Die Berichte zum Rimpfschhorn verdeutlichen es immer wieder, das Wetter und die Verhältnisse sind ein wesentlicher Faktor ob der Gipfel erreicht werden kann oder nicht. Es gibt aber noch andere Faktoren, welche wenig mit dem Berg, sondern mit den Menschen die ihn begehen, zu tun haben und dies dann eben gerade noch gut geht oder im Fiasko enden könnte. Nun aber der Reihe nach:
Vor Wochen haben
kleopatra,
muellix und ich unsere Agenden abgeglichen und dieses Gipfelziel vorgesehen. Da gebietet es sich natürlich auch, dass die körperliche Voraussetzung für eine solche Tour überhaupt vorhanden ist und wir versuchten in den letzten Wochen Touren zu machen um Höhenmeter in die Beine zu bekommen. KennerInnen wissen nun natürlich, dass die letzten Wochen nicht mit tollen Verhältnissen geglänzt haben und wir hier leider nicht alles Gewünschte machen konnten. Das letzte Wochenende war dann so unsicher, dass wir eine Alternativtour ohne Ski's gemacht haben.
Auf das Wochenende 28./29.05.11 wurde dann aber perfektes Wetter angekündigt, dass
kleopatra uns schnell bei der Täschhütte ankündigen wollte – schnell? Ein Telefonmarathon wurde es zum Schluss: Bei dieser Hütte will wohl niemand so richtig zuständig sein, „rufen Sie die andere Nummer an“ geschweige denn, wenn man jemand erreicht, man verlässliche Informationen bekommt. Auf die Fragen: Holz im Winterraum? Fliessend Wasser? Belegung? Verhältnisse? Lauteten die Antworten: Nimm Kocher und Gaspatrone selber mit. Wasser auch. Keine Ahnung. Keine Ahnung.
So fuhren wir zu viert, Harald ist auch noch mit dabei, mit dem Zug über Visp nach Täsch. Kurz nach 12:00 Uhr dort angekommen, schlossen wir unsere bequemen Reiseschuhe in ein Schliessfach – welches auf der Heimreise noch eine weitere menschliche Seite zum Vorschein bringen wird – montierten unsere Skischuhe und suchten die Bergtaxifirma Alphubel, gleich vis à vis dem Bahnhof (quer über den Kreisel) auf und liessen uns bis zur Täschalp 2180 m.ü.M., hochfahren. Von dort sieht man die Täschhütte bereits und kann über den Fahrweg oder (Abzweigung etwas später) den Wanderweg erreicht werden.
Nachdem wir die Hütte erreicht haben stellten wir fest, dass die ersten beiden Antworten vom Hüttenteam falsch waren. Es hat einen tollen Holzvorrat, einen Brunnen vor und sogar fliessend Wasser im Winterraum. Nach ein paar kopfschüttelnden Kommentaren, freuten wir uns, dass wir wohl nur zu viert hier übernachten werden. Da der Nachmittag noch jung war, entschlossen wir uns, alles schwere Material (Ski's, Anseilgurt mit Hardwaren, Steigeisen und die Seile) bis zur Schneegrenze – gut eine Stunde - hinauf zu tragen um uns dies für den Sonntagmorgen zu ersparen. Auf diesen Sherpa-Trip genossen wir noch die Tierwelt, wie dieser kurz Film und die Foto's bezeugen:
Film 1
Zurück bei der Hütte, Abendessen zubereiten und früh zu Bett, denn der Wecker klingelte schon um 02:00 Uhr. Kurz vor 03:00 Uhr brachen wir dann auf – die Beschreibung der Tour, prophezeite uns ja 6 Stunden, mit dem Hinweis, dass die Verbindung zwischen Alphubelgletscher und Mellichgletscher nicht mehr befahrbar ist bzw. dort gute 100 Höhenmeter abgestiegen werden muss. So kalkulierten wir 7 Stunden bis zum Rimpfischsattel ein, welche sich dann auch als realistisch erwiesen.
Um 04:55 Uhr, kurz vor dem Ab- & Aufstieg zwischen dem Alphubel- & Mellichgletscher, ein kleines Nachtpanorama:
Film 2
Um ca. 06:00 Uhr, der Tag ist bereits angebrochen und wir befinden uns nach dem Zwischenabstiegsstück bereits auf dem Mellichgletscher biegen hinter uns weitere Tourengänger, von der Britanniahütte her kommend, in unsere Spuren ein. Zu unserem Erstaunen gehen alle ohne Seilsicherung über den Gletscher. Schnell näher kommend holen uns die ersten Personen kurz vom dem Sattel ein und ziehen an uns (mit Heliumpackungen) vorbei. Auch weil wir noch mittels Handzeichen auf die bessere Spur hingewiesen haben, nachdem sich unsere Routenwahl als die falsche erwiesen hatte und wir eine Zusatzschlaufe machen mussten. Kurz vor dem Sattel hat es eine riesige Spalte welche rechts umgangen werden muss. Es wurde aber noch besser.
Nach dem ersten steilen, aber gut begehbaren Schneecouloir, bilden
muellix und
kleopatra die erste Seilschaft, Harald und ich die Zweite. Inzwischen „wusseln“ die schnellen Geher zwischen uns durch, überholen, übersteigen unser Seile, kreuzen von quer herein, schnattern ununterbrochen, wissen nach dem überholen nicht mehr weiter, zerren zu zweit eine Frau hoch, sichern kaum irgendwo und lösen noch zwei Steinschläge aus, welche einem Erschauern lässt – Italiener im Gipfelaufstieg!
Harald und ich, erdulden die Wusselei, lassen passieren, gehen wieder voraus, wenn die „Schnellen“ nicht mehr weiter wissen und müssen wieder warten weil wieder zwischen uns gewusselt wird. Wenn das nur gut geht – wenn da eine Seilschaft, ohne jegliche Standsicherung abgeht und uns mitreisst – mir schaudert hier oft. Auf dem Vorgipfel angekommen, ist unsere erste Seilschaft bereits wieder auf dem Rückweg zu den Absteilstellen und kommen so zügig wieder nach unten. Stau- und wusselfrei.
Wir erreichten den Gipfel dann ebenfalls noch. Ein paar Fotos und zurück zu den Abseilstellen. Besser wäre wohl das nutzen der Aufstiegsroute gewesen – denn beim Abseilen standen wir wieder im Stau. Zu zweit wären wir sicher schneller gewesen und hätten dort überholen können, wenn sich da nicht zweimal unser Seil beim Abziehen verklemmt hätte und ich wieder hoch steigen, bzw. Harald dies wieder lösen musste – Jubel. Gut, inzwischen sind alle unten und wir beide kommen als letzte vom Gipfel wieder auf den Sattel herunter, wo unsere erste Seilschaft inzwischen 90 Minuten auf uns gewartet hatte. Wir haben unglaublich viel Zeit zum Gipfel hinauf und wieder zum Sattel hinunter benötigt. Aber die Hauptsache ist, dass hier nichts passiert ist – dass macht das Schild am Kreuz auf dem Rimpfischhorn auch wider mal über deutlich. Gut auch, dass das Wetter so perfekt war. Eine so lange Zeit in dieser Kletterei zu verbringen kann ins Auge gehen.
Beim Sattel hatte einer der schnellen Wussler noch einen seiner Ski 's Richtung der oben erwähnten riesigen Spalte geschickt und ist dann vermutlich „mono“ Richtung Britanniahütte gefahren.
Wir genossen dann die tollen Verhältnisse bis zum Gegenanstieg und litten dann umso mehr die 100 Höhenmeter wieder hinauf. Der Aufstiegsroute folgend bis zum Schneeende, Ski's wieder auf den Rucksack geschnallt und bis zur Täschhütte abgestiegen – die Zeit rannte und der Tag wurde immer länger. Ich hatte als erster alles in der Hütte deponierte Material wieder gepackt und startete gleich mit dem letzten Stück zur Täschalp hinunter mit der Aufgabe, sobald ich wieder Handyempfang hatte, das Bergtaxi auf 18:15 Uhr zu bestellen. Dies ging dann auch perfekt auf und just im Moment als alle von uns beim Parkplatz eintrafen, stand auch der Kleinbus hier – dieser Chauffeur und diese Firma bieten einen perfekten Service - toll, dass es solche Dienstleister gibt!
Auf der Fahrt nach unten, teilten wir uns noch Aufgaben zu. Die einen leeren das Schliessfach, die anderen tragen die Rücksäcke zum Gleis, um noch den 18:51 Zug ab Täsch zu erwischen, welcher Anschluss nach Zürich hat. Das Schliessfach-System wollte aber nichts herausgeben - Störung – so dass wir beim Ticketschalter um Hilfe baten. Es verblieben noch genau 6 Minuten bis der Zug kommt. Der Staatsangestellte hinter dem Sicherheitsglas, schnautze uns aus heiterem Himmel äusserst unfreundlich an, dass er dann schon mal schauen komme, er jetzt aber noch total viel anderes machen müsse. Wir schauen uns an – es ist so gut wie niemand in der Schalterhalle, geschweige denn jemand möchte ein Ticket erwerben. Mann o mann – ich weise darauf hin, dass wir freundlich gefragt haben und wir wirklich gerne diesen Zug erwischen möchten. Noch 5 Minuten bis der Zug fährt. Wir trennen uns: Harald und ich schleppen alle Rucksäcke zum Gleis 4 und die anderen, setzen sich dem „Kundenservice“ aus. Inzwischen hat sich der Schaltermensch in Bewegung gesetzt, bootet mit dem geholten Schlüssel das Schliessfach-System und nach dem richtigen Einwerfen des geschuldeten Betrages öffnet sich unser Schliessfach.
So schnell es sich mit Skischuhen, nach einer 15 1/4 – stündigen Tour noch rennen lässt, keuchen
kleopatra und
muellix mit dem Schliessfachinhalt zum Gleis 4 hoch und steigen in letzter Sekunde zu uns in den Zug.
Menschen können so verschieden sein. Falsche Auskünfte erteilen, am Gipfel herumwusseln, überholen, Steinschläge auslösen oder Kunden anschnauzen – wir sind ziemlich auf den Felgen – sitzen aber im Zug und fahren gesund nach Hause. Wie schmal der Grat doch manchmal ist. Alles ist aufgegangen, ein prachtvoller Tag, eine gewaltige Tour mit guten Menschen verbracht zu haben und davon tolle Erinnerungen und Bilder mitzunehmen, dafür sei gedankt.
Mit dabei:
kleopatra, Harald,
Muellix &
Rimba
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