Pflerscher Tribulaun 3096m


Publiziert von bergteufel , 30. Januar 2015 um 00:49.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:15 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   I 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:von der Brennerlandstrasse in Gossensass abbiegen nach St. Anton im Pflerschtal, ca. 9km fahren und dann kurz vor dem Ort, den Bach nicht überqueren, geradeaus weiter. Dann ca. 2km einer Schotterstrasse folgen zu einem kleinen Parkplatz. Genaue Beschreibung unter tribulaunhuette.com
Unterkunftmöglichkeiten:Italienische Tribulaunhütte 2368m

Servus.

Heute habe ich mir den Pflerscher Tribulaun vorgenommen. Ein Traumberg, nur leider steht er am falschen Ort. So einfach ist das, weshalb man dann auch nur sehr wenig Besuch erhält. Knapp vor den namhaften Stubaier Schneebergen, in der Pflerschtalsackgasse, findet er kaum Beachtung als Südtiroler Paradehügel. Er ist es aber, da gibt`s keinen Zweifel und deshalb mach ich hier ein wenig Werbung unter Bergkameraden für ihn. Jeder Wanderer, der einmal die Innsbrucker Hütte besucht hat, dem prägt sich dieser Prachtberg ein, wenn er südwärts gegen die Sonne blickt. Ein wahres Bergsteigerherz schreit, wenn es den Pflerscher vom Habicht aus in Ruhe studiert: Da will ich hoch!

Vorbemerkungen:

Der Tribulaun ist kein Spassbuckerl, sondern eine ernste Bergfahrt. Der Normalweg erreicht den SG III nur knapp, deshalb ist er klettertechnisch im Standardbereich, aber seine Wetterbedingungen entsprechen denen des Alpenhauptkamms und das ist eben nicht ganz Südtiroler like.

Ich wähle die südliche Anstiegsseite, weil auf der nördlichen, österreichischen schon hartgefrorener Schnee liegt. Für mich heißt das etwa 30Min. mit dem Auto mehr. Heute habe ich schwierige Bedingungen, wegen dem Schnee der letzten Tage, aber die angesagte Sonne sollte diesen weich machen - soweit die Prognose.

Anfahrt: Es ist schon etwas verwegen um 3 Uhr in München ins Auto zu steigen (ein wenig bekloppt sind alle Bergsteiger) und 3 Std. zum Ausgangspunkt zu düsen. Egal, dieser Berg ist es wert. Am Brenner oben ausfahren, die Landstrasse runter bis Gossensass und dort rechts ab ins Pflerschtal. Ungefähr 9 km Richtung St. Anton fahren, kurz vor dem Ort, bevor der Bach gekreuzt wird, geht`s dann geradeaus weiter. Man folgt der Schotterstrasse ca. 2 km, an einem Mauthäuschen?? oder sowas (zumindest mit Schlagbaum) vorbei, und schliesslich kommt man zu einem kleinen Parkplatz. Hier beginnt bei einer grossen Hüttentafel Wanderweg Nr. 8. Auf der Homepage tribulaunhuette.com wird die Anreise genau beschrieben (nur zur Info).

Zur Zeitangabe. Ich bin topfit und habe für die Tour heute 11 Std. gebraucht, allerdings gönnte ich mir 2 ausgiebige Pausen. Ich weiss, ich kann das bei guten Bedingungen in knapp 9 Std. bewältigen. Es hängt auch viel davon ab, wie man um 3 Uhr morgens aus dem Startloch kommt. Topfit sollte man hier hoch schon sein und 9-12 Std., eine Tagestour halt, ist ein tolles Ergebnis. 

Ich gehe die Tour alleine.

Tourbeschreibung, auf geht`s:

Vom Parkplatz folge ich dem markierten Weg Nr. 8 zur Südtiroler Tribulaunhütte. Im Grossen und Ganzen wandert man in einem gschmeidigen Halbkreis dem schon lange sichtbaren Berg entgegen. Der Wanderweg schlängelt sich durch Lawinenverbauungen und Latschen, ehe sich das Gelände beim  Herrgottsbankerl vor dem Berg öffnet. Nahe am Bergfuß, wo der Wanderweg verflacht, sich gabelt und nach Westen zur Tribulaunhütte abdreht, verlässt man den markierten Pfad. Vom Auto hierher 1,5- 2 Std. Jetzt geht es geradeaus, direkt nach Norden weiter, eine Schotterreise wird leicht ansteigend gequert auf die Zustiegsrinne zu. Links oberhalb der Rinne (über dem senkrechten, gelben Felsabbruch) befindet sich ein Kar, welches das nächste Ziel ist. Bevor die Scharte beginnt, erblickt man zur Linken die Südtiroler Tribulaunhütte mit dem Sandessee.

Die Scharte ist grausam. Eine der schlimmsten Stellen all meiner Bergtouren lauert hier. Pause bitte vorher machen. Das Motto in der ausgewaschenen Rinne lautet, schnellst möglich durch, denn oben drüber stehen häufig Gamsen, die sich einen Spass aus dem Preisschiessen auf Bergsteiger machen. Gleiches gilt für den Abstieg.
Aber dem noch nicht genug. Die polierte Rinne endet in einem bröseligen (d.h. brüchig gesteigert) Felsabschnitt, den man links ansteigend verlassen muss SG II, um den Rinnenrand zu erreichen. Hier gibt es kein festes Steinchen, die Passage ist nass (zumindest heute, wegen dem Schnee letzte Nacht), glatt und ziemlich unangenehm zu klettern. Das alles hier weist eine sehr gefährliche Qualität auf. Wer sich die letzten Meter der Querung nicht zutraut, der kann kurz vor dem Rinnenrand einen hier ansetzenden Riss nach oben steigen, an dessen oberen Ende eine Abseilstelle eingerichtet ist (aber das wäre Quatsch, hier erhöht man nur das Risiko, denn der Riss ist SG III-). Im Abstieg ist hier mindestens ein 40m Seil nötig und man nutzt diese Abseilstelle gerne.

Jetzt einmal durchschnaufen und das Kar gegen Norden ansteigen (deutliche Steigspuren). Weiter oben direkt in die schluchtartige Rinne und dort hoch SG I+ oder links daneben an den Begrenzungsfelsen hinauf SG I+. Letztendlich gibt es hier überall Steinmänner die zum gleichen Ziel führen. Wenn das Gelände aufsteilt, bei der letzten Steilstufe, quert man nach rechts (ostwärts) auf einem Band SG I+. Kurz darauf wird eine 180 Grad Wende vollzogen und man steigt auf einem weiteren Band SG II, ausgesetzt, nordwestlich nach oben. Jetzt erreicht man ein Schotterfeld mit Trampelpfad, der zum Joch 2821m im Westsattel des Tribulaun führt. Hier Zusammentreffen mit dem Aufstieg, der von der österreichischen Seite hochkommt. Vom Verlassen des markierten Wegs bis hierher 1- 1,5 Std. Nun zeigt sich einem das Gipfelkreuz über der markanten Nordflanke des Tribulaun in Griffweite, aber das täuscht gewaltig.

Zunächst dem Westgrat folgen, ein paar Felszackerl werden links (nördlich) oder wahlweise rechts (südlich) umstiegen SG I, je nach Schneelage. Danach wird die Westflanke im Gehgelände, auf einem Schotterband ansteigend, südwärts zum Gratvorsprung gekreuzt. Hier ist ein grosser Steinmann. Zwischendrin hats einen genialen Tiefblick zur Tribulaunhütte.

Das folgende Kapitel ist schnell zusammengefasst. Man quert die Südflanke des Berges ostwärts und leicht ansteigend. Es geht zunächst über eine kleine Scharte, dann über Schuttstufen, Bänder, alles gespickt mit Stellen SG I bis II. Hier weisen einige Steinmänner und deutliche Steigspuren den Weg. Ausserdem ist das Ziel, das Drahtseil, welches sich am Ansatz der grossen Südschlucht, die vom Gipfelaufbau herabzieht, befindet, weithin sichtbar.

Die 6m Drahtseil an der Steilstufe sind nötig, denn frei wäre hier ein SG IV bis V fällig.

Nach dem Drahtseil wird ein kurzes Stück nach rechts gequert, um die Schlucht an ihrer rechten (östlichen) Seite anzusteigen SG II. Hier sind Abseil- und Sicherungsstellen eingerichtet, das genügt völlig zur Orientierung. Runter reicht auch hier allemal ein 40m Seil. Die Schlucht wird schmäler und zieht verstärkt nach Osten (Rechts). Deutlich bevor man den Südgrat erreichen würde, erkennt man links an der Südwand einen ausgeprägten Riss, in dem etwas weiter oben ein Drahtseil ansetzt. Diesen Riss SG III- mit AO hoch und oben raus im SG II+ nach rechts auf einem Band zum Südgrat queren. Der Riss hat festen Fels und ist gut steigbar, das Drahtseil ist eigentlich überflüssig. Zum Glück hat man die unteren 10m ohne Draht belassen, sonst hätten wir einen Klettersteig.

Danach am Südgrat SG II hoch. Hier hat es endlich den Dolomitentouch, das Bergsteigerherz geniesst es. Nordwärts direkt auf den markanten Felsturm zu und diesen links (westlich) umsteigen SG II+. Danach kurz und einfach am Grat zum Gipfel. Gleich nach dem Ausstieg ist um einen Felsblock eine Abseilstelle eingerichtet, für die Rinne genügt ebenfalls ein 40m Seil.

Der Pflerscher Tribulaun 3096m am 15.09.2014. Habe heute leider eine sehr schlechte Aussicht. Der Tiefblick zum Tribulaunhaus ist jedoch stark. Ob mich dort einer sieht? Es ist empfindlich kühl und leichter Nieselregen setzt ein. Das Gipfelbuch hat schon einige Lenze drauf und Hochbetrieb herrscht hier nie. So mancher Bergführer wird auch erwähnt. Das Gipfelkreuz ist alt und ausnahmsweise keine Südtiroler Alumassenproduktion (in eigener Sache: da ist mir ein Gipfelsteinmann lieber). Vom Westgrat bis hierher habe ich 2,5 Std. gebraucht. Ich denke bei Idealbedingungen ist das in 1,5 Std. machbar, aber heute brauchte ich in der Südflanke eine Sonnenpause (die sich mir 30 Min. lang zeigte) und so manches Schneefetzerl hat mich auch gebremst. 

Der Abstieg. Die Aufstiegsroute geht`s auch wieder runter. Grundsätzlich bin ich ein Freund des Abseilens, wenn es nötig ist. Für diese Tour genügt ein 40m Seil (in der Bröselrinne reicht es jedoch nur ganz knapp). Es gibt eine Abseilpiste entlang der Route vom Gipfel bis zum 6m Drahtseil. Der erste Abseiler vom Gipfel ist ganz angenehm. Im Riss genügt einer, danach über den Rest lässt sich diskutieren (aber an die Bedingungen denken).

Nach dem senkrechten kurzen Drahtseil bis zum Wegtrennpunkt am Westgrat ist es Spielerei bis max. SG II, 1,5-2 Std. vom Gipfel. Den Anstiegsweg sollte man sich grob gemerkt haben.

Jetzt das Schotterfeld runterwatscheln, ernster wird da schon der Wegzacken bei der anstehenden oberen Wandstufe SG II. Wegen der Feuchtigkeit muss ich mich hier gut festhalten. Danach hüpft man im SG I+ die Rinne runter und im Gehgelände weiter bis zur Gamsschiessscharte. Bei mir standen hier mindestens ein Dutzend Tiere über der Scharte. Die Abseilstelle hatte ich mir gut gemerkt beim Aufstieg und problemlos gefunden, weil ja auch ein Steinmann in der Nähe steht. Das 40m Seil genügt ganz knapp, um den ausgewaschenen Schartenboden zu erreichen. Ein Glück, dass es nicht stark regnet, so ist das Rinnsal in der Rinne zu vernachlässigen. Die kleinen Steinchen von oben sind lästig. Diesen letzten Abseiler finde ich absolut nötig. Die Rinne runter SG I+ und das Schotterfeld queren bis zum Wanderweg Nr. 8. Noch kurz runter spurteln bis zum Herrgottsbankerl und Pause. Vom Wegkreuz am Westgrat bis hierher 1,5-2 Std. 

Vom Bankerl perfekter Tiefblick zu den Astralkörpern im Wellnesstempel, aber das ist eine Fernguckerqualitätsfrage und jetzt Schluss mit Spass. Zum Auto dauert es noch gut 1 Std. und dann drohen noch 3 Std. Heimfahrt. Alles in allem ist das für einen Münchner eine saftige Tagestour, aber supergeil. 

Der Pflerscher war und bleibt ein Bergsteigerberg. Wenngleich der Draht oben ein wenig zuviel ist und die eine oder andere Abseilstelle auch. Das ist meine Bergsteigermeinung, egal ob es eine egoistische Position ist. Lange macht die Tour den Anschein ein Wanderer schafft das auch, vergiss es. Die Bedingungen am Berg haben ihre eigene Qualität und als Tagestour vom Parkplatz ist er stark. Es bleibt ein innerliches "Habe-ihn-bezwungen"-Gefühl und das macht alle Gipfelaspiranten vom Pflerscher bis heute stolz. Ich habe Respekt vor diesem Berg und hoffe, dass alle, die diesen Bericht geniessen und ihn vielleicht sogar zum Anlass nehmen dort hochzusteigen, dem Tribu mit Stolz und Ehre entgegentreten. Jetzt noch ein vergleichendes, provokantes Schlusssätzchen: Von München aus startend, wer einen Pflerscher bezwingt, der schafft auch eine Watzmannost mit dem ersten Schiff über den Königssee!

Habe die Ehre, Berg heil

Bergteufel   




Tourengänger: bergteufel


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Kommentare (2)


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ADI hat gesagt:
Gesendet am 31. Januar 2015 um 11:09
als Tagestour, solo den Pflerscher...HUT AB!
das schaffen nur ganz wenige........wär glaub' ich sogar für mich als Tagestour too much......
Aber manche sind halt "Harte Hunde", als ich auf der Hohen Gaisl war, hab ich einen 78-jährigen(!) Innsbrucker getroffen, der den Südtiroler Berg als Tagestour angegangen ist.

Alpin_Rise hat gesagt: Macht Lust auf Dolomitenurlaub
Gesendet am 31. Januar 2015 um 22:04
Ein schönes Stück Fels, dieser Pflerscher. Leider ist der doch ziemlich weit weg und auf dem Weg dorthin gibts noch soo viele verlockende Ziele... und erst diejenigen vor der heimischen Haustür...

danke für das Schmankerl,
G, Rise


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