Panoramarunde über Briancon

Etwas rätselhaft ist es schon, dass man im 19. Jahrhundert eine Seidenfabrik ausgerechnet in Briancon errichtet hatte. 114 km nach Grenoble, das dauerte im Sommer 18 Stunden, im Winter deutlich länger, Briefe aus Paris erreichten die Fabrik nach 4 Tagen. Auch die Administration war wenig begeistert vom Standort und bezeichnete die Gegend als désert sibérien. Der eigenartige Name Schappeseide scheint ein fester textiler Begriff zu sein, da haben wir jetzt wieder was gelernt.

Hinter dem verfallenden Gebäude befindet sich ein Park, an dem die Durance entlang fließt. Wir folgen ihr flußaufwärts und passieren nach dem Park eine Art gebührenpflichtiger Abenteuerspielplatz mit Klettersteig, Hochseilgarten und Paintball. Eigentlich wollen wir in das immer enger werdende Durancetal vorstoßen, allerdings ist unterhalb der Pont d'Alsfeld Schluss. Es gab hier mal einen Weg, der über Planken an den Felswänden entlang führte, jetzt sieht man nur noch die alten Eisenträger aus dem Fels ragen. Aber irgendwie muss es doch aus der Schlucht nach oben gehen?

Auf der Karte sind auf der Südseite des Parks Steige eingezeichnet, die zum Fort des Trois Têtes hoch führen. Wir finden einen dieser schmalen Steiglein, der dann recht mutig den steilen Hang überwindet. Wir erreichen den Ausstieg aus dem Klettersteig und kommen oberhalb von Font Christiane zu einer Suone, bereits am Fuß des mächtigen Forts.

Von da oben muss man einen schönen Blick haben, sagen wir uns. Der Baumeister Vauban hatte wahrscheinlich weniger die schöne Bergwelt im Sinn sondern eher den strategischen Überblick über die fünf Täler. Er durfte für Ludwig XIV etliche Festungen konstruieren und reiste jährlich mehr als 5000 km durch Frankreich, was heutzutage locker zu einigen Miles&More Freiflügen gereicht hätte.

Oberhalb von Font Christiane nehmen wir einen schmalen Pfad, der nach links direkt auf die Festung an einem Felsvorsprung hochführt. Ein bisschen müssen wir kraxeln, dann erreichen wir die alten Burggräben. Jetzt müsste es irgendwie auf die gegenüberliegende Ostseite der Anlage gehen, damit wir dann über den Normalweg zur Pont d'Aslfeld absteigen können. Wir folgen dem Trampelpfad. Ganz verblasst findet man hin und wieder eine Markierung, ein präparierter Baumstamm hilft beim Abklettern von der Burgmauer und tatsächlich erreichen wir mit Try and Error Modus den Weg, der nach Norden zur Pont d'Alsfeld hinab führt.

Dabei bewegen wir uns immer außerhalb des Forts, es kann nicht betreten werden. Absperrungen verhindern dies und weisen auf etliche Gefahren hin. Scheinbar wird das alte Gemäuer gerade wieder in Schuss gebracht. Die Vermutung war richtig, der Ausblick ist schön und der Tiefblick in's Durancetal ebenso. Zwischenzeitlich haben sich sogar die Wolken verzogen, ein kleines Picknick auf einer der Burgmauern krönt den Aufstieg.

Der Weiterweg ist nun relativ einfach. Auf dem alten Militärweg geht's runter zur Pont d'Alsfeld, die immerhin auch schon knapp 300 Jahre auf dem Buckel hat und seitdem die Durance überspannt, und von dort in die Altstadt, Cite Vauban oder Gargouille genannt. Natürlich ist um diese Jahreszeit der Teufel los in den schmalen Gassen, dennoch sollte man sich einen Rundgang gönnen. Die Sehenswürdigkeiten stehen in jedem Reiseführer.

Der normale Tourist ist mit dem Auto gekommen und parkt auf dem riesigen Parkplatz an der Rue Champ de Mars. Wir müssen jetzt aber noch zu Fuß hinunter in die Innenstadt. Dazu verlassen wir die Altstadt über die Port d'Embrun auf der Weststeite der Stadtmauer und folgen den rot-weissen Zeichen zurück in den Parc de la Schappe und zum Ausgangspunkt.

Die reine Gehzeit von zwei Stunden kann natürlich mit Sightseeing und Picknick beliebig verlängert werden.