Dufourspitze 4634m - und plötzlich stehst du ganz oben


Publiziert von Mueri , 4. April 2014 um 23:18.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:30 März 2014
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Ski Schwierigkeit: ZS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   I 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2400 m
Abstieg: 4600 m
Strecke:Klein Matterhorn - Schwarztor - Gornergletscher - Monte Rosa Hütte SAC - Obere Plattje - Scholle - Silbersattel - Dufourspitze - Monte Rosa Hütte - Gornergletscher - P. 1945 - Furi - Zermatt
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit PW bis Täsch und per Taxi nach Zermatt (alternativ mit ÖV nach Zermatt) Zermatt - Trockener Steg / Trockener Steg - Klein Matterhorn mit Bergbahnen (Halbtax akzeptiert)
Unterkunftmöglichkeiten:Monte Rosa Hütte SAC (2883m)

TOP OF SWITZERLAND - Das verwegene Ziel, irgendwann das Dach der Schweiz zu besteigen, biss sich vor einigen Wochen in meinem Hinterkopf fest und hinterliess sichtbare Spuren auf meiner Projektliste. Dass ich diesen Wunschgipfel so schnell besteigen würde, hätte ich damals nicht für möglich gehalten. Umso grösser war die Freude, als ich plötzlich ganz oben stand und mit Alpinist und Magnus die Schweiz von oben betrachten durfte. Bei solchen Besteigungen verliert das Schicksal des Sisiphos fast an Tragik. Oder mit den Worten von Albert Camus gesagt: "Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisiphos als einen glücklichen Menschen vorstellen."


Tag 1 - Zustieg zur Monte Rosa Hütte

Am ersten Tag gilt es, die neue Monte Rosa Hütte als Ausgangsort der Besteigung des höchsten Schweizers zu erreichen. Je nach Vorlieben kann der Hüttenaufstieg im Winter ab Zermatt (via Gornergletscher, Abfahrtsroute), ab Furi, ab der Bergstation Stockhorn oder ab der Bergstation Klein Matterhorn erfolgen. Von der Anreise über die Bahnstation Rotenboden ist derzeit abzuraten, da sie eine lange Traversierung in einem steilen Südhang beinhaltet (Schnee- und Geröllverschiebungen im Minutentakt).

Wir (Apinist, Magnus und ich) entscheiden uns für den Zustieg via Klein Matterhorn. Mit den Bergbahnen gelangen wir von Zermatt via Trockener Steg in Windeseile zur Bergstation Klein Matterhorn. Mit einem Halbtax-Abo ist diese Zustiegsvariante erschwinglich (32 CHF). Mit Fellen an den Skiern erreichen wir, ostwärts gehend, schon bald die Landesgrenze. Für Gipfelsammler bestünde die Möglichkeit, das Breithorn zu besteigen, doch lassen wir es links liegen. Nun können einige Meter abgefahren werden, bevor etwas südlich vom Biv. Rossi e Volante CAI ein kurzer Aufstieg zum Schwarztor folgt. Vom Schwarztor fahren wir über den gut eingeschneiten Schwärzgletscher ab. Um die Verhältnisse der am nächsten Tag anstehenden Tour zu studieren, steigen wir im oberen Teil in wenigen Metern kurz auf die Schalbetterflue (alternativ auch Kleiner Pollux).

Die Abfahrt über den Schwärzgletscher ist leider alles andere als ein Genuss: sehr stark verfahren, gedeckelter und windgepresster Schnee. Auf der Höhe von 2500m gilt es, ostwärts zu halten, um anschliessend möglichst energiesparend (d. h. mit möglichst geringem Verlust an Höhenmetern) über den Gornergletscher zur Hütte aufsteigen zu können. Auf breiter Spur steigen wir in der Nachmittagshitze angeseilt hoch zur Hütte, auf der Höhe von ca. 2700m ü. M. an Spalten vorbeiziehend.

Oben bei der Hütte angekommen, geniessen wir den fantastischen Ausblick auf Matterhorn und Co. bei einem kühlen Bier, relaxen oder versuchen, den frühen Tagesanbruch mit einem Powernap (oder etwas ausgedehnteren Nachmittagsschlaf) zu kompensieren, während die kräftige Sonne die Innenschuhe und die Wäsche trocknet. So lasse selbst ich mich für Hüttenübernachtungen begeistern, zumal das Personal durchwegs freundlich, die Zimmer sympathisch, die Hütte tadellos und das Essen bestens war. Nur - kleiner Wermutstropfen - satt wurden ich und meine Kollegen beim Abendessen nicht ganz, und auch die Frühstücksportion war eher knapp bemessen.


Tag 2 - Top of Switzerland

3.00 Uhr: gemütliches Frühstück in der Hütte nach einer kurzen, aber relativ ruhigen Nacht. Um 3.45 Uhr dann der erste Schritt einer Tour, die lange sein wird und hoch hinaus gehen wird. In einer wegen der vielen Abfahrtsspuren im sulzigen Schnee vom Vortag nicht durchgehend ersichtlichen Aufstiegsspur steigen wir mit Harscheisen hoch zur Obere Plattje und seilen auf ca. 3300m ü. M. in der Nähe von P. 3360 an, da sich schon bald Kreuz- und Querspalten in den Weg stellen sollen. Südlich an der Felsinsel (P. 3827) vorbeiziehend, gelangen wir auf die Satteltole. Der Tag erwacht allmählich, das Thermometer zeigt inzwischen minus 11 Grad an, vom Silbersattel her weht ein kalter Wind.

Wir legen auf 4000m ü. M. eine kurze Pause ein. Inzwischen sind keine Gruppen mehr vor uns. Lediglich eine Spur von den Tagen davor weist einen Weg durch den zwischen Nordend und Dufourspitze liegenden Kessel. Einen mächtigen Gletscherabbruch gilt es auf dem Weg hoch zum Silbersattel noch zu überwinden. Sollen wir den Kessel im unteren Teil von der linken Seite (Richtung Felsen des Nordwestgrats des Nordends) anpacken, oder doch eher rechts (entlang dem Felsen des Westgrats der Dufourspitze), oder gar mittig? Letztendlich folgen wir den bereits vorhandenen Spuren, die in der Mitte des Kessels über einen steilen und eisigen Hang hochziehen, nachdem wir die Harscheisen erneut montiert haben - eine mühsame und angespannte Angelegenheit, die volle Konzentration und ein kräftiges Stehen auf den Skiern erforderte. Rückblickend hätte es wohl bessere Aufstiegvarianten gegeben... Durch ein Spaltenlabyrinth gelangen wir, ohne die Skier dabei aufgrund einer Spalte mal abschnallen zu müssen, hoch zum Silbersattel. Allmählich macht sich - zumindest bei mir - die dünne Luft bemerkbar.

Silbersattel - Nun ist der höchste Punkt der Schweiz nur noch einen Katzensprung entfernt. Gewappnet mit Pickel, Steigeisen und Helm, aber ohne Seil ziehen wir ihm durch das nicht verfehlbare Couloir entgegen. Wie so oft, präsentiert sich das steile Couloir vereist. Dank der fix installierten Hanfseile bietet der Aufstieg aber kaum Probleme, auch wenn im unteren Teil bei einer vereisten Traverse das Seil vorübergehend fehlt. Am oberen Ende des Couloirs gilt es noch, den Grat nach Westen zu queren, wobei noch ein Felskopf überklettert werden muss - technisch wohl die schwierigste Stelle der Tour (II-III). Und kurz darauf geht ein Wunsch in Erfüllung ...

Auf demselben Weg steigen wir zum Silbersattel zurück, nun mit Gegenverkehr. Wieso gewisse Gipfelaspiranten ein stark frequentiertes, schnee- und eisgefülltes Couloir ohne Helm besteigen, bleibt für mich fragwürdig, zumal sich darin auch Steine lösen können, wie eine Gruppe nach uns demonstriert hat.

Die Unternehmung, das Nordend noch anzuhängen, bleibt sodann ein Versuch. Ohne Steileispickel erscheint die Querung im aktuell teilweise sehr stark vereisten Gipfelhang ein zu grosses Risiko. Wir kehren um.

Also dann, auf zur Abfahrt! Diese erweist sich als äusserst mühsam. Der einstige Pulverschnee ist zerfahrenem, gedeckeltem Schnee gewichen; Eleganz bei der Abfahrt eine Fehlanzeige.

Unten in der Hütte stossen wir nochmals auf den Gipfelerfolg an. Während Alpinist und Magnus noch eine Nacht in der Hütte bleiben, um am nächsten Tag der Signalkuppe, der Zumsteinspitze und der Parrotspitze einen Besuch abzustatten, ruft bei mir die Arbeit. Zusammen mit Massimiliano, den wir auf der Hütte getroffen haben, nehme ich die Abfahrt nach Zermatt in Angriff. In angenehmem Sulzschnee fahren wir auf dem Gornergletscher ab. Die Schlucht (Koordinaten 2'623'300, 1'092'350) ist noch problemlos machbar, auch wenn Vorsicht geboten ist. An einigen Stellen blickt man bereits ins tosende Wasser neben der Spur, das unter dem Schnee ins Tal fliesst.


Fazit

Fantastische, aber auch fordernde Tour, die richtig Spass gemacht hat, und das auf einen prestigeträchtigen Gipfel, der als Skihochtour allermeist über den Silbersattel erklommen wird. Alpinist hat sich einmal mehr als versierter und verantwortungsvoller Alpinist gezeigt - Respekt und Dank. Das Highlight der Tour war zweifelsohne der Schlussaufstieg auf den Gipfel mit einer herrlichen Gratkraxelei zum Abschluss, die wohl grösste Gefahr bei der Tour die vielen Gletscherspalten. Im Alleingang ist die Tour darum m. E. nicht zu empfehlen.

Tourengänger: Alpinist, Mueri


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Kommentare (2)


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Schneeluchs hat gesagt: So ein schöner Bericht
Gesendet am 4. April 2014 um 23:43
von einer bombastischen Tour :)
Gratuliere zu beidem!
Irgendwann geh ich auch mal dort hoch, schon nur um den Liskamm aus dieser Perspektive zu erleben.
Besten Gruss vom Luchs, gute Touren

Sputnik Pro hat gesagt: Super!
Gesendet am 5. April 2014 um 10:03
Hallo Zusammen!

Gratuliere euch zum höchsten Schweizer Gipfel, toll gemacht. Wenn du wills kannst du ihn nich in die der CH- und Eurohöhepunkte eintragen (www.hikr.org/comm/Europa/ und www.hikr.org/comm/Kantone/).

Gruss, Andi


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