Kleines Schreckhorn (3494 m) über Grossenegg
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Übersicht
Vom Nässigletscher ziehen drei ausgeprägte Geländerücken hinunter zum Schreckhornhüttenweg. Alle Rücken sind durch tief eingeschnittene Gräben (Bachläufe) voneinander getrennt. Über den mittleren Rücken -die Grossenegg- verläuft der Zustieg zum darüberliegenden (unteren) Nässigletscher.
Das Gebiet der Grossenegg wirkt vor allem beim Aufstieg zur Schreckhornhütte ziemlich unübersichtlich. Ich hatte schon mit Orientierungsproblemen gerechnet. Da die Grate jedoch ziemlich ausgeprägt sind und ich nicht bei Dunkelheit aufgebrochen bin, war die Routenfindung für mich vor Ort einfacher als gedacht. Am einfachsten ist die Orientierung vermutlich, wenn man immer direkt auf dem Grat der Grossenegg bleibt. Dann dürfte die Route jedoch klettertechnisch etwas anspruchsvoller sein.
Schon im Aufstieg bin ich allen größeren Klettereien auf der Grossenegg ausgewichen. Da ich allein unterwegs war, wollte ich beim Aufstieg schon die Route für den Abstieg klar machen. Einem Abstieg, der für mich problemlos, d.h. ohne Sicherungen/Abseilen machbar ist.
Vermutlich ist der ohnehin abwechslungsreiche Aufstieg beim direkten Überklettern aller Steilaufschwünge der Grossenegg noch interessanter.
Achtung! Meine Schwierigkeitsbewertung bezieht sich nur auf die nachfolgend beschriebene von mir begangene Route bei optimalen Bedingungen (trocken und relativ warm).
Zur Veranschaulichung habe ich auch von der Grossenegg Detail-Anstiegsbilder beigefügt!
Die Zeitangabe von 8 Std basiert auf der normalen Auf- und Abstiegszeit bei guten Bedingungen mit üblichen Pausenzeiten. Ich selbst war wegen meines extralangen Aufenthalts im Gipfelbereich fast 11 Std. unterwegs.
Aufbruch
Erst nach sieben Uhr morgens gings los. Das Tageslicht sollte mich vor unnötigen Verhauern an der Grossenegg bewahren. Obwohl ich nicht viel geschlafen hatte, fühlte ich mich doch nach den gestrigen konditionellen Problemen beim Aufstieg zur Schreckhornhütte -siehe auch Bericht http://
Schreckhornhütte SAC 2.530 m über Gletscherschlucht- bestens erholt.
1. Anstieg zur Grossenegg
Zunächst absteigend auf dem Schreckhornhüttenweg an den Felsen der Schwarzegg vorbei bis zum ersten Bachlauf. Hier habe ich den Weg verlassen und bin nur leicht ansteigend schräg hoch knapp unterhalb am Kastenstein (auffällig goßer Felsbrocken, ehem. Biwakplatz) vorbei bis zu einem zweiten Bachlauf aufgestiegen. Dieser Bachlauf befindet sich am Fuß des ersten Geländerückens.
Oben auf dem Rücken markiert ein Steinmann (schon von weitem sichtbar) den Einstieg in ein Grasband. Dieses vermittelt den leichten Zustieg zu einem dritten Bachlauf im Graben direkt unterhalb der Grossenegg, dem zweiten (mittleren) Geländerücken.
Am Bachlauf angekommen ging es direkt über einen sehr steilen ziemlich unangenehm zu begehenden Schutt-, Fels- und Geröllhang (1 Schritt vor 2 Schritte zurück) direkt auf die Grossenegg (ca. 2.700 m).
2. Grossenegg
Oben angekommen bin ich nicht dem Grat gefolgt, sondern rechts (südlich) in die einfach zu begehende nur mäßig geneigte Flanke ausgewichen und so parallel unterhalb der Gratkante aufgestiegen. Schon bald führten einfache teils auch grasbewachsene Felsen zu einer mäßig geneigten plattigen Felsflanke, die schräg rechts hinauf leicht bis auf den Grat der Grossenegg begangen werden kann.
Nun bin ich -direkt auf dem Grat der Grossenegg- eine erste kleine ca. 10 m hohe Steilstufe in fast senkrechtem aber festem und gutgriffigem Fels (III) hinaufgeklettert. Anschließend lehnt sich der Grat deutlich zurück und war in leichter Kraxelei gut zu begehen.
Am nächsten -deutlich höherem- Steilaufschwung bin ich wieder rechts südlich in die Flanke ausgewichen. Hier führte ein einfach zu begehendes Schutt/Felsband weiter. Dort, wo das Gehgelände aufhörte, bin ich wieder direkt gerade herauf über leichte Felsen zurück auf den Grat gestiegen.
Schon nach ein paar Schritten baut sich die nächste Steilstufe vor einem auf. Diesmal bin ich links nördlich in den Graben unterbalb des dritten Geländerückens ausgewichen. Danach kurz dem Bach entlang den Graben hinauf zum Beginn des unteren Nässigletschers.
Damit hatte ich das Gebiet der Grossenegg bis auf die erste kleine Steilstufe ohne größere Kletterei überwunden.
3. Unterer Nässigletscher
Am Gletscher angekommen stand ich zunächst vor einem kleinen Schneechaos, das die vielen Frinrutsche die letzten Tage angerichtet hatten. Aber es war auch ein gutes Zeichen. Was schon abgerutscht war, konnte einen schon nicht mehr mitreißen. Außerdem war der Gletscher gut gefroren. Sowohl im Schnee als auch auf dem rauhen Gletschereis griffen die Steigeisen gut. Das war auch erforderlich, denn der untere Nässigletscher ist zwar ein spaltenarmes aber doch recht steiles Eisfeld, das vom Gebiet der Grossenegg gerade hinauf zum Unteren Nässijoch (P. 3.397 m) führt, der Einsattelung zwischen dem Nässihorn und meinem Ziel, dem Kleinen Schreckhorn.
Ich stieg den Gletscher leicht links haltend oft in steilem Zick-Zack hinauf. Dabei visierte ich nicht das Untere Nässijoch an, sondern die weiter unten links vom Joch liegenden Felsen des Kleinen Schreckhorns.
Dort angekommen führte ein schon von weitem zu erkennendes schmales Fels/Schuttband schräg links hinauf auf eine mäßig geneigte Fels/Geröllflanke, die wiederum den unschwierigen Zustieg zum Südostgrat des Kleinen Schreckhorns vermittelt. In der Flanke peilte ich einen auffälligen Gratfelsen als Ziel an.
4. Der Südostgrat
Im Rother Gebietsführer steht zum Südostgrat nur lapidar: "...über den Felsgrat ohne besondere Schwierigkeiten zum Gipfel". Dort, wo ich den Grat beim auffälligen Felsen erreichte, ging es auch ohne Schwierigkeiten weiter hinauf.
Doch dann stand ich auf einem ausgeprägten Gratzacken. Vor mir der Gipfel zum Greifen nah. Unmittelbar vor mir jedoch ein senkrechter Felsabbruch, dann nochmals eine Art spitze Felsnadel und dahinter der Gipfelaufbau mit breitem Grat. Links senkrechte Felsen. Rechts der tief verschneite gähnende Abgrund Richtung Oberer Grindelwaldgletscher.
Ich hak´ den Gipfel innerlich ab und mach erst mal Pause und eine Menge Fotos. Aber es nagt weiter an mir. Soviel Aufstiegsmühen und dann den Gipfel verpassen?
Ich schaute mir den Abgrund rechts nochmal genauer an. Ca. 3 m unterhalb zeigte sich so eine Art kleiner tief eingeschneiter Absatz bevor es richtig bodenlos runter geht. Ohne den Schnee ist dies vermutlich die problemlos zu erkennende Ausweich- (Umgehungs)möglichkeit der letzten Gratzacken.
Ich kletterte die kurze 3 m-Stelle (II) vorsichtig über die verschneiten steilen Felsen hinab zu diesem Absatz. Dort machte ich ein Depot und befreite mich so von allem unnötigen Ballast. Nur Handschuhe, Jacke, Pickel, Fotoapparat und noch ein paar Müsliriegel nahm ich mit. Die Steigeisen behielt ich natürlich auch an.
Dann querte ich unterhalb der Gratzacken in der steilen knietief verschneiten Flanke hinüber zum Beginn des Gipfelaufbaus. Der Schnee erwies sich dabei als deutlich stabiler als befürchtet. Letztenendes problemlose Querung. Nur stolpern, ausrutschen etc. darf man hier auf keinen Fall!
Der Abstieg vom Gratzacken und die Querung bis zum Gipfelaufbau war an diesem Tag auf meiner Route die Schlüsselstelle der Tour!!!
Jetzt stellte sich jenes Glücksgefühl ein, das viele kennen, wenn einem der Gipfel nach Überwindung diverser Anstrengungen und Schwierigkeiten nicht mehr zu nehmen ist. Wie im Rausch stieg ich die letzten Meter zum Gipfel rauf. Müdigkeit? Nie war ich so fit wie in diesem Augenblick.
5. Der Gipfel
Ich hab´s gewusst. Dieser Berg ist ein ungemein lohnendes Ziel. Es ist nicht nur die Höhe von knapp 3.500 m, sondern vor allem die Lage des Kleinen Schreckhorns.
Die meisten unmmittelbar in der Nähe aufragenden Gipfel sind deutlich höher. Entsprechend grandios ist der Ausblick auf diese Riesen.
Das nahe Schreckhorn dominiert alle anderen Gipfel und wirkt von hier wie der K2 des Berner Oberlandes. Rechts davon zieht die mächtige Fels- und Eisbastion vom Finsteraarhorn bis zum Eiger. Links vom Schreckhorn ein ultimativer Gesamtüberblick über den Oberen Grindelwaldgletscher mit der gesamten Wetterhorngruppe und dem Bärglistock.
Beim heutigen Traumwetter reicht der Blick zwischen Bärglistock und Schreckhorn über Urner Berge (Galenstock), Gotthard, Adula bis zur Berninagruppe und dem Monte Disgrazia.
Die Täler der Voralpen einschließlich Mittelland sind vom fast schon obligatorischen Nebelmeer zugedeckt. Das einzige was also fehlt, ist der Tiefblick ins Grindelwalder Tal. Aber das ist Jammern auf ganz hohem Niveau.
Die exponierte Stellung am Nordwestrand der Berner Hochalpen ergibt den für diese Gegend typischen sehr speziellen Kontrast aus endloser Weite auf der einen und eisigem Hochgebirge auf der anderen Seite.
Ich bleibe -wie fast immer- recht lange oben.
6. Der Abstieg
Problemlos (aber vorsichtig) stieg ich zurück zum Rucksack-Depot.
Kurz vor Erreichen des Gletschers flog ein vielleicht fußballgroßer Felsbrocken pfeifend vom Unteren Nässijoch Richtung Grossenegg hinunter. Ich beeilte mich daher auf dem Gletscher und lauschte immer wieder auf nahendes Ungemach. Aber alles blieb friedlich.
Jetzt im späten Nachmittagslicht war das Gebiet der Grossenegg nicht wieder zu erkennen. Das bräunlich rötliche Gestein leuchtete farbenfroh auf. Die nahen Eistürme und Spitzen des oberen Nässigletschers strahlten im Sonnenlicht. Bei so viel Ablenkung und leicht geblendet von der schon recht tief stehenden Sonne leistete ich mir beim Abstieg über meine Aufstiegsroute zwei Verhauer. Aber letztlich fand ich immer wieder schnell zu meiner im Aufstieg benutzten Route zurück.
Auch die kleine ca. 10 m Kletterstelle konnte ich wie erwartet gut abklettern.
Den finalen Schutthang von der Grossenegg bin ich mehr runtergerutscht (teils auf dem Hosenboden) als abgestiegen. Hier war sowieso alles haltlos.
Unten angekommen habe ich mir noch kurz den Staub aus den Kleidern geklopft und bin dann über das Grasband wieder zurück auf den ersten Geländerücken mit dem Steinmann gestiegen.
Beim Erreichen des Hüttenweges stellte sich ein Gefühl tiefer Zufriedenheit ein. Geschafft für heute. Alle Schwierigkeiten lagen hinter mir.
Was folgte war wieder eine sehr schöner Abend auf der Hütte. Der Bergführer war mit seinem Gast ebenfalls erfolgreich unterwegs gewesen. Außerdem war noch ein vierter Mann auf der Hütte angekommen. Morgen wollte er das Gebiet der ehemaligen Strahlegg-Hütte erkunden.
Ich schlief in dieser Nacht deutlich besser. Am nächsten Morgen stieg ich in aller Ruhe mit vielen Pausen wieder ab zum Restaurant Gletscherschlucht. Ich nutzte so den ganzen Tag für den Abstieg!!! Es galt, diesen vorerst letzten Schönwettertag auszukosten.
Nach einer weiteren Nacht in Grindelwald reiste ich im trüben Schnee-Regen-Wetter wieder ab. Drei sehr intensive Tage im Gebirge lagen hinter mir und jetzt machte sich der Muskelkater des Jahres in mir breit!
Aber egal.
Vom Nässigletscher ziehen drei ausgeprägte Geländerücken hinunter zum Schreckhornhüttenweg. Alle Rücken sind durch tief eingeschnittene Gräben (Bachläufe) voneinander getrennt. Über den mittleren Rücken -die Grossenegg- verläuft der Zustieg zum darüberliegenden (unteren) Nässigletscher.
Das Gebiet der Grossenegg wirkt vor allem beim Aufstieg zur Schreckhornhütte ziemlich unübersichtlich. Ich hatte schon mit Orientierungsproblemen gerechnet. Da die Grate jedoch ziemlich ausgeprägt sind und ich nicht bei Dunkelheit aufgebrochen bin, war die Routenfindung für mich vor Ort einfacher als gedacht. Am einfachsten ist die Orientierung vermutlich, wenn man immer direkt auf dem Grat der Grossenegg bleibt. Dann dürfte die Route jedoch klettertechnisch etwas anspruchsvoller sein.
Schon im Aufstieg bin ich allen größeren Klettereien auf der Grossenegg ausgewichen. Da ich allein unterwegs war, wollte ich beim Aufstieg schon die Route für den Abstieg klar machen. Einem Abstieg, der für mich problemlos, d.h. ohne Sicherungen/Abseilen machbar ist.
Vermutlich ist der ohnehin abwechslungsreiche Aufstieg beim direkten Überklettern aller Steilaufschwünge der Grossenegg noch interessanter.
Achtung! Meine Schwierigkeitsbewertung bezieht sich nur auf die nachfolgend beschriebene von mir begangene Route bei optimalen Bedingungen (trocken und relativ warm).
Zur Veranschaulichung habe ich auch von der Grossenegg Detail-Anstiegsbilder beigefügt!
Die Zeitangabe von 8 Std basiert auf der normalen Auf- und Abstiegszeit bei guten Bedingungen mit üblichen Pausenzeiten. Ich selbst war wegen meines extralangen Aufenthalts im Gipfelbereich fast 11 Std. unterwegs.
Aufbruch
Erst nach sieben Uhr morgens gings los. Das Tageslicht sollte mich vor unnötigen Verhauern an der Grossenegg bewahren. Obwohl ich nicht viel geschlafen hatte, fühlte ich mich doch nach den gestrigen konditionellen Problemen beim Aufstieg zur Schreckhornhütte -siehe auch Bericht http://

1. Anstieg zur Grossenegg
Zunächst absteigend auf dem Schreckhornhüttenweg an den Felsen der Schwarzegg vorbei bis zum ersten Bachlauf. Hier habe ich den Weg verlassen und bin nur leicht ansteigend schräg hoch knapp unterhalb am Kastenstein (auffällig goßer Felsbrocken, ehem. Biwakplatz) vorbei bis zu einem zweiten Bachlauf aufgestiegen. Dieser Bachlauf befindet sich am Fuß des ersten Geländerückens.
Oben auf dem Rücken markiert ein Steinmann (schon von weitem sichtbar) den Einstieg in ein Grasband. Dieses vermittelt den leichten Zustieg zu einem dritten Bachlauf im Graben direkt unterhalb der Grossenegg, dem zweiten (mittleren) Geländerücken.
Am Bachlauf angekommen ging es direkt über einen sehr steilen ziemlich unangenehm zu begehenden Schutt-, Fels- und Geröllhang (1 Schritt vor 2 Schritte zurück) direkt auf die Grossenegg (ca. 2.700 m).
2. Grossenegg
Oben angekommen bin ich nicht dem Grat gefolgt, sondern rechts (südlich) in die einfach zu begehende nur mäßig geneigte Flanke ausgewichen und so parallel unterhalb der Gratkante aufgestiegen. Schon bald führten einfache teils auch grasbewachsene Felsen zu einer mäßig geneigten plattigen Felsflanke, die schräg rechts hinauf leicht bis auf den Grat der Grossenegg begangen werden kann.
Nun bin ich -direkt auf dem Grat der Grossenegg- eine erste kleine ca. 10 m hohe Steilstufe in fast senkrechtem aber festem und gutgriffigem Fels (III) hinaufgeklettert. Anschließend lehnt sich der Grat deutlich zurück und war in leichter Kraxelei gut zu begehen.
Am nächsten -deutlich höherem- Steilaufschwung bin ich wieder rechts südlich in die Flanke ausgewichen. Hier führte ein einfach zu begehendes Schutt/Felsband weiter. Dort, wo das Gehgelände aufhörte, bin ich wieder direkt gerade herauf über leichte Felsen zurück auf den Grat gestiegen.
Schon nach ein paar Schritten baut sich die nächste Steilstufe vor einem auf. Diesmal bin ich links nördlich in den Graben unterbalb des dritten Geländerückens ausgewichen. Danach kurz dem Bach entlang den Graben hinauf zum Beginn des unteren Nässigletschers.
Damit hatte ich das Gebiet der Grossenegg bis auf die erste kleine Steilstufe ohne größere Kletterei überwunden.
3. Unterer Nässigletscher
Am Gletscher angekommen stand ich zunächst vor einem kleinen Schneechaos, das die vielen Frinrutsche die letzten Tage angerichtet hatten. Aber es war auch ein gutes Zeichen. Was schon abgerutscht war, konnte einen schon nicht mehr mitreißen. Außerdem war der Gletscher gut gefroren. Sowohl im Schnee als auch auf dem rauhen Gletschereis griffen die Steigeisen gut. Das war auch erforderlich, denn der untere Nässigletscher ist zwar ein spaltenarmes aber doch recht steiles Eisfeld, das vom Gebiet der Grossenegg gerade hinauf zum Unteren Nässijoch (P. 3.397 m) führt, der Einsattelung zwischen dem Nässihorn und meinem Ziel, dem Kleinen Schreckhorn.
Ich stieg den Gletscher leicht links haltend oft in steilem Zick-Zack hinauf. Dabei visierte ich nicht das Untere Nässijoch an, sondern die weiter unten links vom Joch liegenden Felsen des Kleinen Schreckhorns.
Dort angekommen führte ein schon von weitem zu erkennendes schmales Fels/Schuttband schräg links hinauf auf eine mäßig geneigte Fels/Geröllflanke, die wiederum den unschwierigen Zustieg zum Südostgrat des Kleinen Schreckhorns vermittelt. In der Flanke peilte ich einen auffälligen Gratfelsen als Ziel an.
4. Der Südostgrat
Im Rother Gebietsführer steht zum Südostgrat nur lapidar: "...über den Felsgrat ohne besondere Schwierigkeiten zum Gipfel". Dort, wo ich den Grat beim auffälligen Felsen erreichte, ging es auch ohne Schwierigkeiten weiter hinauf.
Doch dann stand ich auf einem ausgeprägten Gratzacken. Vor mir der Gipfel zum Greifen nah. Unmittelbar vor mir jedoch ein senkrechter Felsabbruch, dann nochmals eine Art spitze Felsnadel und dahinter der Gipfelaufbau mit breitem Grat. Links senkrechte Felsen. Rechts der tief verschneite gähnende Abgrund Richtung Oberer Grindelwaldgletscher.
Ich hak´ den Gipfel innerlich ab und mach erst mal Pause und eine Menge Fotos. Aber es nagt weiter an mir. Soviel Aufstiegsmühen und dann den Gipfel verpassen?
Ich schaute mir den Abgrund rechts nochmal genauer an. Ca. 3 m unterhalb zeigte sich so eine Art kleiner tief eingeschneiter Absatz bevor es richtig bodenlos runter geht. Ohne den Schnee ist dies vermutlich die problemlos zu erkennende Ausweich- (Umgehungs)möglichkeit der letzten Gratzacken.
Ich kletterte die kurze 3 m-Stelle (II) vorsichtig über die verschneiten steilen Felsen hinab zu diesem Absatz. Dort machte ich ein Depot und befreite mich so von allem unnötigen Ballast. Nur Handschuhe, Jacke, Pickel, Fotoapparat und noch ein paar Müsliriegel nahm ich mit. Die Steigeisen behielt ich natürlich auch an.
Dann querte ich unterhalb der Gratzacken in der steilen knietief verschneiten Flanke hinüber zum Beginn des Gipfelaufbaus. Der Schnee erwies sich dabei als deutlich stabiler als befürchtet. Letztenendes problemlose Querung. Nur stolpern, ausrutschen etc. darf man hier auf keinen Fall!
Der Abstieg vom Gratzacken und die Querung bis zum Gipfelaufbau war an diesem Tag auf meiner Route die Schlüsselstelle der Tour!!!
Jetzt stellte sich jenes Glücksgefühl ein, das viele kennen, wenn einem der Gipfel nach Überwindung diverser Anstrengungen und Schwierigkeiten nicht mehr zu nehmen ist. Wie im Rausch stieg ich die letzten Meter zum Gipfel rauf. Müdigkeit? Nie war ich so fit wie in diesem Augenblick.
5. Der Gipfel
Ich hab´s gewusst. Dieser Berg ist ein ungemein lohnendes Ziel. Es ist nicht nur die Höhe von knapp 3.500 m, sondern vor allem die Lage des Kleinen Schreckhorns.
Die meisten unmmittelbar in der Nähe aufragenden Gipfel sind deutlich höher. Entsprechend grandios ist der Ausblick auf diese Riesen.
Das nahe Schreckhorn dominiert alle anderen Gipfel und wirkt von hier wie der K2 des Berner Oberlandes. Rechts davon zieht die mächtige Fels- und Eisbastion vom Finsteraarhorn bis zum Eiger. Links vom Schreckhorn ein ultimativer Gesamtüberblick über den Oberen Grindelwaldgletscher mit der gesamten Wetterhorngruppe und dem Bärglistock.
Beim heutigen Traumwetter reicht der Blick zwischen Bärglistock und Schreckhorn über Urner Berge (Galenstock), Gotthard, Adula bis zur Berninagruppe und dem Monte Disgrazia.
Die Täler der Voralpen einschließlich Mittelland sind vom fast schon obligatorischen Nebelmeer zugedeckt. Das einzige was also fehlt, ist der Tiefblick ins Grindelwalder Tal. Aber das ist Jammern auf ganz hohem Niveau.
Die exponierte Stellung am Nordwestrand der Berner Hochalpen ergibt den für diese Gegend typischen sehr speziellen Kontrast aus endloser Weite auf der einen und eisigem Hochgebirge auf der anderen Seite.
Ich bleibe -wie fast immer- recht lange oben.
6. Der Abstieg
Problemlos (aber vorsichtig) stieg ich zurück zum Rucksack-Depot.
Kurz vor Erreichen des Gletschers flog ein vielleicht fußballgroßer Felsbrocken pfeifend vom Unteren Nässijoch Richtung Grossenegg hinunter. Ich beeilte mich daher auf dem Gletscher und lauschte immer wieder auf nahendes Ungemach. Aber alles blieb friedlich.
Jetzt im späten Nachmittagslicht war das Gebiet der Grossenegg nicht wieder zu erkennen. Das bräunlich rötliche Gestein leuchtete farbenfroh auf. Die nahen Eistürme und Spitzen des oberen Nässigletschers strahlten im Sonnenlicht. Bei so viel Ablenkung und leicht geblendet von der schon recht tief stehenden Sonne leistete ich mir beim Abstieg über meine Aufstiegsroute zwei Verhauer. Aber letztlich fand ich immer wieder schnell zu meiner im Aufstieg benutzten Route zurück.
Auch die kleine ca. 10 m Kletterstelle konnte ich wie erwartet gut abklettern.
Den finalen Schutthang von der Grossenegg bin ich mehr runtergerutscht (teils auf dem Hosenboden) als abgestiegen. Hier war sowieso alles haltlos.
Unten angekommen habe ich mir noch kurz den Staub aus den Kleidern geklopft und bin dann über das Grasband wieder zurück auf den ersten Geländerücken mit dem Steinmann gestiegen.
Beim Erreichen des Hüttenweges stellte sich ein Gefühl tiefer Zufriedenheit ein. Geschafft für heute. Alle Schwierigkeiten lagen hinter mir.
Was folgte war wieder eine sehr schöner Abend auf der Hütte. Der Bergführer war mit seinem Gast ebenfalls erfolgreich unterwegs gewesen. Außerdem war noch ein vierter Mann auf der Hütte angekommen. Morgen wollte er das Gebiet der ehemaligen Strahlegg-Hütte erkunden.
Ich schlief in dieser Nacht deutlich besser. Am nächsten Morgen stieg ich in aller Ruhe mit vielen Pausen wieder ab zum Restaurant Gletscherschlucht. Ich nutzte so den ganzen Tag für den Abstieg!!! Es galt, diesen vorerst letzten Schönwettertag auszukosten.
Nach einer weiteren Nacht in Grindelwald reiste ich im trüben Schnee-Regen-Wetter wieder ab. Drei sehr intensive Tage im Gebirge lagen hinter mir und jetzt machte sich der Muskelkater des Jahres in mir breit!
Aber egal.
Tourengänger:
morphine

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