Guagua Pichincha (4794m), Quitos höchster Hausberg


Publiziert von highpointa , 22. Juni 2013 um 19:55.

Region: Welt » Ecuador
Tour Datum:15 Juni 2013
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: EC 
Aufstieg: 1859 m
Abstieg: 1859 m
Strecke:29,9 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bus von Quito-Chillogallo nach Lloa.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Siehe Ausgangspunkt.

Für einen ersten Akklimatisierungsberg ist der Guagua Pichincha eigentlich ein bisschen zu hoch, zumal dann, wenn man keine zwei Tage vorher noch auf gerade mal 200 Metern über Meeresspiegel seinen Koffer gepackt hat. Wie das für mich ausgehen wird, ist daher offen, als wir - das sind neben meiner Wenigkeit noch André, mein deutscher Gastgeber in Quito, sowie drei nette Tschechen, die ebenfalls bei ihm untergekommen sind - um 11:30 Uhr im Dörfchen Lloa am Fuss des höheren der Pichincha-Twins loslaufen. Vor uns liegen etwa 15 Kilometer Strecke und rund 1800 Höhenmeter Anstieg, und wir sind, weil wir es in der Frühe partout nicht aus dem Bett geschafft haben, zwingend darauf angewiesen, dass wir die nicht alle selbst bewältigen müssen. Sonst würden wir es wohl kaum bei Tageslicht zurück nach Lloa schaffen und womöglich auch noch den letzten Bus nach downtown Quito verpassen. Unsere Hoffnung liegt einerseits in der Beschaffenheit der Route - eine rauhe Dirt Road, die sich bis zur Schutzhütte auf 4560 Metern zieht - und andererseits in der Tatsache, dass diese an Samstagen wie diesem erfahrungsgemäss gut von allradfahrenden Locals frequentiert wird. Bei passender Gelegenheit den Daumen rausgehalten und darauf vertraut, dass der Fahrer ein Herz für Hitchhikr hat und uns eventuell bis zum Rast- und Parkplatz oberhalb der 4000er Marke mitnimmt - dann sollte das heute ein gutes Ende nehmen.

Die erste gute Seele, ein Milchbauer, tritt schon nach 350 auf Schusters Rappen zurückgelegten Höhenmetern auf den Plan, und für André kommt der anschliessende Uphill-Lift keine Sekunde zu früh. Er hat am Morgen bei der Schuhwahl auf ein Paar noch nicht eingelaufene Boots gesetzt, die in Rekordzeit monumentale Blasen an beiden Fersen produziert haben und ihn seither böse triezen. Leider ist der holprige Ritt über die ruppige Piste nur von kurzer Dauer - 200 vertikale Meter höher muss unser Wohltäter rechts abbiegen, wir sagen artig gracias und trotten weiter den Hauptweg empor. Aber keine halbe Stunde später ist uns Fortuna erneut hold; diesmal stoppt ein freundlicher Familienvater samt Frau und Kind und bittet uns auf die Ladefläche seines Pickups, die wir mit einem ebenso furchterregend grossen wie gutmütigen Hund teilen müssen. Rasch gewinnen wir nun Höhe, nähern uns bald dem Rastplatz und richten uns gedanklich schon darauf ein, dass die rasende Fahrt hier ihr Ende finden wird. Doch von wegen: Daddy rauscht bis zum Refugio durch. Und da stehen wir dann plötzlich nach nur 500 Höhenmetern Eigenleistung auch schon in Schlagdistanz zum Gipfel.

Kalt isses, drum mümmeln wir uns erstmal angemessen ein, ehe wir weiterziehen und sogleich die Last der dünnen Luft verspüren. Auf den rund 100 Metern Anstieg zu unserem ersten Ziel, einer Aussichtsterasse mit kleiner Kapelle und kreuzbestückter Felsformation, kommt es nicht nur mir so vor, als zögen wir kleine Elefanten hinter uns her. Oben angekommen müssen wir erst mal tief durchschnaufen.

Was gibt's hier zu sehen? Leider nicht viel. Die Wolken hängen tief und gestatten wenig bis keine Fernsicht. Besonders ärgerlich ist allerdings, dass dichter Nebel den Blick auf den 700 Meter tiefergelegenen Kraterboden verstellt, die augenscheinlichen Belege dafür, dass der Guagua Pichincha ein aktiver Vulkan ist, verschwimmen in weiss-grauem Dunst. Nur riechen kann man es - in windstillen Momenten müffelt es unverkennbar nach Schwefel.

Nach einer längeren Rast machen wir uns minus André zu viert auf zum höchsten Punkt, ächzen auf Vulkansand zunächst den steilen Hang zum Vorgipfel mit dem Vermessungsstein hinauf und klettern dann eine kleine Felsstufe zum Grat ab, der uns zum Gipfelaufbau führt. Dort ist in leichter Kraxelei (II) ein felsiger Aufschwung zu überwinden und schon stehen wir auf dem geräumig-flachen Cumbre. Erfreulich: Wir haben ein wenig Sicht, zumindest in Richtung Rucu Pichincha ist die Wolkendecke aufgerissen. Bei meinem ersten Ecuador-Besuch vor fünf Jahren hab ich ihn zwar besteigen können, aber während meines gesamten dreiwöchigen Aufenthalts nicht einmal zu Gesicht bekommen. Manchmal wird doch alles gut.

Knapp 30 Minuten später machen wir uns wieder auf den Rückweg und steigen zum Refugio ab, wo uns die Glücksgöttin einmal mehr mit einem Geschenk überrascht. Ein Ausflügler mit Allradgefährt bietet uns eine Mitfahrgelegenheit nicht nur zurück zum Ausgangspunkt, sondern gleich bis Quito an. Da sagt man natürlich nicht nein. Erstaunlicherweise verbittet sich unser Gönner jedwede Form von materieller Danksagung und lässt uns bei einem Imbiss-Stopp in Lloa nicht einmal die ziemlich überschaubaren Kosten für seinen Snack übernehmen. Vor so viel Generösität können wir uns nur demütig verneigen. Muchas gracias amigo!

STATISTIK:
  • Gehzeit: Circa 3 Stunden.
  • Wegstrecke: Circa 8 Kilometer.
  • Aufstiegsmeter: Circa 750. Das ist, zugegeben, nicht übermässig viel Sport, aber wer die Tour am Rastplatz beginnt (und das machen fast alle), bleibt sogar noch unter dieser Marke.
  • Abstiegsmeter: Circa 250. Die Kniegelenke fanden es supi.
  • Kopfschmerzen oder andere Höhensymptome: Nullinger.

Tourengänger: highpointa


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