Großlitzner-Groß Seehorn-Überschreitung


Publiziert von quacamozza , 25. August 2011 um 16:20. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Silvretta
Tour Datum:17 August 2011
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   A 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1350 m
Strecke:Madlenerhaus-Silvrettastausee-Klostertaler Hütte-Verhupftäli-Großlitzner-Groß Seehorn-Seelücke-Saarbrücker Hütte-Madlenerhaus
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zufahrt mit Pkw bis zum Madlenerhaus (1986m)
Unterkunftmöglichkeiten:Madlenerhaus, Klostertaler Hütte, Saarbrücker Hütte
Kartennummer:AV-Karte 1:25 000 Nr. 26 Silvrettagruppe

Go West - meine vierte Ost-West-Traverse dieses Jahr...
Die Litzner-Seehorn-Überschreitung gehört zu den schönsten Touren im westlichen Österreich und wird dementsprechend häufig begangen. So ist es auch kein Wunder, dass schon einige einschlägige hikr-Berichte, zuletzt dieser, *Überschreitung Groß Litzner (3109) - Groß Seehorn (3122), zu finden sind.

Auch für mich sind die beiden Traumgipfel kein Neuland. 1994 habe ich sie mit Schnucki das erste Mal, damals von der Saarbrücker Hütte aus, überschritten. Und da ich keiner derjenigen Bergsteiger bin, welche Touren aus Prinzip nie wiederholen, freute ich mich auch dieses Mal auf bekannte Wege in netter Gesellschaft. Durch seine Videos macht Thorsten aus Bergbesteigungen einfach das gewisse Etwas, und da wir uns schon auf der Allgäutour Anfang August *Öfnerspitze-Krottenspitze-Großer Krottenkopf Nordgrat super ergänzten, entschlossen wir uns kurzfristig, abends zum Madlenerhaus zu fahren und am frühen Morgen zu einem neuen Abenteuer zu starten.


Zur Schwierigkeitsbewertung: Die Tour erfordert als Tagestour eine sehr gute Kondition, etwas Orientierungssinn und Kletterfähigkeiten im IV.Grad. Zwar bewerten wir die Schlüsselstelle am Großlitzner in der 3. Seillänge nach ausgiebiger Diskussion im Gegensatz zu unseren Vorgängern mit III+, und der Abstieg vom Groß Seehorn über den Nordwestgrat ist auch "nur" eine III-, aber die Länge und die Ernsthaftigkeit der Tour, insbesondere die besondere Ausgesetztheit der Grate, namentlich am Litzner-Gipfelturm und am Seehorn-Nordwestgrat, erfordern doch technische Reserven und eine große psychische Belastbarkeit. 

Zur Ausrüstung: Wir nahmen ein 40-Meter-Seil mit - dieses reicht zwar nicht für die eingerichtete Abseilpiste am Groß Seehorn, ist aber ansonsten keine schlechte Wahl. Mit 50 Metern ist man für alle Eventualitäten gerüstet, und wer noch mehr mitnimmt, spart sich natürlich Zeit an den Abseilstellen. Die Abseilausrüstung ist dann auch das Wichtigste, dazu noch einige Schlingen, Karabiner, 3-4 Expressen, Selbstsicherung, also die kleine Materialkollektion, dann ist man schon bestens ausgestattet. In der ersten SL haben wir mangels vorhandener Absicherung noch einen Friend Gr. 2 eingesetzt.



Vom Madlenerhaus auf markiertem Weg zunächst auf den Staudamm und dann Richtung Wiesbadener Hütte am Westende des Silvrettastausees entlang. Auf 2100m, noch vor der eigentlichen Weggabelung ins Klostertal, kann rechts eine schwach markierte Abkürzung eingeschlagen werden, die 50 Höhenmeter oberhalb wieder auf den breiten, Mountainbike-geeigneten Fahrweg führt. Weiter in gemäßigter Steigung talaufwärts bis kurz unterhalb der Klostertaler Hütte. Dann den Weg zum Litznersattel einschlagen und über den Klostertaler Bach und eine Steilstufe in das Verhupftäli. In diesem noch eine Viertelstunde aufwärts, dann den Weg nach links verlassen und an einem kleinen See vorbei Richtung Nordostflanke des Winterbergs.

Hier "Im Glötter" trafen wir nur noch wenig Schnee an, und selbst dieser karge Überrest war schon morgens ziemlich weich, so dass die Steigeisen im Rucksack blieben. Im Bogen Richtung Winterberg gelangten wir bald auf den Grenzgrat, dem wir mit kleineren Abweichungen in der Ostflanke (gelegentlich befinden sich Steinmänner auf der Grathöhe, teilweise Kletterei bis II und brüchige Bänder) folgten.

Auf dem Schuttplateau unterhalb des Litzner-Vorgipfels auf knapp 3000m kann man wunderbar pausieren, die Aussicht genießen und die Kletterausrüstung anlegen. Über leichte Felsen geht's aufwärts, den Vorgipfel lässt man knapp unterhalb des höchsten Punktes rechts liegen. Die westseitige Traverse der Flanke zum Sattel vor dem Vorturm ist einfach (I, T 5).

Ab hier wird's etwas anspruchsvoller: Der Vorturm wird direkt erstiegen (II+, Steinmänner, hier ist es schon etwas luftig). Anschließend folgt eine erste, etwa 12 Meter lange Abseilstelle (eingerichtet) in die Scharte vor dem Gipfelturm. 

Dann kommt der schönste Teil der Tour, die Erkletterung des Litzner-Gipfelturms. Ein echter Genuss, der leider schon nach 4 kurzen SL beendet ist: Von der Scharte links um den überhängenden Felsvorsprung herum und rechts durch einen Riss und kurze Stufe aufwärts (III) auf den ersten Absatz (Standhaken). Sodann zuerst gerade, dann leicht rechts haltend (wir gingen die steile Verschneidung nicht direkt an), bis man den Pfeiler erreicht (zunächst einfach, dann III+). Einen großen wackeligen Block überqueren und wieder nach links, bis man durch die Verschneidung (ZH) auf die zweite Stufe (Standhaken) kommt. Über einfacheres Gelände an den Fuß einer steilen Platte (ZH). Über diese und den folgenden Überhang direkt (schwierigste Stelle, III+) auf die letzte Stufe. Dann in einfacher Kletterei über Blöcke, schließlich auf dem Grat queren zum Gipfel des Großlitzner (3109m; brutto 6 Std., netto 5 Std. vom Madlenerhaus).


Wenige Meter abwärts zur ersten Abseilstelle, von hier dreimal 20 Meter in teils überhängendem Fels auf die erste Stufe über dem Hochjoch. Hier befindet sich eine weitere Abseilstelle, die unserer Einschätzung nach ein 50-Meter-Seil nötig machte. Vielleicht hätte es mit unserem Seil gereicht, aber das war uns an dieser Stelle zu riskant. (NB: Man braucht tatsächlich ein 50-Meter-Seil- der Gratabsatz ist 24 Meter hoch.)
Wir kletterten also links durch eine schuttige Rinne abwärts, richteten am Beginn der Rechtsquerung bei einem Felskopf eine eigene Abseilstelle ein (10 Meter) und zogen anschließend die Bandschlinge wieder ab. Das Abklettern rechts hinunter hätte ohnehin Seilsicherung erfordert (II+). 
Weiter über kleinere Stufen ins Hochjoch (2980m) hinab und auf Wegspuren in der rechten Flanke über erdiges Gelände und steilen Schutt auf einen Gratabsatz des Seehorn-Südostgrates. Von dort mehr oder weniger direkt dem Grat folgen (teilweise bis II und exponiert) auf den Gipfel des Großen Seehorns (3121m; 1 Std 30 vom Großlitzner).


Am Gipfel beginnt eine eingerichtete Abseilpiste (achtmal 22 Meter) für Seillängen ab 50 Metern. Darüberhinaus soll noch eine weitere Abseilpiste existieren. Selbst am Nordwestgrat fanden wir einige Abseilstellen, die uns fortlaufend zum Abseilen in die Flanke verleiten wollten. 

Wir entschieden uns für das Abklettern des Nordwestgrates, der sehr ausgesetzt Richtung Seelücke hinabführt. Über kurze schwierigere Stufen seilten wir ab (insgesamt 5mal, der ganze Grat ist sehr zeitintensiv). Etwas oberhalb der markanten Gratlücke ging's links in die Flanke hinaus: Über Schutt, Platten, kurze Rinnen und viel geröllbedeckte Stufen (II) kamen wir zum steilen Schneefeld. Auch auf diesem benötigten wir bei der fortgeschrittenen Tageszeit keine Steigeisen. In der Regel sind sie hier aber hilfreich. 

Schon von oben sahen wir eine Bergsteigerin, die offensichtlich beim Abstieg Probleme hatte. Am oberen Ende des Schneefeldes erfuhren wir, dass sie ausgeruscht war. Ihr Bergführer hatte sie zwar am kurzen Seil und konnte sie halten, sie führte aber einen ordentlichen Pendler aus und stürzte so einige Meter in die Randkluft. Wir begleiteten die beiden noch beim weiteren Abstieg über den Seegletscher bis zur Seelücke (2778m), an der wir ausgiebig Rast machten.

Nach einer knappen halben Stunde stand an der Saarbrücker Hütte (2538m) auf der Panoramaterrasse mit eindrucksvollem Litzner-Seehorn-Blick eine weitere Pause an.

Schließlich legten wir den weiteren Abstieg zum Madlenerhaus über die Tschifernella auf dem sehr guten und aussichtsreichen Wanderweg in flottem Spätnachmittagstempo zurück und standen 1,5 Std. später wieder an unserem Ausgangspunkt.    
 


Tourengänger: quacamozza, gstuermer


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