Everest Trek Teil 2 – von Lukla zum Gokyo Ri
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Flug nach Nepal über Abu Dhabi
Am Abend des 7. Oktober fliegen wir planmäßig in Frankfurt ab. Die relativ neue Fluggesellschaft Etihad Airways (seit 2003) mit Sitz in Abu Dhabi ist uns positiv aufgefallen. Die Crew ist international besetzt und natürlich freundlich, das Essen ist sehr schmackhaft und die Bordunterhaltung deutlich überdurchschnittlich. Alles Weitere ist aber wie immer beim fliegen. Es ist eng und der Flieger fliegt halt so in seiner üblichen Geschwindigkeit... Man muss es einfach aushalten, bis man wieder landet und endlich aussteigen kann.
Bis zu unserer Zwischenlandung in Abu Dhabi läuft alles nach Plan. Leider hat sich der Weiterflug dann um ein paar Stunden nach hinten verschoben. Wir lümmeln und dösen auf dem Flughafen herum, bis es dann endlich gegen nach zwei Uhr am Morgen weitergeht.
8. Oktober 2011
Ankommen in Kathmandu
Am Nachmittag landen wir in Kathmandu und werden von angenehm sommerlichem Wetter empfangen. Wir haben unser Visum schon im Voraus in Deutschland in unsere Pässe eintragen lassen, damit wir bei der Einreise "in der Express-Warteschlange" zügig bedient werden. Wir stellen uns also an und warten. Als wir nach 20 Minuten dran sind, werden wir gleich wieder zurückgeschickt, weil wir noch ein extra Formular ausfüllen müssen (Visum hin oder her).
Also; alles was sowieso schon auf dem Visum steht ins zusätzliche Formular eintragen und alle wichtigen Details aus dem Reisepass abschreiben und wieder zu dem netten Beamten zum "zweiten Vorsprechen". Er nimmt den Zettel entgegen ohne diesen zu beachten, dann noch eine Kopie vom Reispass gemacht und schon werden wir durchgewunken. Da fragen wir uns gleich, ob das wohl einer merken würde, wenn wir nach 30 Tagen nicht wieder ausreisen würden.
Aber egal. Wir wollen ja erst einmal rein, und das ist uns hiermit gelungen.
Das Gepäckband spuckt recht zügig und zuverlässig unsere Gepäckstücke aus, und so kann der eigentliche Teil unserer Reise beginnen. Draußen werden wir von einem freundlich lächelnden Nepali empfangen, der ein Schild "DAV SummitClub" hochhält. Wir sind richtig.
Vor der Tür möchten sich alle Nepali im Umkreis von 30 Metern um unser Gepäck kümmern, der flinkste hat es ergattert – wir lassen uns gerne helfen, weil wir ja auch noch nicht unterscheiden können, ob es sich um freie Träger oder SummitClub-Träger handelt. Nach 100 Metern sind wir am Bus, wo unser Gepäck von fleißigen Händen eingeladen wird. Sekunden später will der Gepäckträger fünf Euro Trinkgeld und fuchtelt zur Verdeutlichung seiner "Lohnansprüche" mit einem solchen Schein um sich. Da wir die Höhe der üblichen Trinkgelder von unserer letzten Nepalreise schon kennen, geben wir ihm freundlich ein paar Rupien. Er zieht erst nach einer ganzen Weile der Diskussion, weiter wild mit seinem Geldschein fuchtelnd, ab. Man kann es ja einmal versuchen, ob die doofen Touristen sich gleich am ersten Tag übers Ohr hauen lassen.
Und in der Tat, ist die Gefahr am Flughafen in die Trinkgeldfalle zu tappen am ersten Tag am größten. Größtes Problem ist nämlich unter anderem auch geeignete Scheine oder gar Münzen für Trinkgeld zu haben.
Die Strecke zum Hotel (Godavari Village Resort) beträgt geschätzt 10-15 km. In Nepal benötigt man dazu etwa eine Stunde (gefühlte 1,5) Mittlerweile ist es rabenschwarze Nacht und der Bus hupt sich den Weg frei. Die im Newar-Stil errichtete Hotelanlage befindet sich in einem gepflegten und weitläufigen parkähnlichem Gelände; es ist eingebettet in bäuerliche Kulturlandschaft. Diese bemerken wir aber erst am anderen Morgen, als wir die Landschaft erstmals bei Tag genießen können.
Wir sind am Morgen beeindruckt von der klaren Sicht. Als wir vor zweieinhalb Jahren den ersten Teil des Trekkings machten, war es Frühjahr und man sah in Kathmandu allenfalls die Hügel am Stadtrand. Von richtigen Bergen fehlte damals jede Spur. Heute Morgen sehen wir die eis gepanzerten Riesen am Horizont, was unsere Vorfreude auf das kommende Trekking merklich anheizt.
Der Bezug der Zimmer am Abend zuvor gestaltet sich in der Dunkelheit etwas kompliziert. Alle haben zwar im Handumdrehen einen Zimmerschlüssel, dass weitläufige Hotelgelände ist aber nur sehr spärlich beleuchtet und keiner der Angestellten kommt auf die Idee, das wir im Dunkeln nicht "hellsehen" können. Es gibt viele Abzweigungen, entweder sie sind unbeleuchtet oder unbeschildert oder beides. Zuletzt erhaschen wir einen Hotelangestellten am hintersten Ende der Anlage. Dieser ist sehr freundlich, kann aber offensichtlich nicht lesen (auch keine Zahlen auf Zimmerschlüsseln) So lernen wir nicht nur unser Zimmer, sondern gleich auch die gesamte Anlage bei Nacht kennen.
Das Abendessen ist dann sehr lecker, vielseitig und auch reichlich. Das Everest Bier schmeckt allen vorzüglich, jetzt schon haben wir das Gefühl, man müsse so was wie Staub hinunterspülen. Nun ja, nach der Busfahrt sind wir auch merklich eingestaubt. Wir sind zwar alle etwas zerknittert, freuen uns aber, dass es morgen losgeht.

Die Hotelanlage bei Sonnenuntergang
9. Oktober 2011
Stadtbesichtigung in Kathmandu
Nach dem Frühstück fahren wir in einem Minibus los, um die Highlights von Kathmandu zu besichtigen. Durbar Square, der buddhistische Stupa von Bodnath und das Hinduheiligtum Pashupatinath stehen auf dem Programm.
In und rund um den Durbar Square sieht man besonders viele schöne alte Bauwerke. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall. Auch der Königspalast "Hanuman Dhoka" liegt hier. Mehr als 50 Tempel und Bauwerke stehen auf engstem Raum nebeneinander. Der Durbar Square im Herzen der Altstadt wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Um das Areal zu betreten, muss ein einmaliger Eintritt bezahlt werden.

Schöne alte Bauten auf dem Durbar Square
Auf dem Durbar Square befindet sich auch Kumari Bahal. In dem Haus der lebenden Kindgöttin wird die königliche Kumari verehrt. Sie wird als vier- oder fünfjähriges Mädchen aus der Newar-Kaste ausgewählt und verbringt ihr Leben bis zur Pubertät in dem reich verzierten Tempelpalast. Dem Besucher, der das Haus der lebenden Göttin besucht, offenbart sich nach dem Durchschreiten des von zwei Steinlöwen bewachten Eingangs ein mit Holzschnitzereien verzierter Innenhof. In dem typisch Buddhistischen Newar-Klosterbau befindet sich neben buddhistischen auch hinduistische Götterfiguren. Wenn man Glück hat, zeigt sich die Kindgöttin am Fenster. Für sie ist das die einzige Möglichkeit, fremde Menschen zu sehen, dann verlassen wird sie ihr göttliches Gefängnis erst wieder, wenn die Pubertät eingesetzt hat.

Kumari Bahal – Durch dieses Fenster darf das kleine Mädchen schauen. Es ist der einzige Kontakt zur Außenwelt der ihr bis zur Pubertät gewährt wird.
Der buddhistische Stupa von Bodnath ist eines der bedeutendsten buddhistische Heiligtümer des Kathmandutales. Er ist mit 40 Metern Höhe der größte Sakralbau im Tal. Er liegt ca. 8 km von Kathmandu entfernt an der Strasse in Richtung tibetischer Grenze. Hier liegt auch das Zentrum des tibetischen Buddhismus in Nepal. Nach der Flucht des Dalai Lama und damit verbunden auch vieler Tibeter 1959 aus Tibet, entstand hier ein neues religiöses Zentrum für tibetische Flüchtlinge, was auch durch den Bau mehrerer neuer Klöster sichtbar ist. So ist es auch kein Wunder, das hier mit dem Cini Lama der dritthöchste Würdenträger der Tibeter, nach dem Dalai Lama und dem Panchen Lama, in Bodnath residiert.

Bodnath Stupa – ein beeindruckender und schöner Platz zum Verweilen!
Der Zugang zum Stupa erfolgt nur durch eine kleine Stichstrasse von Süden her. Dort muss man auch das Eintrittsgeld bezahlen. Ein Rundgang um den Stupa führt immer links herum. Die Halbkugel des Stupa steht auf drei übereinander angelegten Terrassen, die über Treppen zu ersteigen sind. An der unteren Ebene sind rundherum große Gebetsmühlen, die von den gläubigen Buddhisten im Uhrzeigersinn gedreht werden.
Rund um den Stupa sind kreisförmig Klöster und Häuser errichtet, in denen sich viele kleine Läden und Restaurants befinden. Kleiner Tipp für Fotografen: Bei der Auswahl des Restaurants sollte man auch den Sonnenstand in Betracht ziehen. Wenn die Sonne von hinten kommt hat man das bessere Licht zum Fotografieren und natürlich auch zum Schauen.
Pashupatinath (wörtlich: Herr des Lebens oder auch Herr alles Lebendigen, ist eine der wichtigsten Tempelstätten des Hinduismus. Hier wird Shiva als Pashupati (Gott des Lebens – Pashu = Leben) verehrt.
Die Tempelanlage liegt am heiligen Fluss Bagmati, etwa sechs Kilometer östlich von Kathmandu. Der eigentliche Tempel ist nur für Hindus zugänglich, der äußere Tempelbezirk darf hingegen von jedermann betreten werden. Es wird vermutet, dass hier schon in vorchristlicher Zeit eine heilige Stätte bestand. Der Pashupati-Tempel wurde erstmals im 5. Jahrhundert errichtet. Er bildet eine Pagode mit zwei Dachebenen, die mit vergoldetem Kupfer bedeckt sind. Die vier Eingangstüren sind mit Silberplatten bekleidet. Im Inneren des Tempels befindet sich eine Statue von Shiva, die etwa 1,80 Meter hoch ist und einen Durchmesser von etwa 1,10 Meter hat. Sie darf lediglich von vier Priestern berührt werden, die immer aus dem Süden Indiens stammen müssen.
Der Fluss Bagmati teilt die Anlage in zwei große Bereiche. Am linken Ufer des Bagmati liegen der Pashupatinath-Tempel und die Verbrennungsstätten, die Arya Ghats (Verbrennungsstätten der höheren Kasten) und die Surya Ghats (Verbrennungsstätten der niederen Kasten). Dieser Ort hat für viele Gläubige als Platz für die letzten Riten besondere Bedeutung, es gilt als erstrebenswert, seine Angehörigen hier verbrennen zu lassen.
Die meist in gelbe Tücher gehüllte Leiche wird zu den Verbrennungsstätten getragen, wo ein Scheiterhaufen errichtet wird. Vor der Verbrennung bespritzt man die Leiche mit dem Wasser des heiligen Flusses oder wäscht deren Füße im Wasser. Die Leiche wird dann von oben mit feuchtem Stroh bedeckt. Wenn die Familie es sich leisten kann, verwendet man zur Verbrennung neben normalem Holz zusätzlich das kostbare, duftende Sandelholz. Der älteste Sohn umschreitet dann den Scheiterhaufen fünfmal im Uhrzeigersinn, entsprechend der heiligen Zahl fünf, die im Hinduismus die fünf Elemente Erde, Wasser, Feuer, Wind und Akasha, den Äther, repräsentiert. Danach zündet er (ersatzweise die älteste Tochter oder ein Priester) mit einem mit Butter getränkten Strohbüschel den Scheiterhaufen an, das er dazu in den Mund des Toten steckt. Die Beine des Toten stehen zunächst etwas über den Scheiterhaufen hinaus und werden dann bei fortschreitender Verbrennung auf den Holzstapel geklappt. Nach etwa vier Stunden ist die Leiche zu Asche verbrannt, die in den Fluss geschüttet wird.
Pashupatinath ist Weltkulturerbe der UNESCO.
Eine starke Rauchentwicklung ist bei der Verbrennung der Verstorbenen erwünscht.
Die Verbrennungsstätten waren bei unserem Besuch stark frequentiert. Der vollkommen andere Umgang mit dem Tod hat unserer Gruppe ordentlich zugesetzt, das war am Abend und selbst am nächsten Tag in den Gesprächen noch deutlich zu spüren.
10. Oktober 2011
Flug nach Lukla und erste Etappe nach Monjo
Unser Flugtermin nach Lukla liegt am frühen Morgen, erfreut, dass es nun richtig losgeht, stehen wir um 4:30 auf. Ein Frühstückspaket wird an uns verteilt und schwarzer Tee und Kaffee werden serviert (dieser Service ist in Europa zu der Uhrzeit unvorstellbar). Pünktlich um 5:30 steigen wir in unseren Kleinbus, der uns zum Flughafen, an den "Domestic Terminal" bringt. Wir sind nicht allein um diese frühe Zeit; es ist schon so voll, dass wir in einer Schlange vor dem Gebäude stehen müssen.
Nach 20 Minuten sind wir dann drinnen und machen uns nach einigem Warten nach und nach über unsere Frühstückspakete her. Als diese leer sind, ist das Gebäude rappelvoll. Wir können zu dieser Zeit keine Systematik in der Personen- und Gepäckabfertigung erkennen. Nach einer Stunde sind wir satt und auch sicher, dass die nicht erkennbare Systematik System hat. Es geht leider nichts voran.
Unser Abflugtermin 9 Uhr verstreicht gerade, ohne dass sich jemand für uns und unser Gepäck interessiert. Dann erhalten wir auch Gewissheit; unser Reiseleiter teilt und mit, dass Lukla im Nebel steckt und wir erst in einer Stunde fliegen.
Immer was los – Die Abfertigungshalle des "Domestic Terminal" in Kathmandu
Wir wundern uns, woher die Verantwortlichen wissen, wann sich der Nebel hebt; aber wir nehmen die Aussage einfach mal so zur Kenntnis, ändern können wir sowieso nichts. Wir üben und in Geduld, stehen rum und dösen in den Ecken vor uns hin. Ich fotografiere alles mögliche unter anderem auch einen Beamten, wie er an seinem Röntgenbildschirm vorbeischaut und von sonst was träumt, während die Rucksäcke und Taschen mit den vermeintlichen Sprengkörpern durch die Röntgenmaschine fahren. Das ruft gleich seinen Kollegen auf den Plan und ich werde lautstark gestellt und zurechtgewiesen. Das Bild muss ich löschen und zum Schluss erntete ich noch einen superstrengen Blick. (Wo kämen wir denn da hin, wenn ich bei meinen Vortrag ein Bild von einem "Wachkoma-Zollbeamten" zeigen würde.)
Dann geht alles ganz schnell: Es beginnt superhektisch zu werden und wir werden in 3 Minuten komplett mit Gepäck abgefertigt. Wir kommen von der Abfertigungshalle in die Abflughalle. Dort ist es auch schon sehr voll und ich bin sicher nicht der einzige, der nun beginnt auszurechnen, wie viele von diesen Kleinfliegern starten müssen, bis wir dran sind. (Meine Schätzung beläuft sich auf mehrere Stunden bei 6 Fliegern pro Stunde) So stehen wir auch hier längere Zeit und harren der Dinge.
Bisweilen nimmt ein kleiner Flieger einige Passagiere mit und es werden ein paar Sitzplätze frei, was die Warterei etwas angenehmer macht (ich verbessere mich dabei vom Fußboden auf einen Plastiksitzplatz). Nach längerem Warten werden wir vom brüllenden Lautsprecher, den wahrscheinlich keiner von uns versteht, aufgerufen. An der Fuchtelei unseres Reiseleiters erkennen wir, dass wir auch gemeint sind und flitzen hocherfreut mit unseren Boardingpässen ans Ende der kleinen Warteschlange, um uns ein allerletztes mal (Männlein und Weiblein natürlich wie immer getrennt) abtasten zu lassen.
Was soll ich sagen, wenn es vorangeht, dann geht es in Nepal ganz rasend schnell. Wir steigen (besser rennen) in den Bus; und der fährt uns die 200 Meter ohne auseinanderzubrechen hinaus aufs Rollfeld. Wir steigen direkt vor unserer Maschine aus, werden aber nicht hineingelassen. Nun stehen wir also wieder etwas rum, bis uns ein Officer wieder zurück in den Bus beordert. Ohne weiteres Zögern, oder Erklärungen fährt der Bus zurück vor die Wartehalle.
Als wir dort aussteigen wollen, werden wir angewiesen sitzenzubleiben. So schwitzen, leiden und albern wir wieder 20 Minuten vor uns hin und transpirieren um die Wette. Als keiner mehr daran glaubt, fahren wir wieder aufs Rollfeld und dürfen nach zwei Minuten tatsächlich einsteigen. Es ist 12.30 Uhr. Der Flieger kurvt in Richtung Startbahn und kurz danach starten wir tatsächlich.
Die Flugzeit nach Lukla beträgt ca. 45 Minuten.
Schon wenige Augenblicke von Kathmandu entfernt fliegen wir über grünes Hügelland und die Bewölkung nimmt mehr und mehr zu. Nach der halben Flugzeit ist der Himmel auch schon (mindestens) halb bewölkt. Kurze Zeit später leitet der Pilot eine ordentliche Rechtskurve ein und unsere fragenden Blicke landen auf dem hintersten Sitz, wo unsere reizende Stewardesse freundlich lächelnd sitzt. Sie verkündet sogleich mit Überzeugungskraft und einem Lächeln: "Wir landen nicht in Lukla, das Wetter ist zu schlecht!". Nach der Kurve geht es geradeaus und mit unserer Laune steil nach unten. Wir sehen uns schon vom Flugplatz in "Las Pampas" in drei Tagen nach Lukla laufen, oder sonst eine Schreckensvision.
Nach einer Weile zieht der Pilot die Maschine ordentlich nach oben und dreht wieder nach Links ab. Wir haben alle bereits die Orientierung in der Suppe verloren und hoffen, dass die beiden Jungs im Cockpit mehr sehen. Dann geht es wieder etwas geradeaus und ich sehe unter mir bekanntes Terrain, dass wir vor zwei Jahren schon erwandert haben. Wir sind also doch kurz vor Lukla und ich schöpfe wieder Hoffnung.
Zwei Minuten später beginnt der gefühlte Sturzflug auf die Minilandebahn in Lukla. Mir ist jetzt auch klar was gemeint war mit der aussage "eine Landebahn wie ein Handtuch". Die Landung ist für uns spektakulär, für die Piloten wahrscheinlich normal. Auf jeden Fall sind wir sicher wieder am Boden und zwar in Lukla und nicht in "Las Pampas". Kaum draußen aus dem Flieger geht es hektisch weiter. "Sofort Gepäck verteilen an die Träger und Los! Stirnlampe und Handschuhe parat halten!" lautet die Anweisung unseres Trekking Guides. Es reicht gerade noch für die Toilette.
Alle sind gespannt auf die "Handtuch-Landebahn"
Wir kaufen noch Wasser in einer Lodge und marschieren um 13:45 ab, wohl wissend, dass wir noch fünf Stunden zu gehen haben und es sicher dunkel werden wird, bevor wir am Ziel sind. In der ersten Zeit geht es langsam hinab ins Tal des Dudh Kosi (Milchfluss, wegen seiner leicht milchartigen Farbe). Lukla (bedeutet Schafweise) liegt auf einer klippenartigen Anhöhe einige Hundert Meter über dem Talgrund. Gegen 16 Uhr machen wir eine Pause um in einem Restaurant zu Essen.
Als wir wieder starten, neigt sich der Tag bereits dem Ende zu und kurz vor 18 Uhr schalten die ersten Mitwanderer die Stirnlampen ein. Mit zunehmender Dunkelheit schränkt sich der Wahrnehmungshorizont auf einen kleinen Lichtkegel ein. Damit steigt auch das Tempo der Gruppe insgesamt an, da weder fotografiert wird, noch einer aus anderen Gründen stehen bleibt. Gegen 19 Uhr, nachdem wir hoffnungsvoll auf unzählige beleuchtete Häuser zu- und dann vorbeigegangen sind, erreichen wir ziemlich ausgepumpt unsere Lodge. Viele fühlen sich nicht besonders wohl, auch ich habe leichtes Kopfweh; logisch nach einem ersten Tag im Hochgebirge mit viel zu hohem Tempo und keiner Trinkpause mehr seit dem Mittagessen. Ich nehme mir vor in den nächsten Tagen besser auf meinen Wasserhaushalt zu achten.
Endlich am Ziel. Alle sind froh und hungrig
11. Oktober 2011
Von Monjo nach Namche Bazar
Wir werden geweckt und erblicken sofort einen herrlichen blauen und wolkenlosen Himmel. So kann es weitergehen! Erst heute Morgen erfassen wir auch die schöne Umgebung unserer Lodge, da am Abend bei der für uns absolut ungewohnten tiefschwarzen Dunkelheit nichts zu sehen war. Direkt hinter der Lodge steigt das Gelände an und nach kaum 200 Metern geht es fast senkrecht nach oben und gipfelt im Thamserku mit über 6600 Metern. Das sind immerhin fast 4000 Höhenmeter, die man da in die Höhe schauen kann, bis zum Gipfel. Wir sind beeindruckt!
Nach einem Nepali-Tourist-Frühstück (zwei Toast, Yak-Butter, undefinierbare Marmelade, Bratkartoffeln mit sehr viel Knoblauch und Ei), dass uns noch zur Gewohnheit werden wird, geht es los Richtung Namche Bazar. Zuerst wie am Vortag, weiter am Fluss entlang, dann auch mehrmals über Hängebrücken, gehen wir der Quelle des Fußes entgegen. Viele warten schon auf die berühmte Hillary-Bridge (ist es die? nein! – Ist es die? nein! – Ist es die? ... die Guides kennen die Frage an dieser Stelle des Trekkings wohl nur zu gut, sind aber immer sehr höflich und geduldig).
Zuerst kommt der Eingang zum Everest Nationalpark. Ein Haus mit Nationalparkverwaltung drin, kleinem Museum, und einem Modell des Parks aus Pappmaché. Dazu (unverzichtbar!) ein Stempelkissen und der Stempel vom Everest Nationalpark. Viele tun es! Unsere Sherpas stehen in der Ecke und amüsieren sich leise und dezent über die Stempelei der ausländischen Gäste.
Der Park hat ein wunderschönes Eingangsportal aus Stein mit reich verziertem Dach, reichlich Gebetsmühlen und alles wunderschön bemalt. Es weist uns den Weg zum Everest. Es geht unüblicherweise aber erst einmal ein gutes Stück steil bergab, bis wir wieder am Fluss sind. Nach kurzer Zeit sehen wird dann auch schon die Hillary-Bridge die in stattlicher Höhe das Flusstal quert. Ab dort geht es dann auch beständig nach oben. Erstmals werden wir hier unseren eigenen Gehrhythmus finden, um nicht außer Atem zu kommen.
An einer Stelle stehen plötzlich sehr viele Menschen – es sind bestimmt 30 – am rechten Wegrand. Ein guter Pausenplatz? Auf jeden Fall gibt es dort eine kleine Plattform für noch mehr Leute. Wir setzen hier auch kurz den Rucksack ab und sehen gleich den Grund des Menschenauflaufs. Diese Pausenplattform ist der erste Platz, von dem man Everest und Nuptse sehen kann. Und wir machen natürlich auch Gebrauch von diesem schönen Blick. Noch sieht er aber klein aus. Niemand würde ihn von hier als den höchsten aller Hohen schätzen.
Weiter geht es ohne Unterlass nach oben. Ich gebe mir Mühe um meinen Rhythmus zu finden und achte auf meinen Wasserhaushalt, damit ich nicht wieder Kopfschmerzen bekomme. Am Frühen Nachmittag sehen wir erste Häuser, die auf die kommende Stadt hinweisen. Auch tauchen die ersten Enziane auf, die hier sehr dekorativ in der Sonne stehen. Ein fast weißes Blütenblatt wechselt mit einem etwas hellerem blauen ab und ergibt so ein wunderschönes Pflänzchen. In den kurzen Wiesen stehen sie an den sonnigsten Plätzen und fühlen sich offensichtlich sehr wohl.
Enzian mal etwas anders: Mit rundlichen Blütenblättern und in blauweißem Wechsel.
Wenige Meter weiter geht es um die Ecke und wir erblicken erstmals Namche Bazar. Eine reizvolle Lage in einem hoch liegenden halbrunden Talkessel. Namche Bazar ist Hauptstadt und wichtigstes Handelszentrum der Sherpas im Khumbu; hier ist ordentlich was los, laut dröhnt Music aus den Kneipen und Cafés. Auf den Straßen ist alles voll mit Leuten und Läden.
12. Oktober 2011
Ruhetag in Namche Bazar
Ruhetag im Himalaya bedeutet Akklimatisierungstag. Oberhalb von Namche Bazar liegt ein Hügel (3900m), der einen hervorragenden Aussichtspunkt bietet. Obendrein gibt es ein kleines Museum über die Region, welches durchaus einen Besuch lohnt.
So machen wir das also auch. "Auch" bedeutet hier, dass der Weg dort hinauf einer Ameisenstraße gleicht. Unzählige Touristen säumen den Weg. Viele beweisen uns, dass sie schneller gehen können und nebenbei auch, dass sie denn Sinn dieses Tages nicht wirklich erfasst haben. Die Aussicht ist wirklich sehr lohnend. Nach einer ausgiebigen Rast gehen wir hinunter nach Khumjung wo die Frau unseres Sherpaguides Nuri eine kleine Lodge betreibt. Das Mittagessen dort schmeckt uns sehr und wir erfreuen uns im Garten an der warmen Sonnenstrahlung, so lange es die Wolken noch zulassen. Vom Garten blickt man direkt auf die Ama Dablam; alle sind gebannt von der anmutigen Aussicht.
Der Rückweg nach Namche beträgt ungefähr eineinhalb Stunden und führt über einen kleinen Flugplatz der für die kleineren Flieger (bis ca. 8 Personen) eine Landebahn bietet. Auf der Landebahn steht ein Pferd und frisst gemütlich das Beste vom Grünen. Wir sind sicher, dass es nicht zu den Angestellten gehört, die die Landebahn von Unkraut frei halten sollen.
Kaum 50 Meter oberhalb von unserem Hotel sind die Stufen besonders hoch. Ich entscheide mich – glücklicherweise hier – mir an einem kleinen Stein so ordentlich das Sprunggelenk umzuknicken, dass ich mich vor Schmerz (eventuell auch unterstützt durch den Sauerstoffmangel in der noch ungewohnten Höhe) einer kurzen Ohnmacht hingebe. Derweil ergibt sich auch, dass in unserer Gruppe ein Chirurg/Orthopäde und eine Anästhesistin mit Zusatzausbildung zur Höhenmedizinerin zugegen sind – wie praktisch; und danke nochmals Petra und Rainer für die perfekte Behandlung!
Mit Unterstützung zweier Sherpa Guides humple ich die 50 Höhenmeter zum Hotel runter und werde dort erst einmal gründlich versorgt.
13. Oktober 2011
Aufstieg zum Kloster Thame / Ich – Ruhetag
Die Gruppe teilt sich heute in "noch Gesunde" und "Krankgeschriebene und betreuende Mitreisende". Gleich vorneweg; der beste Platz für einen verordneten weiteren Ruhetag ist in Namche Bazar. Hier kann man am besten wieder gehen lernen und nebenbei in der "German Bakery" tollen Kuchen essen und für die hiesigen Verhältnisse exquisiten Espresso und Cappuccino trinken (immerhin gibt es keine Milch hier oben sondern nur Milchpulver). Ich nutze den Tag für diese Dinge; ein paar andere Kleinigkeiten gab es auch noch zu kaufen.
14. Oktober 2011
Weg nach Khumjung
Ideal als Wiedereinstieg ins Gehen, ist die kurze Tour nach Khumjung. Auf direktem Weg und mit bandagiertem Knöchel sind es gerade mal zwei Stunden. Bergauf funktioniert der Fuß recht passabel, auf der Ebene (was es hier eigentliche nicht gibt) auch. Nur bergab habe ich Schmerzen, deshalb versuche ich viel Gewicht an die Trekkingstöcke abzugeben. Als ich unten bin, tun mir die Schultern und die Trizeps mehr weh als der Knöchel – Mission geglückt! Patient wieder bei der Gruppe angekommen.
Wenn man sich hier zum fotografieren niedergelassen hat, möchte man wegen der herrlichen warmen Luft gar nicht mehr aufstehen. Tut man es dann doch, merkt man sofort die Höhe mit dem einhergehenden Sauerstoffmangel.
Der Nachmittag verläuft ruhig. Wir treffen unsere Gruppe wieder und schauen am Nachmittag noch die Gompa (Kloster) von Khumjung an. Hier wird, gut verschlossen, der Skalp des Yetis aufbewahrt (ich denke sogleich; wie viele Skalpe des Yetis lagern wohl in den Klöstern der Himalayaregion?) Man darf den Skalp auch betrachten, wenn man vorher einen Geldschein in die Donation-Box steckt. Wir tun gerne den Gefallen und zeigen Interesse am Skalp, denn die Leute hier können das Geld gut gebrauchen.
15. Oktober 2011
Aufstieg nach Luza (4390)
Das Wetter ist, wie bisher immer super. Jeder Morgen empfängt uns mit kalter klarer Luft und einem unbeschreiblich blauen Himmel und dann wird es angenehm warm – so auch heute. Es geht von Kumjung mit viel Panorama erst einmal langsam bergab. Es geht eine ganze Weile so runter, dann bergauf, bis wir am Mong La-Pass (3973 m) eine Pause machen. Nach dem obligatorischen "Nepali-Pausentee" (Black Tea, Mint Tea oder Hot Orange) geht es hinab bis zum Dudh Kosi, wo wir an einem kleinen Wasserkraftwerk vorbeikommen. Von hier ab geht es dann nur noch bergan. Da freut sich mein malader Knöchel und kann sich erholen.
Es zieht Nebel aus dem Tal nach oben zu uns. Es ist erst kurz nach Mittag und schon wird es empfindlich kühl. Dazu kommt ein Wind, der am Vormittag in der Sonne noch sehr angenehm war, jetzt aber das Klima deutlich verschärft. Nicht nur, dass es kälter scheint als es ist; die vorbeiziehenden Nebelschwaden machen die Szenerie auch dunkel und düster. Wir gehen den gesamten Nachmittag durch den Nebel und die ohnehin weite Strecke am heutigen Tag erscheint uns deshalb noch länger, da die optischen Reize in der Ferne und die Orientierung fehlt. Unser (Nach)-Mittagsmahl nehmen wir in einer unterkühlten Lodge ein, das ganze drum herum kann man nur bis zu 30 Meter Entfernung erahnen. Die Toilette ist saukalt und stinkt nach Ammoniak, dass man fast ohnmächtig wird.
Weiter geht es dann bis kurz vor dem Dunkel werden. Gerade noch rechtzeitig erscheint eine Hütte schemenhaft in der Nebelsuppe. Noch über einen Bach und ein paar Meter nach oben.
Und nichts wie rein!
Kalter Nebel – nichts wie rein in die Hütte!
16. Oktober 2011
Aufstieg nach Gokyo
Am Morgen streben einige zum Schlauch, der frisches Flusswasser bis auf die Terrasse fördert. Man muss sich hier nicht Frischmachen, aber es hilft beim Aufwachen. Väterchen Frost war heut Nacht schon hier und hat ordentliche Arbeit geleistet. Schon ein Meter vor dem Schlauch ist alles mit Eis überzogen. Beim Zähneputzen ist gutes Schuhwerk und wenig Wasser gefragt. Wir kommen noch ohne Steigeisen bis an den Wasserstrahl und erledigen das Nötigste bevor es zum Frühstück geht.
Wir genießen die Sonne auf dem Rücken und die sagenhafte Landschaft!
Nach dem Frühstück lacht die Sonne und es ist schon wieder eine Freude loszugehen. Nach kurzer Strecke schon macht sich kühler Gletscherhauch bemerkbar. Wacholder und Blutberberitzen sehen wir jetzt zum letzten Mal, die Vegetation wird zunehmend karger. Ein erster steiler Anstieg fordert uns schon beträchtlich, denn wir sind nun schon auf 4600 Meter – alle spüren das. Oben angekommen geht es über eine kleine Brücke. Hier entwässert ein Bach den ersten der Gokyo-Seen.
Eine halbe Stunde weiter passieren wir in ebenem Gelände den zweiten Gokyo See. Von hier kann man schon die Aufstiegsroute auf den Gokyo Ri sehen, den wir morgen besteigen wollen. Die Aufstiegsroute sieht geradezu lächerlich einfach und auch recht kurz aus. Der Berg weist kaum felsige Stellen auf. Der Weg scheint durchweg erdig und führt im Zickzack auf eine rundliche Kuppe hinauf.
Wir werden uns noch wundern.
Am dritten See erreichen wir nun Gokyo, das zwischen See und einem langgezogenen Hügel liegt. Der Cho Oyu zeigt sich in voller Pracht am Talende. Erst als wir am Nachmittag den Hügel hinter Gokyo besteigen wird uns bewusst, dass es eine riesige Seitenmoräne des Gletschers vom Cho Oyu ist. Auf der anderen Seite der Moräne sehen wir einen Gletscher der unsere Vorstellung aus den Alpen lächerlich erscheinen lässt. Unglaubliche Geröllmassen werden hier befördert. Das Ausmaß überfordert unsere Vorstellungskraft bei weitem.
17. Oktober 2011
Gokyo Ri (5365 m)
Es hat satten Frost heute Morgen. Wecken um 5. Abmarsch um 6 Uhr. Soweit eine normale Bergtour. Zuerst müssen wir über den kleinen flachen Bach, der den dritten der Gokyo-Seen speist. Eine Perlenschnur von Steinen weist uns den Weg hinüber. Dumm nur, dass alle mit Eis überzogen sind. Vorsichtig tasten wir uns, noch müde an unsere Aufgabe heran und treten lieber ins Wasser als auf die Steine. Leider rutscht eine unserer Gruppe auf den Steinen aus und schlägt sich die Lippe blutig. Aber sie ist sehr tapfer und geht trotz der Schmerzen weiter.
Drüben angekommen, geht es erst recht steil, aber technisch einfach nach oben; vorbei am Schild Gokyo Peak. Wir gehen langsam und müssen doch ordentlich schnaufen. Ein Detail haben wir bei unseren Reiseplanungen nicht berücksichtigt. In den Alpen reichen mir leichte Handschuhe bei –5 Grad aus. Wenn ich kalte Hände habe gehe ich schneller und das Problem löst sich schnell auf. In 5000 Meter Höhe löst sich das Problem nicht so schnell, denn mal eben etwas hoch rennen, damit man warm wird, ist eine ganz schlechte Idee. Wir werden diese Erfahrung in den nächsten Tagen leider noch öfter machen müssen.
Der Aufstieg auf den Gokyo Ri ist ausgesprochen kalt, bietet aber eine super Aussicht und die Hoffnung auf frühzeitig wärmende Sonnenstrahlen
Nach etwas eineinhalb Stunden wird der Anstieg etwas flacher und wir haben längst festgestellt, dass ein Erdhügel ganz schön anstrengend sein kann. Er muss nur in der richtigen Höhe liegen. Wir haben schon alle das Gefühl, dass es kein Ende nimmt. Es wird zwar flacher aber wir kommen nur relativ langsam voran. Wir sind nun einfach schon sehr weit oben und der Sauerstoff fehlt uns allen.
Die Aussicht vom Gokyo Peak ist sensationell. Die größten Gletscher, eine schier unendliche Moränenlandschaft und die türkisfarbenen Gokyo-Seen liegen uns zu Füßen. Wir blicken auf die Achttausender Cho Oyu, Lhotse und Makalu und auf den höchsten Berg der Erde, den Mount Everest. Der Aufstieg war hart, aber wir werden reich belohnt. Wir haben bestes sonniges Wetter und wir können fast zwei Stunden auf dem Gipfel bleiben, bis wir vom aufkommenden Wind zum Abstieg genötigt werden. Wir lassen uns Zeit und genießen den Tag in vollen Zügen.
Blick vom Gokyo Ri in Richtung Osten. Ganz links der Cho Oyu; Bildmitte Mt. Everest
Fortsetzung siehe: Everest Trek Teil 3 - Cho La und Kala Pattar

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