Überschreitung Kieneckspitze (1943 m) und Kienjoch (1953 m)


Publiziert von ju_wi , 13. Juni 2010 um 17:07.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Ammergauer Alpen
Tour Datum:12 Juni 2010
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1230 m
Abstieg: 1230 m
Strecke:14,9 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Graswang - kleiner freier P im Feldweg an der Straße am Ortseingang aus Ettal kommend
Kartennummer:f&b WK322

Der Wetterbericht fürs Wochenende sagt Samstag den schöneren Tag voraus, wobei auch hier nachmittags Schauer und Gewitter angesagt werden. Gelegenheit für eine (nicht zu lange) Bergtour ist damit Samstag morgen gegeben. Da wir wegen dem Wetter früh los wollen, sollte es in der Nähe sein und ein wenig Anspruch haben. So kommen wir auf das wunderbare Kienjoch - und seine Überschreitung über die Kieneckspitze wird trotz wechselnder Sichtbedingungen eine TRAUMTOUR !

Merkwürdigerweise ist sie überall (Literatur, Touren von FelixW84 und gero) andersherum beschrieben. Dabei ist die deutlich steilere, unmarkierte Wegstrecke für den Anstieg m.E. eigentlich die logischere Überschreitungsvariante. Erst recht wählen wir diese heute, damit wir bei dem drohenden Gewitter früher in einfacherem Gelände zurück sind.

So starten wir gegen 8:25 Uhr (wie gesagt früh :-)) in Graswang. 10 Minuten führt uns ein breiter anfangs geteerter Weg durch den flachen Talboden zum Waldrand. Kurz nach Eintritt in den Wald wenden wir uns dann bei einem Holzschild zur Kuhalmstraße (s.Foto) rechts ab vom Weg auf einen kleinen Trittpfad. Mit ihm folgen wir neben und in einem Bachbett ein Stück hinauf, queren die angezeigte Straße um gegenüber sofort weiter der Trittspur zu folgen. Zunächst in der steilen N-Flanke quert die Spur im grasigen Wald in Serpentinen hinauf zum langen NO-Rücken der sich von der Kieneckspitze hinabzieht. Nachdem ich mit kurzen Hosen am Vorwochenende abends 6 Zecken entfernen musste, kontrollieren wir hier ständig die Beine und finden tatsächlich bis über 1200 m wieder ca. 5 Tierchen, die auf den Beinen rumkrabbeln. Eine echte Plage, vor der man in den Bergen nicht mehr sicher ist. Stellenweise sind hier in der Flanke kurze sehr steile Passagen, wo man im Stand mit ausgestreckten Händen den Waldboden erreicht.

Nach einiger Zeit wird ein kleiner Vorsprung erreicht und man kommt auf den grasigen NO-Rücken mit lichtem Waldbestand. Anfangs ist der Rücken relativ schmal, aber nicht ausgesetzt. Im weiteren Verlauf folgt man ihm sehr steil, aber der Rücken wird eher wieder breiter. Bei ca. 1600 m wird erneut ein kleiner Vorsprung erreicht und von ihm geht es flacher - zunächst sogar kurz etwas bergab - weiter. Der Rücken ist hier recht breit und mit vielen Blumen und Latschen bestanden. Mit wenig Steigung steuert man den ersten schrofigen Vorgipfel (auf der Karte als P.1855 vermerkt) an. Links öffnen sich erste Blicke in die Brösel-O-Flanke des N-S-ziehenden Kieneck-Grates mit der Kieneckspitze. Nachdem das Gelände schließlich doch wieder etwas steigt wechselt bei gut 1700 m das Gelände abrupt von Gras in Schutt und Fels.

Steiler an ausgeprägter Gratkante wird nun der Vorgipfel P. 1855 m bestiegen. Es sind erste etwas bröselige und felsige Stellen zu meistern. Im Großen und Ganzen ist der Aufstieg aber leichter als erwartet. Vom Vorgipfel senkt sich der äußerste NO-Grat dann wieder ein gutes Stück in einen Sattel um im Gegenanstieg den N-Grat der Kieneckspitze zu erreichen. Auf dem hübschen Grat werden nun erstmals schmalere Gratstellen mit etwas Ausgesetztheit überquert. Aber hier ist der Fels fest. Am N-Grat angekommen geht es nun wieder bergauf und recht bröselig zu. Das erste Stück geht man oberhalb einer Felsstufe und muss schonmal auf schmaler Spur um ein Eck. Immer wieder sind allerdings auch nervenberuhigende, einfache Stücke in Latschen-Flanken dabei, so dass insgesamt wenig Adrenalin fließt.

Wir sind inzwischen in dichtem Wokennebel gehüllt, als wir nach gut 20 Minuten am N-Grat den nur mit unscheinbarem Steinmann dekorierten Gipfel der Kieneckspitze (1943 m) erreichen. Nur die letzten Meter ginig es dabei etwas schrofiger zu. Wenn die Sicht es erlaubt, lässt sich von hier der Weiterweg zum Kienjoch durch einen recht tief eingeschnittenen Sattel überblicken. Zunächst senkt sich das Gelände von der Kieneckspitze kaum. Es werden vielmehr sehr bröslige Schutthügel überschritten (einfach). Dann folgt jedoch ein steilerer Abschnitt in den Sattel hinab, der in dieser Gehrichtung wohl der noch schwierigste Abschnitt der Bergtour darstellt. Es ist hier bröselig, manchmal ausgesetzt und es sind mehrere I-er Stellen (nur kleine Stufen von max. 2-3 m) abzuklettern.

Im Sattel angekommen befindet man sich wieder in einfachem Gehgelände. Man halte sich am Grat - wir haben uns durch einen Steinmann in die auch unproblematische S-Flanke leiten lassen - und mussten dann wieder mühsam in recht steiler Grasflanke weglos zum Grat mit Trittspur zurück. Mit dem Pfad werden die letzten steileren Meter zum Kienjoch-Gipfel (1953 m) mit schönem Kreuz zurückgelegt. Heute haben wir wirklich Glück, denn für 30 Minuten öffnen sich die Wolken nochmal, so dass wir schöne Blicke erheischen.

Vom Kienjoch führt nun ein guter Pfad (T2/3) über den grasigen Geißsprungkopf (1934 m) und sehr steil und etwas rutschig hinab in den breiten Sattel zum Windstierlkopf. Inzwischen sind wir wieder im dichten Nebel und sollen es auch bleiben. Daher verzichten wir auf die weitere Gratüberschreitung, die man problemlos und max. T3 bis zur Notkarspitze fortsetzen kann. Stattdessen gehen wir am Sattel einen Serpentinenweg hinab, der in der Sattelflanke und später durch Wald zur Kühalpe auf gut 1300 m hinabführt. Die Alp ist aber wohl nie bewirtschaftet - kein Wunder es gibt hier praktische keine Leute.

Von der Kühalpe führt über einen Stacheldraht (Wegweiser) eine Abstiegsvariante durch das wildromantische Bachtal des Kühalpenbachs. Zunächst geht es in Serpentinen zum Bachlauf hinunter, der in der Folge auch mehrfach gequert wird. Der Bach ist über weite Strecken mit Steinstufen erosionsschützend verbaut. Weiter unten (wir hatten uns nach Lektüre von Geros Bericht schon gefragt, wann die lt ihm ausgesetzten, drahtseilgesicherten Passagen noch folgen sollten) wird das Gelände dann noch sehr felsig und der Steig wendet sich links in die steile Felsflanke. Und tatsächlich werden sehr ansprechend gut 50 m über dem Bach auf schmaler, ausgesetzter Trittspur noch luftige Passagen begangen. Kurz später geht es schließlich in Serpentinen zum Bach hinab. Dieser wird gequert, ein Forstweg schließt die Runde und bringt uns ins Tal und nach Graswang zurück.

Die Tour ist ein absoluter Geheimtipp - die Karte weist keinen Weg aus vom Windstierlkopf-Sattel über Kienjoch und Kieneckspitze. Dennoch ist die Trittspur überall problemlos zu verfolgen. Wir werden die Tour ganz sicher nochmal wiederholen...


Tourengänger: ju_wi


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Geodaten
 2608.gpx Kienjoch-Überschreitung

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Kommentare (5)


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Tef hat gesagt: schöne Runde..
Gesendet am 13. Juni 2010 um 17:59
habt ihr da gemacht, gratuliere. Die steht bei uns auch noch auf der Liste :-)
Übrigens gibt es Literatur, wo eure Richtung beschrieben wird: der (überaus empfehlenswerte) Tourenführer "Wetterstein und Ammergauer Alpen" von Mark Zahel aus dem Bruckmann Verlag
weiterhin noch schöne Touren an eurem neuen Wohnort!
beste Grüße
Tef

ju_wi hat gesagt: RE:schöne Runde..
Gesendet am 13. Juni 2010 um 18:36
Danke. Wahrscheinlich würdet ihr mit eurer Erfahrung die Tour gar nicht T4 empfinden - aber Spaß machen würde / wird sie euch ganz bestimmt, denn sie ist doch über relativ weite Strecken etwas luftig.

Um ehrlich zu sein, besitze ich den von Dir genannten Tourenführer sogar und habe schon ein paar Touren daraus gemacht. Mir war gar nicht aufgefallen, dass die dort in unserer Richtung beschrieben ist ...

Alles Gute euch & Take care !

Beste Grüße, Jürgen

Gelöschter Kommentar

ju_wi hat gesagt: RE:`Kienjoch-Kühalpenbachtal
Gesendet am 13. Juni 2010 um 23:04
ja mensch - super Fotos. Danke für den Link! Leider ist uns der Frauenschuh komplett durchgegangen :-( Die anderen Blumen, die ihr fotografiert habt, haben wir auch alle am Wegesrand bemerkt ...

Die Molche haben wir auch bewundert - Massen !

Na ja: Ihr hattet eindeutig das bessere Wetter. Beim nächsten Mal müsst ihr euch die Überschreitung über die Kieneckspitze anschauen - wir sind dort runter, wo ihr rauf seid...

Wg der Karte: Mein Hinweis bezog sich nur auf die f&b-Karte. Das ist die einzige, die ich von dem Gebiet habe - außer der Garmin Topo D, aber die hat sowieso nicht alle kleinen Wanderwege. Macht Sinn, dass er in den AV-Karten enthalten ist.

Schön, dass der Weg euch auch so gefallen hat. Beste Grüße, Jürgen

vm1 hat gesagt: Kienjoch - Überschreitung
Gesendet am 30. September 2011 um 21:03
Mia ham die Tour heute - 30.09.11 - gemacht:

a) kleiner Parkplatz am östlichen Ortsanfang von Graswang hat ein Schild absolutes Halteverbot !
Wer dort parkt, muss damit rechnen abgeschleppt zu werden !
Alternative: Der zwischen 09.00 und 16.00 Uhr gebührenpflichtige Wanderparkplatz der Gemeinde (Kostenpunkt 2 EUR), von dem man über das Ammergries und die Kuhalmforststrasse auch zur Abzweigung auf den ummarkierten Steig kommt.

b) Zeitrahmen: Alleine für den Aufstieg sollte man eher mit 4 Stunden rechnen - mia san net langsam, aber keiner Bergläufer und nicht auf der Flucht.

Ansonsten: Danke für die Tourbeschreibung - es war eine sauguade Tour !


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