Skitour zum Hinter Schloss (3133m)


Publiziert von mde , 31. Januar 2011 um 12:53.

Region: Welt » Schweiz » Obwalden
Tour Datum:29 Januar 2011
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Ski Schwierigkeit: AS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR   CH-OW 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 2300 m

Die Besteigung des Schlossbergs über NW-Flanke, d.h. den Weg der Erstbegeher, wird nur selten ausgeführt. Bei besonders günstigen Bedingungen und entsprechendem Können ist sie aber im Winter und Frühling als extreme Skitour möglich. Nachdem die Voraussetzungen gegeben waren, lag es also an uns, uns auf den langen und anstrengenden Weg zu machen.

Wir starteten kurz nach 8.00 Uhr bei der Talstation der Fürenalp-Bahn, P.1084. Via Alpenrösli und Stäfeli, am Stäuber-Wasserfall vorbei gilt es bis nach Uf der Laui, 1700m zuerst einmal ordentlich Distanz (7.5km) zu machen. Obwohl wir mit ziemlich Dampf unterwegs waren, brauchen wir volle 2 Stunden, bis wir bei einer ersten Pause den weiteren Aufstieg studieren können. Dabei erblicken wir auch einen Urner Alleingänger, der vom Surenenpass her kommend, bereits 300hm über uns seine Spur zog.

Über die ruppigen, hartgefrorenen und eingeschneiten Lawinenkegel der Lauwisiten gewinnen wir die Querung bei Ober Gang, welche zur Hermisalp führt. In der Querung ist die Unterlage hart gefroren, mit rutschiger Pulverauflage und etwas Exposition ist auch schon vorhanden, ein Vorgeschmack auf das, was später noch warten wird. Danach aber vorerst weiter über die wieder gutmütigeren Hänge der Hermisalp zur Lücke im SE von P.2370, dem letzten guten Pausenplatz.

Nun in Richtung SW etwas aufsteigend um einige Felsbänder herum, bei guter Sicht ist die Passage problemlos zu finden, auf die Verflachung (auf ca. 2500m) in der Nordflanke von P.3093. Von unten sieht es gar nicht so wild aus, doch auf den obersten 400hm zu P.3093 weist das Gelände tatsächlich eine Durchschnittsneigung von ziemlich exakt 45 Grad auf.  

Der Aufstieg war dank hartem, aber griffigem Schnee, dann und wann mit einer Auflage aus gepresstem Pulver, gerade so mit Ski an den Füssen zu machen: noch ein wenig mehr Neigung, und eine Portage wäre zwingend, ebenso wohl bei weniger günstigen Verhältnissen. Auch so war es recht aufregend, ein Ausrutscher lag keinesfalls drin, da dies unweigerlich zu einem Sturz die gesamte Flanke hinunter geführt hätte. Da man sich stets auch über einigen Felsrippen bewegt, kam durchaus der Eindruck von atemberaubender Exposition auf, ja einfach das Gefühl von "kein Seich mache jetzt".

Der Einsatz von Harscheisen war überdies unabdingbar, und so erreichten wird nach unzähligen Extrem-Spitzkehren schliesslich die Gratnähe. Die NW-Rippe zu P.3093 liess sich etwa 40hm unter dem Top in einer extrem steilen Querung (gut 50 Grad!) gewinnen. So konnten wir einerseits P.3093 mit den Ski erreichen, und andererseits die 20m hohe Kletterpartie (II+) am NE-Grat zu P.3093 vermeiden.

Nach knapp 5 Stunden Aufstieg erreichten wir schliesslich P.3093, die Steilflanke hatte einiges an Kraft gekostet. Der Alleingänger machte sich, ohne Gipfelgang, gerade für die Abfahrt fertig. Somit lag es an uns, den 700m langen NE-Grat zum Hauptgipfel (P.3132.5) zu spuren. Der Grat ist nicht sonderlich schwierig und meist ganz ordentlich breit. Dennnoch gilt es einige Kraxelstellen zu überwinden und die Überwächtung zwingt einen bisweilen in die exponierte NW-Flanke auszuweichen. Ebenso war zeitweise tiefes Schneestapfen und manchmal sogar ein bisschen wühlen notwendig, doch nach 50 Minuten erreichten wir um 14.00 Uhr, nach 6 harten Aufstiegsstunden ab Engelberg, das Top.

Die Decke aus hohen Wolken bricht nun ganz auf, die Sonne scheint und das Gefühl, hier oben zu stehen, ist fantastisch. Während man die Tiefblicke auf den Vierwaldstättersee, nach Engelberg und auf den Glatt Firn stundenlang geniessen könnte, so bläst doch ein kühler Luft, und wir machen uns bald wieder an den Abstieg. In dieser Richtung, da es etwas mehr runter als rauf geht, und die Spur bereits liegt, brauchen wir für den Grat zurück zu P.3093 eine gute halbe Stunde.

Nach einem kurzen Imbiss ist alles verstaut und festgezurrt, also kann es losgehen in die Tiefe. Die steile Querung zurück in die N-Flanke erhöht dann den Puls schlagartig. Während mein Begleiter Chris bereits weit unten ist, engleitet mir, noch ganz oben stehend, durch eine Unachtsamkeit der Handschuh. In gerader Linie purzelt er hinunter und holt Chris in Windeseile ein.

Nachdem ich einen Ersatzhandschuh aus dem Rucksack geklaubt habe, ist die Reihe an mir. Die steile Flanke ist nicht besonders genussvoll zu fahren, der Schnee ist zu wechselhaft. Angesichts der Umstände, ein Sturz wäre immer noch höchst ungünstig, und auch wegen den vom Aufstieg schon etwas müden Beinen, verzichte ich für einmal auf filmreife Dynamik und schwinge dosiert und sorgfältig hinunter.

Unterhalb von ca. 2500m wird dann der Schnee viel besser, d.h. schön pulvrig. Die Hermisalp lässt sich neben gigantischen Lawinenablagerungen genussvoll fahren. Und die Kegel sind Mahnung dafür, hier keinesfalls einzusteigen, falls die Flanke noch geladen ist. Die Querung via Ober Gang ist in der Abfahrt unnötig, man kann aus der Hermisalp direkt über die Steilstufe ausfahren. Es gibt mehrere Möglichkeiten dafür, welche man im Austieg sehr gut einsehen kann, und die von oben auch gut zu finden sind. Kurz etwas steil, mit Sprung über eine Stufe hinunter, jedoch nicht ausgesetzt.

Vom Boden bei Uf der Lauwi werfen wir noch einen Blick in das  Schlossplatten-Couloir, welches von lorenzo befahren wurde. Dies sieht aktuell unmöglich aus, es gibt nur Fels und Eis, aber kaum Schnee. Die Neigung schätzen wir auf teilweise gegen 60 Grad - ganz wild, selbst eine Begehung zu Fuss wäre herausfordernd!

Wir aber lassen wir nun die Skis heimwärts laufen, ab dem Alpenrösli ist dann und wann noch etwas Stockeinsatz gefragt. Etwas nach 16 Uhr, nach gut einer Stunde Abfahrt, treffen wir beim Parkplatz ein. Coole Tour!

Zur Schwierigkeit: für mich ist die Tour an der Grenze zu dem, was noch unter SS+ fällt. Die Durchschnittsneigung über mehrere hundert Höhenmeter beträgt 45 Grad. Obwohl die Flanke sehr homogen ist, sind auch einige noch etwas steilere Stellen zu bewältigen. Ich vergebe darum grosszügig ein AS, jedoch wohl die unterste Grenze dieser Einstufung!?

Link: Bericht und viele Fotos der Tour bei www.chmoser.ch
 

Tourengänger: mde


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Kommentare (2)


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Sputnik Pro hat gesagt: Gratulation zum Schlossberg!
Gesendet am 31. Januar 2011 um 13:29
Grossartig gemacht, der Schlossberg ist einer der schönsten hohen Urner - und zudem zum Glück für die meisten Leute ein weisser Fleck auf der Tourenkarte. Ich war die Route zu Fuss einmal im Frühjahr augstiegen, da dachte ich kaum dass sie mit Ski möglich ist! Gratuliere Euch zum Gipfelerfolg und zum lesenswerten Bericht.

Gruss, Sputnik

mde hat gesagt: Bild hinzugefügt
Gesendet am 29. September 2011 um 23:50
Edit vom 29.9.2011: Auf einer Klettertour am Gross Sättelistock aufgenommenes Bild hinzugefügt, welches die Nordflanke des Hinter Schloss im Zoom zeigt, und den Aufstieg wie die Abfahrt unwirklich aussehen lässt.


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