Tschingelhorn, 3562 Meter


Publiziert von Leander , 22. Juli 2010 um 00:03.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Jungfraugebiet
Tour Datum:18 Juli 2010
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 15:00
Aufstieg: 2025 m
Abstieg: 1175 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem ÖV nach Kandersteg und von dort mit dem Sammeltaxi ins Gasteretal nach Selden (12 CHF p.P.)

Dieses Wochenende stand mal wieder eine gemeinsame Tour mit den SAC Kollegen an. Ziel der Unternehmung sollte das Tschingelhorn sein, ein durchaus markanter, aber eher unbekannter Berg inmitten der Fels- und Eisriesen des Berner Oberlandes. Nach einer kurzweiligen Fahrt mit Zug und Sammeltaxi und einem Z’Nüni mit Lagebesprechung starteten wir die Tour am Samstag vormittag in Selden im hinteren Gasteretal. Von dort ging es erst noch auf breitem Wanderweg nach Heimritz dann aber auf schmalem Pfad über Almen und Bergwiesen die letzten Baumbestände hinter uns lassend allmählich hinauf zum Kanderfirn. Nach gut 2.5 h erreichten wir Punkt 2411. Nebel umgab uns mittlerweile und vom Kanderfirn wehte uns kühle Gletscherluft entgegen. Wir machten eine kurze Rast, legten Gstälti an und rüsteten uns für die bevorstehende dreistündige Gletscherquerung. Im unteren Teil war der Gletscher weitgehend ausgeapert und wir kamen zügig voran, immer wieder wurden wir in Nebel gehüllt, doch genau so schnell riss der Himmel wieder auf und gab die Sicht zum Petersgrat und auf die Südwand der Blümlisalp frei. Ab einer Höhe von etwa 2650 Meter war der Kanderfirns noch mit Schnee bedeckt und die Spalten lagen unter Altschnee verborgen. Immer wieder kamen wir auch an Stellen mit Gletschersumpf, wo wir knöcheltief im faulen Schnee versanken und nur mühsam vorwärts kamen.

Die 2900 Meter hoch gelegene Mutthornhütte erreichten wir schliesslich gegen 16.45 Uhr. Freundlich empfangen vom Sohn des Hüttenwirts, bekamen wir gleich ein Gläschen warmen Tee gereicht, das uns sogleich die Anstrengungen der letzten Stunden vergessen machte. Die Hütte war gut besucht, und in Aufenthaltsraum, Küche und Materialdepot herrschte bereits reges Treiben. Wir verbrachten den Abend gesellig und machten das Licht spät aus, doch jeder war am nächsten morgen in alter Frische zur Stelle, als es um 5 Uhr morgens im dichten Nebel von der Hütte los ging. Die Nacht war noch nicht ganz vorüber, doch der Nebel begann sich bereits zu lichten. Erste Konturen am Tschingelhorn wurden sichtbar und mit einem Mal blies ein Windstoss die Nebelfetzen beiseite und wir standen mitten in der grandiosen Bergwelt umgeben von zackicken Berggipfeln, hinter uns das Wolkenmeer und über uns der makellos blaue Morgenhimmel.

Der Weg führte südwestwärts parallel zum langgestreckten Tschingelhornwestgrat bis auf den Petersgrat. Bei Punkt 3163 machten wir eine 180° Kehre und liefen jetzt in entgegengesetzter Richtung auf der Südseite des Grates auf den Gipfel zu. Uns bliess ein scharfer und eisiger Wind entgegen, der die Hitzewelle der vergangenen Tage vergessen machte. Der Weg führte uns bis unter den Gipfel an den Fuss des Firncouloirs durch welches der Aufstieg führen sollte. Nach einer kurzen Pause stellten wir die Seilschaften neu zusammen. Zwei Kollegen machten sich auf den Abstieg Richtung Fafleralp, während wir verbliebenen sieben in zwei Seilschaften das Couloir in Angriff nehmen wollten. Mittlerweile war es 7.30 Uhr.

Allerdings mussten wir zuerst den Bergschrund überwinden. Da er zu breit und zu tief zum rüberspringen war, mussten wir auf zwei rutschige Felsbänder ausweichen. Nachdem diese halb kraxelnd, halb strauchelnd überwunden waren, ging es wieder in das Firncouloir. Die vor uns marschierenden Seilschaften hatten bereits grosse Trittstufen getreten, sodass wir zügig und in direkter Linie aufsteigen konnten. Erst unterhalb des Felskopfes wählten wir einen anderen Weg und traversierten über den unberührten 45° bis 50° steilen Firn zum Gipfelgrat. Am Gipfelgrat angekommen, ging es die letzten Meter auf  überzuckerten und leicht vereisten, aber gut griffigen Felsen hinauf zum Gipfelfirnfeld, das wir um 8.45 Uhr erreichten. Vom frei stehenden Tschingelhorn hat man eine beeindruckende Sicht in alle Himmelsrichtungen, insbesondere nach Süden zum Bietschhorn und nach Norden auf die Blümlisalp und das Gspaltenhorn. Wir hielten uns ein gute halbe Stunde auf dem Gipfel auf bevor wir den langen Abstieg in Angriff nahmen. Der Abstieg über Gipfelgrat und Firncouloir beanspruchte wieder unsere volle Konzentration, ehe es dann über den Äusseren Talgletscher in das Äussere Tal ging. Endlich erreichten wir wieder die Baumgrenze und mit ihr die herrlich sattgrünen Matten in deren Mitte der wild sprudelnde Gletscherbach zu Tale rauschte. Wir erreichten die Fafleralp kurz vor 14 Uhr, wo wir auch unsere beiden vorausgeeilten Kameraden trafen.

Fazit: Tolle Tour mit allem was das Hochgebirge zu bieten hat. Lange Gletschertraversierung, schöne Hütte mit freundlicher Bewirtung, steiler Gipfelaufstieg und herrliche Rundumsicht, und nicht zu vergessen das nicht ganz billige aber gute Berggasthaus auf der Fafleralp.

Tourengänger: Leander


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