Cima Tosa Nordwand - Canalone Neri
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Nach einjähriger bergsteigerischer Abstinenz in Kanada melde ich mich mal wieder mit einer Tour in der Brenta-Gruppe der Dolomiten. Das Ziel war das Eis-/Firncouloir in der Nordwand der Cima Tosa namens "Canalone Neri" oder auch "Canalone di Tosa". Die Rinne ist mit knapp 900m die längste Eistour der Ostalpen (jedenfalls nach meinem Wissensstand) und bietet bei guten Bedingungen fantastische Kletterei auf hartem Firn und Blankeis. Die Steigung beträgt fast durchgängig 60°, am Eiswulst im Zentrum der Rinne müssen je nach Routenwahl 70°+ auf Blankeis bewältigt werden.
Nach den starken Schneefällen am Sonntag war die Lawinengefahr extrem hoch und am Montag räumten mehrere Lawinen den größten Teil des Neuschnees aus dem Couloir. Auf der Rifugio Brentei lernte ich am Montag Abend Andi und Clemens kennen, die ebenfalls am Dienstag Morgen in die Rinne starten wollten, allerdings schon um 1:30. Das war mir etwas zu früh und ich verließ die Hütte um 4 Uhr morgens, zu dieser Zeit konnte ich die Stirnlampen der beiden etwa auf halber Höhe in der Rinne erkennen. Um 5 Uhr erreichte ich den Lawinenkegel am Fuße der Cima Tosa auf ca. 2400m und konnte Dank der Spur meiner Vorgänger schnell durch den tiefen Schnee aufsteigen. Ab ca. 2500m ging es dann auf sehr hartem Firn weiter (Frontzackentechnik), das Couloir wird ab hier immer steiler. In der Mitte des Couloirs gibt es eine Rinne, die einen einfachen Aufstieg verspricht; hier sammeln sich jedoch der gesamte Eis- und Steinschlag sowie die Lawinenabgänge, also tunlichst davon fern halten oder schnell überqueren falls nötig.
Um ca. 6 Uhr erreichte ich den Eiswulst, den ich auf der linken Seite in Angriff nahm. Hier konnte ich weitestgehend auf Firn steigen und hatte nur ca. 20m Blankeis zu klettern. Im zentralen Teil des Eiswulstes müssen bis zu 100m Eis geklettert werden, was mit Partner und Sicherung kein Problem sein sollte.
Der Eiswulst ist gewissermaßen die Pflicht, die obere Hälfte der Canalone Neri ist die Kür. Hier lässt die Steilheit etwas nach, was aber zur Folge hat, dass man sich durch tieferen Schnee wühlen muss. Technisch anspruchsvoll ist das nicht mehr, kostet aber nochmal gehörig Kraft. Hier holte ich dann auch Andi und Clemens ein, und um 7:20 verließen wir das Couloir und standen auf dem Gipfel der Cima Tosa bei traumhaftem Wetter und Fernsicht.
Der Abstieg über den Normalweg forderte dann nochmal Konzentration, da er über steile, eingeschneite Bänder mit Absturzpotential erfolgt. Nach drei Mal abseilen durch einen markanten Kamin folgt man einem einfachen Weg zur Rifugio Pedrotti und von dort zurück zur Rifugio Brentei.
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