allem dem Vorausfahrenden zu schaffen macht. Nic wagt sich als erster in die felsdurchsetzte Traverse. In der linken Hand ankert er mit dem Pickel und testet den Schnee mit dem Stock, und tatsächlich, es ist ziemlich eisig. Mit sehr viel Vorsicht überwindet er die Stelle und ruft uns erleichtert zu. Nun bin ich am Zug. Eigentlich würde ich am liebsten mit etwas Speed darüber hinwegbrettern, doch Nic rät ab. Mit einem unguten Gefühl nähere ich mich der Stelle. Anfänglich geht es gut als ich mit beiden Skikanten plötzlich abrutsche. Ich versuche mich noch aufzurichten aber ich habe schon zu viel Rücklage. Mit einem Ski bleibe ich hängen und mache einen Überschlag, steuere auf einen Felsen zu und fliege im nächsten Moment in hohem Bogen darüber hinweg. Die Landung ist glücklicherweise weich. Verzweifelt versuche ich mich gegen die Schwerkraft zu wehren und schliesslich komme ich sanft zu Stillstand. Der eine Ski ist noch dran, den anderen kann ich gerade noch greifen, bevor er in der Tiefe entschwindet. Nun ein kurze Bestandesaufnahme von Körper und Material. Puh, alles in Ordnung und nichts verloren! Doch Georg steht noch oben. Wir beide raten ihm, die Stelle mit Geschwindigkeit fahrend zu meistern, was er dann auch problemlos schafft. Das wäre sie also gewesen, die optimale Lösung... Die Schwierigkeiten sind nun geschafft und wir cruisen entspannt die "Badewanne" mit grossen, schnellen Radien. Ein weiterer etwas windbeeinflusster Hang bringt uns hinunter auf die Autobahn zum Rotsteinpass. Schnell haben wir diesen erreicht, gönnen uns eine kurze Pause und erfreuen uns nicht sonderlich am Anblick der bevorstehenden Abfahrt hinunter zur Thurwis. Wir starten ohne grosse Erwartungen und halten uns möglichst hoch traversierend unter der Fliswand und siehe da, wir finden weite, unverspurte Hänge mit weichem, pulvrigen Schnee! Mittlerweile zeigt sich auch wieder die Sonne und weicht den Schnee gerade so weit auf, dass er butterweich wird. Nur einmal müssen wir die Skis für ein kurzes Stück auf der Strasse tragen, bevor wir zufrieden und mit einem breiten Grinsen in Unterwasser einfahren.

Danke an Dolmar für die Inspiration! Von einer Befahrung des Couloirs würde ich jedoch momentan abraten, da die Traverse ohne Neuschnee bestimmt nicht weniger eisig wird. Naja, man könnte auch behaupten, stürzen sei an dieser Stelle gar nicht so tragisch, aber ich würde eher dazu tendieren, dass ich sehr viel Glück hatte...

Tourengänger: nprace, danski


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Kommentare (2)


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tricky hat gesagt: oha
Gesendet am 16. Februar 2015 um 22:45
Das Fliswand Couli hatten wir am letzten Donnerstag von unten angeschaut. Das scheint ja richtig beliebt zu ein.
Gratuliere zur Tour und das alles gut verlaufen ist. Stürze im Steilen sind unangenehm :-)

Dolmar hat gesagt:
Gesendet am 18. Februar 2015 um 22:55
Gratulation natürlich auch meinerseits.
Sehr mitreissend geschrieben. Super das Ihr alle heil angekommen seid.

Gruß
Dolmar


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