Sedlo und Kalich (Geltschberg und Kelchberg)


Publiziert von lainari , 5. Juni 2014 um 20:58.

Region: Welt » Tschechien » České středohoří
Tour Datum: 1 Juni 2014
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 810 m
Abstieg: 810 m
Strecke:24 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Horní Vysoké
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 11 České středohoří východ

Eine Klingstein-Sinfonie
 
Ein schöner aber kühler Tag bot den passenden Rahmen für eine lange geplante Tour. Dazu fuhr ich erneut ins České středohoří (Böhmisches Mittelgebirge). Als Ausgangspunkt wählte ich den Ort Horní Vysoké (Oberwessig). An der zentralen Bushaltestelle gibt es eine Parkmöglichkeit. Ich verließ die Siedlung entlang der Hauptstraße und folgte der grünen Wanderwegmarkierung. Nach kurzer Zeit bog der Wanderweg auf einen Waldweg ab und es gab einen recht steilen Aufstieg. Auf der Anhöhe ging ich zunächst nach rechts zu einem Aussichtspunkt. Auf dem ursprünglichen Weg weitergelaufen, erreichte ich das Mausoleum der Edlen von Schroll auf Liebeschitz, erbaut 1881. Unmittelbar an einer bewaldeten Bergkuppe gelegen, bot sich ein schöner talwärtiger Ausblick in Richtung Úštěk (Auscha). Der Wanderweg führte in der Folge kurz durch Wiesenland, wobei diesmal eine deutliche Pfadspur erkennbar war und trat dann wieder in den Wald ein. Später begann am Abzweig „Pod vrcholem“ der Anstieg zu meinem ersten Bergziel. Dieser führte über eine im oberen Teil felsig gestufte Gratflanke. Schließlich kam ich zum bewaldeten Gipfel des Sedlo (Geltschberg/Hoher Geltsch). An einer Stelle mit Westaussicht pausierte ich kurz. Danach nahm ich den Gipfelgrat des Phonolithberges in Angriff. Dabei begeisterten mich die unterschiedlichsten Felsformationen - horizontal geschichtet, schräggestellt oder vertikale Säulen, zentimetergroße Gesteinsbrocken oder kompakte Felskörper, alles war vertreten. Kurz vor der zweiten Gipfelformation Sedlo - kříž passierte ich eine leicht ausgesetzte Stelle. Auch der Zugang zum Kreuz erfordert etwas Vorsicht (T3). Am nördlichen Ende des Berges folgte der steile Abstieg. Auf dem Weg nach unten begegnete mir der erste und einzige andere Wanderer des Vormittages. Dann lief ich angenehm durch den Wald. Später ging es entlang einem Fahrsträßchen nach Horní Týnec (Obertenzel).
 
Hinter dem kleinen Ort wurde, erst durch Offenland gehend, wieder Wald erreicht. Das letzte Wegstück im Wald war recht schlammig. Am Rand eines Fahrsträßchens laufend, traf ich in Třebušín (Triebsch) ein. Vorbei am Wegweiser „Pod Kalichem“ ging ich zunächst zum Marktplatz. Auf eine gelbe Wanderwegmarkierung gewechselt, setzte ich zur Umrundung meines nächsten Bergzieles an. Vereinzelt traf ich jetzt auf Wanderer und Ausflügler. Von Norden her gelangte ich dann auf den Kalich (Kelchberg). Für Mitte des 13. Jh. wird auf dem Gipfel die Entstehung einer Burg durch den Deutschritterorden angenommen. Verstärkt und ausgebaut durch den legendären Hussitenführer Jan Žižka, gelangte diese in Besitz eines von Ileburg, dem Herren der Ronburg, der gemeinsam mit den Wartenbergern in der Oberlausitz räuberte. Der Oberlausitzer Sechsstädtebund entsandte daraufhin eine Strafexpedition und zerstörte 1437 die Anlage. Später wurde diese dann aufgegeben. Heute sind nur noch wenige Reste der Burg vorzufinden. Der Phonolithberg bot wunderbare Ausblicke ins Umland und eine windgeschützte besonnte Stelle diente mir zur Mittagsrast. Der Abstieg, zunächst zurück zur Kreuzung und dann zum Wegweiser „Pod Kalichem“ vollendete die Bergumrundung.
 
Auf einer kleinen Fahrstraße ohne Wanderwegmarkierung marschierte ich hinüber nach Hlupice (Luppitz). An dieser Stelle muss ich einmal auf die besondere tschechische Vorliebe für Wochenendgrundstücke aufmerksam machen. Durch diese intensiv gelebte Tradition scheinen für die kleinen ansonsten bevölkerungsarmen Orte positive Effekte auszugehen. Ortsansässige Land- und Forstwirte sowie Handwerker und Gewerbetreibende profitieren von anfallenden Arbeiten und Umsätzen, so dass sich eine stabilere Lebensgrundlage für sie bietet. So sind auch in kleinen Orten zahlreiche Neubauten und junge Familien mit Kindern anzutreffen. Nach passieren des Ortes, der durch beschriebene Merkmale geprägt ist, ging ich zunächst an einer Straße weiter. Nach einem Sattel bog ich rechts auf einen Wiesenweg ein und versuchte einer grünen Wegmarkierung zu folgen, die jedoch immer spärlicher aufzufinden war. Der genutzte Weg hatte offenbar einer Reitsportveranstaltung gedient. Darauf deuteten Hufabdrücke und einige an Büsche und Bäume geknüpfte Flatterbänder hin. Der Wegverlauf war zudem mit Kalkflecken deutlich gemacht worden. Bedenkenlos folgte ich dem Wiesenweg bis zu einer Abzweigung am Rand einer Wochenendsiedlung. Der Karte nach musste ich geradeaus weitergehen. Der Weg verlor sich neben einem Grundstück im hohen Gras. Beim Umkehren wurde ich von zwei bellenden freilaufenden halbhohen Hunden attackiert. Einer sprang mich sogleich an. Ein mit Bauarbeiten beschäftigter Mann rief sie zur Ordnung. Zum Glück war nichts passiert und ich erkundigte mich nach dem Verlauf des Wanderweges. Er schickte mich südlich um die Ansiedlung, die sich als Nová ves (Neudörfel) entpuppte. Hier sollte ich eigentlich gar nicht vorbeikommen. Talwärts gelaufen, traf ich in Přední Nezly (Vorder Nessel) wieder auf die Markierung. Im Wiesenland hatte ich also zuvor einen Abzweig des Wanderweges nach links übersehen. Entlang der Straße ging ich nach Lovečkovice (Loschowitz). Hier suchte ich den Bahnhof der einstigen Lokalbahn Groß Priesen-Wernstadt-Auscha (L.G.W.A.) auf. Diese wurde für Österreich typisch von Stern & Hafferl gebaut und 1890 eröffnet. Am Bahn-km 10,9 (von Groß Priesen aus) verzweigte sich die Strecke weiter ansteigend nach Wernstadt und fallend nach Auscha. Die Bahn wurde 1978 stillgelegt und 1978-1979 zwischen Lovečkovice und Verneřice sowie 1985-1988 zwischen Lovečkovice und Úštěk zurückgebaut. Vom Elbtal hinauf bis nach Zubrnice ist die Strecke erhalten und wird für gelegentliche Museumsbahnfahrten genutzt. Eine Befahrbarmachung bis Lovečkovice ist dem Vernehmen nach geplant. Vom derzeit gleislosen Bahnhof folgte ich der abgebauten und zugewachsenen Strecke fallend durch Wiesenland. Ein kleiner Pfad verriet, dass dies gelegentlich auch Andere tun. Später wurde die Trasse als Flurweg genutzt. Nach einer Straße umging ich das verwachsene Planum an einem Wiesenrand. Hier fand ich am Bahn-km 1,8 (von Loschowitz aus) die Anlage von Levín - býv. nádraží (Lewin-Geltschberg - ehem. Bahnhof). Eine Nachahmung sollte hier enden. Ich hatte einen Weiterweg auf der Trasse und einen Wechsel auf den Wanderweg unterhalb von Levín ins Auge gefasst. Wenige Meter davor endete dieser Plan an einem undurchdringlichen Dornengebüsch. Ein Verlassen des alten Bahndammes schien unmöglich, so dass ich den Rückzug antrat. An einem alten Bad überquerte ich einen Bach, mühte mich eine Böschung hinauf und legte an der Hauptstraße die letzten Meter nach Horní Vysoké zurück.
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 7 h. Die Strecke ist mit T2 zu bewerten. Etwa 20 Meter des Gipfelgrates des Sedlo sowie der Nebengipfel Sedlo - kříž sind mit T3 einzuschätzen.
 

Tourengänger: lainari


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T2
9 Mär 14
Sedlo · pika8x14
T3
7 Aug 22
Trojhora + Kalich + Panna · lainari

Kommentare (3)


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mong hat gesagt:
Gesendet am 7. Juni 2014 um 01:17
"Beim Umkehren wurde ich von zwei bellenden freilaufenden halbhohen Hunden attackiert."

Ein Bauer hat mir einmal gesagt, wie ich mich verhalten soll, wenn ein aggressiver Hund auf mich zugelaufen kommt. Er sagte mir: " Bücke dich, als ob du einen Stein vom Boden auflesen würdest und verharre in dieser Stellung. Der Hund wird überrascht sein und verdutzt und vielleicht sogar verwirrt. Der Hund weiss nicht mehr, was gespielt wird. Er wird stoppen und umkehren."

Ich habe das schon mehrere Male ausprobiert. Bis jetzt hat es immer funktioniert.

lainari hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. Juni 2014 um 09:58
Danke für den Tipp!
Ich habe/hatte zwar oft (auch beruflich) mit Hunden zu tun, diese Strategie kannte ich aber noch nicht. Dabei habe ich auch schon Sachen gemacht, die nicht gerade dem Lehrbuch entsprachen. Es dürfte aber einiges an Überwindung kosten, einem Zähnefletscher auch noch Arme und Hals als "Beißziel anzubieten".
Wenn es situativ passt, probier ich den Tipp trotzdem mal aus.
Falls die Berichte ab da enden, ist's schiefgegangen...

mong hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. Juni 2014 um 20:49

Okay, "falls die Berichte ab da enden", werde ich meinen Tipp gegen aggressive Hunde dann löschen.

;-)))


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