Piz Palü, perfekter Abschluss der Hochtourenwoche


Publiziert von Fraroe , 2. September 2012 um 18:24.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Berninagebiet
Tour Datum:17 August 2012
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Palü-Gruppe   Bernina-Gruppe 
Zeitbedarf: 6 Tage
Zufahrt zum Ausgangspunkt:mit Auto bis Maloja, Bus bis Pranzaria, Talstation Luftseilbahn
Zufahrt zum Ankunftspunkt:mit Auto bis Talstation Luftseilbahn Diavolezza

Endlich Ferien, und siehe da, der spätere Termin scheint sich Wettermässig zu lohnen. Die Wetterprognosen versprechen in den nächsten zwei Wochen mehrheitlich schönes Wetter. Ideale Voraussetzung für die geplante Hochtourenwoche mit Bergführer Walter Pfister im Bergell.
 
1. Tag  12.08.2012
Zu viert reisten wir von Schwyz bei bestem Wetter mit dem Auto zum geplanten Treffpunkt bei Maloja Post. Als Problem stellte sich dann allerdings die Suche nach einem mehrtägigen Parkplatz heraus. Der dafür vorgesehene Platz etwas unterhalb der Passhöhe Richtung Italien war propenvoll. Beim Hotel Schweizerhaus entdeckten wir hinter dem Haus einen leeren Kiesplatz. Die Anfrage an der Rezeption ergab, dass sie uns einen Platz in ihrer Tiefgarage für meine Ansicht nach angemessenen 8 Franken pro Tag überlassen können. So war dieses Problem gelöst und wir begaben uns zum Busbahnhof, wo bereits ein weiterer Teilnehmer wartete. Als dann auch Walter Pfister mit einem weiteren Gast eintraf, war die Gruppe komplett. Mit dem Postbus fuhren wir hinunter nach Pranzaira zur Talstation der Luftseilbahn, die uns hinauf zum Lägh dal’Albigna beförderte. Nun hiess es, die schweren Rucksäcke schultern und den ca. 1 ½ stündigen Aufstieg zur Albignahüttte noch zu bewältigen.
 
2. Tag  13.08.2012
Als Tagesziel stand der 3392m hohe Cima di Castello auf dem Programm. Nach einem kurzen Abstieg in südlicher Richtung bis fast zum See hinunter stiegen wir an der Westflanke der Punta dal’ Albigna bis auf ca. 2500m. Nun schwenkten wir nach Osten, den steil auftürmenden Wänden entlang bis auf ca. 2670m. Nun querten wir Richtung Süden auf grobem Blockschutt zum Gletscher Vadrec dal`Castel Nord. Mit montierten Steigeisen stiegen wir alsdann weiter in südlicher Richtung hoch bis auf 3000m. Hier trafen wir auf die erste Spaltenzone, die wir im zweiten Anlauf auch problemlos meisterten. Nun flachte das Gelände ab und hielten, die teils langen Querspalten umlaufend auf die Bochetta dal Castel zu, die wir nach gut fünf Stunden gemütlichen Aufstieg erreichten. Der früher übliche Aufstieg weiter östlich war momentan nicht machbar und der weitere Aufstieg über den Grat schien uns mit der Sechsergruppe zu zeitaufwändig. So konnten wir den herrlichen Sonnenschein und den Ausblick ausgiebig geniessen. Nachdem sich alle gestärkt hatten, stiegen wir auf dem gleichen Weg zurück. Am Ende des nun etwas aufgeweichten Gletschers zeigte uns Walter, wie man bei diesen Verhältnissen korrekt eine Eisschraube setzt. Man musste ganz schön tief pickeln, bis er mit der Eisqualität zufrieden war. Anschliessend wanderten wir zurück zur Hütte, wo wir den Rest des Tages genossen und uns zum Abschluss mit einem weiteren feinen Nachtessen verwöhnen liessen.
 
3.Tag 14.08.2012
Heute stand der Hüttenwechsel zur Fornohütte auf dem Programm. Nach einem ausgiebigen Frühstück erstellten wir wieder Vollpackung und nahmen den Aufstieg zum Pass da Casnil Sud unter die Füsse. Die Route ist auf der ganzen Länge weiss – blau – weiss markiert, wobei die Routenfindung bei Nebel trotzdem nicht unproblematisch wäre. Zuerst noch über schöne hochalpine Wiesen geht der Pfad bald in Kies - und Blockschutt über. So richtig zur Sache geht es nach dem Pass hinunter Richtung Fornogletscher. Auf ziemlich losem Material, darunter teilweise noch Eis, anschliessend auf einem angenehmen Grasrücken geht es hinunter zu Pt.2453. Hier geht es noch einmal in eine Moränenschutthalde, in der die teilweise vorhandenen Seile den Abstieg erleichtern. Heil erreichten wir den Gletscher. Eine angenehme Kühle empfing uns da und so genossen wir hier eine kurze Rast. Nun galt es noch den Gegenanstieg hoch zur Fornohütte zu bewältigen, die gut 250m über dem Gletscher majästetisch auf einem Felsrücken thront. Nachdem wir diesen rot–weiss–roten Aufstieg geschafft hatten, der allgemeine Tenor tendierte allerdings eher für eine weiss-blau-weisse Markierung als angebracht, war ein kühles Bier auf der Hütte mehr als verdient. Mit vier Stunden ist die Route ziemlich knapp bemessen. Wir waren mit den Pausen sieben Stunden unterwegs, und psychisch war es wegen des vielen losen Blockschuttes recht anstrengend. Zum Abschluss des Tages durften wir auch hier wieder ein sehr feines Nachtessen geniessen.
 
4.Tag 15.08.2012
Als Tagesziel war die Cima di Rosso auserkoren. Nach einem gemütlichen Frühstück nahmen wir um 05.30 Uhr den Abstieg hinunter zum Gletscher unter die Füsse. Da er über Nacht wieder fest gefroren war, montierten wir sofort die Steigeisen. Danach marschierten wir auf dem leicht ansteigenden, nur mit kleinen Spalten durchzogenen Fornogletscher Richtung Süden. Auch wenn er in den letzten Jahren um einiges geschmolzen ist, war es zwischen den wilden Graten und Gipfeln bei aufgehender Sonne für uns trotzdem ein eindrückliches Erlebnis. Am Ende des Tales nach ca.5km schwenkten wir nach Osten um den Passo Sissone zu erreichen. Von unten meinte man, die auf ca. halber Hanghöhe liegende Spaltenzone sollte man eigentlich problemlos durchqueren können. Aber schon bald erwies sich das ganze als spaltenreicher und zerklüfteter als angenommen. Nach etwas Suchen entdeckte unser Bergführer fast zuoberst der Zone auf einer Brücke die Spuren einer Seilschaft, die Tags zuvor bis zum Pass hochgestiegen war. Als er aber den Stockgriff durchstossen konnte, gaben wir das Unterfangen auf. So traten wir wieder den Rückweg an. Vorsichtig stiegen wir durch die Spaltenzone wieder ab. Auch wenn wir keinen Gipfel erreicht haben war es für uns trotzdem eine lohnende Tour, waren wir doch noch nie in solch einem wilden Spalten- und Serac Gelände unterwegs. So trafen wir noch relativ frisch kurz nach Mittag wieder bei der Hütte ein. Nach einer gemütlichen Stärkung hatten einzelne noch nicht genug und probierten sich noch an einzelnen Routen beim hüttennahen Klettergarten. Abgeschlossen wurde der Tag wiederum mit einem sehr feinen Nachtessen. (Salatbuffet, Schweinsniersteak an Rahmsauce, Früchtecreme im Weinglas)
 
5.Tag 16.08.2012
Heute stand wieder späte Tagwache auf dem Programm. Hüttenwechsel. Nachdem sich am Frühstücksbuffet alle genüsslich gestärkt hatten und sämtliche Sachen gepackt waren, stiegen wir Richtung Osten den Weg zur Sella del Forno auf. Auf der Höhe von 2600m zweigten wir nach Norden auf den Höhenweg nach Maloja. Dieser ist durchgehend rot-weiss-rot markiert. Als wir uns auf dem höchsten Punkt der Route befanden, holte uns zum ersten und einzigen Mal in dieser Woche der Regen ein. Es war aber nur ein kurzes Intermezzo. Als wir gegen das Val Muretto abstiegen, war der es wieder vorbei. Gerade rechtzeitig, denn als wir den Bach erreichten zeigte sich, warum Bädu ein paar Bundhaken und einen Fäustel von der Hütte  mitgetragen hatte. Fein saüberlich lagen am Ufer zwei Holzbalken parat. Wir sollten auf Wunsch des Hüttenwarts hier einen kleinen Steg errichten. Mit dem ausgewiesenen Fachpersonal in der Gruppe war das überhaupt kein Problem. Nach kurzer Zeit konnten wir schon den erfolgreichen Belastungstest durchführen. Anschliessend wanderten wir bei immer schöner werdendem Wetter weiter Richtung Maloja. Bei Plan Canin tauchten wir ein in die wunderschöne Landschaft des unteren Val Forno Tales. Das Beizli am Lägh da Cavloc wurde selbstverständlich zielgerichtet angesteuert, um uns mit einem kleinen Imbiss und einem kühlen Trunk für den Rest des Tages zu Stärken. So bewältigten wir den Rest des Weges dann auch problemlos. Nachdem sich alle in der Tiefgarage des Hotels Schweizerhaus frisch eingekleidet hatten, dislozierten wir mit den PW’s zur Talstation der Diavolezza-Seilbahn. Mit ihr liessen wir uns wieder auf fast 3000m hochführen. Was für ein Panorama erwartete uns da bei inzwischen fast wolkenlosem Himmel. Den Piz Palü und die Bernina direkt vor den Augen. Auf der Terrasse genossen wir noch den restlichen Sonnenschein des Tages bis es Zeit zum Abendessen war. Inzwischen war auch Urs Ettlin aus St.Moritz, den Walter als zweiter Bergführer für die morgige Tour auf den Palü angestellt hatte, bei uns eingetroffen. Gemeinsam genossen wir das Abendessen und gingen anschliessend zeitig zu Bett, um für den morgigen Tag gerüstet zu sein.
 
6.Tag 17.08.2012
Piz Palü, das grosse Ziel der ganzen Woche.
Früh mussten wir aufstehen. Um 04.15Uhr wollten die Führer losmarschieren. Alle waren zeitig auf den Beinen und genossen das Frühstücksbuffet im Restaurant. Pünktlich standen alle mit montierter Stirnlampe bereit. Auf teils gutem Weg, teils Blockschutt und zeitweise recht ausgesetzt, was in der Dunkelheit nur zu erahnen wahr, wanderten wir um den Piz Trovat herum zur Fuorcla Trovat. Weiter auf teils rutschigem Pfad hinunter zum Gletscher. Da er schneefrei und griffig gefroren war, direkt weiter bis zu Pt.3011. Hier montierten auch wir die Steigeisen und seilten uns an. Wir wurden Urs Ettlin zugeteilt, der den Auftrag hatte, im oberen Teil das Tempo etwas anzuziehen. Falls die Verhältnisse gut wären, würde er uns bis zum Eintreffen der anderen Gruppe in einer zweier und einer dreier Seilschaft bereits über die schmale Firnschneide auf den Hauptgipfel gebracht haben. Also zogen wir in einem angenehmen Tempo los. Neben der Konzentration aufs gehen am Seil genossen wir das erwachen eines in allen belangen herrlichen Tages. Fast kein Wölklein war am Himmel zu sehen, die Schneebedingungen waren perfekt und langsam begann die Sonne die einzelnen Gipfel anzustrahlen. Nun wurde auch der Gletscher wilder. Einige mächtige Spalten mussten in den Cambrenabrüchen umgangen werden, bis wir die kleine Ebene auf ca. 3400m erreichten. Hier machten wir eine kurze Rast und stärkten uns für den Rest noch einmal tüchtig. In einem gleichmässigen Tempo zog Urs alsdann weiter der Spur entlang Richtung Sattel östlich des Vorgipfels. Bald waren die ersten Gipfelstürmer, die uns am frühen morgen in zügigem Tempo überholt hatten wieder fällig. Ohne grosse Anstrengung zogen wir wieder an ihnen vorbei. Am Sattel angekommen, blies uns dann ein recht kühler Wind um die Ohren was nach Meinung von Urs nichts für die Verhältnisse auf dem Gipfel zu bedeuten hat. Für den steilen Aufstieg über die Ostflanke wurde das Seil auf ein Minimum verkürzt. Auf etwa halber Höhe trat blankes Eis hervor. Gekonnt besserte Urs die teils schlechten Tritte nach. Auf dem Vorgipfel angekommen begutachtete er die Spur zum Hauptgipfel und befragte eine Gruppe die gerade aus der Gegenrichtung kam. Die Spur sei gut zu begehen war der Tenor. Zu viert am Seil war es ihm aber doch zu riskant. So nahm er zuerst nur Rösly mit und holte uns zwei verbliebenen nachher nach. Zugegeben, etwas mulmig war mir schon zumute. Aber konzentriert, den Blick auf die Spur gerichtet, ging das ganze ohne Problem. Auch die schmalste, ca. 4m lange Passage, auf der man knapp zwei Füsse nebeneinander stellen konnte. Letztes Jahr sei der Grat tiefer geschaufelt und gepickelt gewesen. So standen wir um 09.00Uhr glücklich auf dem Gipfel. Urs war sofort wieder losgezogen um ein teil der zweiten Gruppe zu holen. Er absolvierte den Grat hin und zurück an diesem Tag insgesamt fünfmal. Wir genossen inzwischen das herrliche Panorama. Nun ging es wieder den gleichen Weg zurück. Er mahnte uns nach dem tollen Gipfelerlebnis noch einmal zur vollen Konzentration bis wir den Sattel unter dem Vorgipfel wieder erreicht hatten. Von da konnten wir den Abstieg wieder voll geniessen. Nur bei den Cambrenabrüchen traute er einzelnen Schneebrücken nicht mehr ganz und suchte einen Durchgang der noch im Schatten lag. So kamen wir ohne Zwischenfall zum Punkt, an dem wir am Morgen die Steigeisen montiert hatten. Da wurde dann noch einmal ausgiebig gerastet und zurückgeschaut. Anschliessend mussten wir noch den Weg zurück zur Diavolezza bewältigen. Dabei zeigte sich, dass wir mit der Vermutung am Morgen richtig lagen und einzelne Stellen um den Piz Torvat auch nicht ganz ohne sind. Abschliessend können wir sagen, eine Woche mit bestem Wetter, super Kameradschaft in der Gruppe und einem in allen belangen geglücktes, abschliessendes Gipfelerlebnis.

Tourengänger: Fraroe


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Kommentare (2)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 8. September 2012 um 12:10
Glückwünsche zum Palü - Traumwetter habt ihr gehabt; so wie es sein soll!
lg Felix

Fraroe hat gesagt: RE:
Gesendet am 8. September 2012 um 17:51
Danke Felix.
Was anfangs Woche von den Verhältnissen her nicht ganz gepasst hat, bekamen wir bestebs zurück.
LG Franz


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