Ritzli mon amour...
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Im letzten Dorf an der Grimsel, in Guttannen, auf Schattsyten, verbrachte ich während meiner Schulzeit mehrmals unvergessliche Ferien bei einer befreundeten Familie. Ich durfte mit in den Stall, zum Vorsess, auf die Weide und i d'Heiti auf Handegg. Der Sonntagsspaziergang führte jeweils über Wysstanni, Farlaui und Holzhüs zum wunderbaren tiefblauen Wannisbordsee. Im Winter fand ein Skirennen auf dem Hügel oberhalb Furen statt, und die Aelteren zogen mit den Skiern sogar auf die gefürchtete Spreitlaui. Dann warteten die Menschen lange und bange Monate sehnsüchtig auf die Wiederkehr der ersten Sonnenstrahlen über dem Ritzlihorn und den Schaflägerstöck, deren mächtige Schatten schwer auf dem kleinen Dorf lasten. Oft stand ich im Garten vor dem Bauernhaus und schaute nach Südwesten zum Grat hinauf, über dem der Aar kreiste, und stellte mir vor, dort oben zu sein und hinüber zu sehen, dorthin, wo die Freiheit beginnen würde...
Später erklärte mir mein Grossvater den Gesteinswechsel auf dem Wyssenbachlimelti: der Stampfhoren W-Grat bestehe aus Amphibolit, das Aerlengrätli aus Granitgneis. Die Bezeichnung "Grätli" sei aber eine gehörige Untertreibung, vielmehr handle es sich dabei um einen richtigen Grat, und was für einen! Er träumte Zeit seines Lebens davon... Dem Gipfelbuch entnahm ich dann zufällig einmal, dass der ehemalige Hüttenwart das Aerlengrätli als Abkürzung für den Zustieg zur Gaulihütte benutzte, zum sagenhaften Einheimischentarif von nur vier Stunden...
"U d'Jahr si ume, u d'Schuel isch ändlech us, aber de faht z'Lehren ersch rächt a..." Dann kam der grosse Moment: ich hatte gerade eine neue Stelle in Luzern angetreten und konnte vom Schweizerquai aus das Ritzlihorn sehen, das über dem Brünigpass wie eine Fata Morgana schwebte. An einem schönen Tag im Juli war es dann soweit: ich bestieg das Ritzlihorn zum ersten Mal vom Urbachtal aus über die Mattenlimmi und den NW-Grat und war von der Aussicht und dem Tiefblick nach Guttannen überwältigt. Aus der Ferne wurden viele schöne Erinnerungen lebendig... Beim Abstieg gegen Mittag war es dann so heiss geworden, dass die Schafe auf Lawinenresten im Mattengraben Kühlung suchten. Jahre später im Sommer und im Herbst folgten zwei weitere Besteigungen auf der gleichen Route und über Grossvaters Grätli. Dazwischen versuchte ich eine Skibesteigung von Handegg über das Wyssenbachlimelti und den NE-Grat, die im Aufstieg zwar gelang, wegen einer Fehleinschätzung der Abstiegs- und Abfahrtsverhältnisse aber mit einem kurzen Alpenflug zurück nach Handegg endete... Das musste ich natürlich ein Jahr später wieder gut machen, diesmal von Tschingelbrigg über die Loiblamm und die N-Flanke mit Abfahrt über die Spreitlaui nach Guttannen.
Und wieder sind Jahre vergangen und viel Wasser den Urbach hinunter geflossen, aber noch wartete die mächtige, von Rinnen durchzogene W-Flanke auf meinen Besuch. Muesch würklech no einisch dert ufe? Ja, we z'Ritzli rüeft, de muess i ga...
Aufstieg: Start um 3.30 bei angenehm kühler Bisenlage in Mürvorsess (877m) im Urbachtal und mit aufgeschnallten Ski auf dem markierten Bergweg über Rohrmatten (1041m) und Schrätteren (1439m) - die Schrätterenbrücke war noch nicht installiert, das Urbachwasser konnte ich aber links davon problemlos auf einem Lawinenkegel überqueren - bis zur Abzweigung zur Dossenhütte (ca. 1460m), wo die geschlossene Schneedecke begann, ca. 1h 30min. Mit Ski weiter dem Bergweg entlang (einzelne Markierungen sichtbar), zuletzt durch das Täli südlich von Leimiger (1677m) und kurz über eine Steilstufe zur Abzweigung zur Gaulihütte (1850m). Bis hier lagen im Täli riesige Schneemassen der berüchtigten Hohwangloui. Der ebenfalls markierte Bergweg zur Mattenalp hoch über der tief eingeschnittenen Schlucht des Urbachwassers war noch eingeschneit und somit recht abenteuerlich, bis auf zwei ausgesetzte Stellen, die ich mit Pickel und Steigeisen queren musste, aber mit Ski gut begehbar. Zu Fuss über die apere Staumauer des Mattenalpsees (1880m) und wieder mit Ski entlang dem eingezeichneten Bergweg entlang des orografisch rechten Seeufers und zuletzt leicht ansteigend bis ca. P. 1933. Nach E kurz einen steilen Hang empor und zu Fuss über eine apere Rinne und der nordöstlichen Begrenzungsrippe (auf der Karte kaum erkennbar) hinauf zum Fruttiband (ca. 2000m). Diesem entlang Richtung NE, bis durch eine kurze steile Rinne zu den Bockweng aufgestiegen werden kann. Diese nach ESE aufsteigend bis ca. 2600m und auf dem eingezeichneten Band nach N leicht ansteigend zum Beginn des südlichen WSW-Couloirs auf ca. 2700m. Durch dieses oder auf den nördlichen Begrenzungsfelsen (ca. 40 Grad) mit Steigeisen und Pickel bis unter den Grat, wo ich die Ski deponierte. Einfach zur Scharte zwischen N- (3263.1m) und S-Gipfel (3282m) und über den N-Grat (II) in wenigen Minuten auf Letzteren, 8h.
Abfahrt: vom Skidepot entlang der Aufstiegsroute bis zur Abzweigung zur Dossenhütte (unterhalb Mattenalp kurzer Wiederaufstieg zum Schluchtweg), dann wieder zu Fuss zurück, 3h 45min, S.
Verhältnisse: beim Aufstieg bis zum Couloireinstieg grösstenteils tragend gefroren, so dass ich die Harscheisen benutzen musste. Im Couloir durchbrechende Schicht oder kaum gesetzter Pulver und entsprechend anstrengende Spurarbeit (Sonne ab ca. 10.30). Bei der Abfahrt bis Mattenalp hart, griffig, leicht angesulzt und nur wenig einbrechend, dann zunehmend Sulz und zuletzt weich. Da die Route ausser über der Schlucht, die aber z.Z. rasch wieder im Schatten liegt, v.a. über N- bis W-Hänge mit relativ später Sonneneinstrahlung verläuft, setzten Sulzbildung und Aufweichung dort erst am späteren Vormittag ein. Vorsicht bei wärmeren Temperaturen!
Später erklärte mir mein Grossvater den Gesteinswechsel auf dem Wyssenbachlimelti: der Stampfhoren W-Grat bestehe aus Amphibolit, das Aerlengrätli aus Granitgneis. Die Bezeichnung "Grätli" sei aber eine gehörige Untertreibung, vielmehr handle es sich dabei um einen richtigen Grat, und was für einen! Er träumte Zeit seines Lebens davon... Dem Gipfelbuch entnahm ich dann zufällig einmal, dass der ehemalige Hüttenwart das Aerlengrätli als Abkürzung für den Zustieg zur Gaulihütte benutzte, zum sagenhaften Einheimischentarif von nur vier Stunden...
"U d'Jahr si ume, u d'Schuel isch ändlech us, aber de faht z'Lehren ersch rächt a..." Dann kam der grosse Moment: ich hatte gerade eine neue Stelle in Luzern angetreten und konnte vom Schweizerquai aus das Ritzlihorn sehen, das über dem Brünigpass wie eine Fata Morgana schwebte. An einem schönen Tag im Juli war es dann soweit: ich bestieg das Ritzlihorn zum ersten Mal vom Urbachtal aus über die Mattenlimmi und den NW-Grat und war von der Aussicht und dem Tiefblick nach Guttannen überwältigt. Aus der Ferne wurden viele schöne Erinnerungen lebendig... Beim Abstieg gegen Mittag war es dann so heiss geworden, dass die Schafe auf Lawinenresten im Mattengraben Kühlung suchten. Jahre später im Sommer und im Herbst folgten zwei weitere Besteigungen auf der gleichen Route und über Grossvaters Grätli. Dazwischen versuchte ich eine Skibesteigung von Handegg über das Wyssenbachlimelti und den NE-Grat, die im Aufstieg zwar gelang, wegen einer Fehleinschätzung der Abstiegs- und Abfahrtsverhältnisse aber mit einem kurzen Alpenflug zurück nach Handegg endete... Das musste ich natürlich ein Jahr später wieder gut machen, diesmal von Tschingelbrigg über die Loiblamm und die N-Flanke mit Abfahrt über die Spreitlaui nach Guttannen.
Und wieder sind Jahre vergangen und viel Wasser den Urbach hinunter geflossen, aber noch wartete die mächtige, von Rinnen durchzogene W-Flanke auf meinen Besuch. Muesch würklech no einisch dert ufe? Ja, we z'Ritzli rüeft, de muess i ga...
Aufstieg: Start um 3.30 bei angenehm kühler Bisenlage in Mürvorsess (877m) im Urbachtal und mit aufgeschnallten Ski auf dem markierten Bergweg über Rohrmatten (1041m) und Schrätteren (1439m) - die Schrätterenbrücke war noch nicht installiert, das Urbachwasser konnte ich aber links davon problemlos auf einem Lawinenkegel überqueren - bis zur Abzweigung zur Dossenhütte (ca. 1460m), wo die geschlossene Schneedecke begann, ca. 1h 30min. Mit Ski weiter dem Bergweg entlang (einzelne Markierungen sichtbar), zuletzt durch das Täli südlich von Leimiger (1677m) und kurz über eine Steilstufe zur Abzweigung zur Gaulihütte (1850m). Bis hier lagen im Täli riesige Schneemassen der berüchtigten Hohwangloui. Der ebenfalls markierte Bergweg zur Mattenalp hoch über der tief eingeschnittenen Schlucht des Urbachwassers war noch eingeschneit und somit recht abenteuerlich, bis auf zwei ausgesetzte Stellen, die ich mit Pickel und Steigeisen queren musste, aber mit Ski gut begehbar. Zu Fuss über die apere Staumauer des Mattenalpsees (1880m) und wieder mit Ski entlang dem eingezeichneten Bergweg entlang des orografisch rechten Seeufers und zuletzt leicht ansteigend bis ca. P. 1933. Nach E kurz einen steilen Hang empor und zu Fuss über eine apere Rinne und der nordöstlichen Begrenzungsrippe (auf der Karte kaum erkennbar) hinauf zum Fruttiband (ca. 2000m). Diesem entlang Richtung NE, bis durch eine kurze steile Rinne zu den Bockweng aufgestiegen werden kann. Diese nach ESE aufsteigend bis ca. 2600m und auf dem eingezeichneten Band nach N leicht ansteigend zum Beginn des südlichen WSW-Couloirs auf ca. 2700m. Durch dieses oder auf den nördlichen Begrenzungsfelsen (ca. 40 Grad) mit Steigeisen und Pickel bis unter den Grat, wo ich die Ski deponierte. Einfach zur Scharte zwischen N- (3263.1m) und S-Gipfel (3282m) und über den N-Grat (II) in wenigen Minuten auf Letzteren, 8h.
Abfahrt: vom Skidepot entlang der Aufstiegsroute bis zur Abzweigung zur Dossenhütte (unterhalb Mattenalp kurzer Wiederaufstieg zum Schluchtweg), dann wieder zu Fuss zurück, 3h 45min, S.
Verhältnisse: beim Aufstieg bis zum Couloireinstieg grösstenteils tragend gefroren, so dass ich die Harscheisen benutzen musste. Im Couloir durchbrechende Schicht oder kaum gesetzter Pulver und entsprechend anstrengende Spurarbeit (Sonne ab ca. 10.30). Bei der Abfahrt bis Mattenalp hart, griffig, leicht angesulzt und nur wenig einbrechend, dann zunehmend Sulz und zuletzt weich. Da die Route ausser über der Schlucht, die aber z.Z. rasch wieder im Schatten liegt, v.a. über N- bis W-Hänge mit relativ später Sonneneinstrahlung verläuft, setzten Sulzbildung und Aufweichung dort erst am späteren Vormittag ein. Vorsicht bei wärmeren Temperaturen!
Tourengänger:
lorenzo

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