Neue Route auf die Ruederkarspitze


Publiziert von maxl , 18. August 2011 um 01:40. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:16 August 2011
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkplatz im Rißtal beim Start ins Laliderertal
Unterkunftmöglichkeiten:keine

Bei 83_Stefan und mir stand die Ruederkarspitze schon länger auf dem Wunschzettel - v.a., weil wir vor ein paar Wochen an ihr scheiterten. Wir folgten dem Bericht von gero, wollten sie also von der Westseite aus dem Laliderertal angehen, schafften es aber nicht durch das extrem dichte, von Steilabbrüchen durchsetzte Latschengewühl hinauf. Ein zweiter Versuch musste also her. Und auch dieser war eine ausgesprochen zähe, widrige Tour, für die man eine gute Portion Masochismus benötigt, allerdings diesmal mit Gipfelerfolg. Wir haben eine neue Durchstiegsmöglichkeit entdeckt, ohne großen Latschenkampf und auch nur mäßig heikel. Sie ist allerdings nicht leicht zu finden - wir haben immer wieder kleine Steinmanndln aufgestellt, trotzdem muss man sich den Weg im Aufstieg gut einprägen, um ihn dann im Abstieg wieder zu finden.

Los geht's gemütlich ins Laliderer Tal hinein. Auf dem breiten Fahrweg läuft man in sanfter Steigung 30-45 min dahin. Bei einem kleinen Gefälle macht der Weg einen deutlichen Rechtsknick und leitet zu einer Brücke über den Lalidererbach. Noch vor dieser Brücke schlägt man sich nach links in die Prärie und geht also diesseitig am Rande des Baches in Richtung Gumpenalm-Niederleger noch ein Stück weiter. Bald sieht man linkerhand einen deutlichen, mit Schutt gefüllten Graben, den Klausgraben. Diesen ein gutes Stück hinauf, bevor er jedoch steil wird, nach links an einem Steinmann verlassen und auf dürftige Spuren in den Wald hinein. Die Spuren leiten ins Möserkar hinein, verlaufen sich jedoch immer wieder und sind nur zeitweilig gut zu erkennen. Man sollte sich im klaren sein, wohin man in etwa will. Oberhalb sieht man eine mächtige Felswand, den nördlichen Ausläufer des Gamsjoches.  An dieser muss man nördlich (also links) vorbei ins Möserkar, der Pfad quert dort oben ziemlich nah an den Wänden. Kann man sich das in etwa vorstellen, so ist der Steig im Wald schon zu finden. Er führt meist im Aufstiegsssinn quer links nach oben, quert ein paar Schuttrinnen und kommt schließlich links (also nördlich) von der großen Felswand in freieres Gelände. Dort ist er plötzlich ganz annehmbar zu erkennen und führt - wie gesagt - recht nah an den Felswänden querend ins obere Möserkar. Er läuft über schuttiges Gelände und teil plattgewaschene Felsen (etwas abschüssig) dahin (meist ist es günstig, sich weit oben zu halten) und erreicht schließlich ein paar Latschen, die man nun durchschreitet (die sogar teils ausgeschnitten sind!). In diesem Abschnitt lässt sich schon gut die latschenbewachene, von felsigen Steilstufen durchsetzte Passage erkennen, durch die sich gero wie auch immer zum Sattel zwischen Roßkopf und Ruederkarspitze durchgekämpft hat. Trotz zahlreichen Versuchen waren wir dort nicht erfolgreich. Wir versuchten also - schon etwas abgekämpft - eine andere Alternative, die 83_Stefan schon das letzte Mal erspäht hatte. Anstatt sich durch die Latschenflanke direkt in den Sattel zu kämpfen, gingen wir erst ein Stück durchs Kar in richtung Gamsjoch, um dann auf einem Gamswechsel in die N-W-Flanke der Ruederkarspitze zu queren. Das funktionierte erstaunlich gut!

Der oben beschriebene Steig "endet" also nach der Latschenpassage an einem kleinen Schrofenfleck, den schon gero beschrieben hat. Hier sollte man sich wieder über sein Ziel klar werden. Ziel ist nicht die nördlich gelegene Latschenflanke in den Sattel zwischen Roßkopf und der Ruederkarsp. (1789), sondern deutlich weiter südlich (also rechts von da aus) die Passage der Steilflanke, die von deutlicheren Felswänden durchsetzt ist, aber Bänder aufweist. Der oben erwähnte Gamswechsel quert auf einem solchen zwischen zwei Steilabbrüchen (das Gelände ist dort für viele Latschen zu steil). Das Ende der Querung ist auffällig: in dem Steilabbruch dort ist deutlich ein Felsbruch erkennbar (gelb-bräunliche Verfärbung), links daneben stehen zwei auffällige Lärchen. An diesen Punkt gelangt man über das Band, das überhalb der ersten (großen) Steilstufe über dem Schuttkar leicht abfallend (in Aufstiegsrichtung) quert.
An dem Schrofenfleck also nach rechts halten. Es münden dort zwei Bäche (Gräben) von rechts ein, dort (am besten anhand des rechten, in den Graspolstern daneben lässt sich's gut gehen) hinauf und bald in schuttigeres Gelände dem Karverlauf folgen. Auf Höhe des erwähnten Bandes in der Steilstufe der W-Flanke der Ruederkarspitze das Kar nach links verlassen und nun auf dem Band leicht abfallend auf passablem (und sogar recht deutlichem) Gamswechsel queren. Diese Querung führt an einer auffälligen Felsnadel vorbei und wird an der letzten Stelle durchaus ausgesetzt. Ein paar Meter auf abschüssigem Schutt dahin (der Pfad ist dort glücklicherweise schön eben) und in eine felsige Passage kurz vor den oben erwähnten zwei Lärchen. Dort sehr ausgesetzt, aber einfach hinauf, bis man wieder auf ein paar Latschen trifft, an denen man sich festhalten kann. Hier stößt man auf die breite Flanke der Ruederkarspitze, die nicht mehr so reich an Latschen ist und durch gut gestufte Graspolster steil nach oben führt. DAS ENDE DER QUERUNG MUSS MAN SICH FÜR DEN ABSTIEG GUT EINPRÄGEN, man sollte es unbedingt finden, will man nicht in dichtesten Latschen und unvermittelten ungangbaren Steilabbrüchen landen!!!! Am besten oft Orientierungshilfen einbauen. Wir haben uns im Abstieg einmal verhauen und mussten ganz schön arbeiten, um wieder an die richtige Stelle zu gelangen. Die zwei Lärchen sind u.E. die wichtigste Orientierungshilfe!
Am Beginn der Flanke also mehr oder weniger nach Gutdünken durch Latschengassen nach oben. Wir haben hier viele Stoamanndln gebaut, die die Orientierung erleichtern dürften. Im Prinzip sollten aber im oberen Teil nicht mehr viele böse Überraschungen warten. Wir gelangten in ziemlich direkter Aufstiegsrichtung auf eine große Grasmulde, diese nun steil hinauf, bis zu einem kleinen Felsriegel, den man gut übersteigen kann. Dann ist man auch schon auf dem NW-Grat der Ruederkarspitze. Sobald man oben angelangt ist, WIEDER EINE ORIENTIERUNGSHILFE FÜR DEN ABSTIEG BAUEN!!! Das ist wohl der zweite neuralgische Punkt, den man sich unbedingt einprägen sollte. Wir kamen an einem deutlichen, mit Latschen überwachsenem Gratkopf heraus. Auf dem Grat selbst freilich ist die Orientierung einfach: mehr oder weniger oben immer direkt auf den Gipfelkörper zu, der in Schrofen und kleinen Felsstufen (max. I) unschwierig erstiegen wird. Oben dann schönes kleines Kreuz und GB von 1989. Leider keine Aussicht, es gab inzwischen Nebel.
Herunter sind wir dann mit einem Versteiger, der viel Kraft kostete, mehr oder weniger auf dem gleichen Weg. Einige Stoamanndln haben wir auch noch errichtet, vielleicht helfen sie dem einen oder anderen. Anhand der Photos ist das Ganze vielleicht gut nachzuvollziehen, die gibt's diesmal nur von 83_stefan, ich hab meine Kamera nämlich vergessen.
Eine Zeitangabe lässt sich schwer machen. Das ganze ist wohl bei optimaler Wegfindung ziemlich flott machbar, das ist aber unrealistisch. In jedem Fall sollte man VIEL Zeit für Verhauer einplanen. Wenn man den richtigen Weg findet, halten sich die technischen Schwierigkeiten doch sehr in Grenzen, aber wenn dem nicht so ist, dann landet man über schmierigen Steilabbrüchen, in engstem Latschengewühl etc. Eine Tour, für die man (wie wir uns danach einig waren) eine sehr spezielle Art von Humor benötigt, daneben aber auch Erfahrung und Selbstständigkeit und eine Menge Routengespür in typischem Karwendel-Verhältnissen.

Tourengänger: maxl, 83_Stefan


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Kommentare (2)


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Wagemut hat gesagt: Für die Latschenumgehungspionierarbeit..
Gesendet am 30. Juni 2016 um 11:45
...meinen Dank! :-) Das sind gute Nachrichten und wertvolle Informationen! Auf der Karte und anhand des Berichts kann man eure Route recht gut nachvollziehen. Werd die Tour auch mal machen.

Viele Grüße,

Joseph

maxl hat gesagt: RE:Für die Latschenumgehungspionierarbeit..
Gesendet am 30. Juni 2016 um 14:59
kann man nur empfehlen!! Wenn man's einmal weiß, dann ist es unschwierig und genussvoll!

Wünsche viel Spaß:)


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