Brienzer Rothorn (2350 m), Schongütsch (2320 m) - mal ein bißchen anders


Publiziert von gero , 7. Mai 2011 um 22:35.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Berner Voralpen
Tour Datum: 6 Mai 2011
Wegpunkte:
Geo-Tags: Brienzergrat   CH-BE   CH-LU   CH-OW 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 1900 m
Abstieg: 1900 m
Strecke:Brienz - Husstatt - Planalp - Ober Stafel - Brienzer Rothorn - Schongütsch und zurück (26,2 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Kostenpflichtiger Parkplatz (5 Franken/Tag) in Brienz an der Talstation der Dampfbahn.

Das hab ich mir schon immer gewünscht: eine Nachtwanderung mit funkelndem Sternhimmel auf das Brienzer Rothorn, bei Sonnenaufgang droben stehen. Nun ist der Wunsch zur Realität geworden.

Der Weg ist zwar unschwierig, aber die Länge und die Steilheit haben es in sich. Der alpine Streß beginnt schon beim Abmarsch: nach nicht unerheblicher Anfahrt schnell noch getankt (a Hoibe und a wenggerla an Weißwein, dann g'spürt ma den Aufstieg ned a su), Rucksack packen - und schon gehts los. Und zwar für unsere Verhältnisse außergewöhnlich spät: um 22:30 Uhr verlassen der Walter und ich die "anheimelnde" Gemütlichkeit der überdachten PKW-Stellflächen an der Talstation der Brienzer-Rothon-Dampfbahn, die noch in Revision ist.

Gleich hinter dem Parkhaus ein Wegweiser Richtung Planalp - Rothorn: das Weglein führt zwischen Häusern hindurch, hier und da noch Licht zu später Straße - irgendwie umgibt uns eine fast mediterrane Stimmung: eine laue Nacht, es hat ungefähr 15 Grad, Leute flanieren drunten am Seeufer, über uns ein Sternhimmel, wie wir ihn in der Großstadt in dieser funkelnden Pracht nur noch selten erleben. Da lacht das Herz des Hobbyastronomen - obwohl das lichtstarke Fernglas im Rucksack ein sakrisches Gewicht hat und schon jetzt ganz schön schwer wiegt.

Gleich am Anfang eine Baustelle, wir verlieren für einen Moment die Markierung und strampeln kurzerhand die nächsten 15 Minuten das geschotterte Bahngleis der Dampfbahn aufwärts. Aber nur bis zum Wegweiser Richtung Gäldried - dann ist uns das zu anstrengend, ab hier folgen wir immer der noch genügend steilen Almstraße.

Anmerkung: die Almstraße zur Planalp kreuzt ab und an den als Wanderweg beschilderten Steig - aber der ist derart steil, daß ich ihn ausdrücklich nur zum Absteig empfehlen kann!

Es geht also nun die Almstraße hinauf zur Planalp; unter uns ist der Brienzer See zu ahnen, er wird von den Lichtern der anliegenden Orte illuminiert, vor allem Interlaken fällt auf. Um 1 Uhr kommen wir an der Planalp (1341 m) vorbei. Weiter gehts, immer noch auf der Almstraße, die uns bis hinauf nach Ober Stafel sicher durch die Nacht geleitet. Dort endet sie an einer Stelle, wo die im großen und ganzen eingleisige Bahntrasse eine zweigleisige Aufweitung erfährt.

Obwohl Neumond ist, gehen wir unseren Weg ohne Taschenlampe. Die Augen haben sich derart gut an die Dunkelheit adaptiert, daß nur an ganz wenigen neuralgischen Stellen eine Stirnlampe zum Einsatz kommt. Und mein Helferlein Armin erweist sich als ganz hervorragende Hilfe, ich habe mir daheim unseren Track vorbereitet, und wir laufen jetzt einfach der grünen Linie auf dem Display hinterher. Schon toll, was es heute für Hilfsmittel dank EDV gibt!

Sterne, Sterne, Sterne - da kommen sie hoch, die Sommersternbilder: die Leier mit der Wega, darunter der Schwan mit dem Deneb, diesem roten Riesen, einer der größten Sterne, die wir überhaupt kennen, gegen ihn ist die Sonne noch nicht mal ein Stecknadelkopf. Der rötliche Antares im Skorpion ist auch nicht grad klein, der Große und der Kleine Wagen, sie sind ja sowieso zirkumpolar. Ab und zu eine Sternschnuppe ... eine windstille Traumnacht hat uns in ihren Bann gezogen.

Nach Ober Stafel gibt es die Almstraße nicht mehr, hier müssen wir im Finstern ab und an nach der richtigen Fortsetzung des Bergsteiges suchen. Als wir gegen 4:30 Uhr in Reichweite des Gipfels kommen, beginnt es zu dämmern. Genau so habe ich das geplant - um 5 Uhr stehen wir auf dem Brienzer Rothorn (2350 m). Walter und ich packen uns warm ein, alle verfügbaren und mühsam heraufgeschleppten Kleidungsstücke werden angezogen, und dann harren wir des sich täglichen wiederholenden Spektakels des Sonnenaufgangs.

Um 6 Uhr ist es dann so weit: der Sonnenrand schiebt sich am Horizont über die Bergketten des Säntisgebietes. Es wird kein ganz richtig makelloser Aufgang - einige Wölkchen verschleiern unser Tagesgestirn. Nach 15 Minuten ist der farbenfrohe Zauber vorbei, der Tag hat begonnen.

Um uns etwas aufzuwärmen, klopfen Walter und ich an die Tür der Bergstation der Seilbahn - eigentlich ist hier wegen Revision geschlossen, doch wir werden nicht nur eingelassen, sondern bekommen sogar einen Kaffee zum Frühstück kredenzt. Angenehm wärmt uns das Getränk inwendig wieder auf - und danach sieht die Welt nochmals freundlicher aus.

Wir wandern noch die wenigen Minuten hinauf auf den Schongütsch (2320 m), in den Strahlen der inzwischen höher stehenden Sonne liegen wir hier bald 2 Stunden bei völliger Windstille auf der faulen Haut und genießen unser Dasein in vollen Zügen.

Dann machen wir uns wieder auf den Heimweg - es geht den gleichen Weg hinunter, wobei wir unterhalb der Planalp an Stelle der Almstraße den bezeichneten Wanderweg absteigen. Er ist wirklich außerordentlich steil und deshalb auch im Abstieg sehr anstrengend zu begehen - unsere körperlichen Bremsen laufen (bildlich gesprochen) auf Hochtouren und qualmen, als wir schließlich nach 14 Stunden Outdoor-Erlebnis (einschließlich aller Pausen) wieder am Ausgangspunkt eintreffen.

P.S. eigentlich wollten wir vom Schongütsch hinüber zum Chruterenpaß queren und dort dann absteigen. Ich war mir aber nicht sicher, ob dort auf der Nordseite nicht unbequeme Schneefelder den Abstieg vereiteln würden. Ein Jahr zuvor kam trainman dort *Trotz Ärger mit Altschnee aufs Brienzer Rothorn(2350m) in Bedrängnis - und unsere Vernunftentscheidung zu Gunsten des Normalweges war möglicherweise genau richtig.

Tourengänger: gero


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Geodaten
 5900.gpx AUFSTIEG Brienz - Brienzer Rothorn - Schongütsch
 5901.gpx ABSTIEG Schongütsch - Brienz

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Kommentare (2)


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Gemse hat gesagt: Hut ab
Gesendet am 7. Mai 2011 um 22:58
Ein fantastischer Bericht, erinnert mich an meinem Bericht vom Piz Boe, den ich sofort freigeben werde.
Den habe ich schon 6 Monate zurückgehalten.

Lg und Berg Heil
Dein Karl

Felix hat gesagt: Bravissimo!
Gesendet am 9. Juni 2011 um 12:26
Doch, das hats in sich - tolle "Sache", Erlebnis - ich gratuliere euch!

lg Felix


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