Lauteraarhorn über den SW-Grat


Publiziert von garaventa , 31. August 2022 um 18:59.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Jungfraugebiet
Tour Datum:31 Juli 2022
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS+
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 3050 m
Abstieg: 3050 m
Strecke:Grindelwald-Schreckhornhütte-Strahleggpass-Lauteraarhorn-Gaag-Schreckhornhütte-Grindelwald

Besteigungsbericht: Lauteraarhorn  30 - 31.07.2022

 

Nachdem die angekündigte Kaltfront im Laufe des 30.07 gegen Osten abzieht, begeben wir uns auf den Weg nach Grindelwald, wo die Wolken noch tief im Tal hängen und eine angenehme Kühle am Morgen im Ort zu spüren ist.

Der Parkplatz an der Pfingstegg-Seilbahn ist noch leer und der Tag noch jung.

Wir empfinden die Morgenkühle insbesondere für den bevorstehenden Aufstieg zur Schreckhornhütte als sehr angenehm.

Vor 2 Jahren mussten wir diesen langen Weg in der Mittagshitze bei Sonnenschein begehen und empfanden dies als sehr anstrengend und schweißtreibend.

Heute herrschen für den langen Anmarsch zur Hütte also deutlich angenehmere Bedingungen.

Hinter dem Gasthaus Bäregg beginnt der Hüttenweg erst so richtig. Der Weg führt über die östlichen Hänge, welche infolge der Erwärmung sehr instabil geworden.

Das Gelände zwischen Bäregg und Bänisegg und daraus resultierend der Hüttenweg ändert sich ständig, sodass der Pfad immer wieder neue zusätzliche Auf- und Abstiegspassagen rund um die Schuttrinnen erhält.

Der Weg zieht sich weit und tief ins Tal hinein und erst im letzten Drittel werden die wesentlichen Höhenmeter in einem mit Leitern und Ketten gesicherten Steig zur Hütte erklommen.

Die Hütte ist einfach, funktionell und sehr gemütlich gestaltet und wird von einem sehr freundlichen Team tipptopp geführt.

Pünktlich um 18:30 wird das Abendessen serviert und da bereits um 02:00 das Frühstück für Schreck- und Lauteraarhorn-Aspiranten ansteht, gehen wir gegen 20:30 zu Bett.

Die Mehrzahl der Gäste wird am nächsten Tag zum Schreckhorn aufbrechen.

Nur 2 Seilschaften (uns eingeschlossen) werden in Richtung Lauteraarhorn aufbrechen, wobei der Zustieg bis zum Gaag für beide Gipfelziele identisch ist.

Die Kaltfront der vergangenen Tage hat an den umliegenden Bergen eindeutige Spuren hinterlassen. Die Schattenseiten der Flanken und Grate sind teils weiß von Reif und Schnee und infolge der zurückgegangenen Temperaturen auch am Morgen noch nicht abgetaut.

Vom Stahleggpass aus können wir erstmals den weiteren Aufstiegsweg entlang des SW-Grates erblicken und es wird schnell klar, dass wir auf der sonnenabgewandten Seite dieses Grates überwiegend mit Schnee, Reif und Eis auf den Felsen zu tun haben werden.

Deshalb müssen wir den Aufstieg ab dem Gaag mit Steigeisen gehen, was die Sache nicht leichter macht.

Der erste Gratabschnitt nach dem Pass ist noch ein wenig nach Süden ausgerichtet und somit schneearm, aber von dort an bewegt man sich am SW-Grat selten auf, sondern überwiegend etwas unterhalb der Gratschneide auf der NW-Seite des Berges und somit permanent im Schatten.

Alle Felsen sind mit Reif und Schnee überzogen und die Steigeisen kratzen auf den darunterliegenden Felsen immerzu.

Der zweite Teil des Grates steilt dann spürbar auf und die Route führt uns später immer weiter von der Gratkante weg in eine steile, schattige Wand hinein.

Drei, dort einzementierte Eisenstangen, die zum Abseilen dort fest installiert sind, weisen uns den weiteren Weg hinauf durch diese unübersichtliche Zone zu einem kleinen Schneeplateau, welches in einen kurzen Schneegrat mündet.

Nach dem Schneegrat beginnt dann auf ca. 3700m schon bald der sog. „Schraubengang“, welcher nach SOO ausgreifend um den ganzen Gipfelkopf des Berges herumführt.

Infolge des Schnees ist das Schuttband des Schraubenganges jedoch eigentlich nicht und wenn nur sehr schwach auszumachen. Nur anhand von seltenen Steinmännern wissen wir ab und zu, dass wir dennoch auf der richtigen Route sind.

Später erreichen wir die Südseite des Berges und stehen endlich in der wärmenden Sonne. Hier ist der Schnee bereits im Abtauen begriffen und darunter liegendes Geröll und Schutt erschweren sicheres Vorankommen.

Weiter hinauf geht es nun durch eine Art Rinne, welche uns dann schlussendlich auf den SO-Grat hinaufführt, über den der „Normalanstieg“ vom Lauteraar-Biwak führt.

Wir folgen dem zunächst schwach ausgeprägten SO-Grat weiter in Richtung des Gipfels, den wir dann um 09:00 Uhr nach  6 1/2 Stunden Aufstieg erreichen.

Mit der Besteigung des Lauteraarhorns habe ich den letzten, mir noch fehlenden 4000er der Schweiz betreten. Insofern ist dieser Moment für mich schon ein besonders schöner Augenblick.

Da Auf- und Abstieg über die Route beinahe gleich viel Zeit beanspruchen werden, verweilen wir am Gipfel nicht sehr lange.

Hauptaugenmerk ist nun zunächst das Auffinden des Einstieges in den Schraubengang, der auf ca. 3700m Höhe beginnt und durch eine markante Felsnadel, die schief im Gelände steht, markiert wird.

Die Querung durch den Schraubengang zurück zum SW-Grat erfordert erneut die Verwendung von Steigeisen, da Schutt und Geröll unter der Schneedecke teils instabil und rutschig sind und Fehler hier auf keinen Fall passieren sollten. Der Blick geht ca. 700m hinunter bis auf den Stahlegg-Gletscher.

Wir erreichen dann bald wieder das kleine Schneefeld, welches den Übergang in die schattige NW-Seite des Berges vermittelt. Hier geht es nun, Dank der 3 Eisenstangen per Abseilerei zügig nach unten durch die steile Flanke, bis wir unterhalb des Abbruches auf den NW-Grat gelangen.

Wir folgen dem Grat weiter talwärts, ziehen kurz vor dem Stahlegg-Pass die Steigeisen aus und folgen dem Weg hinunter zum Gaag und von dort ohne Pause hinab bis zur Schreckhornhütte, die wir um 13:15 Uhr erreichen.

Nach einer ausgiebigen Rast und Verpflegung geht es am Nachmittag noch hinunter nach Grindelwald und von dort zurück nach Saas-Fee.

 

Mein Fazit zur Tour:

Da ich den Zustieg bis zum Gaag schon 2 Jahre zuvor zur Besteigung des Schreckhorns gemacht hatte, gab es bis hier keinerlei Überraschungen.

 

Den dann folgenden Tourenabschnitt bis zum Lauteraarhorn-Gipfel und zurück habe ich allerdings konditionell deutlich anspruchsvoller empfunden.

Ein Grund dafür waren sicher die eher winterlichen Bedingungen, die wir am Schreckhorn 2020 so nicht erlebt hatten. Vielleicht ist auch meine körperliche Verfassung 2020 besser gewesen, jedenfalls war es körperlich strenger und zeitlich länger als ich im Vorfeld erwartet hatte.

Das Lauteraarhorn muss man wollen sich hart erarbeiten!

Infolge der abgelegenen Position des Berges tief im Gebirgsmassiv sind alle Anstiegsrouten lang und zeitintensiv und selbiges gilt natürlich auch für den Weg zurück ins sichere Tal.

Gruss garaventa


Tourengänger: garaventa


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Kommentare (8)


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Wimpy hat gesagt: 48
Gesendet am 31. August 2022 um 19:18
Ich gratuliere dir zu denn 48 Gipfel.
Merci für's mitnehmen auf die wunderschöne Bergtour mit diesen prächtigen Bilder.
Grüsse von Wimpy

garaventa hat gesagt: RE:48
Gesendet am 31. August 2022 um 19:27
Guten Abend Wimpy,

vielen Dank für Deine freundlichen Zeilen.
Gruss garaventa

Stefan_F hat gesagt:
Gesendet am 1. September 2022 um 07:50
Schön mal wieder was von dir zu lesen! Danke für den schönen Bericht über den doch selten begangenen Aufsteig.

Wie schon unter dem Bild kommentiert: meinen herzlichen Glückwunsch zu dieser jahrelangen Konditionsleistung! Mit Gabriel hattest du einen verlässlichen Guide - auch das ist was wert! Ich hatte Gabriel vor ein paar Jahren mal auf der Turiner Hütte getroffen. Als "unermütlichen Gipfelsammler" hat er dich beschrieben. Geht es jetzt an die restlichen 4000er?

LG
Stefan

garaventa hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. September 2022 um 18:18
Hallo Stefan,

vielen Dank für Deinen Kommentar und für die Glückwünsche.
Ein für mich wichtiges Ziel habe ich dieses Jahr erreicht und es gibt natürlich auch einen möglichen Tourenplan für das nächste Jahr.
Allerdings müssen die dann vorherrschenden Bedingungen es auch erlauben. Dieser Sommer hat uns allen erstmals aufgezeigt, dass nicht das Wetter alleine ausreicht, die Verhältnisse am Berg sind mitentscheidend.
Pass gut auf Dich auf und bis bald.

Gruss Frank

maenzgi hat gesagt:
Gesendet am 1. September 2022 um 11:56
Von mir ebenfalls herzliche Gratulation zu den 48/48.

Wünsche dir weiterhin wunderschöne Touren.
Lg Manu

garaventa hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. September 2022 um 18:21
Hallo Manu,

vielen Dank für Deine Gratulation.
Alles Gute für Dich.

Gruss Frank

emely hat gesagt: Gratulation
Gesendet am 1. September 2022 um 22:32
Hallo Garaventa,
herzlichen Glückwunsch zum Lauteraarhorn. Ja, das ist schon eine Nummer für sich. Ich war dort am 24.7., hier bei sommerlichen Verhältnissen. Wir sind die gleiche Route gegangen und wollten die letzten Seillängen klettern. Weil uns aber wegen des Windes und des Schattens so kalt war, haben wir darauf verzichtet. Marco wollte eben nicht eine alpine 5a mit Handschuhen vorsteigen

garaventa hat gesagt: RE:Gratulation
Gesendet am 3. September 2022 um 18:28
Hallo Emely,

Da warst Du nur eine Woche vor mir am gleichen Berg.
Auch ich gratuliere Dir zur langen Tour aufs Lauteraarhorn.
Die oberste Steilstufe hatten wir bei den vorherrschenden Bedingungen von Beginn an ausgeschlossen.

Gruss Frank


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