Tschugga (1881 m) Südanstieg - Girenspitz (2099 m) incl. New Edition "Legföhren Revue 2010"


Publiziert von marmotta , 25. Mai 2010 um 00:20.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:24 Mai 2010
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alvier Gruppe   CH-SG 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m
Strecke:Mels - Vorderspina - Rundchopf - Tschugga - Labria - Gufera - Flidachöpf - Girenspitz - Alp Stofel - Hübschen-Waldboden - Kurhaus Alvier - Azmoos - Trübbach
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Mels
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Trübbach

Wie die Churfirsten brechen auch die Gipfel der Alvierkette in steilen Wänden nach Süden ab. Darunter liegen auf einer Höhe von ca. 1200-1600 m Alpterrassen, die ihrerseits durch steile Wälder aus dem Seeztal erreicht werden können. An den südlichsten Gipfeln der Kette, namentlich zwischen Gonzen und Gauschla lassen sich -bei entsprechender Kondition und diversen Direktaufstiegen- einige schöne Kombinationen im fortgeschrittenen Alpinwanderbereich durchführen. Eigentlich wollte ich mir eine leckere Mischung aus dieser und jener von 360 beschriebenen Tour zubereiten, was auch fast perfekt aufgegangen ist - nur der Gipfel der Gauschla (2310 m) lag bei (ungewohnter) Hitze am Ende nicht mehr ganz drin...

Endlich: Pünktlich zum Pfingswochenende hat sich ein Hoch Richtung Mitteleuropa geschoben und bescherte der Schweiz heute den bislang wärmsten Tag des Jahres. Nachdem auch der Schnee langsam aber sicher bis in mittlere Höhen weggeschmolzen ist, kann die Alpin-Wandersaison voll lanciert werden!
 
Nachdem die von mir begangenen Routen bereits bestens dokumentiert sind, erübrigt sich eine detaillierte Wegbeschreibung. Einige persönliche Eindrücke und Anmerkungen möchte ich dennoch wiedergeben:

Tschugga Südanstieg (T6, II)

Der weder ausgeschilderte noch markierte Pfad zur idyllisch gelegenen Alp Vorderspina führt in ruppiger Steilheit, den Pflästertobel querend, hinauf. Man achte darauf, die Abwzeigung an diesem Baum (P. 677) nicht zu verpassen. Ich hatte mich nicht gut vorbereitet, war ohne grossartige Vorab-Recherchen und nur mit einer Karte im Maßstab 1:60.000 in der Tasche losmarschiert und hatte Glück: Just als ich an der Stelle vorbeikam, wo der unscheinbare Pfad nach links abzweigt, kam ein Älpler diesen Pfad runter und wies mir so den richtigen Weg.

Auf einer Höhe von ca. 1500 m verlieren sich die Pfadspuren oberhalb der Alp Vorderspina in einem Waldstück. Ich stieg weiter geradeaus hoch und landete wenig später an einer Felsstufe des Rundchopf (1686 m), über der ein grauenvolles Legföhren-Dickicht beginnt. Da es eigentlich gar nicht meine Absicht war, den Rundchopf zu besteigen, hangelte ich mich mehr schlecht als recht den Felsen entlang zur östlichen Kante des Sporns, um weiter oben -äusserst mühsam- nach rechts zu dem Grastrichter zu travesieren, welcher unten in eine Geröll-Rinne mündet. Nun einige baumlose Meter (welch Wohltat!) zu einem grasigen Sattel, über dem weiteres Ungemach in Form von Legföhren, Totholz, sowie einzelnen hochstämmigen und dichten Nadelgehölzen drohte. Immer wenn ich glaubte, einen Durchschlupf -teilweise auf dem Boden kriechend- durch das schier undurchdringliche Dickicht gefunden zu haben, tauchten besonders widerwärtige Exemplare der stachligen Biester auf, oft in Verbindung mit (toten) Nadelbäumen mit sperrigen Zweigen bis zum Boden, wo vor allem mein Rucksack mit den aufgebundenen Stöcken sich als extrem hinderlich erwies. Es empfiehlt sich im übrigen, für derartige Aktionen möglichst alte und wertlose Kleidung anzulegen - auch dies hatte ich nicht bedacht und "freute" mich hinterher über neue Löcher in der teuren Funktionsbekleidung... :-(

Moralisch und kräftemässig schon ziemlich angegriffen, erreichte ich dann doch irgendwann einmal das obere Ende des Dschungels und freute mich umsomehr auf die nun folgenden Kraxeleinlagen. Die Schwierigkeiten der letzten 150 Hm bis zum Ausstieg auf dem Tschuggen bewegen sich im unteren T6-Bereich. Gleich zu Beginn der Steilgras-Schrofenzone ist eine Felsstufe in 1-2 Kletterzügen im I. Grad zu überwinden, anschliessend geht´s steil, aber ohne irgendwelche Schwierigkeiten zum Wandbuch am Einstieg in eine ca. 30 m lange Felsrinne, die mit einem Stahlseil gesichert ist. Ich versuchte, die Rinne komplett ohne Benutzung des Stahlseils zu durchklettern, was mir bis auf die plattige Stelle im Mittelteil (III), wo ich für 1-2 m die angebotene künstliche Hilfe in Anspruch nahm, auch gelang. Die Felsen sind gutgriffig und so macht die Kraxelei richtig Spass - nur ausrutschen sollte man natürlich nicht...

Nach einer (ebenfalls drahtseilgesicherten) Querung leitet eine letzte steile Grasrinne auf den Gipfelboden des Tschuggen - hier ist eine neue Kette angebracht, die m.E. aber nur bei extremer Nässe oder im Abstieg wirklich benötigt wird.

Oben angekommen, schnaufe ich erstmal kräftig durch - der steile Aufstieg bei bereits sehr warmen Temperaturen und der Kampf mit den Gehölzen ist nicht spurlos an mir vorübergegangen.

Girenspitz (2099 m) via Flidachöpf, Direktaufstieg vom Schafbödeli (T5+, I-II)

Von der Fahrstrasse, die zur Alp Vorder Palfries hinaufführt, bin ich dort, wo die Strasse eine markante Rechtskurve (im Abstiegssinn) macht (ca. 1590 m), weglos über erneut viel Gestrüpp (diesmal waren´s Erlen) und einigen im Laufe der Jahre heruntergedonnerten und zwischenzeitlich überwachsenen Felsblöcken ziemlich mühsam zum grossen Geröllfeld südwestlich der Flidachöpf aufgestiegen. Von dort direttissima zuerst durch eine kaminähnliche Felsrinne, anschliessend abwechselnd in Steilgras und einer in der Mitte hinaufziehenden Schrofenrippe bis zum Ausstieg bei P. 1821. Wer sich durch die beträchtliche Steilheit, die vor allem in der Draufsicht vom Tschuggen aus furchterregend aussieht, nicht abschrecken lässt, erlebt einen wilden Aufstieg, in der sich leichte Kletterei mit Steilgrasbergsteigen abwechseln, der aber dennoch nirgends schwierig ist und so jedem trittsicheren Berggänger empfohlen werden kann. Der Einstieg befindet sich etwa auf Höhe des "a" von Gufera auf der LK. Die Route, die sich etwa in der Falllinie zu P. 1821 hinaufzieht, ist im Gelände offensichtlicher als auf der Landeskarte.  

Der steile Aufstieg zehrte jedoch weiter an meinen Kräften (oder war´s der schwere Rucksack? Oder die Wärme?), so dass ich im Grataufschwung zum Girenspitz (2099 m), einer turmartigen Erhebung im Südostgrat der Gauschla, mein Tempo deutlich drosseln musste. Man folgt am besten immer dem Kamm, das Gelände ist auch hier einigermassen steil, aber recht gut gestuft (T4). Der letzte Abschnitt zwischen Steinmann und Gipfeltürmchen ist etwas ausgesetzt und verlangt trittsicheres Gehen. Um zum höchsten Punkt zu gelangen ist auf den letzten Metern ein Kletterzug erforderlich, der knapp den II. Grad erreicht. Angesichts der Ausgesetztheit des Geländes ist die Bewertung T5+ für diese kurze Passage durchaus gerechtfertigt. Der Girenspitz stellt eine herrliche Aussichtskanzel über der Ecke Rheintal/Seeztal dar, so dass sich der Besuch in jedem Fall gelohnt hat, auch wenn ich seinetwegen den eingeplanten Gipfel der Gauschla sausen lassen musste. Dieser war zwar zum Greifen nah, doch knapp 2000 Höhenmeter sind für mich genug - ausserdem läuft ja bekanntlich auch dieser Gipfel nicht weg...  

Konnte ich anfangs noch ausgedehnte Schneefelder für einen weichen und gelenkschonenden Abstieg nutzen, zog sich der weitere Weg über Alp Stofel und das Kurhaus Alvier bis hinunter nach Trübbach doch sehr in die Länge. Unten empfing mich die flirrende Hitze des Rheintals, so dass ich am liebsten in den grossen Dorfbrunnen von Azmoos gesprungen wäre. Kaum zu glauben, dass ich noch vor 4 Tagen bei Nieselregen gefroren hatte wie ein Schlosshund...

Tour im Alleingang
 

Tourengänger: marmotta


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