Einsame Runde im Zürcher Oberland - wie Wetzikon und Hinwil 24 km auseinanderliegen können


Publiziert von pastinake , 21. April 2014 um 19:32.

Region: Welt » Schweiz » Zürich
Tour Datum:21 April 2014
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Zürcher Oberland   CH-ZH 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 762 m
Abstieg: 727 m
Strecke:Wetzikon SBB - Kemptener Tobel - Bäretswil - Burgstelle Greifenberg - Hinterburg - Hohenegg - Ghöch - Girenbad - Hinwiler Tobel - Hinwil SBB
Zufahrt zum Ausgangspunkt:S14 oder S5 bis Wetzikon
Zufahrt zum Ankunftspunkt:S14 bis Hinwil
Kartennummer:1092 Uster, 1093 Hörnli, 1113 Ricken

Nachdem die Berichte auf hikr.org meine hauptsächliche Inspirationsquelle für meine eigenen Unternehmungen waren (Suonen!), ist es nun wohl an der Zeit, der Community was zurückzugeben, indem ich meine Wandertouren hier einstelle. Vielleicht mag der eine oder die andere selber davon inspiriert sein und falls nicht, habe ich zumindest ein schönes Tagebuch:-).

Dann mal los: Die gute Osterküche meiner Freundin drängte mein schlechtes Gewissen, meinem Bewegungsdrang stattzugeben. Ausserdem musste ich meine neu gekauften Schuhe einlaufen. Andererseits hatte ich keine Lust, stundenlang im Zug zu sitzen und spät nach Hause zu kommen. Da die Schuhe aber doch in einigermassen ruppigen Gelände getestet werden wollten, fiel die Wahl auf das Zürcher Oberland. Ich plane meine Touren oft einfach mit Blick auf die Landkarte und da kam mir die Idee, das Kemptener Tobel und sein Hinwiler Pendant mittels einem grossen Bogen miteinander zu verbinden. Aus ca. 5km Distanz bastelte ich mir 23km zusammen.
Kaffee geholt und mich in eine der ersten S14 gesessen fahre ich leicht schläfrig Wetzikon entgegen. Dort ausgestiegen freue ich mich darauf, mir in einer Bäckerei am Wegesrand (oder hier besser: Strassenrand) was Süsses zu kaufen, was dem Kaffee im Magen Gesellschaft leistet. Fehlanzeige - im ganzen Siedlungsbrei namens Wetzikon treffe ich keine Confiserie an. So muss sich mein Hunger halt bis zum nächsten Dorf gedulden. Zur Ehrenrettung muss gesagt werden, dass sich mein Zürcher Wohnquartier ja auch nicht gerade mit der Anzahl von Sonntags geöffneten Bäckereien hervortut. Auf jeden Fall zieht sich der Spaziergang innerhalb der Stadt (immerhin rund 23'000 Einwohner) doch ein wenig hin, viel zu sehen gibts nicht und ich bin froh, zum Eingang des Kemptener Tobels zu gelangen.

Die Geschichte und auch Landschaft im Zürcher Oberland ist stark von der Industrialisierung geprägt und so trifft man auch auf meiner gewählten Route spuren dieser Vergangenheit an. Als erstes erscheint nämlich gleich eine frühere Fabrik, welche den Eingang zum Tobel wie eine Sperrmauer abzuschliessen scheint. Im Tobel selber werde ich von Eichhörnchen und Vogelgezwitscher begleitet. Die zwischen den Bäumen hängenden Wolkenreste des nächtlichen Regens gefallen mir, sie erzeugen eine Art mystische Stimmung. Unterwegs treffe ich einmal 2 Spaziergänger, welche allerdings meinen Morgengruss nicht erwidern. Wahrscheinlich wars doch noch ein bisschen zu früh. Das Tobel ist relativ unspektakulär, der Weg dadurch ist aber äusserst hübsch und gerade wenn man alleine ist, kommt doch eine leicht verwunschene Stimmung auf. Schön auch, dass das Grün momentan überall schön spriesst, der Osterregen wird wohl das seinige dazu beitragen.

Viel zu schnell ist die Tobeldurchquerung vorbei und ich komme in Bäretswil an. Zwar auch noch sehr verschlafen (nicht, dass es mich stören würde), aber immerhin kann ich mir in der Filiale einer bekannten Zürcher Oberländer Bäckereikette einen Nussgipfel kaufen. Den gönne ich mir, während ich durch das Dorf laufe und die vielen neu gebauten Häuser betrachte. Ausserhalb des Dorfes komme ich an einem Skilift vorbei und frage mich, wieviele Tage im Jahr dieser auf dieser Meereshöhe überhaupt in Betrieb sein wird. In diesem Winter lässt sich das wahrscheinlich an einem Finger abzählen.
Spontan entscheide ich mich, der Burgstelle Greifenberg einen Besuch abzustatten und die paar Höhenmeter mitzunehmen. Auf den Wanderwegweisern ist diese mit Burgruine angekündigt, was in dem Fall wahrscheinlich falsche Hoffnungen weckt, da nur die Überreste von 2 Burghügeln und jeweils einem vorgelagerten Wall vorhanden sind. Immerhin gibt es einen Picknickplatz, so dass der Aufstieg für Familien nicht ganz umsonst sein muss. Auf der anderen Seite verliere ich die ganzen Höhenmeter wieder im Abstieg zum Weiler HinterburgBeim Abstieg kommt man übrigens an einem Grundstück mit zwei seeehr gut ausgebildeten Wachhunden vorbei. Ich bin zwar mit Hunden aufgewachsen, aber die beiden wären mir dann doch eine Nummer zu viel gewesen - zum Glück war ein Zaun dazwischen.

Nach den paar Höfen in Hinterburg geht es gleich wieder an den Gegenaufstieg auf die Hohenegg. Der Weg wurde übrigens im 19. Jahrhundert vom Tösstaler Industriellen Adolf Guyer-Zeller für seine Arbeiter angelegt. Wäre heutzutage wahrscheinlich schwieriger, da unser Land inzwischen doch einige Wanderwege mehr besitzt. Oben angekommen gibt es einen schönen Blick aufs Tösstal und somit vorallem ein Blick auf viel Grün und viele das Tal durchstreifende Wolken. Ich fühle mich sogar teilweise an ein Caspar-David Friedrich-Gemälde erinnert. Und immer noch waren die beiden grussarmen Spaziergänger im Kemptener Tobel die einzigen angetroffenen Menschen. Wenn ich die Hügelzüge betrachte, fühle ich mich als Heimwehberner (naja, eigentlich Solothurner) ans Emmental erinnert. Hat durchaus was.

Nach einem schönen Wegstück über Baumwurzeln mehren sich die Abschnitte auf Asphalt und werden mich die nächsten paar Kilometer über das Restaurant Sunnehof und den Weiler Ghöch begleiten. Ist aber in meinem Sinne, da es ja auch um das Einlaufen meiner Schuhe geht. Bis anhin haben sie ihren Test übrigens mit Bravour bestanden. Die Blase an meiner Ferse habe ich nämlich vom Vortag und die spüre ich während dem Laufen nicht. Nach Ferenwaltsberg führt der Wanderweg auf einem schönen schmalen Weg an einem Buchenwaldrand bei Stüssel vorbei und mit Blick auf die Karte sehe ich, dass ich meinem Ziel schon sehr viel näher gerückt bin. Ich habe aber das Gefühl, ich könnte noch stundenlang laufen. Irgendwie mag ich nämlich diese Tage, wo das Wetter so schlecht ist, dass sich bedeutend weniger Leute hinauswagen und man wirklich alleine sein kann. Übrigens war es aber dann doch nicht so schlecht, geregnet hat es nämlich nicht und die Temperaturen waren auch recht angenehm.

Oberhald der Täuferhöhle bewege ich mich immer auf schön unterhaltenen Wegen dem Hang entlang und komme irgendwann wieder ans Freie, wo ich auf einem Asphaltsträsschen bis Girenbad hinunterspaziere. Unterwegs begegne ich einer frei grasenden Herde von Ziegen, die aber viel weniger anhänglich zu sein scheinen, als ihre Kollegen aus Streichelzoos. Hochlandrinder gibt es übrigens auch zu bestauen. In Girenbad fällt das gleichnamige Kurhaus auf. Gemäss Zeitungsberichten ist der Betrieb eingestellt und ehrlicherweise ist mein erster Gedanke auch, dass das Gebäude wahrlich bessere Zeiten gesehen haben muss.
Nach Girenbad komme ich an einem grossen Parkplatz vorbei (es müssen bei schönem Wetter also anscheinend viel mehr Leute anzutreffen sein) und biege dann wieder auf einen kleinen Waldweg in Richtung Ruine Bernegg. Diese kenne ich bereits aus dem letzten Jahr. Da war ich ebenfalls an Ostern dort, es schneite aber. Jaja, der letztjährige Frühling lässt grüssen. Ich lasse sie deswegen links liegen und gehe den sehr gut ausgebauten Weg ins Hinwiler Tobel hinunter. 
Welch Unterschied zum Kemptener Tobel. Glänzt jenes mit seiner Geschichte und erscheint richtig lieblich, hält uns das Hinwiler Tobel die mächtige Kraft der Erosion bildhaft vor Augen. Der Bach hat sich tief in die Nagelfluhschichten eingegraben, kunstvoll ist die Weganlage. Mitten in der Schlucht weitet sich plötzlich die Szenerie und die Wände scheinen rundum eine Arena bilden zu wollen. Zu schnell ist auch dieser Spass vorbei und bald kommt der Ausgang des Tobels. Kurz vorher sind rund um den Bach noch einige Skulpturen zu bestaunen. Leider will ich auf den Zug, weshalb mir die Zeit fehlt, mir alles genauer anzuschauen. Vom Ausgang des Tobels ist man in ca. 15 Minuten am Bahnhof Hinwil.

Fazit: Aufgrund der schlechten Wettervorhersagen eine recht einsame Wanderung mit stetem Auf und Ab. Einige Asphaltabschnitte sind zu bewältigen. Höhepunkte sind die beiden so verschiedenen Tobel und die lieblichwilde Hügellandschaft im Tösstal. Meine Marschzeit lag bei knapp 5 Stunden. Die Schwierigkeit würde ich aufgrund einiger Abschnitte mit steilen Abhängen zur Seite mit T2 bewerten
Die Schuhe haben übrigens die Feuertaufe bestanden - werde sie auf höheren und steinigeren Touren dann wieder hervornehmen. 

Tourengänger: pastinake


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Geodaten
 20253.gpx Wetzikon - Hinwil

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